No more war by committee - Der Kosovo-Krieg und die Konsequenzen aus der Perspektive Washingtons


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I. Einleitung

II. Der Kosovo-Krieg und die Konsequenzen aus der Perspektive Washingtons
1. Geschichtlicher Hintergrund des Kosovo-Konflikts
2. Die Entwicklungen im Kosovo von 1987-1998
3. Der Kosovo-Krieg
3.1 Das Milosevic-Holbrooke-Abkommen
3.2 Die Verhandlungen von Rambouillet
3.3 Operation Allied Force
4. Problematische Erkenntnisse aus dem Krieg
5. Rechtliche Aspekte
5.1 Rechtslage nach UN-Charta
5.2 Rechtslage nach NATO-Vertrag
5.3 Humanitäre Intervention
6. No more „war by committee“ - Die Bedeutung des Kosovo-Krieges nach dem 11. September

III. Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Der NATO-Einsatz im Kosovo-Krieg war der letzte vor den Terroranschlägen des 11. September 2001. Neben vielen unterschiedlichen problematischen Erkenntnissen aus diesem Einsatz bleibt vor allem eines aus der Sicht der Amerikaner: No more „war by committee!“ Welche Auswirkungen hat diese Erkenntnis auf die Außenpolitik der USA nach dem 11. September und wie kam es zu dazu? Dies sind die zentralen Fragen dieser Arbeit. Ziel dieser Arbeit ist es die Konsequenzen des Kosovo-Krieges für die USA und deren außenpolitisches Handeln erklären zu können. Dazu bedarf es zunächst einer Klärung des historischen Hintergrundes, um die Ursprünge des Konfliktes im Kosovo zu kennen. Anschließend wird noch auf die Entwicklungen in jüngster Zeit in der Region seit der Amtsübernahme durch Slobodan Milosevic eingegangen, da dessen Kosovo-Politik erst die Verschärfung des Konfliktes herbeigeführt hatte. Danach wird der NATO-Einsatz im Kosovo-Krieg genauer betrachtet. Die Operation Allied Force stellte ein Novum in der Geschichte der Nordatlantischen Allianz dar. Niemals zuvor war ein Krieg geführt worden und dieser lag zusätzlich auch noch außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs. Deshalb wird auch die rechtliche Lage näher erläutert. Davor bedarf es noch einer kritischen Fehleranalyse dieses Einsatzes, da diese unmittelbar Einfluss auf die heutigen Probleme innerhalb der NATO haben. Deren Betrachtung stellt den letzten Teil der Arbeit dar. Abschließend werden die Erkenntnisse in Beziehung zu den heutigen Verhalten der Amerikaner in den internationalen Beziehungen gesetzt.

II. Der Kosovo-Krieg und die Konsequenzen aus der Perspektive Washingtons

1. Geschichtlicher Hintergrund des Kosovo-Konflikts

Der Mythos Kosovo als Wiege des serbischen Staates hat durchaus seine Berechtigung. „Im Kosovo, heute eine arme und vernachlässigte Provinz am Südrand, liegt der Ursprung von Serbiens Staat, Kirche und auch Kultur.“[1] Wahr ist aber auch, dass Serbiens Machtzentrum vor und nach dem Kosovo-Krieg wesentlich weiter nördlich lag und liegt und der Anteil der albanischen Bevölkerung im Kosovo 1991 bereits 81,6% gegenüber 9,9% Serben betrug[2]. Getrieben durch übersteigerten Nationalismus instrumentalisiert die Milosevic-Administration den Mythos Kosovo. Darauf wird später noch eingegangen, zunächst soll aber der Ursprung dieses Mythos’ geklärt werden.

Am 28. Juni 1389 verliert die serbische Armee unter der Führung von Fürst Lazar gegen die Türken auf dem Amselfeld. Diese Niederlage bedeutete zwar den Untergang des serbischen Großreiches, in der Erinnerung der Serben ist diese aber gleichbedeutend mit der „Verheißung großer Siege“[3]. Die nationale Bedeutung wird dadurch deutlich, dass der sogenannte Sankt-Veits-Tag („Vidov dan“)[4] an den Tag der Schlacht auf dem Amselfeld erinnert. Dieses durch die Schlacht implizierte „historische Recht“[5] auf den Kosovo ist eines der drei Argumente, die gegen das Selbstbestimmungsrecht der Kosovo-Albaner angeführt wird. Neben dem Anciennitätsrecht, also der Berufung darauf, dass die altansässige serbische Bevölkerung über die Jahrhunderte nur von den Albanern verdrängt worden sei, beruft man sich auch auf das Souveränitätsrecht, da Kosovo seit 1913, nach den beiden Balkankriegen, völkerrechtlicher Bestandteil des serbischen bzw. jugoslawischen Staates ist[6]. Während man zu den ersten beiden Punkten, je nach Standpunkt, verschiedener Meinung sein kann, lässt sich das Souveränitätsrecht nicht verleugnen. „Kosovo has been internationally accepted as part of Serbia and Yougoslavia.”[7]

Bereits vor dem 2. Weltkrieg versucht man vergeblich die ethnischen Strukturen im Kosovo, unter anderem durch Enteignung, zu Gunsten der Serben zu ändern. Dies scheitert vor allem an der hohen Geburtenrate der Kosovo-Albaner. Nach 1945 sieht sich die albanische Bevölkerung noch strengeren Repressalien durch den Innenminister und Chef des serbischen Geheimdienstes, Aleksandar Rankovic, ausgesetzt. Erst nach dessen Sturz 1966 können die Kosovo-Albaner ihre durch Tito garantierten Minderheitsrechte in Anspruch nehmen. Die Provinz Kosovo wird „konstitutiver Bestandteil der Föderation“[8], und somit, ebenso wie Vojvodina, autonome Provinz. Diese Rechte werden in der Verfassung von 1974 festgeschrieben und sogar noch erweitert[9]. Unmittelbar nach Titos Tod im Jahre 1980 werden die Rufe der albanischen Bevölkerung im Kosovo nach einer eigenständigen Republik immer lauter. Es kommt zu blutigen Aufständen, die allerdings von der jugoslawischen Armee und Polizei niedergeschlagen werden. Die erhoffte Unabhängigkeit rückte in weite Ferne und wird unter Milosevic sogar ins Gegenteil verkehrt.

2. Die Entwicklung im Kosovo von 1987-1998

Im Jahr 1986 wird Slobodan Milosevic neuer Vorsitzender der Serbischen Kommunistischen Partei und ein Jahr später neuer Präsident der Republik Serbien[10]. Seine Popularität verdankt der bis dahin weitgehend unbekannte Politiker nicht nur seinem ehemaligen Studienkollegen und Vorgänger Ivan Stambolic, sondern insbesondere seiner nationalistischen Art. Milosevic’ Ansichten zu Titos Jugoslawien, in dessen 40jähriger Geschichte man „ein ums andere Mal betrogen worden sei[en]“[11], finden bei der Bevölkerung großen Anklang. Das dadurch erzeugte, neue serbische Nationalbewusstsein missbraucht Milosevic um immer neue Konflikte im Kosovo herbeizuführen und schließlich 1989 die Autonomie der Provinzen Kosovo und Vojvodina per Staatsstreich aufzuheben und somit die historische Scharte der Verfassung von 1974, welche den beiden Provinzen ihren autonomen Status garantiert hatte, auszuwetzen. Knapp anderthalb Jahre später erklärt sich Kosovo zur siebten Republik Jugoslawiens (neben Serbien, Montenegro, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina und Makedonien) als Reaktion auf die neue Verfassung Serbiens. Daraufhin wird das Parlament und die Regierung Kosovos von Milosevic aufgelöst und von der serbischen Armee besetzt. Kurz zuvor hatte Milosevic seine Partei, den Bund der Kommunisten (BdK), mit der Sozialistischen Allianz zur Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) vereinigt, um seine Macht auch demokratisch zu sichern. Bald darauf werden unter anderem seine Äußerungen bezüglich der Grenzen des neuen serbischen Staates innerhalb der geplanten Konföderation der Balkanstaaten Slowenien und Kroatien dazu bewegen, aus dem Staatenverbund auszutreten. Milosevic war der Ansicht, dass „Serbien überall dort [sei], wo Serben leben“[12].

Die Kosovo-Albaner begegnen der Politik Belgrads weitgehend friedlich. Erst im Jahr 1996 beginnt die Situation auch in dieser Region des ehemaligen Jugoslawien zu eskalieren. Im April desselben Jahres wird ein albanischer Student von einem Serben erschossen. In den folgenden Monaten werden immer wieder Anschläge auf serbische Polizisten und Polizeistationen verübt. Für diese Anschläge verantwortlich zeigt sich die Ushtria Clirimtare e Kosoves (UCK), die „Befreiungsarmee Kosova“[13]. Anfang 1997 bricht die öffentlichen Ordnung im Kosovo vollständig zusammen. Die UCK gründet in den nördlichen Grenzgebieten Albaniens militärische Ausbildungslager und überzieht das Land mit immer mehr Terroranschlägen, unter anderem gegen den Rektor der Universität Pristina und extremen Nationalisten Radivoje Papovic[14]. Erste Rückschläge stellen der Ausbruch der Kampfhandlungen mit der serbischen Armee und die damit verbundenen Massaker im Frühjahr 1998 in der Drenica - Region dar. Die mit der Resolution 1160 verabschiedete Aufforderung zu einer politischen Lösung der Konflikte scheint die beiden Konfliktparteien, vertreten durch Milosevic und dem inoffiziellen Präsidenten Kosovos[15], Ibrahim Rugova, dazu bewogen haben, miteinander zu sprechen. Das von dem durch seine Mitarbeit am Daytoner Friedensabkommen während des Bonsnien-Kriegs bekannten Richard Holbrooke arrangierte Treffen scheitert jedoch. Den Höhepunkt ihrer Macht erreicht die UCK im Frühsommer 1998. Laut eigenen Angaben hält sie ca. 40 % des Territoriums des Kosovo unter Kontrolle[16]. Mit dem als „Sommeroffensive“[17] bekannten Gegenangriff erobert Milosevic innerhalb kürzerster Zeit beinahe alle von der UCK eroberten Gebiete, darunter auch die Hochburgen Malisevo und Junik[18] zurück. Dabei werden viele Ortschaften durch die Serben zerstört und bis zu 300 000[19] Kosovo-Albaner vertrieben. Die zweite Resolution des UN-Sicherheitsrats zum Kosovo-Konflikt (Resolution 1199) fordert erneut sofortigen Waffenstillstand und Aufnahme von Gesprächen. Ziel dieser Resolution war es, die drohende humanitäre Katastrophe, die den Flüchtlingen im Winter bevorstand, zu vermeiden. Da sich Russland gegen militärische Sanktionen gegen Jugoslawien aussprach, sah die Resolution auch keine vor. Dies mag unter anderem ein Grund dafür gewesen sein, dass die serbische Armee ihren Feldzug unvermindert fortsetzt.

[...]


[1] Rüb, Kosovo, 1999, S.16

[2] Clewing, Der Kosovo-Konflikt, 2000, S.542

[3] Rüb, Kosovo, 1999, S.20

[4] ebd., S.18

[5] Sundhausen, Holm: Kosovo: Eine Konfliktgeschichte, in: Clewing, Der Kosovo-Konflikt, 2000, S.65

[6] ebd.

[7] War with Milosevic, in: The Economist, 3.April 1999, S.18

[8] Reuter, Jens: Serbien und Kosovo - Das Ende eines Mythos, in: Clewing, Der Kosovo-Konflikt, 2000, S.149

[9] Wimmer, Brennpunkt Jugoslawien, 1991, S.96

[10] Gelhard, Ab heute ist Krieg, 1992, S.71

[11] Wimmer, Brennpunkt Jugoslawien, 1991, S.93

[12] Wimmer, Brennpunkt Jugoslawien, 1991, S.103

[13] Rüb, Matthias: „Phönix aus der Asche“. Die UCK: Von der Terrororganisation zur Bodentruppe der NATO?, in: Schmid, Krieg im Kosovo, 1999, S.50

[14] ebd., S.53

[15] Giersch, Carsten: NATO und militärische Diplomatie im Kosovo, in: Clewing, Der Kosovo-Konflikt, 2000, S.447

[16] Rüb, Matthias: „Phönix aus der Asche“. Die UCK: Von der Terrororganisation zur Bodentruppe der NATO?, in: Schmid, Krieg im Kosovo, 1999, S.57

[17] ebd., S.55

[18] ebd., S.58

[19] ebd., S.59

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
No more war by committee - Der Kosovo-Krieg und die Konsequenzen aus der Perspektive Washingtons
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Terror, Krieg und Völkerrecht
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V43108
ISBN (eBook)
9783638409810
Dateigröße
563 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kosovo-Krieg, Konsequenzen, Perspektive, Washingtons, Terror, Krieg, Völkerrecht
Arbeit zitieren
M.A. Sebastian Schäffer (Autor:in), 2004, No more war by committee - Der Kosovo-Krieg und die Konsequenzen aus der Perspektive Washingtons, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43108

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