Die Revolution von 1918, die das deutsche Kaiserreich seinem Ende zuführte und die Weimarer Republik gebar, zählt unbestritten zu den bedeutsamsten Zäsuren der deutschen Geschichte. Denn diese Revolution stellt einen politischen Systemwechsel dar, der in dieser Form für die deutsche Gesellschaft noch kurze Zeit zuvor nicht real greifbar gewesen war.
Dennoch wurden wenige Ereignisse in der deutschen Geschichte innerhalb der Forschung und auch der Gesellschaft so zwiespältig betrachtet wie die deutsche Revolution von 1918/19, die eher „im Schatten der Erinnerungskultur“ liegt. Die Bedeutung, die dem Geschehen und den Folgen vom 9. November beigemessen wurde, war stets an Zeit und Betrachtungsperspektive gebunden und wurde auf unterschiedliche Weise diskutiert. So verwundert es nicht, dass WOLFGANG NIESS beispielsweise in seiner Dissertation elf verschiedene Deutungsmuster in der geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Revolutionsthematik ausmachen kann. Die Revolution sei als „Verrat an Kaiser und Reich; Dolchstoß in den Rücken des Heeres; Verrat am Vaterland; Nationales Unglück; Störung des geordneten Reformprozesses; Abwehr der bolschewistischen Gefahr; Auftakt zur sozialistischen Revolution; Verratene Revolution; Verpasste Chance der Demokratisierung; Geburtsstunde der deutschen Republik [und als] keine wirkliche Revolution“ beschrieben worden.
Im Rahmen dieser Arbeit sollen aber nicht die Revolutionsbilder innerhalb der Forschung, sondern die direkte Reaktion auf die Revolution in Berlin näher betrachtet werden. Dazu sollen unterschiedliche und hauptsächlich Berliner Zeitungen punktuell auf ihre Berichterstattung bezüglich der Revolutionsereignisse überprüft und miteinander verglichen werden, um zu klären, wie die Revolution bewertet wurde und ob es im Laufe der Zeit eine Entwicklung bzw. Veränderung in der Betrachtungsweise gab. Um das politische Spektrum besser abzudecken, werde ich für die sozialdemokratische Sichtweise auf den „Vorwärts“ zurückgreifen, der zwar nicht spezifisch für Berlin erschienen ist, aber dennoch die generelle sozialdemokratische Sichtweise wie keine andere Schrift repräsentiert. Zeitlich soll sich diese Untersuchung von der Ausrufung der Republik bis hin zum Ende des Rätekongresses im Dezember 1918 erstrecken. Methodisch wird sich die Zeitungslektüre auf prominente Ereignisse innerhalb der Revolution als Eckpunkte beschränken müssen, um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kontextualisierung
- Die Abdankung des Kaisers und die doppelte Ausrufung der Republik
- Karl Liebknecht und die sozialistische Republik
- Bildung des Rates der Volksbeauftragten und Waffenstillstand
- Die Weihnachtsunruhen
- Der Berliner Reichsrätekongress
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Reaktion auf die Revolution von 1918/19 in Berlin durch die Analyse von Zeitungsberichten. Das Ziel ist es, die Bewertung der Revolution in verschiedenen Berliner Zeitungen zu erforschen und zu beurteilen, ob es im Laufe der Zeit zu einer Entwicklung in der Betrachtungsweise kam.
- Bewertung der Revolution in der Berliner Tagespresse
- Vergleich der Perspektiven verschiedener Zeitungen
- Entwicklung der Berichterstattung im Laufe der Zeit
- Der Einfluss der Revolution auf das politische Spektrum in Berlin
- Die Rolle der Sozialdemokratie in der Revolution
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Revolution von 1918/19 als ein bedeutsames Ereignis in der deutschen Geschichte dar, das trotz seiner Bedeutung in der Forschung und in der Gesellschaft zwiespältig betrachtet wird. Das Kapitel Kontextualisierung erläutert die Ursachen der Revolution, die in der Kriegsmüdigkeit, der wirtschaftlichen und sozialen Krise sowie in der Meuterei der Kieler Matrosen liegen. Die Abdankung des Kaisers und die doppelte Ausrufung der Republik, die im dritten Kapitel behandelt werden, markieren den Beginn der Revolution. Das Berliner Tageblatt, eine linksliberale Zeitung, berichtet über die Abdankung und schildert die Ereignisse, die zu diesem entscheidenden Schritt führten.
Schlüsselwörter
Die Revolution von 1918/19, Berlin, Tagespresse, Zeitungsberichterstattung, politische Bewertung, sozialdemokratische Sichtweise, „Vorwärts“, Berliner Tageblatt, Abdankung, Republik, Karl Liebknecht, Philipp Scheidemann, Reichsrätekongress, Kontextualisierung, Krieg, Kriegsmüdigkeit, wirtschaftliche und soziale Krise, Meuterei, Kieler Matrosen.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2017, Die Revolution von 1918/19 in Berlin. Die Rezeption revolutionärer Ereignisse durch die Berliner Tagespresse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/426571