Dichter gelten dann als groß oder bedeutend, wenn sie in ihrem Werk die Kunst ihrer Zeit entweder zur Perfektion führen, sie vollenden oder aber sie erneuern, also eine neue Kunstrichtung herbeiführen bzw. einen neuen Entwurf von Kunst gestalten.
Walther von der Vogelweide (* um 1170, † um 1230) schreibt man letzteres zu. Er bricht mit dem in der höfischen Gesellschaft ritualisierten Konzept der hohen Minne, was nicht nur literarisch, sondern auch gesellschaftlich eine Auflehnung gegen gegebene Konventionen bedeutet, und er gestaltet ein neues, ein anderes Minnekonzept.
Walthers Loslösung vom vorherrschenden Minnekonzept soll in dieser Arbeit aufgezeigt werden. Allerdings soll auch deutlich werden, dass Walther nicht nur ein bahn brechender Erneuerer, sondern dass sein ‚neues’ Minnekonzept zumindest in einigen Aspekten auch durch eine Rückbesinnung auf höfische Werte und Tugenden begründet ist, die Walther in der realen höfischen Welt nicht mehr wieder zu finden glaubt. Insofern ist er auch ein Vollender seiner Kunst.
Dazu soll zuerst kurz das Konzept der hohen Minne vorgestellt werden, um dann auf Walthers Gegenentwurf, die ‚ebene’ Minne einzugehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Konzept der hohen Minne
- Walthers Gegenentwurf zur hohen Minne
- Kritik und Absage an die hohe Minne - die Lieder des ‚wîp'-Preises
- Die Suche nach einem neuen Weg - das,mâze'-Lied
- Die Mädchenlieder' - Walthers Entwurf der ebenen Minne
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Walthers innovative Minnekonzeption im Kontext der höfischen Gesellschaft. Der Fokus liegt auf seiner Abkehr vom etablierten Konzept der Hohen Minne und der Herausarbeitung seines eigenen, „ebenen“ Minneverständnisses. Dabei wird auch Walthers Rückbesinnung auf höfische Werte und Tugenden berücksichtigt, die er in der realen höfischen Welt nicht mehr wiederzufinden glaubt.
- Kritik der Hohen Minne und die Suche nach einem neuen Minneverständnis
- Walthers „ebene“ Minne als Gegenentwurf zur Hohen Minne
- Walthers Rückbesinnung auf höfische Werte und Tugenden
- Die Rolle von Minnesang als gesellschaftliches Ritual
- Die Bedeutung von Minnesang als Ausdruck individueller Wünsche und Gefühle
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet Walthers Position als Erneuerer und Vollender der Minnekunst. Sie stellt die Abkehr von der Hohen Minne und die Suche nach einem neuen Minnekonzept in den Vordergrund. Anschließend wird das Konzept der Hohen Minne im Detail betrachtet, wobei die Bedeutung der Liebe im frühmittelalterlichen Kontext sowie die Verbindung von Minnesang und gesellschaftlichem Ritual hervorgehoben werden.
Das dritte Kapitel befasst sich mit Walthers eigenem Minnekonzept. Es werden die verschiedenen Aspekte seines Gegenentwurfs zur Hohen Minne analysiert. Dazu gehören die Kritik an der Hohen Minne, die Suche nach einem neuen Weg und die Entwicklung der „ebenen“ Minne, die in seinen „Mädchenliedern“ Ausdruck findet.
Schlüsselwörter
Minnekonzeption, Hohe Minne, Ebene Minne, Walther von der Vogelweide, höfische Gesellschaft, Minnesang, gesellschaftliches Ritual, Individuelle Wünsche, Gefühle, Kritik, Erneuerung, Vollendung, Werte, Tugenden, ‚wîp', ‚mâze', ‚güete'.
- Quote paper
- Heike Wagner (Author), 2003, Die Minnekonzeption bei Walther von der Vogelweide, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43298