Am 24.06.2002 stockt Deutschland der Atem. Der 19-Jährige Robert Steinhäuser hat das Leben von sechzehn Menschen mit gezielten Nahschüssen beendet. In Schwarz gekleidet, mit Handschuhen und Sturmhaube, läuft er mit einer Pump Gun und einer 9 mm Pistole Marke Clock durch seine Schule und tötet scheinbar willkürlich Lehrer, Angestellte und Schüler. Auch ein Polizist ist unter den Opfern. Im Anschluss an seinen Amoklauf richtet sich Steinhäuser selbst.
Die Presse forscht in der Folgezeit im Privatleben des Amokläufers. Schnell wird klar, dass der Außenseiter Steinhäuser sich täglich stundenlange Schlachten am PC liefert. Sein martialischer Auftritt, mit Ninja-Montur und Sturmhaube, läßt Parallelen zum PC-Spiel »Counter Strike« erkennen. Sofort fühlt sich die Öffentlichkeit an das Columbine-Massaker vom 20. April 1999 erinnert, bei dem zwei Schüler an der Columbine Highschool in Littleton zwölf Mitschüler, einen Lehrer und anschließend sich selbst umbringen. Auch sie waren begeisterte Spieler von 3D-Ego-Shootern.
Die Ereignisse am Erfurter Johann-Gutenberg-Gymnasium sind seitdem mahnendes Beispiel für die gefährliche Wirkung von Computerspielen. Die angestoßene öffentliche Debatte führt in Deutschland zur Verabschiedung eines neuen Jugendschutzgesetzes, das zur altersgerechten Kennzeichnung von Computerspielen verpflichtet. Zeitgleich tritt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Kraft. Die Basis dieser Gesetze ist ein Denkansatz, der davon ausgeht, dass gewalthaltige Computerspiele eine Wirkung auf das Alltagsverhalten des Spielers haben. Im öffentlichen Diskurs ist diese Annahme weit verbreitet, aber ist sie wissenschaftlich auch wirklich fundiert? Kann man ohne weiteres von einer Übertragung der gewalttätigen Handlungen in einer virtuellen Welt auf die tatsächliche Gewaltbereitschaft des Spielers schließen?
Diese Fragen sind Gegenstand dieses Buches. Um sich der Thematik zu nähern wird zunächst der PC als Medium vorgestellt, und dabei im Speziellen auf die PC-Nutzung von Kindern und Jugendlichen und Spiele mit dargestellter Gewalt eingegangen. Im Anschluss daran werden einige psychologische Ansätze zu den Wirkungsweisen von gewalthaltigen Computerspielen vorgestellt. Abschließend wird aufgezeigt, welche Maßnahmen der Jugendmedienschutz in Deutschland in Verbindung mit gewalthaltigen Computerspielen ergreift und was Eltern und Pädagogen selbst beitragen können.
Schlüsselwörter: Gewalt, Medien, Medienwirkung, Computer, PC, BPjM, JMStV, JIM, USK
INHALTSVERZEICHNIS:
1 Einleitung
2 Computer als Medium für Spiele
2.1 Kurzer historischer Abriss
2.2 Nutzung von PC und PC-Spielen
2.3 Inhalte von PC-Games
2.3.1 Spielgenres
2.3.2 Spiele mit dargestellter Gewalt
3 Wirkungen von PC Games
3.1 Allgemeine Effekte des Computerspielens
3.2 Thesen zur Gewalt-Wirkung von PC-Games
3.2.1 Thesen zur Verhinderung realer Gewalt
3.2.1.1 Katharsisthese
3.2.1.2 Inhibitionsthese
3.2.2 Thesen zur Förderung der Gewaltbereitschaft
3.2.2.1 Erregungsthese
3.2.2.2 Imitationsthese
3.2.2.3 Suggestionsthese
3.2.3 These der Abstumpfung gegen Gewalt
3.2.4 These der Wirkungslosigkeit
4 Jugendmedienschutz
4.1 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
4.2 Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle
4.3 Tipps für Eltern und Pädagogen
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
1 Einleitung
Am 24.06.2002 stockt Deutschland der Atem. Der 19-Jährige Robert Steinhäuser hat das Leben von sechzehn Menschen mit gezielten Nahschüssen beendet. In Schwarz gekleidet, mit Handschuhen und Sturmhaube, läuft er mit einer Pump Gun und einer 9 mm Pistole Marke Clock durch seine Schule und tötet scheinbar willkürlich Lehrer, Angestellte und Schüler. Auch ein Polizist ist unter den Opfern. Im Anschluss an seinen Amoklauf richtet sich Steinhäuser selbst.
Die Presse forscht in der Folgezeit im Privatleben des Amokläufers. Schnell wird klar, dass der Außenseiter Steinhäuser sich täglich stundenlange Schlachten am PC liefert. »Counter-Strike« ist der Name des Ego-Shooters, in dem der Spieler in 3D - Perspektive eine virtuelle Actionwelt durchläuft und Terroristen jagt. Dabei stehen ihm neben Bomben und Handgranaten eine Reihe von Pistolen, Maschinengewehren und anderen Waffen zur Verfügung. Steinhäusers martialischer Auftritt, mit Ninja- Montur und Sturmhaube, läßt Parallelen zum PC-Spiel erkennen. Sofort fühlt sich die Öffentlichkeit an das Columbine-Massaker vom 20. April 1999 erinnert, bei dem zwei Schüler an der Columbine Highschool in Littleton zwölf Mitschüler, einen Lehrer und anschließend sich selbst umbringen. Auch sie waren begeisterte Spieler der 3D-Ego-Shooter »DOOM« und »Quake«.1
Die Ereignisse am Erfurter Johann-Gutenberg-Gymnasium sind seitdem mahnendes Beispiel für die gefährliche Wirkung von Computerspielen. Die angestoßene öffentliche Debatte führt in Deutschland zur Verabschiedung eines neuen Jugendschutzgesetzes, das zur altersgerechten Kennzeichnung von Computerspielen verpflichtet. Zeitgleich tritt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Kraft. Die Basis dieser Gesetze ist ein Denkansatz, der davon ausgeht, dass gewalthaltige Computerspiele eine Wirkung auf das Alltagsverhalten des Spielers haben. Im öffentlichen Diskurs ist diese Annahme weit verbreitet, aber ist sie wissenschaftlich auch wirklich fundiert? Kann man ohne weiteres von einer Übertragung der gewalttätigen Handlungen in einer virtuellen Welt auf die tatsächliche Gewaltbereitschaft des Spielers schließen? Wie ist die empirische Befundlage?
Diese Fragen sind Gegenstand dieser Hausarbeit. Um sich der Thematik zu nähern wird zunächst der PC als Medium vorgestellt, und dabei im Speziellen auf die PC- Nutzung von Kindern und Jugendlichen und Spiele mit dargestellter Gewalt eingegangen. Im Anschluss daran werden einige psychologische Ansätze zu den Wirkungsweisen von gewalthaltigen Computerspielen vorgestellt. Letztendlich wird aufgezeigt, welche Maßnahmen der Jugendmedienschutz in Deutschland in Verbindung mit gewalthaltigen Computerspielen ergreift und was Eltern und Pädagogen selbst beitragen können.
2 Computer als Medium für Spiele
Die Funktionsvielfalt des Computers hat in den letzten Jahren beachtlich zugenommen. Heutzutage ist der PC nicht nur eine bessere Schreibmaschine, sondern wird als Datenbank und Kommunikationsplattform genutzt. Im Folgenden soll der Computer nach einem kurzen historischen Abriss als modernes Medium für Spiele vorgestellt werden. Es wird auf die PC-Nutzung von Kindern und Jugendlichen eingegangen, ein Überblick über verschiedene Spielgenres gegeben und im Anschluss daran der Fokus auf Eigenheiten von Spielen mit dargestellter Gewalt gelegt.
2.1 Kurzer historischer Abriss
Der Einstieg in die PC-Welt erfolgt bei den meisten Kindern und Jugendlichen über Spiele. Gegen Ende der 1970er Jahre war es durch die Markteinführung des Atari 2600 erstmals möglich, auch außerhalb von Spielhallen Videospiele zu spielen. Der Spielkonsole folgten wenig später erste Homecomputer wie der C 64, der ebenfalls die Möglichkeit zum Spielen bot. Die zu dieser Zeit angebotenen Spiele kann man allerdings eher als Geschicklichkeitstests bezeichnen. Mit der hohen Komplexität heutiger PC-Games sind sie nicht vergleichbar: Zur dreidimensionalen Spielumgebungen kommen heute Interaktivität und realistische Detailgenauigkeit. Galten Spieler bei der Einführung der ersten Games noch als „Randgruppe von Spezialisten“2, ist heute die Akzeptanz durch die Einführung von Konsolen wie Playstation und Nintendo N64 und die expandierende PC-Branche stark gewachsen. Damit einher geht der öffentliche Diskurs über die Gewaltproblematik in Computerspielen. Denn was den meisten Spielen von damals und heute noch gemeinsam ist, ist das zu Grunde liegen einer kriegerischen Handlung. Außerdem ist die Gewaltproblematik durch Amokläufe wie die von Littleton und Erfurt in das öffentliche Bewusstsein gelangt.3
2.2 Nutzung von PC und PC-Spielen
Der Computer spielt in unserer technisierten Gesellschaft eine bedeutende Rolle. Damit ist er auch als Medium für Kinder zunehmend interessant. In der Jugendmedienstudie 2004 (JIM 2004) geben 98 Prozent der 12- bis 19-Jährigen an, dass in ihrem Haushalt mindestens ein PC, ein Laptop oder ein Computer vorhanden ist (Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Nutzung ausgewählter Computerspiele4
Dabei kommen dem Computer verschiedenartige Nutzungsmöglichkeiten zu. Folgende Funktionen, die ein Computer derzeit für Kinder erfüllt, werden in einem Artikel der Zeitschrift »Psychologie Heute« voneinander unterschieden:5
- Der PC als Lernpartner,
- als »bessere« Schreibmaschine,
- zur Informationsbeschaffung,
- als Kommunikationsplattform,
- als Flirtkanal,
- als Heimkino,
- als Musikbox,
- als Spielmaschine,
- als Downloadmaschine und
- als Vervielfältigungsmaschine.
Diese Arbeit wendet sich der Funktion des Computers als Medium für Spiele zu. Die Beliebtheit von PC-Games lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass es dem Spieler möglich ist, in eine andere Welt abzutauchen. Dinge die in der Realität nicht erfahrbar sind, können hier als „digitale Tagträume“6 Wirklichkeit werden. In der Eskapismusdiskussion wird sogar mit einer stabilisierenden Funktion für die Gesellschaft argumentiert.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Medienbeschäftigung in der Freizeit8
Wie man Abbildung 2 entnehmen kann, geben 78 Prozent der befragten Jungen und 64 Prozent der Mädchen an, den Computer täglich oder mehrmals pro Woche zu nutzen. Allerdings finden geschlechtsspezifische Unterschiede im Verlaufe dieser Arbeit keine weitere Berücksichtigung. In jedem Falle kann man von einem bedeutenden Einfluss des PCs auf den Sozialisationsprozess von Kindern und Jugendlichen ausgehen.
2.3 Inhalte von PC-Games
Im folgenden Abschnitt werden verschiedene Spielgenres vorgestellt. Im Anschluss daran wird eine Aussage über das jeweilige Ausmaß an gewalttätigen Inhalten gemacht.
2.3.1 Spielgenres
Eine Basis aller Kategorisierungen von Computerspielen bildet noch immer das Modell der »Landkarte der Bildschirmspiele«, die 1995 von Jürgen Fritz vorgeschlagen wurde (Abbildung 3). Drei wesentliche Spielelemente bilden dabei die Eckpunkte der Triade: Denken, Action und Geschichten. Jedes Spiel kann innerhalb dieses Dreiecks so platziert werden, dass es einem Spielelement näher als dem anderen ist.9
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Landkarte der Bildschirmspiele nach Jürgen Fritz10
Auf Grund der rasch zunehmenden Komplexität der Spiele und der enormen Marktexpansion im Bereich der PC-Games ist eine genauere Kategorisierung notwendig geworden. Noch immer lässt sich jedes Spiel in Fritz´ Landkarte darstellen, jedoch ist dies unpräzise und sollte, wie schon angedeutet, nur als Grundlage einer Kategorisierung verstanden werden. Die so genannte »Bielefelder
Studie«, in der Computerspiele in der Kinderkultur untersucht wurden, ergab sieben Spielgenres11:
- Kampfspiele,
- Jump-and-Run-Spiele,
- Adventure-Spiele,
- Simulationsspiele,
- Sportspiele,
- Renn- und Flugspiele und
- Denk -und Geschicklichkeitsspiele.
Diese Arbeit bezieht sich dabei hauptsächlich auf Kampfspiele, zu denen neben den so genannten »Ballerspielen« auch Prügelspiele und Weltraumkampfspiele zählen. Eine spezielle Form der Ballerspiele sind die bereits erwähnten Ego-Shooter, in denen sich der Spieler in eine dreidimensionale Welt begibt, die er mit den Augen der Spielfigur sieht. Die jeweils gewählte eigene Waffe befindet sich dabei ebenfalls im eigenen Blickwinkel und schwenkt bei Bewegungen des Spielers mit.
2.3.2 Spiele mit dargestellter Gewalt
In einer Vielzahl von Computerspielen geht es um die »Erledigung« eines oder mehrerer Gegner im weitesten Sinne. Nach Ladas, dessen Kategorisierung von PC- Games noch detaillierter als in dieser Arbeit (Kapitel 2.3.1) ausfällt, ist das Spielelement »Gewalt« vor allem in (3D)-Actionspielen, Kampfsportspielen, (Kriegs-)Strategiespielen, militärischen (Flug-)Simulationen und Rollenspielen stark ausgeprägt. Vergleichsweise niedrig stellt sich die Gewalt hingegen in Wirtschafts- und Aufbausimulationen, zivilen (Flug-)Simulationen, (Auto-)Rennspielen und Sportspielen dar.12
[...]
1 Vgl. Frindte, Obwexer 2003, S. 140
2 Ladas 2002, S. 28
3 Vgl. Ladas 2002, S. 27ff
4 mpfs 2004, S. 8
5 Vgl. Brenner; Feibel 2005, S. 35
6 Brenner; Feibel 2005, S. 35
7 Vgl. Kunczik 1994, S. 184f
8 mpfs 2004, S. 11
9 Vgl. Ladas 2002, S. 42ff.
10 Ladas 2002, S. 43
11 Vgl. Stockmann 2004, S. 177
12 Vgl. Ladas 2002, S. 47
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.