Entwicklungszusammenarbeit von Kinderheimen südlich der Sahara für Aids-Waisen


Hausarbeit, 2015

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Lebenswelt der Aids-Waisen
2.1 HIV als Ursache der Waisenkrise
2.2 Leben auf der StraBe
2.3 Versorgung durch Verwandte

3 Bedeutung der stationaren Einrichtung Waisenhaus fur Aids-Waisen
3.1 Rolle der NRO-Waisenhauser
3.1.1 Funktion der NRO-Waisenhauser am Beispiel Tansanias
3.1.2 Erreichte Ziele und Zukunftsplane des Malaika-Projekts
3.2 Staatliche Erziehungseinrichtungen in Tansania

4 Kritik an Entwicklungszusammenarbeit anhand von institutioneller Versorgung von Waisen

5 Das Kinderheim als notwendige Institution fur Waisen

6 Literatur- und Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Die HIV/Aids-Problematik und die mit ihr einhergehende Waisenkrise in Afrika sind allgemein bekannt. Schatzungsweise 35 Millionen Menschen sind weltweit mit HIV infiziert. Davon leben ca. 25 Millionen Menschen in Afrika sudlich der Sahara (BMZ o.J.). Das macht sie zu der Region, mit der hochsten HIV-Rate weltweit. Die Krankheit bringt Waisen hervor und dezimiert zugleich Menschen in ihrem Umfeld, die sich um die Waisenkinder kummern konnten (Kaare 2005; Litterell, Thurmann, Chatterji, Brown 2007; Monk o.J., zit. nach Brizay 2011, S. 75). So stellt das Hl-Virus (Human Immunodeficiency Virus) eine doppelte Be- lastung fur die Versorgung der Waisen dar. Zunehmend fallen Kinder durch das traditionelle, soziale Verwandtschaftsversorgungsnetz, da die Angehorigen nicht mehr am Leben sind oder die Versorgung, der stetig steigenden Anzahl an Wai­sen, nicht leisten konnen (Brizay 2011, S. 75). Wenn in Kenia die Eltern der Kin­der sterben, haben letztere keinen Anspruch auf deren Vermogen (Schlaffer 2003, S. 35). So sind sie komplett auf die Hilfe und Fursorge von auBerhalb angewiesen. Das "Institute of Social Work" (ISW) spricht von 8000 SozialarbeiterInnen, die in Tansania gebraucht werden, um der Waisenkrise begegnen zu konnen (BBC News 2008).

Der HI-Virus wird durch den Austausch von Korperflussigkeiten ubertragen. Das Infektionsrisiko von Mutter zu Kind in der Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit, betragt ohne die Vorsorge in Bezug auf das Virus 30 % (Weinreich, Benn 2003, zit. nach Brizay 2011, S. 76). Es wird deutlich, dass ein klarer Zusammenhang zwischen dem todlichen Virus und der Waisenkrise besteht. Daher stellt sich die Frage, welchen Beitrag die Entwicklungszusammenarbeit fur Aids-Waisen durch Kinderheime in Landern sudlich der Sahara leistet. Es soll herausgestellt werden, ob durch Kinderheime eine nachhaltig gelingendere Entwicklung der Waisen er- moglicht werden kann und ob sie der Waisenkrise adaquat begegnen. Hierbei werden meine Ausfuhrungen oft auf den Aussagen und Untersuchungen von Ulrike Brizay basieren.

Zu der Behandlung des Themas wird zuerst HIV als die Ursache der Waisenkrise (2.1) und dann die Lebenswelt der Waisenkinder nach dem Tod eines oder beider Elternteile beschrieben und dabei zwischen dem Leben auf der StraBe (2.2) oder bei Verwandten (2.3) differenziert. AnschlieBend wird - als Gegensatz dazu - auf das Leben in einer stationaren Einrichtung eingegangen und die Funktion der Nichtregierungsorganisation (NRO)-Waisenhauser herausgearbeitet (3.1.1). Des Weiteren werden beispielhaft die erreichten Ziele und Zukunftsplane des Malaika Waisenhauses vorgestellt (3.1.2). AnschlieBend erlautert die Beschreibung einer staatlichen Erziehungseinrichtung deren Unterschiede zu den NRO-Institutionen (3.2). Die Gegenposition zu Entwicklungsarbeit und der institutionellen Versor- gung von Waisen wird anhand haufig vorgebrachter Kritikpunkte dargestellt (4). AbschlieBend kommt die Argumentation zu dem Fazit, dass das Kinderheim als notwendiger Schutzraum fur Waisen fungiert (5).

2 Lebenswelt der Aids-Waisen

2.1 HIV als Ursache der Waisenkrise

Der Zusammenhang zwischen der Aids-Epidemie und der daraus entstehenden Waisenkinder ist unverkennbar. Nach Weinreich und Benn stieg, zusammenhan- gend mit der Aids-Epidemie in Kenia, im Jahr 2003 die Zahl der Waisen auf ca. 650.000 an (vgl. Weinreich, Benn 2002, zit. nach Puhm 2003, S. 37). Wie das Zusammenwirken von Aids mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedin- gungen zu der Waisenkrise in Tansania gefuhrt hat, veranschaulicht die Abbil- dung 1. Da das Virus sexuell ubertragbar ist, ist die Generation der jungen Erwachsenen - also auch Eltern - besonders stark gefahrdet, sich zu infizieren. AuBerdem kann das Virus unwissend weitergegeben werden, weil in der Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit (welche sechs bis acht Jahre be- tragt) keine Symptome auftreten (Tietze 2006, S. 1). Nach dieser Zeit sterben die Betroffenen an der Krankheit und hinterlassen ihre Kinder als Waisen, denen sie das Virus eventuell schon weitergegeben haben. Es ist anzunehmen, dass wenn ein Elternteil an Aids stirbt, sich das andere bereits infiziert hat und so beide El- ternteile der Kinder innerhalb von wenigen Jahren sterben. Aids steht in einer en- gen Wechselwirkung mit Armut, weil Armut verstarkt zur Infektion beitragt und Aids wiederum die Armut vergroBert (Weinreich, Benn 2003, zit. nach Brizay 2011, S. 76). In einem betroffenen Haushalt konnen die Erkrankten nicht mehr arbeiten und die zusatzlichen Versorgungskosten mussen getragen werden (Tietze 2006, S. 2). Hierzu zeigen Studien aus dem sudlichen Afrika, dass in einem sol- chen Fall das Einkommen eines Haushalts um 66 bis 80% sinkt (UNAIDS, zit. nach Tietze 2006, S. 2). Die daraus entstehende Armut kann Ursache fur weitere HIV-Infektionen werden und verschlechtert auBerdem die Lebensbedingungen, sodass vorwiegend Hunger, weitere Krankheiten und letztlich das groBe Problem der Unterernahrung entstehen. Unterernahrung ist das groBte Gesundheitsrisiko weltweit und verursacht jahrlich den Tod von 3,1 Millionen Kindern unter 5 Jah- ren (World Food Programme o.J.). Insgesamt wird deutlich, welche schwerwie- genden und komplexen Auswirkungen Aids mit sich bringt. Es ist nicht nur Ursache der Aids-Waisen, sondern verschlechtert auch gleichzeitig ihre Situation und Lebenswelt so stark, dass z.B. die Bewaltigung des Alltags und die gesunde Entwicklung nicht sichergestellt sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Korrelation zwischen der Aids- Epidemie und der Waisenkrise in Tansania (Brizay 2011, S. 78)

2.2 Leben auf der StraBe

Waisenkinder sind besonders gefahrdet ein Leben auf der StraBe anzufangen. Der Anteil an StraBenkindern den sie ausmachen ist uberdurchschnittlich hoch (Brizay 2011, S. 297). Nach Puhm kann es viele Grunde geben, warum ein Kind von Zu- hause weggeht und auf der StraBe lebt. Viele Kinder aus armen Familien erfahren Gewalt, Missbrauch und Vernachlassigung. Sie konnen aus finanziellen Grunden z.B. nicht zur Schule gehen und haben eine schlechte Ernahrung und medizinische Versorgung (Puhm 2003, S. 36). Die Versorger der Waisen (z.B. Verwandte) sind oft uberfordert (Brizay 2011, S. 75) und konnen den Kindern keine Zeit und Auf- merksamkeit widmen. Als Folge dessen laufen viele Kinder von Zuhause weg (Schlaffer 2003, S.38) und leben selbststandig auf der StraBe. Dort finden sie oft ein soziales Netzwerk vor, da StraBenkinder sich gegenseitig helfen und in Notsi- tuationen als Gruppe agieren konnen. Die Waisen unter ihnen haben hier eine ahn- liche Vergangenheit und konnen sich emotionale Unterstutzung und praktische Nachstenliebe bieten (Brizay 2011, S. 86).

Des Weiteren ist es auf der StraBe verbreitet Drogen zu konsumieren. Die haufigs- te Droge stellt hier der sog. "Glue" (Klebstoff) dar. Dieser wird geschnuffelt, um die Realitat nicht so hart und wirklich zu erfahren. Das konnte Jonas Puhm bei seinen Untersuchungen in Kenia beobachten (Puhm 2003, S. 99). Diese Bewalti- gungsstrategie erzeugt allerdings eine Abhangigkeit und gefahrdet zudem stark die Gesundheit (Puhm 2003, S. 100). Auch mit Kriminalitat und Gewalt sind die StraBenkinder regelmaBig konfrontiert. Viele Kinder mussen klauen um genug Essen zum Uberleben zu haben und sind nach Papst in Zukunft gefahrdet, in kri- minelle Banden zu geraten oder in militarische Bewegungen rekrutiert zu werden (Papst 2001, zit. nach Puhm 2003, S. 37). AuBerdem kann auch das Klauen selbst schon lebensgefahrlich sein, da die Offentlichkeit und die Polizei sehr brutal ge- gen Diebe vorgehen und es hierbei zu Todesfallen kommen kann (Puhm 2003, S. 98). Die Interviews von Jonas Puhm haben ergeben, dass ein GroBteil der Stra­Benkinder die Schule abgebrochen hat (Puhm 2003, S. 104). So bleibt ihnen grundlegendes Wissen, wie z.B. Englischkenntnisse verwehrt. Aber auch andere Aspekte, wie Korperpflege und Gesundheit, konnen auf der StraBe nicht angemes- sen beachtet und gelernt werden, da die verantwortlichen Bezugspersonen nicht vor Ort oder bereits verstorben sind. Die Zukunftsperspektiven der StraBenkinder sind also beschrankt und eine okonomische Selbststandigkeit kann nicht erarbeitet werden, da die schulische Bildung fehlt.

2.3 Versorgung durch Verwandte

Eine Studie aus Mosambik hat 2006 ergeben, dass 96,4% der Waisenkinder bei ihren Verwandten leben (MMAS 2006, zit. nach Shibuya, Taylor 2013, S. 94). Diese eindeutige Mehrheit lasst sich auch auf andere afrikanische Staaten ubertra- gen, da beispielsweise auch in Tansania, die Verwandten ein traditionelles Siche- rungsnetz bilden (Brizay 2011, S. 87). Es ist also ublich und etabliert, sich gegenseitig - besonders innerhalb der Familie - zu unterstutzen. Das gilt insbe- sondere dann, wenn jemand verstirbt und Kinder als Waisen zuruckbleiben. Prob- lematisch wird es jedoch, wenn die Familien (wie oben bereits beschrieben) nicht mehr fur die Waisen sorgen konnen. Besonders in den Slums kommt es dann oft soweit, dass Manner ihre Familien verlassen, weil sie nicht genugend Geld fur deren Versorgung haben. Die Mutter mussen dann oft mit Prostitution Geld ver- dienen, weil sie keine anderen Verdienstmoglichkeiten haben (Schlaffer 2003, S. 36). In diesem Fall hat die Familie zu wenig Geld zur Verfugung, als dass die Kinder zur Schule gehen oder sich gut und gesund ernahren konnten. Durch die finanziellen Mangel bleibt auch keine Zeit, um den Kindern Zuwendung und Aufmerksamkeit in ausreichendem MaBe zu ermoglichen. Die Zukunft der Kinder ist somit pradestiniert und die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion erhoht. Infizierte Eltern mussen oft von ihren Kindern gepflegt werden. Dies geschieht meistens ohne SchutzmaBnahmen, sodass eine groBere Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung gegeben ist (Schlaffer 2003, S. 38).

Eine ganz andere Art der Versorgung stellt das Leben mit den verwaisten Ge- schwistern dar. Wenn in Kenia beide Elternteile tot sind, hat das alteste Kind die Verantwortung, die Geschwister zu versorgen. Manchmal sind die Kinder zehn Jahre alt wenn sie diese Aufgabe bekommen (Schlaffer 2003, S. 37). Die jungen Madchen sehen dann oft nur den Ausweg sich zu prostituieren, was wiederum eng mit dem Konsumieren von Drogen zusammenhangt. Die Folge fur die anderen Geschwister ist eine unbehutete Umgebung (Schlaffer 2003, S. 38) ohne Liebe oder eine erwachsene Bezugsperson mit Vorbildfunktion. Diese Situation kann die Kinder traumatisieren. Nach Schlaffer sehen viele dann keinen Grund mehr bei ihren Geschwistern zu bleiben und leben auf der StraBe (siehe 2.2) in groBen Stadten, wie Nairobi (Schlaffer 2003, S. 38).

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Entwicklungszusammenarbeit von Kinderheimen südlich der Sahara für Aids-Waisen
Hochschule
Fachhochschule Bielefeld
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
13
Katalognummer
V428139
ISBN (eBook)
9783668718883
ISBN (Buch)
9783668718890
Dateigröße
731 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entwicklungszusammenarbeit, aids-waisen, kinderheime, afrika, sahara
Arbeit zitieren
André Wiebe (Autor:in), 2015, Entwicklungszusammenarbeit von Kinderheimen südlich der Sahara für Aids-Waisen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/428139

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