Was steckt hinter den vielen unterschiedlichen Ich-Instanzen des Walther von der Vogelweide? Anhand des Kaiser Friedrichs- Tons werde ich unterschiedliche Ich-Instanzen anreißen und diskutieren.
Walther von der Vogelweide gehört zweifelsohne zu den größten Lyrikern des Mittelalters im deutschsprachigen Raum. Er war nicht nur Minnesänger, sondern auch Sangspruchdichter und dementsprechend vielschichtig gestaltete sich sein Schaffen. Mit der politischen Sangspruchdichtung hat sich Walther von der Vogelweide ein zweites Standbein erarbeitet. Er war der Erste, der den Spruch politisierte und damit seine Grenzen auslotete.
Wie auch bei den meisten von Walthers Kollegen lassen sich sowohl Herkunft, Geburtstag als auch weitere wichtige Daten aus seinem Leben nur erahnen. Es fehlen direkte biografische Zeugnisse. In Walthers Werken sticht eine starke Betonung des Ichs heraus. Auch wenn es, wie bei vielen anderen (Minne-) Dichtern erkennbar in der Natur der Gattung liegt, das Ich zu betonen, legt Walther eine „besondere Kraft des Ichsagens“ in Kombination mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein in seinen Werken noch deutlicher an den Tag. Diese starke Betonung des Ichs in Walthers Werken war im 19. Jahrhundert ein willkommener Tatbestand, um daraus eine möglichst lückenfreie Biografie von Walther zu rekonstruieren.
Im vergangenen Jahrhundert kamen aber Zweifel auf. Hinsichtlich des Ichs im Minnesang war man sich schnell einig: „Minnesang ist wesentlich Rollenlyrik“ , erklärt Schweikle und bestimmt damit das Genre. Aber auch in der Sangspruchdichtung wurde es als zu leichtfertig und einseitig eingestuft, die Ich-Aussagen umstandslos als biografische Daten herzunehmen. Die Forschung traut dem biografischen Ich immer weniger. „Alles deutet darauf hin, dass einer Annäherung an die historische Person Walthers enge Grenzen gesetzt sind.“ Stattdessen werden immer mehr Rollen erkennbar: Walther als Ratgeber, Fahrender, Kosmopolit, Verbindungsmann zu Gott, Parteisprecher oder Propagandist stellen nur eine kleine Auswahl an Rollen dar. Ehrismann nennt es eine „Rolle“ oder „Maske“ hinter der sich oftmals der Autor oder Performer versteckt. Heute muss man sich fragen, ob der wahre Walther vor lauter Rollen überhaupt noch erkennbar und das biografische Ich isolierbar ist?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung in die Ich-Problematik
- 2. Textanalyse Kaiser Friedrichs-Ton
- 2.1 Historischer Hintergrund und Datierung
- 2.2 Textbeschreibung
- 2.2.1 Die Unerforschlichkeit Gottes (VIIb 1/L 10,1)
- 2.2.2 Feinde des Heiligen Landes (VIIb 2/ L 10,9)
- 3. Zur Bedeutung von Walthers Rollen-Ich in seiner Persuasionsstrategie
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Analyse des Kaiser Friedrichs-Tons von Walther von der Vogelweide. Sie untersucht die verschiedenen Rollen, die Walther in diesem Ton einnimmt, und analysiert die Bedeutung des Ichs in seinen Werken. Außerdem wird der historische Hintergrund und die Datierung des Werks beleuchtet.
- Das lyrische Ich in den Werken von Walther von der Vogelweide
- Die Rolle des Ichs in der politischen Lyrik
- Analyse der verschiedenen Ich-Instanzen im Kaiser Friedrichs-Ton
- Der Einfluss des historischen Kontextes auf Walthers Werk
- Die Bedeutung des Kreuzzugs in der Lyrik des Mittelalters
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik des Ichs in den Werken von Walther von der Vogelweide ein. Es beleuchtet die Besonderheit der Ich-Aussagen in seinen Werken und diskutiert die Frage, inwiefern diese autobiografisch zu verstehen sind. Im zweiten Kapitel wird der Kaiser Friedrichs-Ton analysiert. Es werden der historische Hintergrund und die Datierung des Werks beleuchtet. Außerdem wird die Textstruktur des Tons und die Bedeutung der verschiedenen Ich-Instanzen analysiert.
Schlüsselwörter
Walther von der Vogelweide, Kaiser Friedrichs-Ton, Ich-Problematik, Rollenlyrik, politische Lyrik, Sangspruchdichtung, Kreuzzug, Mittelalter, Historischer Kontext.
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- Kristin Buser (Author), 2017, Die Rolle des Ich in Walther von der Vogelweides "Kaiser Friedrichs-Ton", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/429903