Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Der Barock
1.1. Analyse eines barocken Beispielgedichts
2. Die Klassik
2.1. Analyse eines klassischen Beispielgedichts
3. Die Moderne
3.1. Analyse eines modernen Beispielgedichts
4. Zusammenfassung der Analyseergebnisse
Anhang
Literaturverzeichnis
Vorwort
Ich kann mich nicht an eine Zeit in meinem Leben erinnern, in der ich mich nicht für Bücher und Sprache im Allgemeinen interessiert bzw. mich mit diesen beiden Themen auseinandergesetzt hätte. Rückblickend rechne ich es meiner Mutter sehr hoch an, dass sie mir seit ich denken kann, Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen hat. Fernzusehen oder Nintendo zu spielen, war in unserem Haushalt eher unüblich. Stattdessen freute ich mich jeden Tag darauf, endlich nach Hause zu kommen und mich in eine neue Lektüre zu vertiefen. Jeälter ich wurde, desto breiter fächerte sich dieses Interesse: Ich lese mittlerweile literarische Novellen, Sachbücher und habe mich an mehreren Dramen versucht.
Eine der Gattungen, die mich allerdings am meisten interessiert, ist die Lyrik. Es fasziniert mich, dass es in den vergangenen Jahren nicht wenige Menschen vermocht haben, die deutsche Sprache in so eine strikte Form, die so vielen Regeln unterliegt, zu „zwängen“ und sie dabei so fließend und natürlich anmuten zu lassen. An dieser Stelle möchte ich gerne ein Zitat von ... beachten, das ich sehr zutreffend finde: „Lyrik ist das Ballett der Sprache.“[1]
Es ist ein Wunder, dass sich Sprache in so unendlich viele verschiedene Formen gießen lässt, dass sich verschiede Sprachstile herausarbeiten können, und es ist ein Wunder, dass mich eine scheinbar zufällige, im ersten Augenblick vielleicht ungewöhnliche Aneinanderreihung von Wörtern mehr empfinden lassen kann als eine an keine Form gebundene Unterhaltung.
Denn dazu dient vor Allem die Lyrik: Sie ist für den Menschen geschaffen, um ihn etwas fühlen zu lassen. Zugleich ist sie aber auch Zeugnis einer bereits vergangenen Zeit, in der die Menschen zweifellos anders gelebt haben als heutzutage. Wenn man sich die für eine Epoche typische Lyrik anschaut, ist dies nicht möglich, ohne auch auf den historischen Kontext einzugehen, der den Leitgedanken der Menschen in allen Formen der Kunst unbestreitbar beeinflusst. Es gibt Probleme und Emotionen, die die Menschheit immer beschäftigen werden, wie die Liebe beispielsweise. Über kaum ein anderes Thema haben Künstler so unzählig viele Werke verfasst wieüber die Liebe. Aberüber kaum ein anderes Thema gibt es so stark kontrastierende Gefühle. Glück, Sehnsucht, Schmerz, Bitterkeit, Hoffnung...
Dies wirft einige interessante Fragen auf, denen ich in dieser Arbeit nachgehen werde:
- Hat sich die Menschheit im Laufe der Zeit in ihrer Beziehung zum Thema Liebe und den dazugehörigen Gefühlen verändert?
- Wenn ja, wie hat sich die Einstellung zur Liebe (und insbesondere dem Leiden an der Liebe) geändert?
- Weshalb gehen Menschen in unterschiedlichen Epochen anders mit ihrem Liebesleiden um? Wie beeinflusst der historische Kontext ihre Einstellung?
Um diese Fragen zu beantworten, werde ich Lyrik aus den Epochen des Barocks, der Weimarer Klassik und der Moderne zunächst analysieren und anschließend unter Einbezug des historischen Kontextes miteinander vergleichen.
1. Der Barock
Die Literatur des Barocks ist sehr stark von dem Weltbild der Menschen und den geschichtlichen Ereignissen, die sich von 1600 bis 1720 abspielten, geprägt.
Nach der Renaissance, die zusammen mit dem Reformationsgedanken ein eher weltliches Bild der Bevölkerung prägte, ereignete sich im Barock – nicht zuletzt durch das massive Eingreifen des Staates sowie der Kirche – die Gegenreformation2. Zum einen war der Barock als Epoche also beeinflusst von der extremen Frömmigkeit der Bürger, was sich nicht zuletzt in der Kunst und der Architektur, auch aber in seiner Literatur zeigt.
Zudem starb ein Großteil der Bevölkerung durch den Dreißigjährigen Krieg und die Pest, die in ganz Europa wütete. Auch der Pessimismus und die Todesangst, die dieses Massensterben verursachte, begünstigten die Entwicklung des christlichen Glaubens während der barocken Epoche und trugen zu dem allesüberschattenden Vergänglichkeitsbewusstsein bei. „Gleichzeitig entwickelte sich im Angesicht des Sterbens (…) eine Lebensgier.”[2] Hier lässt sich erkennen, dass der Barock eine Zeit der Gegensätze war. Umgekehrt gilt also auch: „Die durchaus vorhandene Weltlust ist stets von der Gewißheit ihrer Endlichkeitüberschattet”[3].
Diese Antithetik findet sich auch in der Literatur und insbesondere auch der Lyrik unter verschiedenen thematischen Aspekten wieder wie z.B. Aufbau, der einen Kontrast zur Zerstörung bildete, dem Gedanken der Ewigkeit und das damit einhergehende Bewusstsein der Zeit bzw. des Zerrinnens der Zeit. Der Barock stellt das Sein dem Schein, die Realität der idealen Vorstellung gegenüber. Der Kontrast des Diesseits und des Jenseits ist allgegenwärtig in den Gedichten des Barock[4], die anhand dieses Gedankens oft mindestens eines der folgenden drei charakteristischen Motive aufweisen:
Ein Motiv, das auch heutzutage noch sehr bekannt ist, ist “Carpe Diem”. Dies bedeutet aus dem Lateinischenübersetzt „genieße den Tag“ und ist ein Beweis dafür, dass der Pessimismus dieses Zeitalters mit der Lebenslust vereint ist. Das Motiv ist nicht von dem zweiten für den Barock typischen Gedanken “Memento Mori” – “Gedenke, dass du sterben wirst” – trennbar, da dieses als eine Art Begründung für die Lebensweise des “Carpe Diem” funktioniert; die Motivation, das Leben zu genießen, beruht auf der Gewissheit, irgendwann sterben zu müssen. Das dritte Motiv ist der Vanitas-Gedanke, der “Memento Mori”, also den Tod des Menschen, auf alles Irdische ausweitet und die Vergänglichkeit bzw. Nichtigkeit desselben hervorhebt.5
Obwohl die Motive in dem barocken Zeitalterüberall zu finden sind, sind sie besonders in der Einstellung zur Liebe allgegenwärtig, wie sich an folgendem Beispielgedicht erkennen lässt.
1.1. Analyse eines barocken Beispielgedichts
In dem Gedicht „Vergänglichkeit der Schönheit“, das um 1970 -das genaue Entstehungsjahr ist unbekannt- von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau verfasst wurde, erblickt das lyrische Ich eine junge Frau und wird sich der Vergänglichkeit ihrer Schönheit bewusst.
Das Gedicht ist in vier Strophen eingeteilt, wobei die ersten beiden Quartette sind und die dritte bzw. die vierte Strophe jeweils drei Verse aufweisen. Diese Form lässt darauf schließen, dass es sich bei dem Gedicht um ein Sonett handelt, eine für den Barock sehr typische Gattung. Die Struktur ist auf die Reform der deutschen Dichtung durch Martin Opitz zurückzuführen, die die deutsche Lyrik auch noch weitüber den Barock hinaus prägte. In seinem „ Buch von der deutschen Poeterey“ erlegte dieser der Dichtung strenge Regeln auf, die die Form, das Thema und das Metrum einzelner Gattungen festlegten.[5] So ist es keine Überraschung, dass das Metrum dieses Sonetts ein sechs-hebiger Jambus, auch Alexandriner genannt, ist.
Das Sonett beginnt mit der Vorahnung des Lyrischen Ichs, dass der bleiche Tod dem Lyrischen Du „mit seiner kaltenh and (...) umb [s]eineb rüste streichen“[6] wird. Der Tod wird hierbei durch das Hinzufügen menschlicher Attribute wie z.B. einer Hand personifiziert[7], was weniger abstrakt und dadurch bedrohlicher wirken lässt. Auch die beiden Adjektive, mit denen das lyrische Ich den Tod beschreibt, „bleich“[8] und „kalt“6, erinnern an Leichen und werden dadurch mit Krankheit oder dem Tod assoziiert. Brüste stehen für die Weiblichkeit des lyrischen Dus, wobei sie im Zusammenhang mit dem Tod auch an das darunterliegende Herz denken lassen, das der Tod zu schlagen aufhören lassen kann. Der Akt des Sterbens geht hier aber nicht sofort vonstatten, sondern ereignet sich langsam, wie an der Wortwahl „streichen“ und „mit derz eit“[9] erkennbar ist. Dies erinnert an den schleichenden Verfall des Alterns.
Im nächsten Vers findet sich eine Antithese, die diese Idee des Alterns aufgreift: „Der lieblichec orall derl ippen wird verbleichen“.[10] Die Antithese stellt die jetzt so schöne expressive Farbe der Lippen der Frau, das Zeichen der Jugend, dem Verbleichen des Alters gegenüber, was das Altern zusätzlich negativ darstellt, da es einen deutlichen Gegensatz zur Schönheit der Jugend bildet.
Die beiden Teile des nächsten Verses „Der ugen süsserb litz“ und „die kräffte deiner hand“[11] stehen sich in einem Chiasmus gegenüber, der das Augenmerk auf die Augen bzw. die Hand der Frau lenkt. Als nächstes betrachtet das lyrische Ich das Haar der Frau genauer, indem es dieses – wie schon die weiblichen Lippen – in seinem jetzigen Aussehen mit der verfallenen Zukunftsvision vergleicht. Das „gemeine[...] “, also normale, „b and“[12] des Haares verdeutlicht die einstige Schönheit und Kostbarkeit, in dem Gedicht durch goldenen Glanz ausgedrückt[13], die der Frau einmal eigen war. Das „endlich“12 kann in diesem Fall leicht missverstanden werden, sodass das Altern auch als Erlösung scheint, bedeutet in der alten deutschen Sprache vielmehr letztendlich oder schließlich. Der Leser bekommt hierbei vermehrt die Ahnung, dass die Zeit so schnell zu vergehen scheint, dass sich ein ganzes Jahr wie nur ein einziger Tag anfühlt[14]. Dies klingt fast wie eine Drohung, auf jeden Fall wie ein Apell an die Angebetete, diese unaufhaltbare Tatsache zu bedenken in ihrer Entscheidung, das lyrische Ich als Geliebten anzunehmen bzw. abzuweisen.
Während zuvor in dem Sonett der nur teilweise stattfindende Verfall thematisiert wird, d.h. das Haar verbleicht zwar, ist aber immer noch‚ vorhanden’ , erweitert und dramatisiert das lyrische Ich jene Vorstellung mit der Aussage, dass die Eleganz seiner Geliebten „zus taub“, zu nichts wird[15]. Diese drastischere Vorstellung wird in einem Ergebnis zusammengefasst, das die Frau verunsichern soll: In einigen Jahren wird niemand sie mehr als schön wahrnehmen. Durch die Personifikation der Pracht der Frau wird jene mit einer Gottheit verglichen[16], was dem Leser einen Eindruck der Schönheit verleiht.
Am Anfang des letzten Verses scheint sich die Meinung des lyrischen Ichs zu der Vergänglichkeit der Schönheit grundlegend zu verändern, zumindest was die Schönheit seiner Angebeteten angeht. Denn obwohl es sich in den vorhergehenden Strophen des Sonetts nicht direkt zu dem Alternäußert, hat der Leser dennoch die Idee, dass das Ich dem Vergehen der Schönheit bedauernd gegenübersteht. Dies geschieht etwa wegen seiner positiven Konnotationen mit den Zeichen der Schönheit, wie beispielsweise in „lieblicheg ebärden“[17] oder „der ugen süsserb litz“[18]. Auch hier liegt der Schlüssel zur Richtigen Interpretation in der Bedeutung des „endlich“[19]: Das lyrische Ich macht hier lediglich auf die Notwendigkeit des Untergangs aufgrund der Naturgesetze, also auf die Unabwendbarkeit des Alterns aufmerksam. Im folgenden zeichnet sich das lyrische Ich von möglichen anderen Bewerbern ab, da es nicht nur Wert auf Schönheit legt, sondern sich besonders auf den Charakter – das Herz – der Frau fokussiert, welches im Gegensatz zu der vergänglichen körperlichen Ästhetik der Frau „zu aller Zeit bestehen“[20] kann. Das Herz sei außerdem auf Diamant geschaffen.[21] Ein Diamant ist bekannt für seine Unveränderlichkeit und seine Langlebigkeit, was die Ewigkeit des Charakters nochmals akzentuiert. Allerdings ist die offensichtlichste Eigenschaft eines Diamanten seine strahlende Schönheit und Kostbarkeit.
In dem gesamten Gedicht kehren zwei Aspekte immer wieder. Ein Punkt ist die Miteinbindung weiblicher (oder allgemein als weiblich geltender) Körperteile in das Sonett. Brüste, Lippen, Schultern, Augen, Hände, Haare und Füße bzw. die beigemessene Eleganz dieserrepräsentieren die Schönheit und die Weiblichkeit der Frau in ihrer Jugend. Diese Jugend wird besonders durch den zweiten Aspekt betont: Die meisten Verben sind im Futur I ge halten und stellen den körperlichen Verfall der Frau dadurch als unausweichlich dar . Zusammenfassend zeigt sich durch das Ende des Sonetts, dass das lyrische Ich seine Angebetete trotz ihrerverlorenen Schönheit im Alter, wenn ihr niemand sonst Beachtung schenkt, immer noch lieben wird.Dieses Versprechen sowie die leichte Beunruhigung, die die Frau durch das letztendlic he Schwinden ihrer Schönheit empfindet, sollen sie zu Gegenliebe bewegen und ihr emotionale Sicherheit geben.
„Vergänglichkeit der Schönheit“ weist sowohl das „Carpe Diem“-Motiv als auch den „Memento Mori“- und den „Vanitas“-Gedanken auf, die es anhand der vergänglichen weiblichen Jugend thematisiert. Die von Pessimismus geprägte Lebenslust ist vor allem dadurch zu erkennen, dass das lyrische Ich gerade die Vergänglichkeit als Anlass nimmt, das Leben zu genießen (und auch das lyrische Du dazu auffordert). Das Leiden an der Liebe liegt also nicht Beziehungsproblemen zu Grunde – in den barocken Gedichten wird der Partner, der nach allgemeiner Auffassung von Gott geschaffen wurde,überhöht -, sondern vielmehr der Gewissheit, dass die Liebe ein Ende haben wird.
2. Die Klassik
Generell lassen sich Epochen weder in der Kunst, noch in der Musik oder der Literatur besonders gut auf einen bestimmten Anfangs- bzw. Endpunkt festlegen, da der Übergang von einer Epoche in die nächste meist fließend ist. Die Klassik, auch Weimarer Klassik genannt, findet daher ihren ungefähren Anfang nach der Italienreise Goethes im Jahre 1786, die seine Denkweise stark klassisch prägte, und endet mit dem Tod Schillers 1805[22]. So lässt sich auch erkennen, dass Goethe und Schiller wohl zweifellos die einflussreichsten Dichter der Klassik waren.
Das Zeitalter der Klassik war geprägt von (versuchten) Revolutionen in ganz Europa, wobei die Französische Revolution die bekannteste war und die Klassik am stärksten geprägt hat.
Die Dichter der Klassik , die die Epoche auch durch ihr eigenes Denken stark beeinflussten, konnten sich mit den Prinzipien der Französischen Revolution und deren Forderungen – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – gut vereinen, missbilligten allerdings die vielen Grausamkeiten, die nach ihrer Auffassung nicht zwingend notwendig waren, um die genannten Ziele zu verwirklichen[23]. Die Hoffnungen, die die Französische Revolution auch im deutschen Gebiet hervorbrachte, sowie die zahlreichen Reformen, die in den Südstaaten, aber besonders in Preußen, bewirkt wurden, erweckten in den Dichtern einen Wunsch nach Harmonie, der in ihrer Dichtung verarbeitet wurde.
Zur Zeit der Klassik waren vor allem zwei große philosophische Strömungen vertreten: Die Aufklärung, deren prägende Kraft die Vernunft war, und der Sturm und Drang, der sich auf die menschlichen Leidenschaften, auf Gefühl und Toleranz, fokussierte.
„Die Klassik grenzte sich gegen [diese] Strömungen ab, da sie deren jeweilige Einseitigkeit – die Fixierung allein auf den Verstand bzw. das Gefühl – kritisierte (...); Extreme sollten vermieden werden. Sie strebte das Ideal eines Menschen an, (...) dessen Herz und Verstand gleichermaßen gebildet waren.“[24]
Die Kunst der Klassik war, die beiden Ideen der Aufklärung bzw. des Sturm und Drangs verschmelzen zu lassen.
So gesehen war der Denker der Klassik ein Idealist. Er glaubte, dass der Mensch von sich aus gut sei, wie an dem Begriff „Schöne Seele“[25], den Friedrich Schiller formte, zu erkennen ist. Doch trotz des Guten im Menschen kann er manchmal auf Abwege geraten, weswegen er vor allem durch Lyrik, aber auch durch die klassische Kunst, erzogen werden könne[26].
„Es ging um eine Vervollkommnung eines jeden Menschen, der in allen Bereichen einen kompletten Entwicklungsstand erreichen sollte: Hinsichtlich Gefühl und Verstand, künstlerischem Empfinden, auf Wissenschaft basierendem Denken und theoretischem Analysieren.
Die Idee der Harmonie war, dass diese Eigenschaften nicht im Wettbewerb miteinander stehen, sondern im Einklang gelebt werden sollten.[27] “
In diesem unaufhörlichen Streben nach einer schon fast unmöglich zu erreichenden Vollkommenheit und Moral wurden besonders die Schönheit der Natur und das sogenannte apollinische Griechenbild des antiken Griechenlands zum Vorbild genommen.
Hierbei wurde wie schon in der barocken Dichtung großen Wert auf formale Strenge in der Lyrik gelegt. Es galt, das Maß, allgemeine Ordnung sowie Symmetrie des Gedichts einzuhalten. Außerdem war es wichtig, dass die Darstellung der Natur nicht der allgemein klassischen Vorstellung der einfachen Schönheit widersprach.[28] All diese Werte finden sich in folgendem Beispielgedicht von Goethe:
2.1. Analyse eines klassischen Beispielgedichts
Das Gedicht „Nähe des Geliebten“, das im Jahre1795 von Johann Wolfgang von Goethe verfasst wurde, demonstriert den Zeitgeist der Weimarer Klassik sehr gut: In dem Gedicht geht es um das lyrische Ich, hier Teil eines räumlich getrennten Liebespaares, das sein Pendant vermisst und sich nach diesem sehnt.
Das Gedicht ist in vier Strophen mit jeweils vier Versen eingeteilt, die in einem durchgehenden fünf-hebigen Jambus gehalten sind und jeweils einen Kreuzreim bilden, was durch die alternierenden weiblichen und männlichen Kadenzen nochmals hervorgehoben wird. Durch das Verweben der Verse durch den Kreuzreim und die alternierenden Kadenzen verdeutlicht Goethe die seelische Verwobenheit des Paares, die einen wichtigen inhaltlichen Aspekt des Gedichtes bildet.
Den Titel „Nähe des Geliebten“ betrachtend, wird es nicht sofort deutlich, ob „der“ Geliebte bzw. das lyrische Ich männlich oder weiblich ist. Allerdings ist es in diesem Fall wahrscheinlicher, dass es sich um einen allgemein zu verstehenden Artikel handelt, wie sich leicht durch die Änderung „Nähe des geliebten Menschen“ illustrieren lässt.
Sogleich im ersten Vers des Gedichtes sind sowohl das lyrische Ich als auch das lyrische Du präsent. Der Leser bekommt außerdem eine Ahnung davon, wie viel das lyrische Du dem lyrischen Ich bedeutet, da „der Sonne Schimmer“[29] es an das Du erinnert.[30] Schon im Altertum wurde die Sonne als etwas Wunderschönes, das Leben spendet, angesehen. Durch die Allegorie erklärt das lyrische Ich also, dass das lyrische Du lebenswichtig für es ist. Auch der Mond[31] hat eine symbolische Bedeutung; das lyrische Du wird als Licht in der Dunkelheit, als Wegweiser verstanden. Des Weiteren erweckt der Kontrast von Sonne und Mond, also von Tag und Nacht, zusammen mit der Anapher „Ich denke dein“[32] den Eindruck, dass das lyrische Ich immer an das lyrische Du denkt.
[...]
[1] Brefeld, Claudia: https://www.aphorismen.de/zitat/118269, letzter Aufruf am 20.02.2018.
[2] Krosch, Maria Therese: Liebeslyrik in Barock, Romantik und Moderne/Gegenwart, Bange Verlag S.9.
[3] Sanjosé, Axel: https://www.xlibris.de/Epochen/Barock, letzter Aufruf am 16.02.2018.
[4] Vgl. Mende, Claudio: http://www.literaturwelt.com/epochen/barock.html, letzter Aufruf am 24.02.2018.
[5] Vgl. Kelch, Franziska: http://blog.zeit.de/schueler/2012/02/16/thema-literatur-des-barock-1600-1720/, letzter Aufruf am 24.02.2018.
[6] V. 4.
[7] Vgl. V. 1.
[8] V. 1.
[9] V. 2.
[10] V. 3.
[11] V. 5.
[12] V. 8.
[13] Vgl. V. 7.
[14] Vgl. V. 8.
[15] Vgl. V. 9, f.
[16] Vgl. V. 11.
[17] V. 9.
[18] V. 5.
[19] V. 11.
[20] V. 13.
[21] Vgl. V. 14.
[22] Vgl. Blecken, Gudrun: Lyrik der Klassik, Bange Verlag, S. 7.
[23] Vgl. ebd., S. 11-13.
[24] Blecken, Gudrun: Lyrik der Klassik, Bange Verlag, S. 17.
[25] Vgl. ebd., S. 27.
[26] Vgl. Görner, Kevin: https://www.pohlw.de/literatur/epochen/klassik/, letzter Aufruf am 20.02.2018.
[27] Görner, Kevin: https://www.pohlw.de/literatur/epochen/klassik/, letzter Aufruf am 20.02.2018.
[28] Vgl. E., Anja: http://geschichte-wissen.de/blog/die-weimarer-klassik/, letzter Aufruf am 25.02.2018.
[29] V. 1.
[30] Vgl. V. 1, f.
[31] Vgl. V. 3.
[32] V. 1, V. 5.