Die Forschungsliteratur wartet in der Charakterisierung des Falkenbuchs mit Begriffen wie „Solitär“ auf, bezeichnet es im Spiegel seiner Entstehungszeit als „einzigartig“, „seiner Zeit voraus“ und „etwas grundlegend Neues“, oder sogar als „eines der kompetentesten Falkenbücher, das je geschrieben wurde“. Allgemeinhin wird diese Bewertung auf den dahinterstehenden naturwissenschaftlichen Ehrgeiz und die daraus resultierende akribische Umsetzung zurückgeführt, die für das 13. Jahrhundert noch immer höchst ungewöhnlich war. Für Kaiser Friedrich II. stellte die Falkenjagd also offenbar weitaus mehr als ein reines Freizeitvergnügen dar. Vielmehr betrieb er sie wie eine Wissenschaft und erachtete sie gleichsam als eine Kunst, deren vollendete Beherrschung ihm zufolge einen „idealen Menschen“ hervorbrächte. In der Tradition zahlreicher arabischer und abendländischer Traktate über die Jagd mit Vögeln, die in den fünf Jahrhunderten vor des Kaisers Lebzeiten verfasst worden waren und auch am kaiserlichen Hof Anerkennung und Rezeption erfuhren, fasste Friedrich II. sein über Jahrzehnte angesammeltes Wissen in einem eigenen Werk mit dem Titel ‚De arte venandi cum avibus‘ – ‚Von der Kunst, mit Vögeln zu jagen‘ zusammen. Diese Arbeit geht anhand dieses Falkenbuchs dem von Kaiser Friedrich II. dargelegten Verhältnis zwischen dem auf der Grundlage von Beobachtung und Experimenten erworbenen Wissen und dem Gelehrtenwissen nach, wie er es sich durch die Lektüre klassischer Schriften aus der Feder des Aristoteles sowie älterer Fachliteratur aneignete. Die Bedeutung des Buchgegenüber dem Erfahrungswissen für die Konzeption des Falkenbuchs und damit für die Beizjagd selbst soll erörtert, dadurch zudem vielleicht auch eine Aussage über die Stellung von Theorie und Praxis in Friedrichs Wissenschaftsverständnis ermöglicht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Beizjagd: Vom höfischen Vergnügen zur Wissenschaft
- Der geistesgeschichtliche Kontext
- Das Falkenbuch
- Friedrichs Zielsetzung
- Zur Gliederung des Falkenbuchs
- Zwischen Buch- und Erfahrungswissen
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das Verhältnis zwischen theoretischem und praktischem Wissen im Falkenbuch Kaiser Friedrichs II. Sie analysiert, wie Friedrich II. seine Erfahrungen mit der Beizjagd in ein wissenschaftliches Werk umsetzte und welche Rolle dabei das Studium klassischer Schriften spielte.
- Die Beizjagd im mittelalterlichen Kontext
- Das Falkenbuch als wissenschaftliches Werk
- Friedrichs Wissenschaftsverständnis und die Rolle von Theorie und Praxis
- Der Einfluss klassischer Schriften auf Friedrichs Falkenbuch
- Die Bedeutung des Falkenbuchs für die Geschichte der Ornithologie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt das Falkenbuch Kaiser Friedrichs II. in den historischen und wissenschaftlichen Kontext. Sie beleuchtet den Stellenwert des Werkes als "Solitär" und "etwas grundlegend Neues" in der Geschichte der Ornithologie.
- Die Beizjagd: Vom höfischen Vergnügen zur Wissenschaft: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Beizjagd und deren Bedeutung für den mittelalterlichen Adel. Es wird Friedrichs innovative Herangehensweise an die Jagd als Wissenschaft hervorgehoben.
- Der geistesgeschichtliche Kontext: Hier wird der geistesgeschichtliche Hintergrund des Falkenbuchs erörtert. Es werden insbesondere die Einflüsse klassischer Schriften, wie die Werke des Aristoteles, auf Friedrichs Werk beleuchtet.
- Das Falkenbuch: Dieses Kapitel befasst sich mit der Struktur und den Inhalten des Falkenbuchs. Es werden Friedrichs Zielsetzung, die Gliederung des Werkes und die Bedeutung von Buch- und Erfahrungswissen analysiert.
Schlüsselwörter
Das Falkenbuch Kaiser Friedrichs II., Beizjagd, mittelalterliche Wissenschaft, Ornithologie, Erfahrungswissen, Buchwissen, Aristoteles, Naturbeobachtung, Experimente, Theorie und Praxis, Wissenschaftsverständnis, geistesgeschichtlicher Kontext
- Citation du texte
- Nejla Demirkaya (Auteur), 2016, Von der Verwissenschaftlichung der Beizjagd. Die Rolle von Buch- und Erfahrungswissen im Falkenbuch Kaiser Friedrichs II., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/430891