Ende der 20er Jahre urteilt Max Horkheimer über die Philosophie eines Kollegen: „Die bloße Tatsache, dass seine Philosophie populärer Verwendbarkeit zugänglich, das heißt ihr pädagogischer Charakter, vernichtet sie als Philosophie.“1 In den Wirren der Münchner Räterepublik nach der Novemberrevolution 1918 wird der junge Horkheimer verhaftet, er sympathisiert mit dem Sozialismus und glaubt an eine marxistische Revolution.
1948 kehrt Max Horkheimer aus dem US-amerikanischen Exil als amerikanischer Staatsbürger nach Deutschland zurück, um die Deutschen zu Mündigkeit, Toleranz und Demokratie zu erziehen. Im Gepäck hat er eine umfassende Gesellschaftstheorie, auf deren Basis Horkheimer an der Seite der US-amerikanischen Besatzungsmacht auf beispiellos vielfältige Weise an der pädagogischen Verarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit mitwirkt.
Wie ist diese Wandlung zu erklären? Und wie steht Horkheimers theoretische und politische Weiterentwicklung in Zusammenhang mit seinem Anspruch, eine „kritische Theorie“ zu vertreten, wie er ihn 1937 in einem Aufsatz formulierte?
An der Beantwortung dieser Frage versucht sich die vorliegende Arbeit in drei Teilen. Das erste Kapitel stellt in zwei ersten Abschnitten mit dem Institut für Sozialforschung und dem unter dem Etikett „Frankfurter Schule“ bekannten Arbeitszusammenhang den institutionellen und sozialen Kontext Horkheimers in der Weimarer Republik dar. Der dritte Abschnitt umfasst die intellektuelle Entwicklung Horkheimers bis zur Emigration.
Die Zeit im US-amerikanischen Exil nimmt das zweite Kapitel in den Blick. Zuerst wird der historische und institutionelle Rahmen der Emigration nachgezeichnet. Der zweite Abschnitt stellt die weltgeschichtlichen Ereignisse dar, die als Erfahrungen und Einschnitte Einfluss nahmen auf das Denken Horkheimers. Bevor im dritten Abschnitt die Reflexionen dieser Erfahrungen in Horkheimers theoretischer und empirischer Arbeit untersucht werden, wird in einem kurzen Exkurs der Begriff der „kritischen Theorie“ eingeführt und geklärt, welche Ansprüche und Zielsetzung Horkheimer mit diesem Begriff verbindet.
Das dritte und letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Remigration Horkheimers und des Instituts und zeigt, welche praktischen Konsequenzen Horkheimer aus den im Exil gewonnen Einsichten zieht.
Inhaltsverzeichnis
- A Einleitung
- I Anfänge: Max Horkheimer und das Institut für Sozialforschung in der Weimarer Republik
- I.1. „Café Marx“: Das Institut für Sozialforschung in Frankfurt
- I.2. Wo steht die „Frankfurter Schule“?
- I.3. Denken lernen: Die intellektuellen Anfänge Max Horkheimers
- a) Von Schopenhauer ...
- b) ... über Heidegger, Hegel und Kant ...
- c) zu Marx
- d) Antrittsrede: Die gegenwärtige Lage der Sozialphilosophie und die Aufgaben eines Instituts für Sozialforschung
- II Neue Heimat in der Neuen Welt
- II.1. Eine „intellektuelle Arche Noah“: Das IfS und der Horkheimer-Kreis im Exil
- II.2. Erfahrungen und Einschnitte ...
- a) Sowjetunion: Gescheiterte Revolution
- b) Deutschland unter Hitler: Ausgebliebene Revolution
- c) Die USA - eine Alternative?
- Exkurs: „Traditionelle und kritische Theorie“
- II.3. und theoretische Reflexion
- a) „Dialektik der Aufklärung“ und „Eclipse of Reason“
- b) „Autoritärer Staat“
- c) „Autoritärer Charakter“
- III. Remigration: Kritische Theorie wird praktisch
- B Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der „kritischen Theorie“ Max Horkheimers und untersucht die Wandlung von einem unorthodoxen Marxisten zu einem demokratischen Pädagogen. Die Arbeit beleuchtet Horkheimers intellektuelle und politische Entwicklung im Kontext des Instituts für Sozialforschung (IfS) und der „Frankfurter Schule“.
- Die Entwicklung der „kritischen Theorie“ Max Horkheimers im Kontext des Instituts für Sozialforschung (IfS).
- Die Rolle der „Frankfurter Schule“ in der Weimarer Republik und im Exil.
- Der Einfluss von weltgeschichtlichen Ereignissen auf Horkheimers Denken und Theoriebildung.
- Die praktische Umsetzung der „kritischen Theorie“ nach Horkheimers Remigration nach Deutschland.
- Die Rolle der Bildung und Pädagogik im Werk von Horkheimer.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt das Institut für Sozialforschung (IfS) und den Arbeitszusammenhang der „Frankfurter Schule“ in der Weimarer Republik vor. Es beleuchtet Horkheimers intellektuelle Entwicklung bis zur Emigration, einschließlich seiner Auseinandersetzung mit Schopenhauer, Heidegger, Hegel, Kant und Marx.
Das zweite Kapitel widmet sich der Zeit des Exils im US-amerikanischen Exil. Es zeichnet den historischen und institutionellen Rahmen der Emigration nach und analysiert die weltgeschichtlichen Ereignisse, die Horkheimers Denken beeinflussten. Zudem wird der Begriff der „kritischen Theorie“ eingeführt und Horkheimers Anspruch auf diese Theorie beleuchtet.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Remigration Horkheimers und des IfS und untersucht die praktischen Konsequenzen, die er aus seinen Erfahrungen im Exil zog.
Schlüsselwörter
Kritische Theorie, Max Horkheimer, Frankfurter Schule, Institut für Sozialforschung, Weimarer Republik, Exil, USA, Bildung, Pädagogik, Demokratie, Toleranz, Mündigkeit, Nationalsozialismus, Marxismus, Sozialismus, Gesellschaftstheorie.
- Arbeit zitieren
- Nina Dombrowsky (Autor:in), 2004, Vom unorthodoxen Marxisten zum demokratischen Pädagogen: Die Entwicklung der "kritischen Theorie" Max Horkheimers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43351