Die spektakulären Bilanzskandale der Jahre 2000 bis 2002 führten zu vielen öffentlichen Diskussionen über die Vertrauenswürdigkeit des Kapitalmarkts, aber auch in die der Abschlussprüfung. Insbesondere der Fall des amerikanischen Energiehändlers Enron wurde zum Symbol von Bilanzmanipulationen von vollkommen neuem Ausmaß. Obwohl Enron als der bekannteste Fall gilt, übersteigt der Fall WorldCom die Dimensionen. Der Telefonkonzern WorldCom bilanzierte Aufwände als Investitionen und wies diese als Anlagevermögen aus, wodurch Kosten in Höhe von 3,85 Milliarden US-Dollar verdeckt wurden. In Folge dessen sank der Unternehmenswert von 150 Milliarden US-Dollar auf nur noch 150 Millionen US-Dollar, was letztendlich im Juli 2002 zur Insolvenz führte. Es war der bis dahin größte Bilanzskandal. Doch auch andere Länder, wie auch Deutschland, waren von Bilanzskandalen betroffen.
Laut einer Studie von KPMG aus dem Jahr 2016 waren in den Jahren 2015 und 2016 mehr als ein Drittel der deutschen Unternehmen von Wirtschaftskriminalität betroffen. Der Anteil der fälschlichen Darstellung der Jahresabschlussinformationen ist zwar gering, führt aber zu den größten Schäden. Vor allem die Tatsache, dass bei Bilanzskandalen zum Großteil Dritte und nicht wie beispielsweise bei Unterschlagungen die Unternehmen die Hauptgeschädigten sind, fördert die Brisanz der Manipulationen. Obwohl der Wirtschaftsprüfer aufgrund der anspruchsvollen fachlichen Ausbildung hoch angesehen ist, gerät auch er in die Kritik der Öffentlichkeit, wenn Bilanzskandale publik werden.
Es wird die Frage aufgeworfen, ob der Abschlussprüfer in der Lage ist Betrug aufzudecken und warum er kriminelle Handlungen in solchen Ausmaßen nicht entdeckte. Hierbei wird das Phänomen der Erwartungslücke deutlich, da der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer gegensätzlicher Meinung ist. Diese Annahme ist durch den Prüfungsstandard 210 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) gestützt, der die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung thematisiert und die Verantwortung zur Vermeidung und Aufdeckung gemäß IDW PS 210.8 nicht bei den Wirtschaftsprüfern sieht. Diese Arbeit schließt an diesem Punkt an. Sie wird behandeln, was die Ursachen für das Entstehen von Unregelmäßigkeiten sind, welche Verantwortung Abschlussprüfer für deren Aufdeckung trifft und wie sich das Vorgehen in Bezug auf Unregelmäßigkeiten in der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung gemäß den Prüfungsstandards darstellt.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Theoretische Erklärungen für das Entstehen von Fraud
- Fraud-Definition
- Agency-Theorie
- Psychologische Ansätze
- Edwin H. Sutherland
- Donald R. Cressey
- Verantwortung des Abschlussprüfers zur Aufdeckung von Fraud
- Ziel der Jahresabschlussprüfung
- Verantwortung gemäß IDW PS 210
- Abgrenzung zu Forensic Services
- Vorgehensweise des Abschlussprüfers bei Fraud
- Identifikation von Risikoquellen
- Red Flags
- Erörterungen im Prüferteam
- Befragungen
- Beurteilung der Risiken
- Analytische Prüfungshandlungen
- Beurteilung des internen Kontrollsystems
- Einzelfallprüfungen
- Berichterstattung bei Fraud-Verdacht
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Thematik der Aufdeckung von Fraud im Rahmen der Abschlussprüfung. Das Ziel ist es, die theoretischen Grundlagen des Themas zu erläutern, die Verantwortung des Abschlussprüfers in Bezug auf die Aufdeckung von Fraud zu beleuchten und die gängigen Vorgehensweisen bei der Identifizierung und Beurteilung von Fraud-Risiken zu beschreiben.
- Definition und Ursachen von Fraud
- Verantwortung des Abschlussprüfers
- Vorgehensweise des Abschlussprüfers bei der Identifizierung und Beurteilung von Fraud-Risiken
- Berichterstattung bei Fraud-Verdacht
- Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Fraud-Prävention und -Aufdeckung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Problemstellung anhand von aktuellen Bilanzskandalen, die die Notwendigkeit einer effektiven Fraud-Prävention und -Aufdeckung verdeutlichen. Das zweite Kapitel befasst sich mit den theoretischen Grundlagen von Fraud, indem es verschiedene Definitionen und Erklärungsansätze wie die Agency-Theorie und psychologische Ansätze präsentiert.
Im dritten Kapitel wird die Verantwortung des Abschlussprüfers zur Aufdeckung von Fraud näher betrachtet. Hierbei werden das Ziel der Jahresabschlussprüfung, die Verantwortung gemäß IDW PS 210 und die Abgrenzung zu Forensic Services erörtert. Kapitel vier erläutert die Vorgehensweise des Abschlussprüfers bei der Identifizierung und Beurteilung von Fraud-Risiken. Dabei werden verschiedene Methoden wie die Identifikation von Red Flags, Erörterungen im Prüferteam und Befragungen sowie die Anwendung von analytischen Prüfungshandlungen, die Beurteilung des internen Kontrollsystems und Einzelfallprüfungen vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen Fraud, Abschlussprüfung, Verantwortung des Abschlussprüfers, Identifikation und Beurteilung von Fraud-Risiken, Red Flags, analytische Prüfungshandlungen, internes Kontrollsystem, Einzelfallprüfungen und Berichterstattung bei Fraud-Verdacht. Weitere wichtige Begriffe sind Agency-Theorie, psychologische Ansätze, IDW PS 210 und Forensic Services.
- Citar trabajo
- Rudolf Meier (Autor), 2017, Die Vertrauenswürdigkeit des Kapitalmarktes. Aufdeckung von Fraud im Rahmen der Abschlussprüfung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/427244