Die Familie als Chronotopos. Formen und Funktionen in Thomas Manns "Buddenbrooks. Verfall einer Familie"


Bachelorarbeit, 2018

67 Seiten, Note: 10 (1)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einführung, Motivation und teoretischer Hintergrund
I. 1. Ziel und Gegenstand der Arbeit. Romanauswahl
I. 2. Begrifferklärung
I. 3. Die Familie als System - Chronotopos. Begründung und Einrahmung. Anwendung auf Thomas Manns Buddenbrooks

II. Eine Frage der Zeit – eine ‚unplötzliche‘ Geschichte oder die „kalte Kultur“ der Buddenbrooks

III. Chronotopos des Weges
III. 1. Individuelle Wege – Merkmale der Generationen
III. 1. 1. Individuelle Wege als Zeitpunkte der Familiengeschichte
III. 1. 2. Individuelle Wege als Räume
III. 2. Die Familie als Weg
III. 2. 1. Die Familie als Zeit
III. 2. 2. Die Familie als Raum

IV. Chronotopos der Idylle
IV. 1. Die Familienidylle
IV. 2. Die Liebesidylle

V. Chronotopos des Archivs oder eine Biographisierung des Lebens
V. 1. Das Familienbuch zwischen Erinnerung und Gedächtnis
V. 2. Die Familie selbst als Archiv

VI. Chronotopos des Todes. Eine Linie des Verfalls

VII. Schluβfolgerungen

VIII. Literaturverzeichnis
VIII. 1. Primärliteratur
VIII. 2. Sekundärliteratur

I. Einführung, Motivation und teoretischer Hintergrund

I. 1. Ziel und Gegenstand der Arbeit. Romanauswahl

Standpunkt meiner Arbeit sind die chronotopischen Beziehungen in Thomas Manns ersten Roman, Buddenbrooks. Verfall einer Familie. Der Raum und die Zeit als Begriffe sind Forschungsgegenstand in verschiedenen Wissenschaften und stellen ein Thema von besonderer Aktualität vor, da in allen Epochen und implizit in der Gegenwart bleiben sie von zentralen Relevanz - desto mehr in der Literatur, wo die Begrenzungen der Seite ihm eine Reihe von spezifischen Eigenheiten verleihen.

Thomas Mann selbst hat sich viel mit naturwissenschaftlichen Themen in seinen Werken beschäftigt, nämlich auch mit der seit Einstein entwickelten Problematik der Relativität von Zeit und Raum. Wenn aber in anderen Werken, wie Der Zauberberg, zum Beispiel, dieses Thema einen Vorrang hat, wurde es in Manns ersten Roman noch nicht genug geforscht. Und zwar geht es hier weder um einen metaphysischen oder philosopischen Kontext, wie im Roman Der Zauberberg, noch um eine reale, begrenzte Chronotopik, wie im Fall anderer Werken, sondern um eine ganz besondere Verknüpfung dieser Beziehungen im Rahmen einer neuen Art von Chronotopos – der der Familie, was diese Arbeit veranschaulichen und beweisen will.

Den Zusammenhang von Zeit und Raum hat Mann nicht nur sehr gut verstanden und vorgeahnt, sondern auch besonders aussagekräftig in seiner Literatur eingemischt:

„Die Verknüpfung der Begriffe Zeit und Richtung, die der Zeit eine vektorielle Komponente zuordnet, basiert auf Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, die besagt, dass die Krümmung von Raum und Zeit beeinfluβt wird, wenn ein Körper sich bewegt oder eine Kraft wirkt. Es ist erstaunlich und faszinierend, wie tief Thomas Mann in diese schwierigen Zusammenhänge eingedrungen ist und wie ihm insbesondere ihre Verbalisierung gelingt.“[1]

In diesem Sinne nimmt sich die vorliegende Arbeit vor, die besondere Entstehung und die Formen dieser Zeit-Raum Beziehungen im Kontext der Familie Buddenbrooks auszuzeichnen und, mit Hilfe von verschiedenen weiteren Begriffen und Theorien, die Familie als eine noch nicht sehr untersuchte Art von Chronotopos zu bestimmen.

Das bedeutet nicht nur eine Analyse der Zeit- und Raumkomponenten innerhalb der Familie, sondern auch ein Zusammenhangsversuch zwischen Manns Roman und anderen Theorien: von Bachtins vereinzelten Chronotopoi zu Aleida Assmanns Ideen über kollektives Gedächtnis, Kulturtypologien oder dem Verhältnis des modernen Menschen zum Chronotopos, also zu seiner Zeit und zu seinem Raum. Alle Bezugnahmen und dargestellten Theorien haben als Zweck den Beweis der Tatsache, dass Zeit und Raum immer noch von groβer Relevanz sind und als Instrument betrachtet werden können – Instrument des Verstehens und des Entdeckens einer Kultur, einer Denkweise, einer Gruppe von Menschen. Die Wahrnehmungen und Formen des Chronotopos werden auf Basis des Romans Buddenbrooks. Verfall einer Familie aufgezeigt, damit man eine Umwertung des „Saga“-Begriffs mit Hilfe der modernen Theorien schafft.

Die Gliederung meines Beitrags besteht aus drei zentralen Teilen. Im ersten Teil werde ich einen kurzen Panoramablick über den literarischen Begriff des Raumes und der Zeit geben, basierend auf Bachtins, Lotmans, Foucaults, Lefebvres, de Certeaus und Bachelards Raum- und Zeittheorien, die weiterhin mit neuen Definitionen, Schemen und Valenzen der Kulturwissenschaft (Markus Neuschäfer, Moritz Csáky, Michael Werner, weiter in der Arbeit Aleida Assmann, Geoffrey Hartman, Wolfram Nitsch, Nicolas Pethes usw.) genauer analysiert und veranschaulicht werden. Verschiedene Ausdrücke wie „räumliche Äquivalenz“, Topo-Analyse, Heterotopie, Raum bzw. Ort und den Zentralbegriff Chronotopos werden in diesem Unterkapitel erklärt werden, da sie weiter für den Inhalt relevant sind. Dann wird die Wichtigkeit dieser Begriffe im Rahmen des Systems der Familie in einem allgemeinen Einrahmungsversuch der Familie Buddenbrooks in einem oder anderem Untersystem illustriert.

Das Inhalt befasst fünf Kapitel, in denen mehrere Arten von Chronotopoi im Zielroman gesucht und veranschaulicht werden, wie, zum Beispiel, Chronotopoi des Weges, der Idylle, des Todes oder des Archivs. Die Chronotopik in der vorliegenden Arbeit stammt aus Bachtins Zentralwerk Chronotopos, basiert sich aber nicht ganz darauf, denn es geben auch Formen, die beispielsweise bei Bachtin einer anderen Epoche untergeordnet sind. Neben einer Klassifizierung der Chronotopoi in Manns Roman, werde ich auch die Hauptcharaktere in ihrer Beziehungen und Entwicklung in Verbindung mit dem Raum und der Zeit, sowie auch ihre für den Verfall einer Familie relevanten Verhältnisse veranschaulichen, in dem Maβ, in dem sie irgendwie die Zeit und den Raum prägen. Als Vorgehensweise gilt die Ästhetik der Rezeption.

Abschliessend werde ich die wichtigsten Aspekte meiner Abhandlung zusammenfassen.

I. 2. Begrifferklärung

Die Problematik der Zeit und des Raumes wurde schon seit Jahrhunderten heftig diskutiert. Uns interessiert aber welche Semantik die literarischen Zeit und Raum haben, zuerst im Allgemeinen und dann mit Aufwendung auf Thomas Manns Roman Buddenbrooks. Der folgende Abschnitt enthält eine kurze Begrifferklärung von Aspekten wie Zeit oder Raum, aber auch eine Veranschaulichung des wichtigsten Begriffs im Rahmen der vorliegenden Arbeit, des Chronotopos – denn Ziel der Arbeit, wie erwähnt, ist nicht nur die verschiedenen Zeite und Räume des Romans zu identifizieren, sondern vor allem dessen Interdependenz und Verknüpfung im Kontext der Familie zu skizzieren.

Natürlich behält der literarische Raum eine gewisse Reihe von Valenzen des Raumes im Allgemeinen, aber hier wird er ‚voll‘, ein voller Raum, er selbst Botschaft, selbst Stoff und Sinn. Gaston Bachelard spricht über eine Einbildungskraft[2] die mit dem Raum verbunden ist, denn Raum in der Literatur hat immer eine Partikularität: er wird ‚erlebt‘. Auch leere Räume werden in diesem Fall vom Autor und von den Lesern ‚erlebt‘ und von der eigenen Leere ‚bewohnt‘[3] – schon hier wird die zeitliche Seite der Lektüre, der Konsekutivität, deutlich. Bachelard definiert die Topo-Analyse, die „das systematische psychologische Studium der Örtlichkeiten unseres inneren Lebens”[4] sei. So ist es offensichtlich, dass der Raum auch das Innere beeinflußt, die menschlichen Empfindungen, Träume, Erinnerungen, Verhalten – sogar mehr in der Literatur, wo die Beziehung Held-Raum wesentlich für den allgemeinen Sinn des Werkes ist. Der Raum ist also nicht nur Rahmen der Handlung, der Ereignisse, sondern auch Begründung und Einfluss einer besonderen Handlungsart, eines Verhaltens oder Eigenschafts des Helden, die, natürlich, in der Laufe der Zeit vorkommen.

Der Raum existiert also nie ‚allein‘, er ist immer mit der Zeit verbunden. In der Literatur verdichtet sich die Zeit paradoxerweise sogar mit Hilfe des Raumes. Man habe die Wahrnehmung der Zeit nur weil die Handlung in einem spezifischen Ort passiert ist oder weil der Held irgendwo irgendwann war.[5] Bachelard synthetisiert die ganze Struktur des Raumes in einer „Zerstückelungsdialektik”, in eine Dialektik des Ja und des Nein, also in eine Wechselbeziehung verschiedener Oppositionen: Draußen und Drinnen, Sein und Nichtsein, das Offene und das Geschloßene, das Endliche und das Unendliche.[6]

Ähnlich zu Bachelards Perspektive ist Jurij Lotmans, der aber vor allem die Sprache als Mittel zur Erscheinung des Raumes und zur Erfassung der Wirklichkeit bezeichnet[7]. In diesem Sinne stellen sprachliche Zeichen die Raumbeschaffenheit in Form semantischer Oppositionen dar, die aber auch emotionell wahrgenommen werden.

Die Begriffe hoch – niedrig, rechts – links, nah – fern, offen – geschlossen, abgegrenzt – unabgegrenzt, diskret – kontinuierlich bilden dabei das Material für den Aufbau von kulturellen Modellen mit keineswegs räumlichen Inhalt und erhalten die Bedeutung: wertvoll – wertlos, gut – schlecht, eigen – fremd, zugänglich – unzugänglich, sterblich – unsterblich und dergleichen mehr.[8]

Nach Lotman ist der Raum unendlich, während im Kunstwerk ist er begrenzt und zweidimensional. Dementsprechend erfordert die Raumdarstellung in der Kunst eine eigene „Sprache”, ein eigenes Zeichensystem, also eine Raumsemiotik. Aus literarischen Texten lassen sich Weltmodelle rekonstruieren, indem man räumliche Oppositionen auf ihre Semantik hin analysiert.[9]

Für Lotman ist also der literarische Raum ein Kontinuum[10] und ein Modell für die Raumstruktur der Welt. Deshalb ist der Ort der Handlungen nicht nur eine Beschreibung einer Landschaft oder eines dekorativen Hintergrunds, sondern ein bestimmter Topos voll von Gegenständen. Die Rolle der Gegenstände, der Objekte ist wesentlich: nicht alle solchen Gegenstände reißen einen Raum um, sondern nur diejenigen, die Relationen definieren.

Hinter der Abbildung der Dinge und Gegenstände (...) entsteht ein System räumlicher Relationen, die Struktur des Topos. Als Prinzip der Organisation und Anordnung der Personen im künstlerischen Kontinuum erscheint die Struktur des Topos dabei als Sprache, die die anderen, nichträumlichen Relationen des Textes ausdrückt.[11]

Alle solche Relationen nennt Lotman „räumliche Äquivalenzen“.[12]

Der Chronotopos aber, der zentrale Begriff für das Thema, ist was Bachtin als „grundlegender wechselseitiger Zusammenhang der in der Literatur künstlerisch erfaβten Zeit-und-Raum-Beziehungen”[13] bezeichnet. Was besonders an diesem Chronotpos ist, sei genau die Tatsache, dass die zwei Komponenten (Raum und Zeit) - so wie auch Bachelard oder Lotman bemerkt haben - untrennbar sind, dass die räumlichen und zeitlichen Merkmale in der Literatur verschmelzen.[14] Nach Bachtin nehme der Chronotopos mehrere Formen an – es geben Chronotopoi der Begegnung, der Idylle, der Schwelle, der Straβe, der Krise, des Weges, sogar des Autors und des Lesers. Verschiedene solche chronotopische Formen werden auch im Inhalt meines Beitrages veranschaulicht werden. Sie sind immer sehr relevant für das Sujet, als „Organisationszentren der grundlegenden Sujetereignisse des Romans“.[15]

Die Beziehungen zwischen den Chronotopoi bezeichnet auch Bachtin, „wobei gewöhnlich einer von ihnen der umgreifende oder dominierende ist”[16]. Es geht dementsprechend immer um Einfluβ und Kontakt zwischen diesen Beziehungen, derer allgemeine Charakter deshalb „dialogisch”[17] sei.

In seinem Werk bezieht sich Bachtin auf die Gattung, in der die Chronotopik besonders aussagekräftig ist, und zwar auf den Roman. Er analysiert dessen Entwicklung von der Antike (vom griechischen Prüfungsroman) bis zu Rabelais mit Hilfe von konkreten Beispielen um zu demonstrieren, wie tief die Beziehung Zeit-Raum in der Literatur fortgehen kann. Natürlich ist diese Reihe von Chronotopoi bei Bachtin begrenzt. Dass bedeutet aber nicht, dass der Begriff in der Gegenwartsliteratur von weniger Relevanz ist. Tatsächlich nimmt sich auch die vorliegende Arbeit vor, nicht nur die Anwendbarkeit von Bachtins Theorien im 20. Jahrhundert zu erläutern, sondern auch Untertypen von scheinbar neuen Chronotopoi in Bezug auf moderner Literaturwissenschaftstheorien zu setzen. Es werden also auch ‚klassische‘ Chronotopoi analysiert – des Antiheldenromans, des Weges, der Idylle und anderen – aber auch Formen vorgestellt, die bei Bachtin unter diesem Name nicht vorkommen – des Todes oder des Archivs.

Die Tatsache, dass die Zeit und der Raum unzertrennlich sind – obwohl die eine oder die andere Dimension manchmal Vorrang hat – ist auch bei Foucault darin zu treffen, was er als „Heterotopie“ bezeichnet: „reale, wirkliche, zum institutionellen Bereich der Gesellschaft gehörige Orte, die gleichsam Gegenorte darstellen, tatsächlich verwirklichte Utopien“ oder „Orte, die auβerhalb aller Orte liegen, obwohl sie sich durchaus lokalisieren lassen“[18]. Foucault illustriert den Begriff sehr plastisch durch eine Spiegelmetapher: der Spiegel ist eine Utopie, indem er den Mensch für sich selbst sichtbar macht, wo er eigentlich nicht ist, aber gleichzeitig eine Heterotopie, da er den Ort, an dem der Mensch zeitlich ist, absolut real in Verbindung mit dem umgebenden Raum und zugleich irreal (weil virtuell als Punkt im Spiegel) macht[19]. Es geben mehrere Arten von Heterotopien, in den primitiven Gesellschaften, zum Beispiel, die sogenannten „Krisentopien“[20], also „privilegierte, heilige oder verbotene Orte“, wozu „Heranwachsende, Frauen während der Montasblutung, Frauen im Kindbett, Greisen“ und später der Militärdienst[21] gehören. Heutzutage seien diese Heterotopien zu „Abweichungsheterotopien“ worden, also „Orte, an denen man Menschen unterbringt“ – Sanatorien, Gefängnisse, Altersheime[22].

Uns interessiert aber vor allem die ‚chronotopische‘ Funktion dieser Heterotopien, und zwar die Fähigkeit, Zeit zu akkumulieren – wie Museen oder Bibliotheken[23], und im Fall der Familie Buddenbrook – die Familienchronik oder das Haus selbst. Der Raum, der also sich mit der Zeit bewahren will, ist entweder ilusionär, oder kompensatorisch[24], was anhand des Chronotopos-Begriffs und der vorliegenden Arbeit sehr relevant ist: eine Gesellschaft (also auch die Familie als eine Mikrogesellschaft) kann sich selbst eine Heterotopie – also auch eine Art Chronotopos - schaffen[25]. Dieser Aspekt wird auch weiter in der Arbeit analysiert werden, wie auch die Beziehung der Schiffe, „Heterotopien par excellence[26] mit Tonys am Meer verbrachten Zeit mit Morten[27].

Wie gesagt, da „der soziale Raum ein (soziales) Produkt ist“[28], kann jede Gesellschaft einen eigenen solchen Raum produzieren. Lefebvre nennt diesen Prozess „die räumliche Praxis“: „sie umfasst die Produktion und Reproduktion, spezielle Orte und Gesamträume, die jeder sozialen Formation eigen sind, und sichert die Kontinuität in einem relativen Zusammenhalt“[29]. Wie wir weiter sehen werden, betrifft diese Art Praxis das buddenbrook’sche ‚Haus‘, einen Ort, der paradoxerweise fast vollkommen mit der Zeit verbunden ist, mit den Generationen.

Als Letztes lässt sich sagen, dass man zwischen „Raum“ und „Ort“ unterscheiden muss: es geht einerseits um ein „Resultat von Aktivitäten, die ihm [dem Raum] eine Richtung geben, ihn verzeitlichen und ihn dahin bringen, als eine mehrdeutige Einheit von Konfliktprogrammen und vertraglichen Übereinkünften zu funktionieren“, also die abstrakte Situation, wenn man „Richtungsvektoren, Geschwindigkeitsgröβen und die Variabilität der Zeit in Verbindung bringt“[30]. In anderen Worten befasst der Raum den groβen Begriff der räumlichen Beziehungen und in der Arbeit wird er auch mit diesem Sinne benutzt. Andererseits gibt es natürlich „Orte“, also „die Ordnung (...) nach der Elemente in Koexistenzbeziehungen aufgeteilt werden“[31]. Ein Raum besteht aus mehreren Orten, aus mehreren Mikrotopoi, die „momentanen Konstellationen von festen Punkten“[32]. Im Fall des Zielromans gelten verschiedene Zimmer wie „das Landschaftszimmer“, das Meer, das Haus als Ganzes usw. als solche „Orte“, die zusammen für die räumliche Seite des Chronotopos relevant sind. Die beiden Begriffen enthalten, aber, wie gezeigt, auch die temporale Seite.

Weiterhin wird eine Einrahmung des Begriffs „Chronotopos“ im zentralen Aspekt der Familie als System geschafft. Die obene Begrifferklärung soll für die folgende Konstituierung der Arbeit herangezogen werden.

I. 3. Die Familie als System - Chronotopos. Begründung und Einrahmung. Anwendung auf Thomas Manns Buddenbrooks

Obwohl es schwierig ist, eine genaue Definition der Familie zu finden, bilden einige Aspekte einen Zusammenhang dafür, was heutzutage ein „Familienroman“ bedeutet. Markus Neuschäfer stiftet einen kurzen Überblick darauf, was die Hauptmerkmale einer solchen Gattung betrifft[33]. Legt man diese Eigenschaften mit Bachtins Definitionen des Chronotopos übereinander, so zeigen sich einige Gesichtspunkte für die vorliegende Arbeit besonders wichtig.

Syntagmen und Stichwörter wie ‚Beziehung‘, ‚Generation‘, „häusliche Gemeinschaft[34] “, „Leitbild[35] “, ‚Verwandschaften‘, ‚Kohäsion‘, ‚gehören‘, ‚Grenzen‘, ‚Geschichte‘, ‚Gegenwart‘, ‚Archiv‘, ‚Erbschaft‘ u.a. zeigen sich im Kontext der Familie als Chronotopos bedeutend, da sie schon zwei Seiten bestimmen: eine zeitliche und eine räumliche Seite der Familie als System oder „Schema“[36].

Dieser Abschnitt beschäftigt sich damit, warum und inwiefern eine Familie als ein Chronotopos betrachtet werden kann, zuerst im Allgemeninen und dann im Fall der B.[37]. Wenn wir Bachtins einfachste Definition des Chronotopos als „der untrennbare Zusammenhang von Zeit und Raum[38] “ im Auge haben, ist es deutlich, dass eine Familie – in Wirklichkeit, als auch in der Literatur – ohne Zeit und Raum nicht existieren kann. Die Verknüpfungen von Zeitaltern und Generationen, verschiedenen Wohnorten und Wegen, verschiedenen Verwandten und Mitgliedern, die entweder synchronisch oder dyachronisch in demselben Ort oder in ganz verschiedenen Räumen leben oder lebten, schaffen selbstständig eine besondere Art von Chronotopos, die in der Tat aus mehreren Mikrotopoi und Mikrozeiten besteht.

Bei Bachtin kommt die Familie selbst als Chronotopos nur zweimal vor: in den Passagen über die römische Familie und das Entstehen von Autobiographien[39] und dann wieder im Fall der familiären Idylle des 18. Jahrhunderts[40]. In der Arbeit werden auch diese Varianten analysiert, aber auch noch andere Unterypen von Chronotopoi, die bei Bachtin nicht unbedingt mit einer Familie zu tun hätten, die aber wichtig für das chronotopische Bild des Zielromans sind, wie die Chronotopoi des Weges, des Antiheldenromans, des Archivs.

Bevor aber die Haupttypen von Chronotopoi aus Bachtins Werk in B. analysiert werden, ist, wie gesagt, ein allgemeiner Verusch einer Einrahmung des Familiensystems und dessen Merkamale im gezielten Roman nötig. Eine kurze Zusammenfassung der Geschichte eines Genres wie ‚Familienroman‘ oder ‚Generationenroman‘ skizzieren Matteo Galli und Simone Costagli[41] oder Markus Neuschäfer[42]. Wir wollen uns nicht mit einer Ierarchisierung oder Geschichte der Gattung beschäftigen, aber es lässt sich trotzdem bemerken, dass ein Unterschied zwischen den beiden oben genannten Varianten – ‚Familienroman‘ und ‚Generationenroman‘ – vielleicht wichtig für das Thema der Arbeit vorkommt, denn „ersterer kann als allgemeine Bezeichnung für Texte mit Handlungsfokus innerhalb einer Familie gelten, während der zweite Romane betrifft, die chronologisch mehrere Generationen umfassen“[43]. Darum soll der Zielroman der vorliegenden Arbeit mehr unter der zweiten Kategorie verstanden werden, obwohl manche chronotopische Formen auch mit den allegeminen internen Beziehung einer Familie verbunden sind. Als allgemeines „Hauptprinzip“ des Genres bleibt, nach Ursula März, „das Erzählen entlang einer Generationenfolge, die Auslegung des familiären Mikrokosmos als Fallbeispiel historischer Zeitgeschichte“[44], was auch ein Rahmen für die folgenden Chronotopoi, also zeitlichen und räumlichen Beziehungen hilfsreich sein wird.

Die Beziehungen, die Bindungen, die Ähnlichkeiten, die inneren Regeln und die Tatsache, dass es ein bestimmtes Familienbild oder einen „Familiendiskurs“[45] im Roman bestehen stellen ein Schema zusammen, das zusammen mit den impliziten Zeit- und Raumbeziehungen einen eigenen Chronotopos gründen kann. Was das familiale Schema in der Literatur aber noch voraussetzt, ist immer ein Konfliktmuster, eine Krise mit „generationeller Deutung“[46].

Diese Krise ist, wie im Fall des Romans B. meist in einer Zeitreihe zu treffen – wie hier der Prozeβ des Verfalls, eine „Schrumpfung“[47]. Allerdings gibt es auch „Momentaufnahmen“[48], die als Zeitpunkte wichtig für die Ereignishaftigkeit sind. Normalerweise sind diese Momente einzelne Geschehen der Gestalten oder deren Begegnungen. Natürlich sind diese zwei Formen der Zeit (Nachfolge und Aufnahmen) immer mit einem Raum verknüpft – wie Buddenbrooks‘ Haus, Nest der Generationen, Symbol des Wohlstandes, Ziel und ‚Punkt 0‘ des Geschäfts. Diese chronotopischen Werte, zusammen mit den Identitäten der Figuren und dem Faden der Handlung bilden ein selbständiges System, das nach Neuschäfer, wie nach anderen Soziologen und Forschern, meist pathologisch ist[49]. Neuschäfer spricht von zwei Polen der Disfunktionalität: es gebe pathologisch verschlossene Familiensysteme und pathologisch offene Systeme[50].

Aus den verschloβenen Familientypen stellen die Buddenbrooks, im Kontext des vorliegenden Beitrages, die erste Möglichkeit dar: die, wo die „historisch entfernte Familienkonstellationen aufgegriffen werden“[51]. Die Familie gilt als ein Gefängnis[52], nicht unbedingt im grausamen Sinne des Wortes, sondern im Sinne einer Anhäufung von ‚Kräften‘ – wie das autobiograpshische Selbstbewusstsein, die Historizität, die gemeinsamen Werte oder die Erbschaft, die später im Beitrag besprochen werden – die den Mitgliedern metaphorisch untersagen, die Familie zu ‚verlassen‘.

Die Familie ist deswegen kohäsiv, weil sie nicht offen ist[53].

Neuschäfer analysiert mehrere Familienromane, die einem oder dem anderen Systemtyp zugeordnet sind. Im Zusammenhang von Reinhard Jirgls Unvollendeten ist dem Autor ein Satz der Figur Anna besonders wichtig für den Rahmen der verschlossenen Familie: „Wer seiner Familie den Rücken kehrt, der taugt nichts“[54]. Und im Fall der Buddenbrooks ist die Situation gleich. Christian, zum Beispiel, gehört geistig nicht mehr zur Familie, weil er den gemeinsamen akzeptierten Normen und Werten nicht mehr folgt. Deswegen ist er immer nur ein kränklicher ‚Hysteriker‘, er macht nichts Wichtiges aus seinem Leben. Auch Gotthold, der Stiefbruder, gehört nicht mehr zur Familie, weil er gegen sie und für seine Liebe gewählt hat. Die anderen Familienmitglieder fühlen sich mehr oder weniger verpflichtet, zur Familie zu gehören, den Stolz der Vätern hervorzurufen. Das ‚Gefängnis‘ erlaubt als einzige Freude, die der Familie und des Geschäfts. Die familiale Bindung soll so stark sein, dass sie auch Paarbeziehungen für „unvereinbar“[55] hält. Wie ich weiter in der Arbeit zeigen werde, sind deswegen auch keine Idyllen realisierbar.

Alles, was sich nicht innen der Familie befindet, ist fremd und kalt und, wie es sich im Roman zeigt, tödlich. Die interne Kohäsion sollte das System verschloβen halten: „Aus der Gemeinsamkeit der Normen und Werte innerhalb der Familie entsteht interne Kohäsion: die Familie hält zusammen, weil sie gemeinsame Vorstellungen davon teilt, was eine moralisch korrekte Lebensführung ausmacht“[56].

Obwohl der Roman B. ein geschloβenes Familiensystem wiederspiegelt, sind zwei Merkmale der nach Neuschäfer offenen Systemen auch für Manns Werk interessant und einigermaβen relevant: die Trennungen[57] und die Geheimnisse[58]. Trotzdem ist das nicht für die ganze Familie gültig, sondern nur für die Kleinfamilien[59]. Die Paarproblematik zeigt sich zwar „offen“, weil nicht von Kohäsion geprägt, bei allen Kleinfamilien des Romans, die Scheidungen oder einfach Kälte hineinziehen: bei Tony und Grünlich, bei Tony und Permaneder, bei Erika und ihrem Mann Weinschenk, sogar bei Thomas und Gerda, die vom Auβen am Anfang glücklich aussehen. Diese letzte Familie, deren Produkt Hanno wird, ist den Buddenbrooks tödlich auch weil sie durch die exotische Gestalt Gerdas (wie in den folgenden Abschnitten gezeigt wird) ganz ‚offen‘ ist.

Was die Geheimnisse[60] betrifft, befinden sich in B. keine riesigen Familiengeheimnisse, zwar sind einige individuelle Geheimnisse für die Handlung und für die Ereignishaftigkeit des Textes interessant, denn sie skizzieren irgendwie, im Sinne eines offenen Systems, eine ‚Familie hinter der Familie‘. Dieser Art sind, zum Beispiel, die geheime Beziehung zwischen Thomas und dem Blumenmädchen, die geheime Herkunft von Thomas‘ Beziehung mit Gerda oder Tonys ‚Enthüllungen‘ und Gedanken neben Morten in Travenmünde. Zwar nicht so aussagekräftig wie in anderen Romanen, schaden auch diese kleinen Geheimnisse eines „Wissenzusammenhangs“[61] und implizit der Einheit (trotzdem unwahrscheinlich) der Familie.

Moritz Csáky beweist, dass jede Kultur im Grunde genommen auch eine Zeitkultur und eine eigene Raumkultur, einen „relationalen Raum“ bedeutet[62]. Das führt zu einem „beweglichen” Raum[63], was sich sehr eines Systems wie das oben beschriebene System ähnelt: jede Kultur ist eine Netzwerk, ein „aktives Konstrukt”[64] und der Raum gilt „nicht als eine Realität, die in der Welt existiert, sondern als eine Sichtweise auf die Welt, als eine Kategorie, durch die es möglich wird, die reale Welt hypothetisch zu strukturieren und verständlich zu machen”[65]. Im Kontext der vorliegenden Arbeit ist es bedeutsam, dass auch die Familie als eine Form der Kultur verstanden sein kann, was bedeutet, dass diese dynamischen Chronotopoi auch wie im Fall der groβen Kulturen ein wichtiges Verstehensinstrument sind.

Was die Familie als Minikultur auch noch bestimmt ist die Wichtigkeit der „Akteuren”, die alle diese „kulturellen Räume” „prozesshaft”[66] machen: der Raum (der, wie gezeigt, auch die Zeit enthält) kommt immer in zwei Formen vor – als Rahmen und als Bestandteil von Handlung[67]. Im Fall der Buddenbrooks und mit Hilfe von verschiedenen Chronotopoi werden beide Formen untersucht, aber die Tatsache, dass der Raum kein „festes Koordinatensystem mehr” ist, „sondern mobile, bewegte Konstruktion[68], befindet sich in einer interdependenten Beziehung mit der zweiten Form, wo die Gestalte selbst die chronotopischen Werte beeinflüssen. Eigentlich ist der Raum „eine Interrelation von bewegten Körpern bzw. Handlungen”[69]. Im Fall der Familie als Minikultur ist also auch die „Verräumlichung von Entwicklung”[70], also von Zeit, klar zu spüren, weil die Familie vor allem Wechsel von Generationen bedeutet. Und hier wird auch die räumliche Funktion der Zeit veranschaulicht: „Auch Zeit wird in räumlichen Bewegungskategorien dargestellt (sie vergeht, schreitet fort, kommt, steht still, wird beschleunigt, verlangsamt usw.)”[71]. Die Subjektivität und die Verhältnisse zum Raum und zur Zeit einer Kultur sind also auf jeden Fall aktiv, denn die „Akteure”, die das System, das Netzwerk bewohnen, auch „Signale aussenden”[72], was die Ereignishaftigkeit der Geschichte in Bewegung setzt.

Es ist also klar, dass das Raum-Zeit-Verhältnis innerhalb einer Familie wesentlich ist, da alle Systemen über eine räumliche und zeitliche Lokalisierung verfügen, seien sie auch metaphorisch. Die Familie bedeutet vor allem Generationen – also Zeit, und eine visuelle Ausformung, eine ‚Dingwelt‘, da jede Erinnerung einen visuellen Raum benötigt, um sich zu projizieren. Und auch „wenn Familie nicht als Thema sondern als ein von den thematischen Eigenschaften jeweiliger Texte unabhängiges Element der Narration genommen wird, ist sie als raumzeitliche Konstellation entscheidend“[73]. Im Fall des Zielromans ist die Familie natürlich sowohl tematisch als auch chronotopisch wahrzunehmen. Wir werden sogar sehen, dass die Buddenbrooks manchmal versuchen, sich selbst als Zeit und Raum zu empfinden.

Die „transgenerationelle Übertragung“[74], die tatsächlich die Familie Buddenbrooks definiert und die zu dem Verfall beiträgt, wird weiterhin mit Hilfe von Bachtins Hauptformen von Chronotopoi, also von Zeit- und Raumformen dadurch erläutert, dass die kurze obige Systemeinrahmung für die folgende Konstituierung der Arbeit herangezogen wird.

II. Eine Frage der Zeit – eine ‚unplötzliche‘ Geschichte oder die „kalte Kultur“ der Buddenbrooks

Eine erste Beobachtung in der Sphäre der zeitlichen und räumlichen Beziehungen betrifft die Abwesenheit von Elementen der Abenteuer und der Überraschung, die bei Bachtin einen bestimmten Chronotopos bilden.

Es gibt im B. nichts davon, was Bachtin der „Abenteuer“, der „Prüfung“ im griechischen Roman[75] unterklassifiziert[76]. Zwar werden mehrere Aspekte der inneren und äuβerlichen Leben der Helden „geprüft“, aber nie im Sinne von Heroismus, sondern nur als Schritte des Verfalls, als Demonstrationen eines von sich selbst entfaltenden Prozesses. Alles folgt einem inhärenten, eigenen Puls, einem eigenen Ehrgeiz. Deswegen sind Wörter wie „plötzlich“ oder „gerade“, die bei Bachtin bestimmte Zeitabschnitte einleiten[77], fast nie zu treffen. Natürlich kann man auch den Roman B. in vielen solchen Abschnitten aufteilen, aber dort funktioniert die Geschichte als ein Ganzes, als einzelne Schicksale, metaphorisch gesehen als Fotografien, aus denen aber in der Tat ein Album besteht. Auch die plötzlichsten und unerwartetesten Ereignisse berühren die Linie des Romans nicht: die Familie scheint ihr Schicksal vorhersagen zu können. Im Unterschied zu den prophetischen Träumen, göttlichen Vorsehungen oder Prophezeiungen[78] sind hier diese Vorherahnungen manchmal in der Rede des Erzählers zu finden. Eine detaillierte Beschreibung und Analyse dazu gehört Karin-Henrike Berg, die den Fatalismus des Romans mit Hilfe aller seinen Zeichen – von der Zirkularität (verknüpfte Szenen, Erwähnungen, Vorherahnungen, prophetische Aussagen, ‚Spiegel‘-Momente) bis zu den Namen, Toden, Briefen beweist[79]. Von der Zeit her gelten alle diese voraussagende Zeichen natürlich als wichtig, weil sie die Wege der Gestalten (im nächsten Kapitel skizziert) schon vom Anfang an bestimmen. In diesem Sinne spricht Berg sogar über eine „Notwendigkeit“[80] des Geschehens, die in unserem Kontext einer ‚unplötzlichen Geschichte‘ von Bedeutung ist: wenn alles passieren muss, natürlich kann dann alles von sich aus, schicksalhaft[81], vergehen, denn die Zeichen haben die Leser in der Lektüre schon sehr früh. Hier gleicht die allgemeine, zwar ein bisschen klischeeistische Syntagme ‚nur eine Frage der Zeit‘.

Was aber hier noch auffällt ist die Tatsache, dass es keine ‚Abenteuer‘ gibt, weil es auch kein gestufter Fortschritt gibt. Jeglicher ‚Progress‘ bedeutet Schnelligkeit, Aufwärtigkeit und ‚Plötzliches‘, unerwartete Elemente, die im Fall der Buddenbrooks kaum zu sehen sind. Der Schicksal bestimmt das Ende der Familie. Wenn wir die Familie als eine Mikroform von Kultur wahrnehmen, dann scheinen die Buddenbrooks zu dem zu gehören, was Aleida Assmann „kalte Kulturen“[82] nennt. Diese seien die Kulturen, die vom Erhalten, von Tradition, einen langsamen Rythmus und Stabilität, „Wiederholung, Wiedererkennung und Konstanz“ geprägt sind[83], im Gegensatz zu „heiβen Kulturen“, die „Innovation und Wandel zum Gesetz ihrer Entwicklung machen und eine neutrale Zeitmessung einführen“[84]. Natürlich ist diese Klassifizierung hier nicht unbedingt im Bezug auf die Stadt (Lübeck) im Auge zu halten, sondern innerhalb der Familie, die sich, paradoxerweise (in einer sich schnellentwickelnden Stadt) gar nicht dynamisch verhält. Wie weiter beschrieben wird, bleibt die Familie immer ‚drinnen‘ und will, trotz des Wechsels von Generationen, sich gleich bleiben, sowohl zeitlich, als auch räumlich – wie durch das Erhalten von Bedingungen und inneren Regeln, wie durch das Familienarchiv oder durch das Haus selbst, das die Mitglieder nie wirklich ‚verlassen‘.

[...]


[1] Hans Wolfgang Bellwinkel, Naturwissenschaftliche Themen im Werk von Thomas Mann, o.O., 2008, URL: https://www.uni-bielefeld.de/(en)/ZIF/Publikationen/Mitteilungen/Aufsaetze/2002-1-Bellwinkel.pdf, Abrufdatum: 31.05.2018, S. 2.

[2] Bachelard, Poetik des Raumes, in: Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaft, Hrsg. Jörg Dünne u.a., Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006, S. 166.

[3] Vgl. Bachelard, S. 166.

[4] Bachelard, S. 167.

[5] Bachelard, S. 167-168: „Manchmal glaubt man sich in der Zeit auszukennen, wenn man doch nur eine Folge von räumlichen Fixierungen des feststehenden Seins kennt, eines Seins, das nicht verfließen will, das sogar in der Vergangenheit, auf der Suche nach der verlorenen Zeit, den Flug der Zeit >aufheben< will. In seinen tausend Honigwaben speichert der Raum verdichtete Zeit. Dazu ist der Raum da. (...) Nur mit Hilfe des Raumes, nur innerhalb des Raumes finden wir die schönen Fossilien der Dauer, konkretisiert durch lange Aufenthalte. Das Unbewußte hält sich auf. Die Erinnerungen sind unbeweglich, und um so feststehender, je besser sie verräumlicht sind.”

[6] Bachelard, S. 170-171.

[7] Vgl. Jurij Lotman, Künstlerischer Raum, Sujet und Figur, in: Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaft, Hrsg. Jörg Dünne u.a., Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006, S. 530.

[8] Lotman, S. 530.

[9] Vgl. Lotman, S. 530.

[10] Lotman, S. 531.

[11] Lotman, S. 532.

[12] Lotman, S. 532.

[13] Michail Bachtin, Chronotopos, 3. Auflage, Suhrkamp, Berlin, 2014, S. 7.

[14] Bachtin, S. 7: „Die Zeit verdichtet sich hierbei, sie zieht sich zusammen und wird auf künstlerische Weise sichtbar; der Raum gewinnt Intensität, er wird in die Bewegung der Zeit, des Sujets, der Geschichte hineingezogen”.

[15] Bachtin, S. 187f: „Die Sujetereignisse werden im Chronotopos konkretisiert, mit Fleisch umhüllt und mit Blut gefüllt. (...) Doch wird das Ereignis nicht zum Bild. Der Chronotopos nun liefert die entscheidende Grundlage, auf der sich die Ereignisse zeigen und darstellen lassen. Und das eben dank der besonderen Verdichtung und Konkretisierung der Kennzeichen der Zeit (...) auf bestimmten Abschnitten des Raumes”.

[16] Bachtin, S. 190; auch: „Die Chronotopoi können sich aneinander anschlieβen, miteinander koexistieren, sich miteinander verflechten, einander ablösen, vergleichend oder kontrastiv einander gegenüberstellt sein oder in komplizierten Wechselbeziehungen zueinander stehen”.

[17] Bachtin, S. 190.

[18] Michel Foucault, Von anderen Räumen, in: Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaft, Hrsg. Jörg Dünne u.a., Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 2006, S. 320.

[19] Vgl. Foucault, S. 321.

[20] Foucault, S. 321.

[21] Foucault, S. 322.

[22] Foucault, S. 322.

[23] Vgl. Foucault, S. 325.

[24] Vgl. Foucault, S. 326.

[25] Foucault, S. 321: „Es handelt sich hier um eine Konstante aller menschlichen Gruppen”.

[26] Foucault, S. 327.

[27] Foucault, S. 327: „In den Zivilisationen, die keine Schiffe haben, versiegen die Träume”.

[28] Henri Lefebvre, Die Produktion des Raumes, in: Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaft, Hrsg. Jörg Dünne u.a., Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 2006, S. 330.

[29] Lefebvre, S. 333.

[30] Michel de Certeau, Praktiken im Raum, in: Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaft, Hrsg. Jörg Dünne u.a., Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 2006, S. 345.

[31] De Certeau, S. 345.

[32] De Certeau, S. 345.

[33] Markus Neuschäfer, Das bedingte Selbst. Familie, Identität und Geschichte im zeitgenössischen Generationenroman, epubli GmbH, Berlin, 2013, S. 15.

[34] Neuschäfer, S. 15.

[35] Neuschäfer, S. 15.

[36] Neuschäfer, S. 18.

[37] Während der ganzen Arbeit gilt die Verkürzung „B.“ für Buddenbrooks und die Zitate vom Roman werden mit Nummer des Teils, des Kapitels und der Seite (z.B. I, VI, S. 36) angezeigt.

[38] Bachtin, S. 7.

[39] Bachtin, S. 64.

[40] Bachtin, S. 160-179.

[41] Matteo Galli, Simone Costagli, Chronotopoi: vom Familienroman zum Generationenroman, in: Deutsche Familienromane: literarische Genealogien und internationaler Kontext, Paderborn:Fink, München, 2010, URL: http://www.academia.edu/665583/Chronotopoi._Vom_Familienroman_zum_Generationenroman_, Abrufdatum: 28.05.2018, S. 7-9.

[42] Dazu Neuschäfer, S. 15-17.

[43] Galli, Costagli, S. 8f.

[44] März, zitiert nach Galli, Costagli, S. 10.

[45] Neuschäfer, S. 15f.

[46] Neuschäfer, S. 39f.

[47] Neuschäfer, S. 102.

[48] Neuschäfer, S. 110.

[49] Vgl. Neuschäfer, S. 112.

[50] In Anlehnung an Joraschky und Retzlaff, nach Neuschäfer, S. 112.

[51] Neuschäfer, S. 113. Als weitere Varianten werden, z.B. der Fall, wo ein einzelner Mitglied das Werden und die Struktur der Familie plant (aus einem Geheimnis), oder der Fall des Krieges, wonach die Familien aus mehreren Gründen geschloβen werden - vorgestellt, so S. 112-127.

[52] Vgl. Neuschäfer, S. 112.

[53] Neuschäfer, S. 112: „Dieser Eindruck geht auf eine Schilderung der Familienbeziehungen zurück, in denen die Familie zwar kohäsiv wirkt, also von einem hohen Grad an interner Verbundenheit gekennzeichnet ist, während zugleich eine deutliche Abgrenzung gegenüber der Auβenwelt deutlich wird”.

[54] Zitiert nach Neuschäfer, S. 113.

[55] Neuschäfer, S. 114.

[56] Neuschäfer, S. 117.

[57] Neuschäfer, S. 128.

[58] Vgl. Neuschäfer, S. 165-168.

[59] Vgl. Neuschäfer, S. 128.

[60] Neuschäfer, S. 134.

[61] Neuschäfer, S. 134.

[62] Moritz Csáky, Zentraleuropa – eine hybride Semiosphäre, in: Jassyer Beiträge zur Germanistik, Band XXI, ‚Toposforschung (...) im Lichte der U-topie. Literarische Er-örterungen in/aus Mittelosteuropa’, Hrsg. Andrei Corbea Hoișie/Ion Lihaciu,Alexandru Ioan Cuza Universitätsverlag/Hartung-Gorre Verlag, Iași/Konstanz, 2017, S. 16.

[63] Csáky, S. 16. So wie es auch im Fall Mitteleuropas schwierig zu identifizieren ist, was Begriffe wie „Mitte”, „Beziehungen” oder „Bewegungen” darstellen.

[64] Csáky, S. 17.

[65] Csáky, S. 17.

[66] Michael Werner, Auf und zu, wo, wohin, woher? Räumlichkeit und Bewegung in kulturellen Repräsentationen, in: Jassyer Beiträge zur Germanistik, Band XXI, ‚Toposforschung (...) im Lichte der U-topie. Literarische Er-örterungen in/aus Mittelosteuropa’, Hrsg. Andrei Corbea Hoișie/Ion Lihaciu, Alexandru Ioan Cuza Universitätsverlag/Hartung-Gorre Verlag, Iași/Konstanz, 2017, S. 47.

[67] Vgl. Werner, S. 43.

[68] Werner, S. 43.

[69] Werner, S. 43.

[70] Werner, S. 44.

[71] Werner, S. 43.

[72] Werner, S. 47: „wobei jeder dieser sensorischen Aktivitäten wieder neue spezifische Räume entstehen lässt, von den Kühenduften bis zu einer Atmosphäre im Konzertsaal.”

[73] Galli, Costagli, S. 16.

[74] Neuschäfer, S. 168.

[75] Natürlich will die Arbeit keine Übereinanderlegung zwischen Gattungen oder Epochen vorstellen, sondern verschiedene Arten von Chronotopoi, die zwar sehr unterschiedlich zeitlich, räumlich und semantisch verbreitet werden, im Roman B. zu analysieren.

[76] Bachtin, S. 9.

[77] Bachtin, S. 15.

[78] Bachtin, S. 19.

[79] Karin Henrike-Berg, Buddenbrooks, o.O, o.J, URL: http://www.thomasmann.de/sixcms/media.php/471/Karen-Henrike%20Berg%20Buddenbrooks.pdf, Abrufdatum: 28.05.2018.

[80] Henrike-Berg, S. 9, 36.

[81] Vgl. Henrike-Berg.

[82] Aleida Assmann (1), Einführung in die Kulturwissenschaft. Grundbegriffe, Themen, Fragestellungen. Grundlagen der Anglistik und Amerikanistik, 4. Auflage, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2017, S. 128.

[83] Vgl. Assmann (1), S. 128-130.

[84] Assmann (1) , S. 129.

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Die Familie als Chronotopos. Formen und Funktionen in Thomas Manns "Buddenbrooks. Verfall einer Familie"
Veranstaltung
Chronotopos
Note
10 (1)
Autor
Jahr
2018
Seiten
67
Katalognummer
V433541
ISBN (eBook)
9783668757219
ISBN (Buch)
9783668757226
Dateigröße
873 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
familie, chronotopos, formen, funktionen, thomas, manns, buddenbrooks, verfall, mann, bachtin, chronotopik, zeit, raum, hauslichkeit
Arbeit zitieren
Alexandra Patrau (Autor:in), 2018, Die Familie als Chronotopos. Formen und Funktionen in Thomas Manns "Buddenbrooks. Verfall einer Familie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/433541

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