Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, mit Hilfe qualitativer Methoden Daten über Selbstwahrnehmungsprozesse bei trans* Personen zu erhalten sowie einen Eindruck von den biographischen Erfahrungen von trans* Personen zu gewinnen. Die Forschungsfrage dieser Arbeit lautet: Wie nehmen trans* Personen sich selbst - vor dem Hintergrund ihrer gesamten Biographie – wahr? Hierzu werden für die Arbeit relevante Begriffe näher erläutert und die aktuellen rechtlichen und medizinischen Grundlagen zu Trans* dargestellt. Methodisch greift die Arbeit auf biographieorientierte narrative Interviews zurück. Die Auswertung des Materials erfolgt in Anlehnung an die in den 1960er Jahren von Glaser und Strauss entwickelte Grounded Theory.
Nach Foucault besteht in unserer Gesellschaft bezüglich des Geschlechts ein Wahrheitszwang. Wir müssen die Wahrheit über unser Geschlecht sagen, auch wenn uns diese selbst verborgen ist. Die Antwort auf die Frage ‚Wer bin ich?’ führt zunächst über das Geschlecht. Bereits vor der Geburt wird von Außen bestimmt, ob es sich bei dem heranwachsenden Menschen um ein Mädchen oder einen Jungen handelt. Der Blick des Anderen auf die äußerlichen Körpermerkmale ist ein Rekurs auf eine soziale Unterscheidungspraxis. Spätestens danach haben Menschen ihr Geschlecht offensichtlich1. Diese Offensichtlichkeit ist nach Hirschauer der Grund, warum im Allgemeinen geglaubt wird, dass „alle Menschen dem einen oder dem anderen und keinem weiteren Geschlecht angehören. In unserem Erleben ist eine Identifikation von Männern und Frauen nicht nur leicht, sie ist auch geradezu zwangsläufig: die Geschlechtszugehörigkeit ist weder zu verbergen, noch zu übersehen“. Die gesellschaftliche Konstruktion von Geschlecht stellt sich dar als eine „heterosexuelle Matrix“, nach der zwei Geschlechter mit der entsprechenden Geschlechtsidentität existieren. Die heterosexuelle Matrix kann als Teilbereich von Heteronormativität verstanden werden, die von Degele definiert wird als ein binäres, zweigeschlechtlich und heterosexuell organisiertes und organisierendes Wahrnehmungs-, Handlungs- und Denkschema, das als grundlegende gesellschaftliche Institution durch eine Naturalisierung von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit zu deren Verselbstverständlichung und zur Reduktion von Komplexität beiträgt – beziehungsweise betragen soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hinführung zum Thema
- Struktur der Arbeit
- Untersuchungsgegenstand Trans*
- Forschungsstand
- Zwischenfazit
- Methodenbeschreibung und Rahmenbedingungen
- Begründung des qualitativen Vorgehens
- Erhebungsmethode: Biographieorientiertes, narratives Interview
- Rahmenbedingungen
- Die Grounded Theory
- Zwischenfazit
- Analyse
- Transkriptionskonventionen
- Fallbeispiel Sibylle
- Fallbeispiel Benjamin
- Auswertung nach Kategorien
- Einbezug Forschungsstand
- Theoriebildung
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Selbstwahrnehmungsprozessen von Trans* Personen und zielt darauf ab, anhand von biographischen Interviews Einblicke in deren Lebenserfahrungen zu gewinnen. Die Studie befasst sich mit der komplexen Frage, wie Trans* Personen sich selbst im Kontext ihrer gesamten Biografie wahrnehmen, und versucht, ein Verständnis für die vielschichtigen Herausforderungen und Erfahrungen zu entwickeln, die mit der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtsidentität verbunden sind.
- Die gesellschaftliche Konstruktion von Geschlecht und die „heterosexuelle Matrix“
- Selbstwahrnehmungsprozesse von Trans* Personen im Kontext gesellschaftlicher Normen und Erwartungen
- Die Rolle der eigenen Biografie in der Entwicklung der Geschlechtsidentität
- Der Umgang mit Diskriminierung und Stigmatisierung im Zusammenhang mit Trans* Identität
- Der Einfluss von medizinischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auf das Leben von Trans* Personen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Trans* ein und beleuchtet die gesellschaftliche Konstruktion von Geschlecht sowie die Herausforderungen, die Trans* Personen im Alltag erfahren. Sie erläutert die Forschungsfrage und die Struktur der Arbeit.
Das zweite Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise der Arbeit. Es wird die Begründung des qualitativen Ansatzes erläutert, die Erhebungsmethode des biographieorientierten narrativen Interviews dargestellt, und die Rahmenbedingungen der Studie sowie die Grounded Theory als Auswertungsmethode vorgestellt.
Kapitel drei widmet sich der Analyse der durchgeführten Interviews. Es werden die zwei Fallbeispiele Sibylle und Benjamin vorgestellt und anhand von Schlüsselkategorien verglichen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden mit dem aktuellen Forschungsstand in Beziehung gesetzt und auf Grundlage der empirischen Daten wird eine Theoriebildung angestrebt.
Schlüsselwörter
Trans*, Geschlechtsidentität, Selbstwahrnehmung, Biographie, narratives Interview, Grounded Theory, gesellschaftliche Konstruktion von Geschlecht, heterosexuelle Matrix, Diskriminierung, Stigmatisierung, medizinische und rechtliche Rahmenbedingungen.
- Citar trabajo
- Janine Winkler (Autor), 2014, Selbstwahrnehmungsprozesse bei trans* Personen. Eine empirische Untersuchung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437878