Über das erste Kapitel des Dàodéjīng

"Das Dao, von dem wir sprechen können, ist nicht das ewige Dao"


Ensayo, 2016

9 Páginas, Calificación: 1,0


Resumen o Introducción

„Das Dao, von dem wir sprechen können, ist nicht das ewige Dao“, diese Eröffnungszeilen des Dàodéjīng sind, ähnlich wie das Werk selbst, so tief im chinesischen Bildungskanon verankert, dass sie sogar von der illiteraten Bevölkerung wiedererkannt werden. Und tatsächlich spiegeln sich, wie sich später zeigen lässt, viele wichtige Ansätze Lǎozǐs bereits in diesen Zeilen wieder. Im Folgenden möchte ich von dem ersten der insgesamt 81 Kapitel ausgehen, um über das Dàodéjīng zu reflektieren, da hier meiner Meinung nach bereits das philosophische Fundament des Werkes angelegt wurde. Allerdings stoße ich dabei sogleich auf eine Hürde, über die Lǎozǐ in einer besonderen Weise sinniert: das Problem der Sprache.

Denn so wie sich das wahre Dào in seiner Ursprünglichkeit genuin jeder begrifflichen Fixierung entzieht, so entziehen sich mir die ursprünglichen Begriffe, mit denen Lǎozǐ um schätzungsweise 400 v. Chr. den Versuch unternommen hat, vom Dào zu sprechen.

Schon in seiner Sprachgenetik ist das Dàodéjīng so vieldeutig angelegt, dass unter Sinologen selektiv die Vermutung aufkeimte, zur Zeit Lǎozǐs herrschte ein mündlich überliefertes grammatikalisches Verständnis vor, das eine Interpunktion der Schriftzeichen erübrig hat, uns aber heute leider verloren gegangen sei. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die chinesische Sprache so grundsätzlich von den europäischen unterscheidet, dass ein Übersetzer interpretativ vorgehen muss und somit unvermeidlich sein philosophisches Vorverständnis in den Text hineinprojiziert. An diesem Punkt jedoch eröffnet sich ein Ausweg durch die Hilfe eines hermeneutischen Winkelzugs: Betrachtet man die vorhandenen Übersetzungen als Deutungsvarianten des Dàodéjīng, so lässt sich wenigstens durch ein komparatives Vorgehen der Sinn dieses Werkes für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu einer bestimmten Zeit ermitteln ‒ im Falle dieses Essays also für die Europäer im 20. und 21. Jahrhundert. Schließlich läuft man mit dieser Bescheidenheit auch nicht Gefahr, zu einem vermeintlich endgültigen Textverständnis zu gelangen, das zum einen sicher nicht im Interesse eines Verfassers gelegen hätte, der im Wandel das wirkmächtigste Prinzip des Kosmos begreift, und zum anderen den lebenserhaltenden Diskurs zum Erliegen bringen würde, der die Rezeptionsgeschichte dieses Werkes über 2400 Jahre lang anhalten ließ.

Detalles

Título
Über das erste Kapitel des Dàodéjīng
Subtítulo
"Das Dao, von dem wir sprechen können, ist nicht das ewige Dao"
Universidad
University of Vienna  (Institut für Philosophie)
Calificación
1,0
Autor
Año
2016
Páginas
9
No. de catálogo
V437601
ISBN (Ebook)
9783668777408
ISBN (Libro)
9783668777415
Idioma
Alemán
Palabras clave
Dàodéjīng, Daodejing, Tao Te King, Laozi, Laotse, Lao-Tse, Dao, Tao, Taoismus
Citar trabajo
Linus Hellwig (Autor), 2016, Über das erste Kapitel des Dàodéjīng, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437601

Comentarios

  • No hay comentarios todavía.
Leer eBook
Título: Über das erste Kapitel des Dàodéjīng



Cargar textos

Sus trabajos académicos / tesis:

- Publicación como eBook y libro impreso
- Honorarios altos para las ventas
- Totalmente gratuito y con ISBN
- Le llevará solo 5 minutos
- Cada trabajo encuentra lectores

Así es como funciona