Erstmals in der von Kriegen, Massentötungen und Genoziden gespickten Geschichte der „modernen“ Menschheit hat ein Peiniger sich dazu entschlossen, über die nach Kriegen vom Unterlegenen zu zahlenden Reparationszahlungen hinaus die Völkergruppe, die er noch wenige Jahre zuvor im europäischen Raum nahezu ausgerottet hatte, zu entschädigen. Sowohl organisatorisch als auch überzeugungstechnisch standen die Beteiligten vor einer Mammutaufgabe. Einer Aufgabe, die wohl bei weitem nicht so konsequent, ernsthaft und umfassend hätte bearbeitet werden können, beziehungsweise auch heute noch bearbeitet wird, ohne die Mitwirkung des Gegenstands dieser Arbeit, der Conference on Jewish Material Claims against Germany.
Im Folgenden soll die Claims Conference als weltweit einzigartiger Akteur des „Wiedergutmachungsrechts“ beleuchtet werden, und zwar mit dem Fokus auf vermögenskompensatorische Maßnahmen für jüdische Opfer des NS-Regimes auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Um sich dem Thema angemessen nähern zu können, wird vorerst die Entstehungsgeschichte sowie die Rolle der Claims Conference bei Entschädigungsmaßnahmen bis zum heutigen Tage behandelt. Anschließend soll die rechtliche Position erläutert werden, die ihr bei der Entschädigung oben genannter Opfer zukam, namentlich nach § 2 I 3-5, Ia des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG). In Bezug darauf wird anhand des kürzlich ergangenen Urteils BGH, 25.05.2016 – III ZR 99/15 insbesondere die umstrittene Frage behandelt, ob die JCC nach den eben genannten Normen als Rechtsnachfolgerin oder als Treuhänderin jüdischer Verfolgter und deren Erben zu sehen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschichte der Conference on Jewish Material Claims against Germany
- Entstehung
- Wirken und Schaffen
- Luxemburger Abkommen
- Spätere Einflussnahme
- Die Claims Conference und das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen
- Das Vermögensgesetz
- Die Rechtsstellung der Claims Conference gemäß § 2 I 3-5, Ia des Vermögensgesetzes
- Die Claims Conference: Treuhänderin oder Rechtsnachfolger?
- BGH, 25.05.2016 - III ZR 99/15
- Sachverhalt
- Beschluss
- Der Meinungsstreit
- Die Rechtsprechung
- Literaturansicht
- Stellungnahme
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Kolloquium befasst sich mit der Geschichte und der rechtlichen Stellung der Conference on Jewish Material Claims against Germany im Kontext des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen.
- Die Entstehung und die Entwicklung der Claims Conference
- Die Rolle der Claims Conference bei der Wiedergutmachung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus
- Die rechtliche Einordnung der Claims Conference im Rahmen des Vermögensgesetzes
- Die Diskussion um die Rolle der Claims Conference als Treuhänderin oder Rechtsnachfolgerin
- Die Bedeutung der Claims Conference für die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Gestaltung der Gegenwart
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über die Thematik und stellt die Relevanz der Conference on Jewish Material Claims against Germany im Kontext der Wiedergutmachung für die Opfer des Nationalsozialismus dar. Das Kapitel über die Geschichte der Claims Conference beleuchtet die Entstehung der Organisation und ihren Einfluss auf die Verhandlungsprozesse und die Umsetzung von Entschädigungszahlungen. Es werden auch die Luxemburger Abkommen und die spätere Einflussnahme der Claims Conference im Detail betrachtet. Das Kapitel über die Claims Conference und das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen analysiert die rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Claims Conference und die Relevanz des Vermögensgesetzes für die Entschädigungsforderungen. Die rechtliche Stellung der Claims Conference gemäß § 2 I 3-5, Ia des Vermögensgesetzes wird ebenfalls diskutiert. Das Kapitel über die Claims Conference als Treuhänderin oder Rechtsnachfolgerin untersucht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage und analysiert die unterschiedlichen Meinungen in der Literatur. Die Stellungnahme des Autors zu dieser Debatte wird ebenfalls präsentiert.
Schlüsselwörter
Wiedergutmachung, Nationalsozialismus, Holocaust, Opfer, Vermögensgesetz, Claims Conference, Rechtsnachfolger, Treuhänder, Entschädigung, Luxemburger Abkommen, Bundesgerichtshof, Rechtsprechung, Literaturansicht, Rechtsstellung
- Citar trabajo
- Constantin Tiedge (Autor), 2017, Wiedergutmachung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/430240