„Jesus Christus - wahrer Mensch und wahrer Gott“ lautet das Dogma der zwei Naturen Christi, wie es das Konzil von Chalcedon (451) festhält. Wie in keinem anderen Text der Bibel erschließt sich m.E. in der Gethsemane-Perikope diese Spannung, die Jesus mit den beiden Naturen in der einen Person aushalten musste. Es erscheint sehr menschlich, wenn Jesus im Wissen seines kommenden Todes mit Gott, seinem Vater, ringt. Doch im selben Atemzug glänzt die unglaubliche Stärke und das völlige Vertauen auf Gott, wenn Jesus betet: „doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!“ (Mt 26,39c). Hier ist in aller Deutlichkeit gezeigt, dass Jesus sich in seiner Natur als vollkommener Gott von den menschlichen Kategorien loslöst und sich auf das besinnt, was wesentlich ist, nämlich der Wille Gottes. Die schlafenden Jünger erscheinen im Vergleich zu dem, was Jesus in diesen Stunden durchlebt, menschlich schwach. Es stellt sich die Frage: Was will der Text mit diesen Kontrasten sagen?
INHALTVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. Übersetzungsvergleich
3. Kontext und Abgrenzung
4. Gliederung
5. Literarkritik
5.1. Synoptischer Vergleich zwischen Markus und Matthäus
5.2. Synoptischer Vergleich zwischen Lukas und Matthäus
5.3. Weitere neutestamentliche Parallelen
5.4. Ergebnis des synoptischen Vergleichs
6. Formkritik
7. Redaktionsgeschichte
8. Traditionsgeschichte
9. Religionsgeschichtlicher Vergleich
10. Einzelexegese
11. Skopus
12. Verkündigungsansatz
13. Literaturverzeichnis
14. Abkürzungen
15. Erklärung
1. EINLEITUNG
„Jesus Christus – wahrer Mensch und wahrer Gott“ lautet das Dogma der zwei Naturen Christi, wie es das Konzil von Chalcedon (451) festhält. Wie in keinem anderen Text der Bibel erschließt sich m.E. in der Gethsemane-Perikope diese Spannung, die Jesus mit den beiden Naturen in der einen Person aushalten musste. Es erscheint sehr menschlich, wenn Jesus im Wissen seines kommenden Todes mit Gott, seinem Vater, ringt. Doch im selben Atemzug glänzt die unglaubliche Stärke und das völlige Vertauen auf Gott, wenn Jesus betet: „doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!“ (Mt 26,39c). Hier ist in aller Deutlichkeit gezeigt, dass Jesus sich in seiner Natur als vollkommener Gott von den menschlichen Kategorien loslöst und sich auf das besinnt, was wesentlich ist, nämlich der Wille Gottes. Die schlafenden Jünger erscheinen im Vergleich zu dem, was Jesus in diesen Stunden durchlebt, menschlich schwach. Es stellt sich die Frage: Was will der Text mit diesen Kontrasten sagen ?
2. ÜBERSETZUNGSVERGLEICH
Im Folgenden werden die Übersetzungen von Mt 26,36-46 der Luther-Bibel in der Fassung von 1984 (Luther), der Revidierten Elberfelder Bibel (RevELB) und die Übersetzung des Neuen Testaments Deutsch von Eduard Schweizer (NTD) verglichen. Als Maßstab für die Wahl einer Übersetzung dient der griechische Text, wie er im Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland zugrunde liegt. Zunächst fällt an einigen Stellen der Unterschied in den Tempi auf. Luther übersetzt in V.38 „sprach“, also Imperfekt, während NTD und RevELB mit „spricht“ das Präsens wählen. Im griechischen Text findet sich an dieser Stelle das Wort lvegei. Es handelt sich dabei um die 3. Pers. Sing. Präs. von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (sagen, sprechen), womit NTD und RevELB die Zeitform korrekt übersetzen. Der selbe Sachverhalt findet sich in V.40 ebenfalls mit lvegei und in V.40 und V.45 mit jvercetai (3. Pers. Sing. Präs. von kommen). Auffällig erscheint auch das Fehlen des Kelches in V.42 in der Übersetzung des NTD. Korrekt ist, dass in der Lesart nach Nestle-Aland das griechische Wort für Kelch potvhrion fehlt. Der textkritische Apparat gibt einige ständige Zeugen an, die [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (NTD übersetzt dies) [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] to [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (dieser Kelch) überliefern. Luther und RevELB nehmen diese Zeugen auf. Dies ist m.E. durchaus sinnvoll, da der Kelch im ersten Gebetsgang Jesus genannt wird (Analogie) und der Zusammenhang („...ohne dass ich ihn trinke“) dafür spricht. In V.45 übersetzen Luther und NTD [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] mit dem Begriff „Menschensohn“. RevELB zieht demgegenüber die wörtliche Übersetzung „Sohn des Menschen“ vor. Diese Übersetzung der Worte findet sich auch in Mk 10,45 und in Dan 7,13 in der RevELB wieder, so dass davon ausgegangen werden kann, dass damit eine sprachliche Entscheidung und keine theologische Wertung vorliegt.
Aufgrund dieser und weiterer Vergleiche der drei Übersetzungen und unter Berücksichtigung des griechischen Textes ist die RevELB m.E. eine adäquate Wiedergabe des Textes, die mir zusätzlich geläufig ist und sich auch als Ganzes gut lesen lässt. Obwohl alle Übersetzungen sehr eng beieinander liegen, soll hier die RevELB Verwendung finden.
3. KONTEXT UND ABGRENZUNG
Die Gethsemane-Perikope befindet sich im Passionsbericht des Matthäus-evangeliums, der die Kapitel 26 und 27 umfasst. Dieser ist in den Kontext der letzten Tage Jesu in Jerusalem von 21,1 bis 27,66 eingeordnet[1]. Der Verfasser des Matthäusevangeliums (folgend Matthäus genannt) liefert, wie auch in seinem Gesamtwerk, eine durchlaufende Erzählung der Dinge[2], die ihren tragischen (vorläufigen) Höhepunkt in der Kreuzigung Jesu (Mt 27,32ff.) findet. Mt 26,36-46 gehört in den vorderen Teil dieser Zuspitzung. Die Perikope steht nach der Ankündigung der Verleugnung durch Petrus (diese wiederum nach dem letzten Abendmahl) und geht fließend in die Gefangennahme Jesu über. Sie beginnt in V.36 mit einem Ortswechsel bzw. mit einer Spezifizierung des Ortes. Der Fokus richtet sich vom Ölberg (V.30ff.) auf das Gut Gethsemane. War eben Petrus das vorrangige Subjekt, so ist es jetzt Jesus. Mit V.47 wird dann der Personenkreis erweitert, indem Judas und die Menge hinzustoßen. Außerdem geht es fortan um einen neuen Sachverhalt, nämlich die Festnahme Jesu. Die Abgrenzung des Textes Mt 26,36-46 erscheint daher durchaus sinnvoll und schlüssig.
4. GLIEDERUNG
1. Einleitung (36-37)
1.1. Ankunft, Ortsangabe (36a)
1.2. Anweisung an alle Jünger (36b)
1.3. Auswahl des Petrus und der Zebedaiden als engerer Jüngerkreis (37a)
1.4. Jesus ist betrübt und geängstigt (37b)
2. Gebete Jesu (38-45b)
2.1. Begründung der Situation (38a)
2.2. Aufforderung zum Wachen an die Jünger (38b)
2.3. Erstes Gebet (39)
2.3.1. Vortragen des Anliegens (39a)
2.3.2. Besinnung auf die Priorität des Willen Gottes (39b)
2.4. Erste Rückkehr vom Gebet (40-41)
2.4.1. Vorwurf an die Jünger (40)
2.4.2. Erneute, zugespitzte Aufforderung zum Wachen (41)
2.5. Zweites Gebet (42)
2.6. Zweite Rückkehr (43-44a)
2.6.1. Rückkehr und Vorfinden der Schlafenden (43)
2.6.2. Resigniertes Zurücklassen (44a)
2.7. Drittes Gebet (44b)
2.8. Dritte Rückkehr (45a)
2.9. Ironischer Vorwurf (45b)
3. Hinleitung Jesu auf das Kommende (45c-46)
3.1. Ankündigung der eigenen Auslieferung (45c)
3.2. Aufruf zum Aufbruch (46a)
3.3. Hinweis auf den Verrat (46b)
5. LITERARKRITIK
Die Gethsemane-Perikope findet sich auch in den Evangelien nach Mk (14,32-42) und Lk (22,40-46) wieder. Eine direkte Parallele zum Joh ist nicht festzustellen. Es soll nun ausgehend von der Version des Mt festgestellt werden, ob eine literarische Abhängigkeit zwischen den Texten besteht.
5.1. Synoptischer Vergleich der Evangelien nach Matthäus und Markus
Die beiden Texte sind in weiten Teilen wörtlich gleich. Der Text des Mt ist etwas länger und scheint „formal reiner und inhaltlich bedeutsamer“[3] als die Mk-Version. Die Einleitung bei Mt betont mit „Dann“ (V.36) den Zeitpunkt, während Mk ein „Und“ (V.32) als Überleitung wählt. Im Weiteren beschreibt Mt die Gruppe als eine Gemeinschaft zwischen Jesus und den Jüngern, während Mk diese genaue Unterscheidung nicht vornimmt. In V.36 spricht Mt von „Jesus mit ihnen“, während Mk ein bloßes „sie“ (V.32) verwendet. Ähnliches lässt sich in den Versen 38 und 40 des Mt-Textes beobachten. Zusätzlich zu der fast wörtlich übereinstimmenden Textpassage findet sich bei Mt eine genauere Bestimmung durch den Terminus „mit mir“. Diese besondere Betonung der Gemeinschaft zwischen Jesus und den Jüngern[4] zieht sich durch den ganzen Mt-Text (vgl. V.40a, V.45).
In der Auswahl des engeren Jüngerkreises fasst Mt, im Gegensatz zu Mk, Jakobus und Johannes als „Söhne des Zebedäus“ zusammen (V.37), wie er dies auch an anderer Stelle seines Evangeliums tut[5]. V.38 stimmt wörtlich mit V.34 bei Mk überein, mit Ausnahme des Zusatzes „mit mir“ (s.o.). Der nun folgende V.39 unterscheidet sich vor allem stilistisch zu den parallelen Versen 35f bei Mk. Während Mk das Gebet Jesu in indirekter und direkter Rede überliefert, wird bei Mt das ganze Gebet aus dem Munde Jesus (direkte Rede) wiedergegeben[6]. Weitere Unterschiede fallen hier auf. Zunächst lässt Mk Jesus Gott mit „Abba, Vater“ (V.36) anreden, während Mt die Form „Mein Vater“ verwendet[7]. Der folgende Satz „wenn es möglich ist“ ist bei Mt mehr auf die Sache bezogen, während Mk mit „alles ist dir möglich“ eher eine allgemeine Allmachtsverkündung wählt. Der letzte deutliche Unterschied der beiden Berichte über das erste Gebet Jesu findet sich in der Art und Weise, wie Jesus um Verschonung bittet. Während Mk eine Handlungsaufforderung („Nimm diesen Kelch von mir weg“) berichtet, wählt Mt eine konjunktivische Form, mit der sich Jesus schon hier unter den Willen Gottes einordnet.
[...]
[1] vgl. J.Roloff, Einführung in das Neue Testament, S.168.
[2] Ebenda.
[3] E.Lohmeyer, bei: W.Grundmann, Das Evangelium nach Matthäus, S. 539.
[4] vgl. R.Schnackenburg, Matthäusevangelium 16,21-28,20, S.263.
[5] vgl. Mt 20,20f.
[6] vgl. U.Luz, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 26-28), EKK, S.132.
[7] vgl. http://www.uni-muenster.de/EvangelischeTheologie/CAT/Gethsemane/slide64.htm.
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