Die Kleist-Rezeption in der DDR. Die Entwicklung der Kleist-Rezeption in Theaterzetteln und die Sonderstellung von "Der zerbrochne Krug"


Hausarbeit, 2017

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Theaterzettel als historische Quelle
2.1 Die Theaterzettel am DNT Weimar

3 Die Kleist-Rezeption in der DDR
3.1 Die Sonderstellung von „Der zerbrochne Krug“

4 Der Wandel anhand der Theaterzettel

5 Fazit

6 Literatur- und Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Beschäftigt man sich mit der Theatergeschichte trifft man früher oder später auf den Theaterzettel. In erster Linie kommt man mit ihm als Werbematerial für eine Theateraufführung in Kontakt. Eine Ankündigung auf Papier, mit einem scheinbar oberflächlichen Informationsgehalt, der sich lediglich auf die Widerspieglung vergangener Spielpläne runterbrechen lässt. Möchte man sich also mit der historischen Entwicklung eines Stückes beschäftigen, wird man auch in den Kontakt mit Theaterzetteln kommen. Bei der Betrachtung von „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist beginnt man logischer Weise chronologisch mit der Uraufführung. Heinrich von Kleists Lustspiel wurde erstmals im März 1808 in Weimar aufgeführt. Begibt man sich dann an den Geburtsort des Stückes, dem Weimarer Hoftheater zurück, trifft man bald auf die umfangreiche Sammlung an Theaterzetteln zu diesem Stück. Dabei wird schnell auffällig, dass zu einigen Zeitpunkten mehr oder auch weniger Aufführungen zu finden sind. Besonders ins Auge sticht dabei das Jahr 1967, indem 27 Aufführungen zu finden sind.[1] Eine Schlussfolgerung aus einer hohen Anzahl an Aufführungen wäre, dass sich dieses Stück zu dieser bestimmten Zeit, einer besonderen Beliebtheit erfreut hat. Diese Information lässt wiederrum Tendenzen zur Rezeption eines Stückes erkennen. Gerade für die Zeit der DDR, in der die Quellenlage recht problematisch ist, sollte der Informationsgehalt des Theaterzettels nicht unterschätzt werden.

Der Theaterzettel kann also in der Theaterforschung als Indiz, wenn nicht sogar als historische Quelle zur Erforschung der Rezeption eines Stückes dienen. In der folgenden Hausarbeit soll, über die Betrachtung der Theaterzettel, Aufschluss über die Kleist-Rezeption in der Zeit der DDR, mit besonderer Betrachtung von „Der zebrochne Krug“ gegeben werden. Dazu, soll als erstes auf den Quellenwert des Theaterzettels eingegangen werden und auf den Informationsgehalt, den der Theaterzettel zu bieten hat. Über diesen Informationsgehalt soll auf die Kleist-Rezeption in der DDR und der damit verbundenen Sonderstellung von „Der zerbrochne Krug“ eingegangen werden. Sodass am Ende der Hausarbeit aufgezeigt werden konnte, dass der Theaterzettel Indikator für die Rezeption eines Theaterstückes und seines Verfassers sein kann.

2 Der Theaterzettel als historische Quelle

Der Quellenwert des Theaterzettels wurde lange Zeit in der Forschung unterschätzt. Kaum wurde das Medium Theaterzettel als historische Quelle diskutiert, obwohl in ihm doch mehr steckt, als die bloße Ankündigung aktueller Theateraufführungen.

Darum soll im folgenden Kapitel besonders auf die Funktion des Theaterzettels, als historische Quelle eingegangen werden. Außerdem soll einen Ausblick darauf geben, worin der Theaterzettel, der Literatur- und auch Theaterwissenschaft einen Mehrwert bieten kann.

Vereinzelt lassen sich bereits im 18. und 19. Jahrhundert Beschäftigungen von Theaterleuten und Schriftstellern mit dem Medium Theaterzettel finden. Dort ist der Theaterzettel eng mit Emotionen verbunden, die das jeweilige Stück auslösten oder die mit dem Stück in Verbindung stehen.[2] Dadurch lässt sich bereits erahnen, dass dem Theaterzettel, als kultureller Ausdruck einer Gesellschaft, mehr Bedeutung zugemessen werden sollte, als bisher.

Das Medium Theaterzettel ist besonders eng mit dem Theater als Institution verbunden. Da das Theater auch immer meinungsbildend und eine Widerspiegelung des gesellschaftlichen Diskurses ist, stellt der Theaterzettel also ebenfalls einen Teil des öffentlichen Konsenses dar. Trotzdem ist ihm in der vergangenen Literaturwissenschaft und der Theatergeschichte eine viel zu kleine Bedeutung zugemessen worden, obwohl die enge Verbindung zwischen Theater und Theaterzettel bereits in seinen Grundzügen erkannt wurde.

„Und doch verrät gerade der Theaterzettel in dem, was er bietet und berichtet, wie in dem, was er weise oder dummerweise verschweigt, vielfach eine deutlichere Charakteristik von dem Zustand des betreffenden Theaters, wie sie kein böswilliger Rezensent, [...] klarer berichten könnte. Der Theaterzettel in seiner Folge von Tag zu Tag, von Saison zu Saison, ist das curriculum vitae des Theaters, er ist das beste kritische Zeugnis für den Darsteller wie für den dramatischen Autor.“[3]

In seiner ursprünglichen Form war der Theaterzettel oder auch Anschlags-, Ankündigungs-, Plakat- oder Komödienzettel ein Medium, dass Information und Animation miteinander verband.[4] Er musste besonders in der frühen Neuzeit in der Lage sein, die Grenze zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit zu überwinden, da immer mehr, noch leseunkundige Zuschauer für das Theater begeistert werden sollten.[5] Inhaltlich beschränkte er sich also zu Beginn auf den reinen Informationsgehalt des aufzuführenden Stückes und nahm erst sehr viel später auch eine Art Servicefunktion an. So fanden sich auf den ersten Theaterzetteln noch keine vollständigen Angaben zu den Schauspielern und anderen Beteiligten des Stückes.[6] Im 19. Jahrhundert wurden dann zum Beispiel auch Angaben über Debüt-Auftritte oder Krankheiten und Beurlaubung von Akteuren gemacht.[7] Dies zeigt, dass der Theaterzettel immer auch ein Teil der Theatergeschichte ist und sein Quellenwert über den Nutzen der Spielplanforschung hinausgeht, da die abgebildeten Service-Informationen deutlich machen, welche Bedürfnisse das damalige Publikum hegte. Also, welchem Informationsgehalt aus kultureller Sicht Wichtigkeit zugemessen wurde.

Die Aufmachung des Theaterzettels spiegelt, durch die Gestaltung und die enthaltenen Informationen, ebenfalls die Selbstdarstellung des jeweiligen Theaters wider. Eine besonders auffällige Typographie oder sehr ausführliche Beschreibungen zum Intendanten, geben Hinweise darauf, wie das Theater wahrgenommen werden möchte. Weiterhin zeigt die im Laufe der Geschichte eingeführte Staffelung von Eintrittspreisen, wie das Publikum durch das Theater in verschiedene Klassen differenziert wurde.[8] Dies zeigt wiederrum auch einen Teil unserer Bildungsgeschichte auf, da so der Theaterbesuch für mehrere Klassen erschwinglich wurde.

Es wird also deutlich, dass der Theaterzettel als historische Quellen einen großen Wert für die Forschung besitzt, der bereits in den letzten Jahren erkannt wurde. Immer mehr Digitalisate der verschiedensten Theater werden der Forschung der und Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.[9] Im nachfolgenden Kapitel soll insbesondere auf die Theaterzettel Sammlung und den Umgang damit, durch das DNT Weimar eingegangen werden.

2.1 Die Theaterzettel am DNT Weimar

Unter dem Titel „Musik und Theater der Ära Hummel bis zum Ende des Hoftheaters (1819-1918)“ wurde 2009 ein Projekt der Thüringischen Universitäts- und Landesbibliothek Jena, dem Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar und dem Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena durchgeführt, um sämtliche Theaterzettel des Hoftheater Weimars und des späteren Deutschen Nationaltheaters und Staatskapelle Weimar aufzuarbeiten und zu digitalisieren.[10]

Für die Betrachtung der Kleist-Rezeption in der DDR ist das DNT insofern interessant, da es, neben den Bühnen in Ost-Berlin ein wichtiges Instrument der kulturellen Führungsebene war und der SED als „Vorzeigebühne“[11] diente. Besonders für die Zeit der DDR sind die Theaterzettel des DNT eine wichtige Quelle, da sie ein unzensiertes Bild der Kulturpolitik widerspiegeln können. Bisher wurden ca. 48.300 Theaterzettel für den Zeitraum bis 1980 digitalisiert.

Zu Kleist ist der erste Theaterzettel, der sich finden lässt, die Ankündigung der Uraufführung 1808 von „Der zerbrochne Krug“. Besonders dieses Stück von Kleist sollte in der DDR noch eine Sonderstellung einnehmen, auf die in den nächsten Kapiteln eingegangen werden soll. Insgesamt lassen sich 490 Aufführungen am DNT durch Theaterzettel nachweisen. Für den Zeitraum der DDR (1949-1990) finden sich Theaterzettel zu 172 Aufführungen von insgesamt 4 Werken Kleists bis 1980. Diese reduzierte Werkauswahl ist bereits ein gutes Indiz für die Kleistrezeption in der DDR und spiegelt in Ansätzen den Sozialismus in der Theaterlandschaft wider. Wie sich dies im Einzelnen äußert soll in den nächsten Kapiteln näher erläutert werden.

3 Die Kleist-Rezeption in der DDR

Die Kleist-Rezeption in der DDR durchläuft genau, wie der Staat selbst, eine sehr widersprüchliche Entwicklung, die sich zunächst nur sehr zögerlich zu Gunsten Kleists entwickelte. Die Vermittlung des klassischen Erbes in der DDR war keinesfalls wertfrei und wurde durch die Politik geprägt und beeinflusst. Außerdem wurde die Rezeption von Kultur im Allgemeinen zum größten Teil durch die Literaturwissenschaft und die kulturpolitischen Gremien vorgegeben.

Die Klassiker und Anhänger des bürgerlichen Realismus gingen deshalb in das zu erhaltene Erbe über, da sie in der DDR als Vorläufer der Arbeiterbewegung und Vertreter von Freiheit und Menschlichkeit galten, was nun durch die sozialistische Arbeiterbewegung umgesetzt werden sollten.[12] Diese Umsetzung der humanistischen Vorgedanken, sollte zur Entwicklung eines sozialistischen Menschenbildes innerhalb der DDR dienen. Die wichtigsten Rollen bei dieser Umsetzung spielten die Schule und auch das Theater. Dieser „Umerziehungsprozess“[13] lässt sich auch besonders gut anhand der ausgewählten Spielpläne und Theaterzettel festmachen.

[...]


[1] http://www.theaterzettel-weimar.de/home.html

[2] vgl. Korte, Hermann: Theaterzettel. Eine (noch kaum) wiederentdeckte Quelle der Theatergeschichte. In: Medien der Theatergeschichte des 18. Und 19. Jahrhunderts. Hrsg. Dewenter, Bastian; Jakob, Hans-Joachim; Korte, Hermann. Heidelberg 2015.

[3] Weisstein, Gotthilf: Geschichte des Theaterzettels. In: Spemanns goldenes Buch des Theaters: eine Hauskunde für Jedermann. Berlin 1902.

[4] vgl. Korte, Hermann: Theaterzettel.

[5] vgl. ebd.

[6] vgl. Ulrich, Paul S.: Theaterzettel und Theateralmanache – Quellenkritische Anmerkungen. In: Theater – Zettel – Sammlungen. Erschließung, Digitalisierung, Forschung. Hrsg. Pernerstorfer, Matthias J.; Weidinger, Hans Ernst. Wien 2012.

[7] vgl. Korte, Hermann: Theaterzettel.

[8] vgl. ebd.

[9] vgl. Pernerstorfer, Matthias J.: Einleitung. In: Theater – Zettel – Sammlungen. Erschließung, Digitalisierung, Forschung. Hrsg. Pernerstorfer, Matthias J.; Weidinger, Hans Ernst. Wien 2012.

[10] Schröter, Axel: Hoftheater in Weimar. Die Theaterzettel des Weimarer Hoftheaters. In: Theater – Zettel – Sammlungen. Erschließung, Digitalisierung, Forschung. Hrsg. Pernerstorfer, Matthias J.; Weidinger, Hans Ernst. Wien 2012.

[11] http://www.theaterzettel-weimar.de/projektinformation.html

[12] vgl. Honnef, Theo: Heinrich von Kleist in der Literatur der DDR. In: DDR Studien/East German Studies. Hrsg. Zipser, Richard A. Band 4. Frankfurt am Main 1988.

[13] ebd.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Kleist-Rezeption in der DDR. Die Entwicklung der Kleist-Rezeption in Theaterzetteln und die Sonderstellung von "Der zerbrochne Krug"
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
15
Katalognummer
V437423
ISBN (eBook)
9783668778665
ISBN (Buch)
9783668778672
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kleist-rezeption, entwicklung, theaterzetteln, sonderstellung, krug
Arbeit zitieren
Sarah Kaiser (Autor:in), 2017, Die Kleist-Rezeption in der DDR. Die Entwicklung der Kleist-Rezeption in Theaterzetteln und die Sonderstellung von "Der zerbrochne Krug", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437423

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