Gestaltung einer Ontologie zur Beschreibung von eHealth Geschäftsmodellen


Diplomarbeit, 2018

86 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung
0.1 Forschungsdesign
0.1.1 Wissenschaftstheoretische Grundposition
0.1.2 Forschungsziel
0.1.3 Forschungsmethodik
0.2 Aufbau der Arbeit

1 Begriffsabgrenzung der Untersuchungsthematik
1.1 Was wird unter Geschäftsmodellen verstanden?
1.1.1 Entwicklung und Definitionen des Begriffs Geschäftsmodell
1.1.2 Zusammenfassung der Definitionen
1.1.3 Arbeitsdefinition
1.2 Was ist eine Ontologie?
1.2.1 Allgemeine Begriffsdefinitionen
1.2.2 Aufgaben von Ontologien
1.2.3 Aspekte und Bestandteile von Ontologien
1.2.4 Ablaufprozess zur Entwicklung einer Ontologie
1.2.5 Gütekriterien von Ontologien
1.2.6 Arbeitsdefinition
1.3 Zusammenfassung von Business Model und Ontologien
1.4 Was wird unter eHealth verstanden?
1.4.1 Entwicklung und Definition von eHealth
1.4.2 Akteure in eHealth Services
1.4.3 Anwendungsbereiche und Technologien
1.4.4 Zielsetzung und Vorteile von eHealth
1.4.5 Herausforderungen und Nachteile von eHealth
1.4.6 Arbeitsdefinition
1.5 Geschäftsmodellontologien im eHealth Kontext

2 Informationsdefizit bei eHealth Gesch äftsmodellontologien
2.1 Literaturrecherche zur Thematik
2.2 Ergebnisse der systematischen Literaturrecherche - Informationsdefizit
2.3 Lösungsvorschlag zum Informationsdefizit

3 Ontologie zur Beschreibung von eHealth Gesch äftsmodellen
3.1 Zweck und Geltungsbereich der Ontologie
3.2 Aufbau der Ontologie
3.2.1 Core Mission
3.2.2 Produkt und Nutzen
3.2.3 Akteursmanagement
3.2.3.1 Zielkunde
3.2.3.2 Schlüsselpartner
3.2.3.3 Kanal
3.2.3.4 Beziehung
3.2.4 Infrastrukturmanagement
3.2.5 eHealth Spezifika
3.2.5.1 Technologie
3.2.5.2 soziokulturelle Aspekte
3.2.5.3 Informationssicherheit und Datenschutz
3.2.5.4 Ort der Leistung
3.2.6 Finanzierung
3.2.6.1 Kostenstruktur
3.2.6.2 Erlösmodell
3.2.7 User Interface
3.3 Evaluation der Ontologie
3.4 Dokumentation der Ontologie

4 Demonstration der eHealth Gesch äftsmodellontologie

5 Fazit
5.1 Diskussion der Ergebnisse
5.2 Wissenschaftlicher Beitrag
5.3 Praktischer Beitrag
5.4 Forschungsausblick

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abk ürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

A Ergebnisse Literaturrecherche

B Entwicklungsstufen zur eHGMO
B.1 Erste Version der eHGMO
B.2 Zweite Version der eHGMO

Anhänge

Ehrenw örtliche Erkl ärung

Abstract

Die Gesundheitsindustrie sieht sich durch eine alternde Bevölkerung und steigenden Kosten mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert. Die Nutzung von mobilen Informations- und Kom- munikationstechnologien hat dabei das Potential, das Gesundheitswesen und deren Stakeholder effektiv und effizient zu unterstützen, beispielsweise bei der Bereitstellung von Diagnosedaten oder Behandlung von Patienten. Anwendungen oder Produkte, die diese Verbindung von Ge- sundheitsversorgung, Wirtschaftlichkeit sowie Informatik nutzen, nennt man eHealth Anwen- dungen. Häufig scheitern solche eHealth Anwendungen bereits als Pilotprojekte, nicht zuletzt durch das Fehlen passender Geschäftsmodelle. Um die Vorteile und Möglichkeiten, die das moderne Gesundheitswesen in Kombination mit eHealth Aspekten mit sich bringt, effektiv und effizient nutzen zu können, bedarf es einer Transformation in den herkömmlichen Geschäfts- modellen bzw. Geschäftsmodellontologien. Trotz dessen es für jedes Unternehmen oder jede Organisation wichtig ist, auf nachhaltige Geschäftsmodelle zurückzugreifen, um am Markt be- stehen zu können, gibt es bisher kaum eHealth-spezifische Geschäftsmodelle. In diesem Kontext kann die richtige Gestaltung von Geschäftsmodellen mithilfe von passenden Ontologien dabei helfen, eine Übersicht aller geschäftsrelevanten Parteien sowie deren Zusammenhänge und Ver- bindungen untereinander zu erkennen, zu analysieren und zu vermitteln.

Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit ist die Entwicklung einer domänen-spezifischen Onto- logie zur Beschreibung von eHealth Geschäftsmodellen. Mithilfe dieser soll es möglich sein, Geschäftsmodelle von eHealth Lösungen, Produkten und Dienstleistungen besser zu analysie- ren, zu kommunizieren und vergleichbarer zu machen. Die entwickelte Ontologie nutzt dabei das Ontologieverständnis von Geschäftsmodellen von OSTERWALDER (2004) und erweitertet dieses um eine Sichtweise auf Akteure aus dem eHealth Umfeld. Dabei spielt die Integrati- on von eHealth-spezifischen Aspekten, wie bspw. Informationssicherheit und Datenschutz oder eine genauere Erfassung der genutzten Technologie eine entscheidende Rolle.

0 Einleitung

Die europäischen Gesundheitssysteme sind einem zunehmenden Druck ausgesetzt. Das Bedürf- nis der Patienten nach sinkenden Kosten bei besserer Qualität der Gesundheitsdienstleistungen stellt die Systeme vor große Herausforderungen. Eine stark alternde Bevölkerung, fehlende Fachkräfte, eine steigende Mobilität der Patienten sowie der hohe Qualitätsanspruch sind nur einige der Probleme, die bewältigt werden müssen ((vgl. METTLER UND EURICH (2012a), S. 1), (vgl. VALERI ET AL. (2010), S. 2)). Dabei spielen Informationen und Daten eine ent- scheidende Rolle bei der Gesundheitsversorgung. Krankenhäuser oder Ärzte nehmen bei je- dem Patientenkontakt Informationen auf und verarbeiten diese. Dabei können Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Verwaltung und Verarbeitung dieser Informationen einen großen Einfluss haben (vgl. VALERI ET AL. (2010), S. 1). Eine entsprechende Weiter- entwicklung der bestehenden Technologien ist seit den 2010er Jahren im Bereich des Gesund- heitswesens erkennbar ((vgl. LIESENFELD UND GERSCH (2012), S. 3), (FACHINGER UND HENKE (2010), S. 249 f.)). Eine ständige Verbesserung der Sensoren und Übermittlungsstech- nologien bescheren dem Gesundheitssektor in der heutigen Zeit einen Zuwachs an innovativen Services und Dienstleistungen (vgl. KLAASSEN ET AL. (2016), S. 57 f.). Dennoch offenbart der Monitoring-Report: Wirtschaft DIGITAL 2017 des deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), dass das deutsche Gesundheitswesen bisher als ”niedrigdigitali siert“ gilt (vgl. GRAUMANN ET AL. (2017), S. 7). Die Gesundheitsbranche nimmt im Bran- chenvergleich den letzten Platz ein, wenn es um das Thema Digitalisierung geht (vgl. GRAU- MANN ET AL. (2017), S. 9), siehe Abbildung 1). Zusammenfassend lässt sich aus dem Bericht entnehmen, dass 55 Prozent der Befragten den Einfluss der Digitalisierung auf den Unterneh- menserfolg für unbedeutend halten. Alles in allem liegt die Gesundheitsbranche unterhalb des Durchschnitts des deutschen Dienstleistungssektors und daran soll sich bis zum Jahr 2022 auch nichts ändern (vgl. GRAUMANN ET AL. (2017), S. 27). Zusätzlich kommt hinzu, dass 48 Prozent der befragten Unternehmen eine Digitalisierung des Gesundheitswesens als ”nichtnotwendig“ betrachten (vgl. GRAUMANN ET AL. (2017), S. 25). Um aber dem digitalen Gesundheitswe- sen in Zukunft eine positivere Entwicklung zu geben, sind vielerlei Treiber denkbar (BAIER- LEIN (2017), S. 7). Einige wurden in den letzten Jahren bereits realisiert und implementiert, zum Beispiel in Form der elektronischen Gesundheitskarte oder der elektronischen Patienten- akte (vgl. BUNDES ÄRZTEKAMMER (2015), S. 18). Darüber hinaus nehmen Smartphone-Apps im Bereich Lifestyle und Medizin zu, wodurch es dem Menschen bzw. Patienten erleichtert wird, sich selbstständig über Krankheitsbilder oder Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Zielsetzung dabei ist eine sichere Vernetzung zwischen den am Gesundheitsmarkt agierenden Akteuren (bspw. Patienten, medizinischem Personal und Einrichtungen sowie Versicherungen) herzustellen und die Datenübertragung zu vereinfachen (vgl. BUNDES ÄRZTEKAMMER (2015), S. 18). Unterstützt durch den Anstieg technologischer Werkzeuge und ermöglicht durch gesetzliche Regelungen, haben sich die Begriffe ”Telehealth“, ”Telemedizin“oder ”eHealth“und ”mHealth“vonNischenbegriffenzueinemfestetabliertemBestandteildesheutigenGesund- heitsmarktes weiterentwickelt (vgl. YANG ET AL. (2015), S. 478). Dabei gehen diese Begriffe aus dem Kontext der Gesundheitstelematik, international ”health-telematics“,hervor.Diesebe zeichnet Anwendungen von Telekommunikation und Informatik im Gesundheitswesen. Auch weltweit haben die Begriffe ”Telemedizin“und ”eHealth“zunehmendVerwendungimAlltag gefunden. Die theoretische Basis dieser Fachausdrücke ist das Nutzen von Informations- und Kommunikationstechnologien für eine patientenorientierte Gesundheitsversorgung. Fokussierter betrachtet, bezeichnet die Telemedizin allerdings konkret den Einsatz von Telematikanwendungen, bei denen das Überwinden einer räumlichen Distanz von Patient und Arzt im Vordergrund steht (vgl. WARDA ET AL. (2002), S. 23). eHealth hingegen ist ein aufstrebender Begriff mit Schnittpunkt in der medizinischen Informatik, der öffentlichen Gesundheit und der Wirtschaft. Dabei wird sich auf Gesundheitsdienste und in Beziehung stehende Informationen bezogen, die über das Internet und die damit verbundenen Technologien bereitgestellt, verarbeitet und weitergegeben werden (vgl. EYSENBACH (2001), S. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wirtschaftsindex DIGITAL nach Branche 2017 (GRAUMANN ET AL. (2017), S. 24)

Motivation

Mit dem EU-Förderprogramm ”Gesundheit“werdenseit2008 FördergelderfürGesundheitund eHealth ausgegeben. Die Höhe der Beträge liegt bei mehreren Millionen und wird von der EU und einzelnen Staaten Europas bereitgestellt (EUROPEAN COMMISION (2014b), S. 2). Die Politik geht dabei davon aus, dass die bestehenden Sozialsysteme auf Dauer nicht tragfähig sein werden und schnellstmöglich an die demografische Entwicklung angepasst sowie grundlegend modernisiert werden müssen. Bisher bleibt der Return on Invest für die Geldgeber und Unterstützer dieser Projekte jedoch aus und auch die Akzeptanz der Ergebnisse ist bei der Bevölkerung noch nicht wie erhofft. Beispiele für geförderte Projekte sind Rollatoren mit iPadHalterung oder smarte Stützstrümpfe. Keine dieser Lösungen wurde vom Kunden bzw. Patienten angenommen (vgl. ANDELFINGER UND H ÄNISCH (2016), S. 217 f.).

Häufig fehlt bei der Entwicklung von neuen und nachhaltigen Technologien der Blick auf ”dasgroßeGanze.“DabeiwirdAspektenwieFörderung,SkalierbarkeitundUnsicherheiten über Effektivität und wirtschaftlicher Tragfähigkeit wenig Beachtung geschenkt. Mithilfe von Geschäftsmodellen kann dem entgegengewirkt werden ((vgl. VAN LIMBURG ET AL. (2011), S. 1), (vgl. METTLER UND EURICH (2012b), S. 77)). In traditionellen Branchen gibt es ein Grundverständnis von Geschäftsmodellen (BELLMANN ET AL. (1957), AMIT UND ZOTT (2001), CHESBROUGH UND ROSENBLOOM (2002)). Dieses Verständnis ist in der Gesundheits- branche bisher noch nicht angekommen (vgl. VAN LIMBURG ET AL. (2011), S. 2). Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass eine Integration von überzeugender Technologieentwicklung, menschzentriertem Design und passender Geschäftsmodellgestaltung stattfindet, denn diese lie- fern den theoretischen Hintergrund für die Entwicklung, Evaluierung und Implementierung von eHealth-Technologien (vgl. VAN GEMERT-PIJNEN ET AL. (2011), S. 15). Unter diesen Umständen definiert sich die Forschungsfrage der vorliegenden Forschungsarbeit:

Wie lassen sich eHealth Geschäftsmodelle beschreiben?

So können zukünftig technologische, patientenzentrierte eHealth Services nachhaltig die lokale, regionale und globale Gesundheitsversorgung verbessern.

0.1 Forschungsdesign

Für die Gewährleistung von Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit dieser wissenschaftlichen Forschungsarbeit, orientiert sie sich an dem Verständnis bzw. am Ordungsrahmen von BECKER ET AL. (2003) (siehe Abbildung 2). Dabei steht im Mittelpunkt des Forschungsdesigns die Wahl der Forschungsmethode, die von der entsprechenden Positionierung des Forschenden abhängig ist. Zusätzlich prägt die Formulierung von Erkenntnis- und Gestaltungszielen die Wahl der Forschungsmethodik. Nachfolgend soll auf das Forschungsdesign der vorliegenden Arbeit eingegangen werden (vgl. BECKER ET AL. (2003), S. 5).

0.1.1 Wissenschaftstheoretische Grundposition

Die Offenlegung von ontologischen und epistomologischen Standpunkten als auch die Festle- gung des Wahrheitsverständnisses charakterisieren die wissenschaftstheoretische Grundposition (vgl. BRAUN UND ESSWEIN (2006), S. 151). Dabei beschreibt die epistomologische Posi- tion des Forschenden dessen Einstellung zu einer erkennbaren Wirklichkeit. Hier wird versucht zu klären, wie wahre Erkenntnisse über Erkenntnisobjekte und die entsprechend passenden Veränderungen von Vorstellungswelten erlangt werden können (vgl. BECKER ET AL. (2003),S. 6). Dabei muss sich der Forschende die Frage stellen, ob seine Wahrnehmung subjekt- oder objektgebunden ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Forschungsdesign nach (BECKER ET AL. (2003), S. 5)

Der Autor der vorliegenden Arbeit spricht sich für den Standpunkt des (methodischen) Kon- struktivismus aus. Gemäß BECKER ET AL. (2003) beschreibt dieser, dass jede Erkenntnis als subjektvermittelt angenommen wird und von einer offenen ontologischen Position ausgeht. Bei der ontologischen Positionierung beschäftigt sich der Forschende mit der Frage, ob eine vom Subjekt unabhängige beobachtbare Welt existiert oder nicht (vgl. BECKER ET AL. (2003), S. 6).

0.1.2 Forschungsziel

Neben der wissenschaftstheoretischen Grundposition muss das Forschungsziel einer Arbeit for- muliert werden. Im Kontext der Informationssystemforschung lässt sich eine Zielsetzung in Erkenntnis- und Gestaltungsziel unterscheiden (siehe Abbildung 3). Dabei sind Erkenntnisziele darauf gerichtet, ein Verständnis über gegebene Sachverhalte zu erlangen. Ziel dabei ist es, fun- dierte Aussagen oder Prognosen über Veränderungen der entsprechenden Sachverhalte machen zu können. Gestaltungsziele befassen sich mit der Gestaltung bzw. Veränderung bestehender und somit mit der Schaffung neuer Sachverhalte. Die Entwicklung neuer Sachverhalte orientiert sich jedoch an früheren und häufig aus erkenntniszielgeleiteten entstehenden Forschungsergeb- nissen.

BECKER ET AL. (2003) unterscheiden zusätzlich nach der inhaltlichen Ausrichtung eines Forschungsziels. Demnach wird zwischen methodischem und inhaltlich-funktionellem Auftrag dif- ferenziert. BECKER ET AL. (2003) proklamieren, dass diese beiden Standpunkte dabei in einer Zweck-Mittel-Beziehung stehen. Genauer betrachtet, umfasst der methodische Auftrag die Auf- fassung und die Entwicklung von Methoden und Techniken, die zur Beschreibung, Gestaltung, Einführung und Nutzung von Informationssystemen dienen. Der inhaltlich-funktionale Auftrag beschreibt das hierfür notwendige Verständnis und betrachtet die für die Gestaltung relevanten Informationssysteme (vgl. BECKER ET AL. (2003), S. 11 f.). Das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit leitet sich direkt aus der in der Einleitung formulierten Forschungsfrage ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Forschungsziele und Aufträge nach (BECKER ET AL. (2003), S. 11)

Forschungsziel: Ziel dieser Arbeit ist die Konzeption einer Ontologie zur Beschreibung von Geschäftsmodellen für eHealth Services.

Anhand dieser Zielstellung wird deutlich, dass ein Gestaltungsziel mit einem inhaltlich-funk- tionalen Auftrag in dieser Arbeit verfolgt wird.

0.1.3 Forschungsmethodik

Da sich die vorliegende Arbeit in den Bereich der gestaltungs- bzw. designorientierten Informa- tionssystemforschung einordnet, wird die Zielstellung der Artefaktschaffung verfolgt. Hierbei ist das Ziel, wissenschaftliche Ergebnisse hervorzubringen, die eine bedeutende Problemstel- lung adressieren. Die Artefakte bilden Lösungen bisher ungelöster Problemstellungen oder tra- gen zu einer Verbesserung von bestehenden Lösungsansätzen bei (vgl. HEVNER ET AL. (2004), S. 77 ff.).

Das entsprechende Rahmenwerk von HEVNER ET AL. (2004) beschreibt einen allgemeinen Kontext von designorientierten Forschungsprojekten, die sich nach dem Paradigma des De- sign Science Research (DSR) ausrichten (vgl. HEVNER ET AL. (2004), S. 80). Ein anerkanntes Vorgehen im Rahmen des DSR wird durch das Prozessmodell nach PEFFERS ET AL. (2007) be- schrieben. Das Modell definiert Schritte, die zur effektiven Bearbeitung eines DSR-Forschungs- projektes durchzuführen sind (siehe Abbildung 4) (vgl. PEFFERS ET AL. (2007), S. 54).

Grundsätzlich gehen HEVNER ET AL. (2004) davon aus, dass die Durchführung eines DSR- Vorhabens durch einen Suchprozess dargestellt werden sollte, da so eine effektive Lösung eines Problems gefunden werden kann. Das heißt jedoch, dass ein Forschungsprojekt in der Regel nicht zu einer Ideallösung führt (vgl. HEVNER ET AL. (2004), S. 81 f.). Man solle eher da- von ausgehen, dass die Forschung wiederholend Artefakte hervorbringt, die sich diskret an die realen Anforderungen, Umweltbedingungen oder an eine Ideallösung anpassen. Anfängliche Lösungsvorschläge weisen im Regelfall eine starke Abstraktion auf. So kann es beispielswei- se zu einer Dekomposition kommen, das heißt, dass eine Zerlegung in Teilprobleme erfolgt. So soll der anfänglich hohe Komplexitätsgrad einer realen Problemstellung verringert werden. Zu Beginn wird eine Startlösung erzeugt, auf die weitere Forschungsarbeiten aufbauen können. Diese erfährt eine Demonstration und Evaluation, nachfolgend werden Rückschlüsse für die schrittweise Anpassung des Artefakts gezogen. Eine solche Verfeinerung und inkrementelle Erweiterung des Artefakts kann schließlich zu einer gesuchten Lösung führen. Ein Artefakt gilt dann als vollständig und wirksam, wenn es den Anforderungen und Rahmenbedingen des Problems, für das es geschaffen wurde, genügt (vgl. MARCH UND SMITH (1995), S. 254). Artefakte lassen sich nach MARCH UND SMITH (1995) in vier Typen unterscheiden. Diese werden folgend in Tabelle 1 beschrieben.

Eine Einordnung der im Rahmen der Forschungsarbeit entstandenen Artefakte findet in Kapitel 5 statt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Artefakttypen in Anlehnung an (MARCH UND SMITH (1995), S. 256)

0.2 Aufbau der Arbeit

Der Aufbau dieser Arbeit orientiert sich an dem zuvor vorgestellten und beschriebenen Vor- gehensmodell von PEFFERS ET AL. (2007). Demnach werden für die Durchführung einer For- schungsarbeit verschiedene Startpunkte definiert. Für diese Arbeit wird die zielzentrierte Initiie- rung als Startpunkt festgelegt. Diese adressiert ein bereits bekanntes Problem, zu dessen Lösung die Erforderlichkeit der Artefaktentwicklung, sei es durch vorangegangene Forschungsarbeiten oder externe Anforderungen aus der Praxis, bestätigt wird. Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit sind Ergebnisse einer in Kapitel 2 durchgeführten systematischen Literaturanalyse zur Thematik von Geschäftsmodellen im Kontext von eHealth. Hier ist festgestellt worden, dass es bisher keine domänenspezifische Ontologie zur Beschreibung von Geschäftsmodellen im Kon- text von eHealth gibt.

In Bezug auf Abbildung 4 stellen die Kapitel 0 und 1 dieser Arbeit den ersten Schritt, die Mo- tivation und die Problemidentifikation, dar. In Kapitel 2 wird die Zielstellung für diese Arbeit definiert, was Schritt zwei: (Zieldefinition einer Lösung) nach dem DSR-Prozess widerspiegelt. Im dritten Kapitel wird das Artefakt bzw. der Lösungsvorschlag zur Problemstellung entwickelt (Design & Entwicklung). In Kapitel 4 wird der Schritt der Demonstration beispielhaft mithilfe eines Vergleichs an einem eHealth Service durchgeführt. Dabei werden die Ergebnisse durch Einbezug der neuentwickelten Ontologie beschrieben und analysiert. Die nachfolgenden Schrit- te Evaluation und Kommunikation werden im letzten Kapitel dieser Arbeit kurz aufgegriffen, aber nicht vertieft, da sie einer langfristigen Ausarbeitung bedürfen und somit den Zeitrahmen dieser Forschungsarbeit überschreiten würden. Zusätzlich werden die Gesamtergebnisse dieser Arbeit im letzten Kapitel zusammengefasst und potentielle weitere Arbeitsschritte definiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: DSR-Prozess nach PEFFERS ET AL. (2007), S. 57

1 Begriffsabgrenzung der Untersuchungsthematik

Um eine verständliche und für diese Arbeit gültige theoretische Basis zu schaffen, sollen essen- tielle Begriffe des Themas betrachtet, beschrieben und definiert werden. Zuerst wird der Begriff Geschäftsmodell erläutert. Um Geschäftsmodelle besser beschreiben zu können, kann auf Onto- logien zurückgegriffen werden. Für ein besseres Gesamtverständnis wird demnach nachfolgend auf den Terminus Ontologie eingegangen und der Zusammenhang von Geschäftsmodellen und Ontologien erläutert. Damit alle Aspekte der Thematik dieser Arbeit erfasst werden, wird zum Ende des Kapitels der Ausdruck eHealth erklärt. Abschließend werden die einzelnen Begriffe eHealth, Geschäftsmodell und Ontologie als Ganzes betrachtet und in Beziehung gesetzt.

1.1 Was wird unter Gesch äftsmodellen verstanden?

In dieser Forschungsarbeit soll eine Ontologie für Geschäftsmodelle für eHealth Services und Anwendungen entwickelt werden. Dazu muss zunächst geklärt werden, was ein Geschäfts- modell ist. Grundsätzlich ist der Begriff Geschäftsmodell bzw. englisch:

”BusinessModel“ nicht neu, sondern fand erste Erwähnungen in BELLMANN ET AL. im Jahr 1957, im Kontext der Erstellung eines Computerspiels. Zur Vereinfachung sollen die Begriffe Geschäftsmodell und Business Model als Synonyme verwendet werden. Der Terminus Geschäftsmodell bzw. Geschäftsmodellentwicklung wurde seit den späten 1990er Jahren bekannter und für Unterneh- men sowie Organisationen interessanter. Dies wurde durch den steigenden Einfluss von IT und dem Internet auf Unternehmen hervorgerufen. Dabei wurden diese Änderungen nicht nur durch ein steigendes technologisches Niveau gestützt, sondern auch andere Einflüsse wie die Globa- lisierung der Märkte und neue ortsunabhängige Kooperationsmöglichkeiten für Unternehmen spielen dabei eine Rolle (vgl. VAN LIMBURG UND VAN GEMERT-PIJNEN (2010), S. 11). Fol- gend wird genauer auf die Entwicklung und die Definition des Begriffs eingegangen.

1.1.1 Entwicklung und Definitionen des Begriffs Gesch äftsmodell

Wie zuvor angesprochen, gilt der Geschäftsmodell als junger Begriff, obgleich er seine ersten wissenschaftlichen Erwähnungen 1957 in BELLMANN ET AL. (1957) und 1960 durch JO- NES (1960) erfahren hat. Mit Adaption des Internets in die Geschäftswelt hat auch der Begriff Geschäftsmodell neuen Aufschwung bekommen (vgl. ZOTT ET AL. (2011), S. 1023). Betrach- tet man die verschiedenen Ansätze, wie Geschäftsmodelle definiert werden können, so wird schnell deutlich, dass es bisher keine einheitliche Definition des Begriffs gibt. Im Folgenden werden zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Ansätze einige Definitionen von verschiede- nen Autoren betrachtet. TIMMERS (1998) sieht ein Geschäftsmodell als eine Aussage, eine Be- schreibung oder eine Abbildung davon, wie ein Unternehmen tätig ist. AMIT UND ZOTT (2001) definieren ein Business Model als Abbildung des Inhalts von Transaktionen, der Struktur und Steuerung, mit dem Ziel, der Wertschöpfung durch Nutzung von Geschäftschancen (vgl. AMIT UND ZOTT (2001), S. 493). AFUAH UND TUCCI (2001) beschreiben, dass Geschäftsmodelle aus Elementen und Komponenten bestehen (vgl. AFUAH UND TUCCI (2001), S. 46). Weiterhin argumentiert CHESBROUGH UND ROSENBLOOM (2002), dass ein Geschäftsmodell ”dieheu- ristische Logik ist, die technologisches Potential mit der Verwirklichung von ökonomischem Wert verknüpft“ (vgl. CHESBROUGH UND ROSENBLOOM (2002), S. 533). OSTERWALDER ET AL. (2005) beschreiben ein Geschäftsmodell als ein konzeptionelles Werkzeug, das Elemen- te und ihre Beziehungen untereinander enthält und die Logik erläutert, wie eine Unternehmung Geld erwirtschaftet (vgl. OSTERWALDER ET AL. (2005), S. 15). Basierend auf dem Fakt, dass Transaktionen die Aktivitäten eines Unternehmens miteinander verknüpfen, sehen JOHNSON ET AL. (2008) in einem Geschäftsmodell die Zusammenstellung von Elementen, denen Werte bereitgestellt werden und die dazu dienen, Werte zu schaffen (vgl. JOHNSON ET AL. (2008), S. 60). ZOTT UND AMIT (2010) haben ihre Definition dahingehend weiterentwickelt, dass ein Geschäftsmodell als: ”SystemmitvoneinanderabhängigenAktivitäten“zudefinierenist, ”das über die Grenzen hinausgeht und seine Grenzen überschreitet“ (vgl. ZOTT UND AMIT (2010), S. 216). OSTERWALDER ET AL. (2010) erweitern die Definition aus 2005 und definieren ein Geschäftsmodell als eine Beschreibung davon, wie eine Organisation bzw. ein Unternehmen Wert schafft, bereitstellt und sichert (vgl. OSTERWALDER ET AL. (2010), S. 14). WIRTZ (2010) fasst den Begriff Business Model als eine Abbildung der relevanten Aktivitäten eines Unter- nehmens zusammen. Zusätzlich beschreibt er weitere relevante Elemente und sieht als eines der Hauptziele von Geschäftsmodellen die Erschaffung und/oder Sicherung von Wettbewerbsvor- teilen (vgl. WIRTZ (2010), S. 70). Weiterhin sehen GR ÜNIG UND K ÜHN (2011) ein Business Model als: ”einProdukt-und/oderLeistungsgruppemiteigenemMarktauftritt,“das ”mehroder weniger starke markt- und ressourcenmässige Synergien“ mit anderen Geschäften beschreibt (vgl. GR ÜNIG UND K ÜHN (2011), S. 470).

1.1.2 Zusammenfassung der Definitionen

Diese unterschiedlichen Konzepte haben essentielle Charakteristiken gemeinsam, die nachfol- gend aufgezeigt werden: Die Verwendung des Begriffs Element bzw. die Kombination von Elementen spielt wiederkehrend eine Rolle, siehe JOHNSON ET AL. (2008), OSTERWALDER ET AL. (2010), AMIT UND ZOTT (2001). Hierbei kann die Kombination dieser Elemente dazu dienen, Produkte und Dienstleistungen zu erstellen (vgl. WIRTZ (2010), S. 70), zu schaffen, bereitzustellen und zu sichern ((JOHNSON ET AL. (2008), S. 60), (AMIT UND ZOTT (2001), S. 493), (OSTERWALDER ET AL. (2010), S. 14). Diese geschaffenen Werte fördern die Sicherung des eigenen Wettbewerbsvorteils (WIRTZ (2010), S. 70). Die wichtigsten Bestandteile der beschriebenen Definitionen von Geschäftsmodellen werden BEGRIFFSABGRENZUNG DER UNTERSUCHUNGSTHEMATIK Seite: 11 durch SCHALLMO (2013) zusammengefasst in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Bestandteile von Geschäftsmodellen nach SCHALLMO (2013), (S. 22)

1.1.3 Arbeitsdefinition

Die Zusammenfassung von SCHALLMO (2013) und die wiederkehrend in verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten erwähnte Definition von Geschäftsmodellen bzw. Business Model nach OSTERWALDER (2004) und OSTERWALDER ET AL. (2005), bspw. zitiert in VAN LIMBURG UND VAN GEMERT-PIJNEN (2010), SPRENGER UND METTLER (2016), ZOTT ET AL. (2011), sollen als Wissensbasis für die vorliegende Forschungsarbeit dienen. Daraus abgeleitet wurde eine eigene, zusammenfassende Arbeitsdefinition gebildet:

Ein Geschäftsmodell ist die Grundlogik eines Unternehmens, die beschreibt, wie ein bestimmter Nutzwert für Kunden und Partner generiert wird. Dabei steht der Einzelnutzen und die einzelnen Aktivitäten der Unternehmung, der jeweiligen Kun- den und Partner so in Beziehung, dass für alle Beteiligten nachhaltige Mehrwerte entstehen. Wichtige Dimensionen dieser Beziehungen sind dabei: Nutzendimensi- on, Kundendimension, Wertschöpfungsdimension, Partnerdimension und Finanz- dimension.

Ontologien können bei der Kommunikation von Geschäftsmodellen helfen. Um ein tiefergehenderes Verständnis aufzubauen, soll im nächsten Abschnitt auf den Terminus Ontologie eingegangen und nachfolgend Geschäftsmodellontologien vorgestellt werden.

1.2 Was ist eine Ontologie?

Menschen, Organisationen und Maschinen bzw. Computersysteme kommunizieren mit- und untereinander. Dabei haben all diese Akteure unterschiedliche Bedürfnisse sowie verschiede- ne Sichtweisen und Auffassungen zu bestimmten Themen. Der daraus entstehende Mangel an einem gemeinsamen Grundverständnis führt zu Kommunikationsdefiziten. Um diesen entge- genzuwirken oder ihnen vorzubeugen, werden Ontologien verwendet (vgl. USCHOLD UND GRUNINGER (1996a), S. 2). In dem folgenden Kapitel wird beschrieben, was eine Ontologie ist, woher der Begriff seinen Ursprung hat und welche Aufgaben eine Ontologie besitzt.

1.2.1 Allgemeine Begriffsdefinitionen

Der Begriff Ontologie findet im Gebiet der Philosophie und der Informatik regelmäßig Anwen- dung. Generell sind sich beide Fachbereiche darüber einig, dass es keinen einheitlichen On- tologiebegriff gibt (vgl. GRUNINGER ET AL. (2008), S. 191). Aus Sicht der Philosophie wird der Begriff der Ontologie als: ”dieLehredesSeins“undausSichtderInformatikals: ”Formale Definition von Begriffen und deren Beziehung als Grundlage für ein gemeinsames Verständnis“ verstanden (vgl. BUSSE ET AL. (2014), S. 2). GRUBER beschreibt eine Ontologie als:

”eine explizite Spezifikation einer Konzeptualisierung “ (GRUBER (1995), S. 908). STUDER definiert zusammenfassend drei essentielle Aspekte, die eine aktuelle Definition von Ontologien umfassen sollte und definiert eine Ontologie als: ...eine explizite, formale Spezifikation der Konzeptualisierung eines abgegrenzten Diskursbereichs zu einem definierten Zweck, auf den sich eine Gruppe von Akteuren geeinigt hat.

1.2.2 Aufgaben von Ontologien

Vom Anwendungsbereich des Begriffs Ontologie ausgehend, stellt man fest, dass er überall dort Verwendung findet, wo es darum geht, die Semantik von Informationen zu formalisieren und nutzbar zu machen (vgl. BUSSE ET AL. (2014), S. 3). Auch die Verbreitung und Wiederver- wendung von Kenntnissen und Wissen spielt eine ausschlaggebende Rolle (vgl. GRUNINGER ET AL. (2008), S. 192). Wie angesprochen, geht es darum, ”eineSprachebereitzustellen,die sowohl Daten als auch Regeln zum Ableiten von Schlussfolgerungen aus diesen Daten aus- drücken kann, welche es zudem erlaubt, Regeln aus beliebigen Wissensrepräsentationssystemen zu exportieren“ (vgl. BERNERS-LEE ET AL. (2001), S. 6). Um den angesprochenen Problemen, bspw. den Kommunikationslücken zwischen den einzelnen Akteuren vorzubeugen, ist es not- wendig, dass konzeptionelle und terminologische Defizite reduziert oder eliminiert werden, um so das Ziel eines gemeinsamen Gesamtverständnisses zu erreichen. Dieses Verständnis kann als vereinheitlichtes Rahmenwerk für unterschiedliche Gesichtspunkte verstanden werden und dient (in Anlehnung an (vgl. USCHOLD UND GRUNINGER (1996a), S. 3 f.)):

- der Kommunikation zwischen Menschen, Maschinen und/oder Organisationen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Ansichten aufgrund ihrer verschiedenen Umfelder;
- der Interoperabilität zwischen Systemen, erreicht durch Übersetzung von verschiedenen Modellierungsmethoden, Paradigmen, Sprachen und Software-Werkzeugen;
- der Systemanalyse
BEGRIFFSABGRENZUNG DER UNTERSUCHUNGSTHEMATIK Seite: 13
- Wiederverwendbarkeit: das gemeinsame Verständnis gilt als Grundlage für eine formale Kodierung wichtiger Entitäten, Attribute, Prozesse und ihrer Zusammenhänge in der entsprechenden Anwendungs- oder Interessensdomäne. Diese formale Repräsentation kann eine wiederverwendbare und/oder gemeinsam genutzte Komponente in einem Softwaresystem sein.
- Vertrauenswürdigkeit: eine formale Abbildung ermöglicht auch die Automatisierung der Konsistenzüberprüfung, was zu zuverlässigeren Anwendungen und Dienstleistungen führt.
- Anforderungsdefinition: Das gemeinsame Verständnis kann den Prozess der Identifizierung von Anforderungen und die Festlegung von Spezifikationen für ein ITSystem unterstützen. Dies wird besonders deutlich, wenn die Anforderungen von verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen Terminologien in der gleichen und/o- der verschiedenen Domänen gestellt werden.
- Aneignung von Wissen: Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit können erhöht wer- den, indem man eine bestehende Ontologie als Ausgangspunkt und Grundlage für die Steuerung des Wissenserwerbs beim Aufbau wissensgestützter Systeme verwen- det.

Zum besseren Verständnis und als Zusammenfassung der Hauptanwendungen von Ontologien kann Abbildung 6 herangezogen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Hauptanwendungen von Ontologien (vgl. USCHOLD UND GRUNINGER (1996a), S. 7)

1.2.3 Aspekte und Bestandteile von Ontologien

Die essentiellen Aspekte aus der Definition sollen für ein besseres Verständnis der Aufgaben einer Ontologie nachfolgend aufgegriffen und erklärt werden.

Einigungsaspekt

Der Einigungsaspekt wird in den Fokus gerückt, da die Nutzung von Ontologien in gewisser Weise eine direkte oder indirekte Kommunikation zwischen Akteuren ermöglicht bzw. eine Interaktion vereinfachen soll. Das wird dadurch erreicht, dass sich die Akteure auf eine ge- meinsame ”Sprache“einigen,dieOntologie.Dasbedeutet,dasseineOntologieeinbestimmtes Vokabular zusammen mit deren spezifischen Bedeutung der enthaltenen Vokabeln beinhaltet. Dabei kann dieses Vokabular folgende Spezifikationen umfassen (vgl. GRUNINGER ET AL. (2008), S. 192 f.):

- Identifizierung der grundsätzlichen Konzepte und Klassen der Fachdomäne, in der die Ontologie verwendet werden soll
- Identifizierung der Beziehungen der Konzepte oder Klassen der Kategorien
- Einschränkungen auf die Art und Weise, wie die Beziehungen genutzt werden können.

Eine Ontologie kann eine Vielzahl von Formen annehmen, aber notwendigerweise wird die entsprechende Form ein Vokabular von Begriffen und eine Spezifikation ihrer Bedeutung enthalten. Der Grad der Formalität durch den ein Vokabular geschaffen wird und die Bedeutung spezifiziert ist, variiert beträchtlich. Nachfolgend werden vier Punkte aufgezeigt, mit denen man das Vokabular einer Ontologie beschreiben könnte:

- hoch informell: lose, natürliche Sprache
- halb informell: eingeschränkte, strukturierte Form der natürlichen Sprache, stark zunehmende Klarheit durch die Verringerung der Mehrdeutigkeit
- halb formell: eine künstliche, formal definierte Sprache
- hoch formell: sorgfältig definierte Begriffe mit formaler Semantik, Theoremen und Nachweisen entsprechender Eigenschaften wie Solidität und Vollständigkeit

((vgl. USCHOLD UND GRUNINGER (1996a), S. 4 f.), (vgl. GRUNINGER ET AL. (2008), S. 193 f.))

Konzeptualisierung

Der zweite essentielle Aspekt ist die Konzeptualisierung. Sie umfasst Zusammenhänge und Be- griffe, die den Diskursbereich der Ontologie systematisieren. Die Gestaltung von Ontologien BEGRIFFSABGRENZUNG DER UNTERSUCHUNGSTHEMATIK Seite: 15 beinhaltet im Wesentlichen drei Komponenten: Konzepte oder Klassen (kurz: allgemeine ”Din- ge“), die Beziehungen, welche zwischen diesen existieren können, und Eigenschaften bzw. Attribute, die diese Klassen aufweisen (vgl. LAUDON ET AL. (2010), S. 704). Zusätzlich werden immer wieder Axiome verwendet, die Kardinalitäten sowie Wertebereiche von Beziehungen und Attributen beschreiben (vgl. STUDER).

Explizite Spezifikationen

Der letzte relevante Aspekt ist die explizite Spezifikation. Mit ihr wird verdeutlicht, wie die Konzeptualisierung mit einer bestmöglichen Eindeutigkeit und geringen Falsch-Interpretier- barkeit beschrieben werden kann. In einem einfachen Anwendungsfall kann das ein semi- strukturierter Text sein. Im Regelfall werden aber spezielle Ontologie-Repräsentationssprachen genutzt.

1.2.4 Ablaufprozess zur Entwicklung einer Ontologie

Da die zentrale Arbeitsaufgabe dieser Forschungsarbeit die Erstellung einer Ontologie ist, soll nachfolgend kurz auf den Prozess zur Gestaltung einer Ontologie eingegangen werden. Eine spezifische Abarbeitung der einzelnen Prozessschritte erfolgt dann in Kapitel 3. Die Erstellung der Ontologie zur Beschreibung von Geschäftsmodellen von eHealth Services erfolgt nach den Richtlinien von USCHOLD UND GRUNINGER (1996a) (siehe Abbildung 7). Die einzelnen Schritte werden im Folgenden beschrieben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Ontologie-Entwicklungsprozess nach USCHOLD UND GRUNINGER (1996b), S. 14

1. Zweck und Geltungsbereich der Ontologie: Für die Gestaltung einer Ontologie ist es notwendig, dass klar definiert wird, warum die Ontologie erstellt wird und welche Intentionen hinter der Nutzung der Ontologie liegen (vgl. USCHOLD UND GRUNINGER (1996b), S. 15).

2. Aufbau der Ontologie: Aus der Identifikation des Zwecks und des Geltungsbereichs der Ontologie lässt sich ein verständliches und gut definiertes Ziel für den Aufbau der Onto- logie ableiten. Drei essentielle Aspekte des Aufbaus sind: die allgemeine Erfassung der Ontologie, der Kodierung bzw. Erstellung der Ontologie und die Integration bestehen- der Ontologien. Zusätzlich wird ein User Interface erstellt, mit dem sich die Ontologie verwenden lässt.

2.1. Erfassen der Ontologie: Hierbei geht es um die Identifikation von Schlüsselbegrif- fen und -beziehungen im Geltungsbereich der Ontologie; die Erstellung von präzi- sen, eindeutigen Definitionen dieser Begriffe und Beziehungen sowie die Identifi- kation von Termen und Rahmenbedingungen, um sich auf diese Begriffe und Be- ziehungen im Laufe der Erstellung und der Verwendung der Ontologie beziehen zu können. Zusätzlich wird sich auf alle oben genannten Begrifflichkeiten geeinigt.

2.2. Kodierung der Ontologie: Unter Kodierung wird die explizite Darstellung der Konzeptualisierung, die zuvor in einer formalen Sprache festgehalten wurde, verstanden. Diese beinhaltet:

- Einigung auf Grundbegriffe, die in der Ontologie verwendet werden (z.B. Klasse, Entität, Relation); dies wird auch häufig als ”Meta-Ontologie“bezeichnet,da es sich im Wesentlichen um eine Ontologie der gegenständlichen Begriffe handelt, mit denen die Hauptontologie beschrieben werden soll
- Auswahl einer Repräsentationssprache, die die Meta-Ontologie unterstützen kann
- schreiben des Codes

2.3. Integration bestehender Ontologien: USCHOLD UND GRUNINGER (1996b) ge- hen davon aus, dass sich während des Erfassens oder der Kodierung der Ontologie die Frage gestellt wird, ob und wie bereits existierende Ontologien zur Gänze oder teilweise genutzt werden können. Sie kommen zu dem Schluss, dass sich auf Ontologien geeinigt werden sollte, die von mehreren Benutzergruppen gemeinsam verwendet werden können. Dies erfordert jedoch viel Arbeit.

3. Evaluation der Ontologie: G ÓMEZ-P ÉREZ ET AL. (1995) geben laut USCHOLD UND GRUNINGER (1996b) eine passende Definition für Evaluation im Kontext der Weitergabe von Wissen bzw. Information mithilfe von Technologie. Demnach hat die Evaluation die Aufgabe: ” ...einetechnischeBeurteilungeinerOntologie,ihrerzugehörigen Softwareumgebung und Dokumentationen in Bezug auf einen Referenzrahmen vorzunehmen[...]. Der Referenzrahmen kann dabei eine Anforderungsspezifikation, eine Kompetenzfrage und/oder die Praxis sein.“

4. Dokumentation der Ontologie: Laut USCHOLD UND GRUNINGER (1996b) kann es wünschenswert sein, Leitlinien für die Dokumentation von Ontologien festzulegen, die sich abhängig nach Art und Zweck der Ontologie unterscheiden können. Zusätzlich sagt SKUCE (1995) aus, dass eines der Haupthindernisse für einen effektiven Wissenstransfer die unzureichende Dokumentation vorhandenen Wissens und entsprechender Ontologi- en ist. Um diese Probleme anzugehen, sollten alle wichtigen Annahmen dokumentiert werden, sowohl jene über die in der Ontologie definierten Hauptkonzepte als auch je- ne über die zur Definition in der Ontologie verwendeten Grundbegriffe (d. h. die Meta- Ontologie).

1.2.5 Gütekriterien von Ontologien

Eine umfassende Methodik für die Entwicklung von Ontologien sollte auch eine Reihe an Techniken, Verfahren und Prinzipien enthalten. Die folgenden Design- bzw. Gütekriterien wurden von GRUBER (1995) beschrieben (vgl. GRUBER (1995), S. 909 f.). In Anbetracht der Aufgabe der vorliegenden Forschungsarbeit sollen diese Gütekriterien im Kapitel 5 mit der erstellten Ontologie abgeprüft werden.

1. Klarheit: Eine Ontologie sollte alle Unklarheiten auf ein Minimum reduzieren, Unter- scheidungen begründen und passende Beispiele anbringen. Nur so könne der Leser die Definitionen verstehen, denen es an notwendigen und ausreichenden Bedingungen man- gelt. Dabei sollten Definitionen mit natürlicher Sprache dokumentiert werden.
2. Kohärenz: Eine Ontologie sollte intern konsistent sein. Das heißt, dass die definierten Axiome bzw. Grundsätze logisch konsistent sein sollten.
3. Erweiterbarkeit: Eine Ontologie sollte so konzipiert sein, dass sie die Verwendung des gemeinsamen Vokabulars vorwegnimmt. Dieses sollte eine konzeptionelle Grundlage für eine Reihe von zu erwartenden Aufgaben bieten und so gestaltet sein, dass man die Onto- logie einfach erweitern und auch spezifizieren kann. Weiterhin sollte gegeben sein, dass neue Begriffe für Spezialfälle auf Grundlage des bestehenden Vokabulars so definiert sind, dass eine Überarbeitung der vorhandenen Definitionen nicht erforderlich ist.

3.1. Minimales ontologisches Commitment: Eine Ontologie sollte minimales ontolo- gisches Commitment erfordern, um die beabsichtigten Aktivitäten bezüglich des Wissensaustausches zu unterstützen und bedarf deshalb auch den Ansätzen von An- gemessenheit oder Vollständigkeit.

Zusammenfassend sollte eine Ontologie also ein (gemeinsames) Vokabular beschrei- ben, damit sich über eine Domäne bzw. ein Wissensgebiet auf gleichem Niveau verständigt werden kann, wohingegen eine Wissensdatenbank das erforderliche Wis- sen enthalten sollte, das benötigt wird, um ein Problem zu lösen. Weiterhin soll- te eine Ontologie so wenig Behauptungen wie möglich über die modellierte Welt erheben und es so den Akteuren, die sich der Ontologie verschrieben haben, zu ermöglichen, sich zu spezialisieren und die Ontologie nach Bedarf zu instanziieren oder zu erweitern.

3.2. Minimale Verzerrung der Kodierung: Ziel ist es, den Wissensaustausch über ver- schiedene Akteure hinweg zu ermöglichen. Dabei sollte die Konzeptualisierung auf einen bestimmten Wissensstand festgelegt werden, ohne dabei von einer Kodierung auf Symbolebene abhängig zu sein. Die Wahl der Darstellungsform, die rein aus Gründen der Notation oder praktischen Anwendung getroffen wird, sollte minimiert werden. Ziel ist es, den Wissensaustausch über verschiedene Akteure hinweg zu ermöglichen.

1.2.6 Arbeitsdefinition

Aus den vorangegangenen Abschnitten und in Anlehnung an (GRUBER (1995), S. 907 f.) soll folgende Arbeitsdefinition für den Begriff Ontologie definiert werden:

Ontologien sind Vereinbarungen über eine gemeinsame Begriffsbildung oder Kon- zeptualisierung zur Erreichung eines gemeinsamen Gesamtverständnisses zu einer bestimmten Thematik. Dabei beinhalten diese Ontologien drei wesentliche Kompo- nenten: Elemente ( ”Dinge“-Menschen,Maschinen),dieBeziehungenderElemen- te untereinander und die Eigenschaften, die diese Elemente haben. Zum Aufbau des Gesamtverständnisses lassen sich Aufgaben von Ontologien bestimmen. Sie sollen Wissen verbreiten, wiederverwendbar und vertrauenswürdig machen sowie zur Definition von Anforderungen dienen, damit so Kommunikationslücken zwi- schen den Elementen geschlossen werden können. Im Kontext der Wissensvertei- lung werden Ontologien in Form von Definitionen des Repräsentationsvokabulars angegeben. Mit diesem Vokabular können Ontologiesprachen entwickelt werden. Dabei können das Vokabular und somit auch die Sprachen verschiedenste Formen haben: hoch informell, halb informell, halb formell, hoch formell.

1.3 Zusammenfassung von Business Model und Ontologien

Die Entwicklung der Wissenschaft von Geschäftsmodellen kann in fünf Phasen kategorisiert werden (siehe Abbildung 8).

[...]

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Gestaltung einer Ontologie zur Beschreibung von eHealth Geschäftsmodellen
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
2,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
86
Katalognummer
V435190
ISBN (eBook)
9783668773325
ISBN (Buch)
9783668773332
Dateigröße
1497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
eHealth, Ontologie, Geschäftsmodell
Arbeit zitieren
Philipp Richter (Autor:in), 2018, Gestaltung einer Ontologie zur Beschreibung von eHealth Geschäftsmodellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/435190

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