Noch heute genießt Bertolt Brecht in der Forschung ein sehr hohes Ansehen, er gilt als der Begründer des epischen Theaters, als Ziehvater der DDR-Dramatik und als Theaterreformer seit den 20er Jahren. Doch neben den Lobgesängen in den Jahrbüchern und wissenschaftlichen Studien zeigt sich die Praxis kritischer und hinterfragt, was Brechts Stücke heute noch zu sagen haben. In der Tat scheint die Antwort nicht sehr viel versprechend zu sein und so entschwindet allmählich das geistige Erbe des gebürtigen Augsburgers von den Spielplänen der deutschsprachigen Theaterlandschaft. Die Gründe liegen für einen Münchner Theaterkritiker auf der Hand.
"Brechts „Mutter Courage“ und alle anderen seiner Theatertexte (...), sie erweisen sich heute eben nicht als Kunstwerke, die über ihre geschichtliche Beschränktheit hinausweisen. Sie sind nicht zeitlos gegenwärtig. (...) Es gibt nichts mehr zu verstehen, was nicht schon verstanden worden ist. Also höchste Zeit für das Theater, will es nicht allein zum Mitarbeiter der Schulen taugen, sich von Brechts allzu gut gemeinten und allzu schlicht gedachten Stücken zu verabschieden."
Bei diesem Urteil scheint die Frage berechtigt zu sein, ob Brechts Theatertheorien ebenso ihre Gültigkeit verloren haben. Auch hier hat das Theater schließlich eine Entwicklung vollzogen; die ästhetische Wahrnehmung geht zunehmend von medialen Einflüssen aus, die Wissenschaftler sprechen von neuen Theorien des Theaters, von Postdramatik und Popkultur.
Vor diesem Hintergrund will sich die vorliegende Studie vor allem mit Brechts Theatertheorien am Beispiel der Montage beschäftigen. Nach einer ausführlichen Definition des vagen Begriffes, erfolgt im zweiten Schritt eine analytische Untersuchung der Dreigroschenoper. Im Anschluss daran werden die gewonnenen Ergebnisse für einen Vergleich mit der postmodernen Theatergruppe Hollandia genutzt. Sie zählt zu den erfolgreichsten experimentellen Ensembles der Niederlande und greift in der Inszenierung von Der Fall der Götter Brechts Montagetechnik auf. Dieser Vergleich soll daher die These untermauern, dass Brecht Ästhetik noch heute einen gültigen Wert besitzt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Der Begriff Montage
- III. Montage in der Dreigroschenoper
- 1. Die textliche Montage
- 2. Die musikalische Montage
- 3. Die darstellerische Montage
- 4. Die bildliche Montage
- IV. Theatergroep Hollandia: Der Fall der Götter
- 1. Die darstellerische Montage
- 2. Die textliche und musikalische Montage
- 3. Die bildliche Montage
- V. Resultate und Folgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studie untersucht die Bedeutung von Brechts Theatertheorien im Kontext der Montage. Die Analyse der Dreigroschenoper dient als Grundlage für einen Vergleich mit der Inszenierung von "Der Fall der Götter" durch die Theatergruppe Hollandia. Ziel ist es, die These zu untermauern, dass Brechts Ästhetik auch heute noch relevant ist.
- Definition und Entwicklung des Montagebegriffs
- Analyse der Montagetechniken in Brechts "Dreigroschenoper"
- Vergleich der Montage in Brechts Werken mit der Praxis der Theatergruppe Hollandia
- Relevanz von Brechts Theatertheorien im Kontext der Postdramatik
- Der Einfluss von Montage auf die Zuschauerbeteiligung und Interpretation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet Brechts Bedeutung in der Theatergeschichte und stellt die Fragestellung der Studie vor. Kapitel II bietet eine umfassende Definition des Montagebegriffs, wobei die historische Entwicklung und die interdisziplinäre Dimension des Begriffs betrachtet werden. Im dritten Kapitel wird die Dreigroschenoper analysiert, wobei die textliche, musikalische, darstellerische und bildliche Montage im Detail untersucht werden.
Kapitel IV widmet sich der Theatergruppe Hollandia und ihrer Inszenierung von "Der Fall der Götter", mit besonderem Fokus auf die Anwendung von Montagetechniken. Die Studie schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und der Beantwortung der Forschungsfrage.
Schlüsselwörter
Die Studie beschäftigt sich mit den zentralen Begriffen Montage, episches Theater, Brecht, "Dreigroschenoper", Theatergruppe Hollandia, "Der Fall der Götter", Postdramatik und Zuschauerbeteiligung. Diese Schlüsselbegriffe verdeutlichen die zentralen Themen der Arbeit und ihre Einordnung in den Kontext der Theatergeschichte und -theorie.
- Arbeit zitieren
- Bogdan Büchner (Autor:in), 2002, Hollandia meets Brecht. Ein Vergleich der Montageelemente in der "Dreigroschenoper" Bertolt Brechts und der Inszenierung "Der Fall der Götter" Hollandias, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43461