Excerpt
Inhaltsverzeichnis
I. Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Freihandelsabkommen TTIP
3. Motive der Verhandlungsparteien zum Auftakt der TTIP-Verhandlungen
3.1. Motive der USA im Vorfeld der TTIP-Verhandlungen
3.2. Motive der Europäischen Union im Vorfeld der TTIP-Verhandlungen
4.0. Grundlage der TTIP-Verhandlungen: Final Report High Level Working Group on Jobs and Growth
4.1. Wirtschaftspolitische Motive der USA während der TTIP-Verhandlungen
4.2. Wirtschaftspolitische Motive der EU während der TTIP-Verhandlungen
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
I. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
NAFTA, GAFTA, Mercosur, ASEAN-Freihandelszone - die Welthandelsordnung scheint zunehmend ein Agglomerat von Abkürzungen zu sein. Hinter den Buchstabenreihen verbergen sich Freihandelsabkommen, auch Mega-Regionals genannt. Vereinfacht formuliert, verfolgen solche Freihandelszonen das Ziel, Handelshemmnisse unter den Mitgliedsstaaten weitgehend aufzulösen und somit gemeinsamen Handel zu erleichtern und zu intensivieren (vgl. Happe et al 2012: 134). Auch die EU und die USA haben sich zu Beginn der 2010er Jahre das Ziel gesteckt, eine transatlantische Freihandelszone zu implementieren, um die wirtschaftlichen Verflechtungen zu auszubauen und dadurch Wirtschaftswachstum vor allem innerhalb der Freihandelszone zu generieren. Das Transatlantic Trade and Investment Partnership bzw. die Transatlantische Handelsund Investitionspartnerschaft (TTIP) würde - einmal implementiert - die weltweit größte Freihandelszone bilden.
Nun konnten die Verhandlungspartner jedoch nach drei Jahren und 15 Verhandlungsrunden schlussendlich keinen Erfolg vorweisen. Im Zuge des Wahlerfolgs von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen der USA im Herbst 2016, wurden die Verhandlungen pausiert. Trump hatte schon während seines Wahlkampfs das Freihandelsabkommen scharf kritisiert. (Süddeutsche Zeitung: 2016). Auch in den EU-Staaten hat sich eine breite Protestbewegung aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen gegen das geplante Freihandelsabkommen formiert (Südkam 2018: 6f).
Doch welche Motive waren für die politischen Administrationen der EU bzw. der USA so wichtig, dass sie trotz großem zivilgesellschaftlichem Protest solange an einer Einführung einer Freihandelszone festhielten? War es tatsächlich nur die Absicht, den transatlantischen Handel zu intensivieren oder waren auch andere Motive ausschlaggebend für den scheinbar unumstößlichen Willen TTIP zu ratifizieren? Während TTIP- Verhandler vor allem ökonomische Wachstumseffekte, die durch TTIP entstehen würden, hervorheben, betonen zahlreiche Wissenschaftler, dass TTIP des Weiteren auch als geostrategisches Instrument anzusehen ist. Mit dem TTIP Abkommen soll die Vor- machstellung „des Westens“ in der Welt für die Zukunft gesichert werden (vgl. Falke 2017a/ Perthes 2015: 129ff, Kolev, Matthes 2016: 159ff). Diese undurchsichtige Motivlage ist Ausgangspunkt der vorliegenden Seminararbeit soll und im Rahmen folgender Forschungsfrage untersucht werden:
Welche wirtschaftspolitischen Motive verfolgen die EU bzw. die USA im Rahmen von TTIP?
Geht es „lediglich“ darum transatlantische Handelsliberalisierung (bilateraler Ansatz) und transatlantische Handelsbeziehungen zu intensivieren oder vielmehr um den Versuch ein Wirtschaftssystem zur Gestaltung der Weltwirtschaft zu etablieren, an das sich andere Nationen gezwungenermaßen anpassen müssen, da TTIP den mit Abstand stärksten Wirtschaftsraum der Welt umfassen würde, dem sich aus ökonomischer Perspektive niemand entziehen kann (unilateraler Ansatz). Um am Ende der Seminararbeit eine fundierte Antwort auf die Forschungsfrage geben zu können, wird wie folgt vorgegangen:
Die Forschungsarbeit untersucht die wirtschaftspolitischen Motive der Verhandlungsparteien möglichst getrennt voneinander. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Motive der Verhandlungsparteien USA bzw. EU im Rahmen der TTIP-Verhandlungen möglichst differenziert und separat voneinander aufgeschlüsselt werden können.
Um im Laufe der Analyse Argumentationslinien der Verhandlungsparteien nachvollziehen zu können, werden dazu zunächst die Eckpunkte von TTIP skizziert. Daraufhin werden im folgenden Kapitel die wirtschaftspolitischen Motive der beiden Verhandlungsparteien im Vorfeld der TTIP-Verhandlungen erörtert. Somit soll dargelegt werden, welche Gründe überhaupt ausschlaggebend für die Aufnahme der Verhandlungen waren. Infolgedessen werden im nächsten Kapitel die Motive der USA bzw. der EU während der TTIP-Verhandlungen dargelegt. Dadurch soll erörtert werden inwiefern sich die artikulierten Motive der einzelnen Verhandlungsparteien im Zuge zunehmender öffentlicher Aufmerksamkeit und im Rahmen von auftretenden Detailfragen in den TTIP-Verhandlungen entwickelt und möglicherweise verändert haben. Abschließend werden die Motive der Verhandlungsparteien zusammengefasst, verglichen und mit Blick auf die Forschungsfrage bewertet. Methodisch wird die Forschungsfrage im Rahmen einer Inhaltsanalyse von Primär- und Sekundärliteratur untersucht. Als Primärliteratur werden Erzeugnisse der Europäischen Kommission, bzw. US-Regierung zu Rate gezogen: Pressemitteilungen, Stellungnahmen, Berichte, Reden etc. Darüber hinaus werden ebenso parallel zu den Verhandlungen erschiene (Fach-)Artikel in Fachzeitschriften, der überregionalen Presse sowie ggf. Aufsätze in Sammelbänden genutzt.
2. Das Freihandelsabkommen TTIP
Formal handelt es sich bei TTIP um einen geplanten völkerrechtlichen Vertrag zwischen den USA und der EU. Auf dem G8-Gipfel in Großbritannien am 13.06.2013 verkündeten der damalige EU-Kommissionspräsident Barroso und der damalige US- Präsident Obama den Beginn der TTIP-Verhandlungen (BMWi 2017). Grundlage für Aufnahme der Verhandlungen war auf Seiten der EU ein sogenanntes Verhandlungsmandat, welches der Europäische Rat einstimmig beschlossen hat. Dadurch wurde die EU-Kommission zur Aushandlung des TTIP-Vertrages mit der USA ermächtigt. Als EU-Kommissarin für Handel ist heute die Schwedin Cecilia Malmström seit November 2014 federführend für die Verhandlung der EU verantwortlich, die den Posten vom Belgier Karel de Gucht übernommen hatte und ebenfalls eine zentrale Rolle im Vorfeld und zu Beginn der TTIP-Verhandlungen spielte. Äquivalent dazu bedurfte auch die US- Administration unter US-Präsident Obama eine Art Mandat (eine sogenannte Trade Promotion Authority (TPA)) des US-Kongresses, um in die TTIP-Verhandlungen mit der EU abschließen zu können. Erst nach hartnäckigen Verhandlungen und mit Stimmen der Republikaner konnte Obama eine Mehrheit für das TPA gewinnen (Falke 2017a: 195).
Obwohl bis heute kein abschließender Vertragstext zu TTIP vorliegt, wurden überwiegende Teile des Vertragsinhaltes besprochen, wodurch zentrale Eckpunkte des Freihandelsabkommens feststehen. Wie alle Freihandelsabkommen, zielt auch TTIP darauf ab, Marktzugangsprobleme innerhalb des Wirtschaftsraums zu minimieren. Dazu wurden in 15 Verhandlungsrunden zahlreiche Maßnahmen abgesteckt, die wirtschaftliche Prosperität in der geplanten Freihandelszone ermöglichen sollen. Grundsätzlich lassen sich jene Maßnahmen in tarifäre und nicht-tarifäre Maßnahmen differenzieren (vgl. Weeber et al. 2014: 5ff.). Unter tarifären Maßnahmen ist der Abbau von Zollbeschränkungen sowie von Exportsubventionen zu verstehen. Ersteres würde jedoch nur eine beiläufige Rolle spielen, da durchschnittliche Zollwerte in den USA mit ca. 3% und in der EU mit ca. 5% jetzt schon relativ gering ausfallen (Weeber et al 2014: 5). Darüber hinaus soll der Zugang des öffentlichen Beschaffungswesens auf allen staatlichen Ebenen in der EU und der USA vereinfacht werden, damit sich Unternehmen auf beiden Kontinenten für öffentliche Aufträge bewerben können.
Nahezu alle weiteren Handelshemmnisse lassen sich als nicht-tarifär kategorisieren und würden eine weitaus wichtigere Rolle mit Blick auf ökonomische Gewinne im Gegensatz zu tarifären Handelshemmnissen spielen. Hierbei handelt es sich zunächst um die Abschaffung technischer Handelshemmnisse, wie z.B. Produktvorschriften, Produktnormen, Zulassungsverfahren sowie Einfuhrkontrollen, die insbesondere für Klein- und mittelständische Unternehmen als Marktzutrittsbarrieren fungieren (Kolev 2014: 3). Im Falle einer Ratifizierung von TTIP wären zahlreiche Wirtschaftsbranchen von Deregulierung jener nicht-tarifärer Handelshemmnisse betroffen. Konkret sollen u.a. Lebensmittel - und Gesundheitsstandards, Industrie- und Umweltstandards als auch gesetzliche Regelungen im Finanzsektor und im Bereich der IT-Sicherheit besser aufeinander abgestimmt werden. Dies hat zu kritischen Diskussion sowohl in der EU als auch in den USA geführt (Egger, Erhardt 2016: 165). Ebenso sollen gemeinsame Standards in solchen Bereichen geschaffen werden, die bisher noch nicht oder kaum in nationalen Regulierungssystemen verortet sind. Dies gilt insbesondere für den Hochtechnologiebereich, z.B. Nanotechnik, E-Mobilität etc.) (Falke 2017a: 202).
Der meist umstrittenste Punkt im geplanten Abkommen ist die sogenannte Investitionsschutzklausel. Dadurch soll ausländischen Konzernen ein direktes Klagerecht für den Fall eingeräumt werden, dass der Wert getätigter Investitionen durch staatliches Handeln oder Gesetzänderung gemindert wird (Dietrich et al 2014: 10ff.). Folglich würde eine solche Klage nicht in einem Gerichtsverfahren eines Staates vollzogen werden, sondern im Rahmen von internationalen privaten Schiedsgerichten durch private Anwälte entschieden. Somit sollen ausländische Unternehmen vor potenzieller Enteignung geschützt werden. Eine weitere Besonderheit ist, dass das Sonderklagerecht im Rahmen der Investitionsklausel nur für ausländische Unternehmen und nicht für Staaten oder inländische Unternehmen gelten würde (Dietrich et al 2014: 10ff.).
Mit Blick auf die makroökonomischen Effekte in den USA bzw. der EU wurden zahlreiche Studien durchgeführt, die durch TTIP eine Reduzierung der Arbeitslosigkeit sowie eine Steigerung des Realeinkommens von 2,6% bis 9,7% in der EU und rund 13,8% in der USA prognostizieren (Felbermayer, Larch 2013/ Francois et al 2013). Jedoch werden diese hohen Prognosen aufgrund methodisch fragwürdiger Modellannahmen von unterschiedlichen Wissenschaftlern in Frage gestellt (vgl. Richter, Schäffer 2014: 3f/ Hamilton 2014: 83).
3. Motive der Verhandlungsparteien zum Auftakt der TTIP- Verhandlungen
Die Entscheidung der beiden Verhandlungsparteien Gespräche für eine gemeinsame Freihandelszone aufzunehmen, kam weder aus dem Nichts noch problemlos. Bereits in den 1990er Jahren wurde die Vision einer gemeinsamen Freihandelszone, damals unter dem Arbeitstitel Transatlantic Free Trade Area (TAFTA) von einigen Staaten artikuliert. Aus unterschiedlichen Gründen wurde TAFTA jedoch nicht realisiert. Stattdessen wurden zahlreiche Initiativen angestoßen und Dialoggremien eingerichtet, die jedoch eher den Status Quo verfestigten, anstatt den Prozess einer Freihandelszone voranzubringen. Erst im Jahr 2011 mit der Einrichtung der „High Level Working Group on Jobs and Growth“ (HLWG) durch den ehemaligen US-Präsident Obama und dem ehemaligen Präsidenten des Europäischen Rates van Rompuy wurden ernsthafte Anstrengungen unternommen politische Maßnahmen zu identifizieren, die als Grundlage für die Aufnahme der TTIP-Verhandlungen dienen sollten (McKinney 2014: 87). Im Folgenden werden die Motive für die Aufnahme der TTIP-Verhandlungen sowohl der USA als auch der EU elaboriert. Ebenso werden Argumente beider Vertragspartner beleuchtet, die jahrelang den Eintritt in die TTIP-Verhandlungen verhinderten.
3.1. Motive der USA im Vorfeld der TTIP-Verhandlungen
Obwohl europäische Politiker eine transatlantische Freihandelszone mehrmals zur Diskussion gestellt haben, sind alle Anstrengungen immer wieder im Sande verlaufen. Insbesondere wegen mangelndem Interesse der USA scheiterten damalige Vorstöße in Richtung transatlantischer Freihandelszone (Schmucker, Braml 2007: 101). Dies hatte unterschiedliche Gründe. Aus der Perspektive der USA war ein transatlantisches Handelsabkommen wie TAFTA lange Zeit nur wenig erfolgversprechend. Mit Abschluss der Uruguay-Runde spielten Zollsätze in vielen Wirtschaftsbranchen nur noch eine untergeordnete Rolle.1 Da darüber hinaus die Bedeutung regulatorischer Handelshemmnisse nur schwer messbar ist, allerdings meist als nicht gravierend eingeschätzt wurde, versprachen sich handelspolitische Akteure der USA nur marginale Wohlfahrtsgewinne (Falke 2017b: 206). Darüber hinaus hätte ein Freihandelsabkommen zwischen den weltweit größten Handelspartnern zu negativen Bewertungen in zahlreichen Drittstaaten geführt und womöglich als Abkehr von der Doha-Runde2 aufgefasst werden können (Schmucker, Braml 2007: 102). Zu Beginn der 2000er Jahre sollte dies partout vermieden werden. Schließlich erhoffte sich die US-Administration durch multilaterale Verhandlungsrunden wie der Doha-Runde bessere Marktzugänge in Entwicklungs- und Schwellenländern, wo durchschnittliche Zollsätze vergleichsweise hoch waren. In der Handelsliberalisierung dieser tarifären Handelsbarrieren erhofften sich Wirtschaftsakteure der USA große Exportgewinne (Falke 2017a: 195). Erst nachdem multilaterale Verhandlungen im Rahmen der Doha-Runde keine ernsthaften Erfolgsaussichten mehr bieten konnten, da einige Schwellenländer zunehmend als Veto-Akteure agierten, kam es zu einer Neubewertung der US-Administration hinsichtlich handelspolitischer Ansätze (Falke 2017b: 206). Das Selbstbewusstsein einiger Entwicklungs- und Schwellenländer war u.a. Resultat eines enormen Wirtschaftswachstums. Allen voran die Volksrepublik China versucht eigene wirtschaftliche Regeln zum Maßstab des Welthandels zu etablieren. Im Zeitraum von 1990 - 2017 ist Chinas Anteil am globalen Warenexport von 2% auf 15,2% gestiegen (Morrison 2018: 23).
Aufgrund fehlgeschlagener multilateraler Handelsansätze sowie der schweren Folgen der Rezension im Zuge der Weltwirtschaft^- und Finanzkrise im Jahr 2008, sahen sich die USA gezwungen neue handelspolitische Akzente zu setzen, um wirtschaftliche Impulse zu generieren. Dies sollte durch zwei Lösungsansätze gelingen. Zum einen hat sich die USA das Ziel gesetzt, sein Exportvolumen im Zeitraum von 2010-2015 zu verdoppeln. Zum anderen sollte dieses ambitionierte Ziel soll durch zahlreiche bilaterale Freihandelsinitiativen auf der ganzen Welt gelingen (Muscat 2013: 3). Allen voran im pazifisch-asiatischen Raum versucht die USA handelspolitische Schwerpunkte zu setzen, um ein Gegengewicht zu China zu avancieren (Hamilton 2014: 85).
Auch die transatlantische Wirtschaftsintegration wurde im Jahr 2007 durch einen EU- USA Rahmenvertrag sowie durch den infolgedessen geschaffenen Transatlantischen Wirtschaftsrat vorangetrieben werden. Im Rahmen dieses Gremiums sollten insbesondere regulatorische bzw. nicht-tarifäre Handelshemmnisse harmonisiert werden (Irwin 2010: 185f). Auch wenn die Intentionen schon damals an Ansätze der TTIP- Verhandlungen erinnern, wurden damalige Anstrengungen im Rahmen des transatlantischen Wirtschaftsrates kaum umgesetzt. Grund waren diverse Streitigkeiten, die sogar im Rahmen des WTO-Schiedsgerichtes verhandelt wurden. Es fehlte die notwendige Politisierung des transatlantischen Wirtschaftsrats (Mildner, Ziegler 2008: 8). Fehlender politischer Wille zu einer Form von transatlantischen Freihandel wurden ebenso im Rahmen des US-amerikanischen Konjunkturprogramms im Zuge der Weltwirtschaftskrise deutlich, welches die „Buy Amercian“-Klausel bekräftigte, welche amerikanischen Firmen Vergünstigungen im öffentlichen Auftragswesen verschaffte. Dies wurde vor allem in Europa als protektionistisches Handelsinstrument seitens der USA gewertet (Janes, Schneider 2010: 54).
Mit weitaus mehr Verve verfolgte die Obama-Administration einen regionalen Handelsblock in der Asien-Pazifik-Region, um wie im Rahmen der WTO-Verhandlungen in erster Linie tarifäre Handelsbarrieren abzubauen (Muscat 2013:5f). Intensiviert wurden die Ambitionen der US-Regierung mit der Aufnahme der Trans-Pacific Partnership (TPP)-Verhandlungen und der von Regierungsvertretern später ausgerufenen Handelsinitiative „pivot to Asia“ im Jahr 2011 (Clinton 2011). Die wirtschaftspolitischen Ambitionen im asiatisch-pazifischem Raum werden anhand unterschiedlicher Verhandlungsmerkmale deutlich. Die USA verhandeln das TTP-Abkommen mit zahlreichen Anrainerstaaten des Pazifiks und unter Ausschluss von China. Hierbei besteht in der Erschließung neuer Märkte ein zentrales Ziel der Verhandlungen. Gleichzeitig versucht die USA auf diesem Wege China wirtschaftspolitisch unter Druck zu setzen bzw. wirtschaftlich zu isolieren (Muscat 2013: 5). Denn das TPP-Abkommen steht für China nur offen, wenn die Volksrepublik bereit ist u.a. strenge Regeln für Staatsunternehmen sowie bestimmte Regularien hinsichtlich des Umgangs mit geistigen Eigentumsrechten (Patente, Markenzeichen etc.) zu akzeptieren (Muscat 2013: 5). Der Ökonom Novy (2014) argumentiert sogar überspitzt, dass TTIP und insbesondere TPP seitens der USA nur initiiert wurden, um China in die Schranken zu weisen oder wenigstens zu mehr multilateraler Kooperation zu zwingen (Novy 2014). Dass hinter den enormen Bemühungen der USA im asiatisch-pazifischen Raum der Anspruch besteht, weltwirtschaftliche Entwicklungen zu gestalten und dadurch die eigene globale Führungsrolle weiterhin zu sichern, artikuliert die damalige Außenministerin Hilary Clinton deutlich:
A strategic turn to the region fits logically into our overall global effort to secure and sustain America’s global leadership. The success of this turn requires maintaining and advancing a bipartisan consensus on the importance of the Asia-Pacific to our national interests; we seek to build upon a strong tradition of engagement by presidents and secretaries of state of both parties across many decades (Clinton 2011).
Die dargelegte Einstellung der US-Administration hinsichtlich wirtschaftlicher Ambitionen im pazifisch-asiatischen Raum sowie das selbstauferlegte Ziel, eigene Exporte zu steigern, repräsentiert jedoch nur eine Seite der amerikanischen Außenhandelspolitik. In den Äußerungen von Hillary Clinton werden neben ökonomischen ebenso geopolitische Ambitionen deutlich. Um amerikanisch-wirtschaftspolitische Machtansprüche in der Welt tatsächlich umsetzen zu können, rückt Obama regionale Großabkommen insgesamt in den Mittelpunkt seiner Handelspolitik. Parallel zu den TTP-Verhandlungen im pazifisch-asiatischen Raum, kommt ebenso Bewegung in die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen. Obwohl im Jahr 2011 bereits zahlreiche transatlantische Gremien und weitere Initiativen seit einigen Jahren existieren, die die transatlantische Wirtschaftsintegration voranbringen sollen, können bis dato kaum Erfolge verzeichnet werden. Erst mit der Einrichtung der HLWG, wird der Weg zu verbindlichen Freihandelsgesprächen geebnet (Muscat 2013: 7). Dass die Obama-Administration diesen Weg parallel zum Vorstoß in den asiatisch-pazifischen Raum einschlägt, fügt sich in den geo- strategischen Entwurf der US-amerikanischen Handelspolitik.
Durch eine transatlantische Freihandelszone erhofft sich die USA eine Ergänzung der pazifisch-asiatischen Strategie (vgl. Falke 2017c). Es geht um den umfangreichen Abbau von regulatorischen Handelshemmnissen, der Wachstum und Arbeitsplätze generieren kann ohne dabei im Vorhinein Schulden anhäufen zu müssen.
[...]
1 Die Uruguay-Runde war eine Verhandlungsrunde im Rahmen der GATT, die 1986-1994 stattfand. Dabei verständigten sich 117 Staaten auf umfangreiche Handelsliberalisierungsmaßnahmen, u.a. Zollsenkungen, Öffnung der Märkte sowie Einbeziehung neuer Wirtschaftsbereiche. Im Ergebnis der UruguayRunde wurde ebenso die Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) beschlossen (Klein 2018a).
2 Die Doha-Runde ist eine Verhandlungsrunde im Rahmen der WTO, die das Ziel hat die Lage der Entwicklungsländer im Welthandel zu verbessern (Klein 2018b).
- Quote paper
- Christian Stunz (Author), 2018, Wirtschaftspolitische Motive der EU und der USA im Rahmen von TTIP, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/428955
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