Können Kinder selbst bestimmen, was sie lernen wollen? Kritische Auseinandersetzung mit der Verwirklichung von Partizipation in Kindertagesstätten auf Grundlage verschiedener partizipatorischer Methoden


Hausarbeit, 2018

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definitionen von Partizipation
2.2 Rechtliche Grundlagen

3. Grundannahmen
3.1 Bild vom Kind
3.2 pädagogische Grundhaltung

4. Methoden der Partizipation im Kita-Alltag
4.1 Mitbestimmungsmöglichkeiten
4.2 Projektarbeit
4.3 Kinderkonferenz

5. Kritische Reflexion der Umsetzung von Partizipation

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

8. Rechtsquellenverzeichnis

Einleitung

Partizipation hat in den letzten Jahren sowohl in der politischen als auch in der pädagogischen Diskussion einen großen Stellenwert bekommen. Es ist ein sehr aktuelles und präsentes Thema, über das Politiker und Fachkräfte in sozialpädagogischen Einrichtungen weitreichend diskutieren, da es oft zu Streitpunkten führt, in wie weit gerade Kinder, die sich in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung befinden, in der Lage sind, sich aktiv an Entscheidungen zu beteiligen und mitzubestimmen.

Einerseits steht eine demokratische Erziehung zur Selbstständigkeit und Mündigkeit im Vordergrund, die auch Partizipation miteinschließt und Kinder als aktive Gestalter ihrer Umwelt sieht (vgl. Hansen et al. 2015, 12). Andererseits wird darüber diskutiert, inwieweit Kinder überhaupt fähig sind, ihren Alltag mitzugestalten und relevante Entscheidungen zu treffen, da Kindeswille und Kindeswohl durchaus konträre Ansichten vertreten können und Kinder auf Grund dessen geschützt werden müssen (vgl. Bundesjugendkuratorium 2009, 10). Deshalb wirft sich die Frage auf, wie viel Freiraum man den Kindern bei Entscheidungen einräumen kann.

In dieser Hausarbeit mit dem Thema ״Können Kinder selbst bestimmen, was sie lernen wollen? - Kritische Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten von Partizipation in Kindertagesstätten auf Grundlage verschiedener

partizipatorischer Methoden“ soll also folglich sowohl diskutiert werden, welche Möglichkeiten Partizipation für Kinder in Kindertagesstätten bietet und wie sie umgesetzt werden können, als auch wo die Grenzen von Partizipation im frühkindlichen Bereich liegen.

Hierzu wird zunächst der Begriff der Partizipation im sozialpädagogischen Sinne näher definiert, sowie ihre Relevanz für Kinder deutlich gemacht und die rechtlichen Grundlagen beschrieben. Im nächsten Kapitel werden die Grundannahmen für eine gelingende Partizipation dargelegt. Diese umfassen die Aspekte des Bildes vom Kind und die notwendige pädagogische Grundhaltung der Fachkräfte. Der Hauptteil der vorliegenden Hausarbeit umfasst verschiedene Methoden zur Umsetzung von Partizipation in der Kindertagesstätte. Erläutert werden Mitbestimmungsmöglichkeiten im Alltag, Projektarbeit und die Kinderkonferenz. Abschließend werden Grenzen und Chancen der Beteiligung von Kindern unter anderem anhand des Modellprojekts ״Die Kinderstube der Demokratie“ kritisch diskutiert und reflektiert.

Ziel dieser Arbeit ist es darzustellen, warum Partizipation schon im frühkindlichen Bildungsbereich relevant ist und einen großen Stellenwert einnehmen sollte. Außerdem sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Partizipation in der Praxis umgesetzt werden kann und in welchen Aspekten es gegebenenfalls noch weiteren Handlungsbedarf gibt.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Definitionen von Partizipation

Der Begriff Partizipation lässt sich von dem lateinischen Wort ״participare“ ableiten und meint im wörtlichen Sinne die Teilhabe oder Teilnahme an etwas (vgl. Hansen et al. 2015, 19). Diese Übersetzung ist im deutschen Sprachgebrauch geläufig. Außerdem wird Partizipation synonym für Mitbestimmung, Beteiligung und Mitwirkung gebraucht und war lange Zeit auf den politischen Diskurs beschränkt, bei dem Partizipation die Beteiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen meint. Partizipation bezeichnet die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an gemeinsamen (politischen) Angelegenheiten. sowie die Teilhabe an politischen Willensbildungsprozessen, wie zum Beispiel Wahlen oder Referenden (vgl. Schubert/Klein 2006).

Im Laufe der Zeit fand der Begriff auch Zulauf im pädagogischen Diskurs - wo er nicht weniger politischen Hintergrund hat -, da die Erziehung zur Mündigkeit als oberstes Erziehungsziel an erster stelle steht und eine demokratische Grunderziehung und Bildung somit wichtige Pfeiler in sozialpädagogischen Einrichtungen darstellen. Diese Pfeiler implizieren, dass Partizipation als Grundvoraussetzung von Demokratie anerkannt und gelebt wird. Auf Grund dessen wird in der Sozialpädagogik auch von demokratischer Partizipation gesprochen (vgl. Sturzenhecker/Knauer 2016, 8). Die Verwendung des Begriffes der demokratischen Partizipation soll die rechtliche Grundlage, auf der die Mitbestimmung von Menschen, insbesondere von Kindern verankert ist, unterstreichen. Dieser Aspekt wird im anschließenden Kapitel 2.2 genauer beleuchtet.

In sozialpädagogischen Einrichtungen stellt Partizipation folglich die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Entscheidungen, die sie und die in der sie lebenden Gemeinschaft in ihrem täglichen Leben betreffen, dar. Diese Beteiligung meint nicht nur ״irgendwie mitmachen oder dabei sein, sondern erhebt den Anspruch der Demokratie, dass das Volk (gr : demos) - in unserem Falle die Kinder und andere Beteiligte in den sozial pädagogischen Institutionen - sich tatsächlich die Macht (gr : kratia) teilen“ (Sturzenhecker/Knauer 2016, 8).

Kinder sollen berechtigt sein eigene Entscheidungen zu treffen, sie zu äußern und zu verhandeln, um die daraus entstehenden Aufgaben und Konsequenzen kennenzulernen. Dieser Prozess betrifft zunächst die primären Lebensbereiche, wie die frühkindlichen Bildungs- und Erziehungsinstitutionen und die Familie und soll im weiteren Verlauf des Lebens stetig erweitert und gesamtgesellschaftlich genutzt werden. Dies leitet die Kinder an, gemeinschaftliche Entscheidungen zu treffen, gemeinsame Probleme zu lösen und Mitverantwortung zu zeigen (vgl. Sturzenhecker/Knauer 2016, 8).

Unter anderem Regner und Schubert-Suffrian (2013, 12ff) unterscheiden die Beteiligung von Kindern in vier stufen. Dies fängt bei der untersten Ebene, dem ״informiert werden“ an und zieht sich bis in die letzte stufe ״selbst bestimmen“. Auf der ersten stufe geht es darum, Informationen kindgerecht und verständlich zu äußern, auf dessen Grundlage Kinder Entscheidungen treffen können. Darauf aufbauend geht es in der zweiten stufe um das ״Gehört werden“. Hier sollen die Kinder ihre Ideen und Bedürfnisse äußern, sodass diese in die Entscheidungen miteinbezogen werden können. Die dritte Stufe nennt sich ״Mitbestimmen“. Es geht darum, dass Kinder und Erwachsene gleichberechtigt ihre Standpunkte und Argumente vertreten können und gemeinsam eine Entscheidung getroffen wird, die für alle Beteiligten in Ordnung ist. Auf der letzten stufe, der ״Selbstbestimmung“, geht es um das alleinige Stimmrecht der Kinder. Die Fachkräfte agieren hier nur als Moderatoren und überlassen den Kindern die Entscheidungen allein. Dies betrifft sowohl Entscheidungen in der Gruppe, als auch individuelle Angelegenheiten einzelner Kinder.

2.2 Rechtliche Grundlagen

In der Bundesrepublik Deutschland gilt das Grundgesetz für jeden Menschen, somit schließt es auch alle hier lebenden Kinder mit ein. Das Grundgesetz sichert jedem Menschen die unantastbare Menschenwürde (vgl. Art. 1, GG), sowie das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (vgl. Art. 2, GG) zu. Diese beiden Artikel sind wichtige Grundpfeiler, um Partizipation zu ermöglichen, da sie dem Menschen einen Platz als freies Individuum in der Gesellschaft bieten und seine Entscheidungsfreiheit hervorheben. Des Weiteren greift Paragraph 1 des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), aus dem hervorgeht, dass ״die Rechtsfähigkeit des Menschen [...] mit der Vollendung der Geburt [beginnt].“ Diese Entscheidungsfreiheit wurde sowohl auf internationaler, als auch auf nationaler Ebene für Kinder gesondert betont. Zum einen auf internationaler Ebene die 1989 verabschiedeten Kinderrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN-Kinderrechtskonvention), die 1992 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind. Hierbei hervorzuheben ist Artikel 12, Abs. 1 zur Berücksichtigung des Kinderwillens:

״Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife. “

Dieser Paragraph umfasst das Recht

״auf kindgerechte Informationen, freie Meinungsäußerung und auf freien Zugang zu Informationsquellen und Medien. Sie [die Kinder, Anm. d. Verf.] haben ein Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, auf Privatsphäre und die persönliche Ehre“ (Hansen et al. 2015, 48).

Zum anderen wird Kindern und Jugendlichen seit 1990 auch auf nationaler Ebene im 8. Sozialgesetzbuch (SGB VIII), dem Kinder- und Jugendhilfegesetz, Entscheidungsfreiheit eingeräumt.

״Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen (Abs.1 § 8, SGB VIII).“

In dem vorangegangenen Absatz des Paragraphen 8 des SGB VIII werden die Partizipationsrechte für Kinder und Jugendliche am deutlichsten formuliert. Speziell in den frühkindlichen Betreuungs- und Bildungsinstitutionen greifen außerdem die Paragraphen 22 und 22a des selbigen Gesetzbuches. Diese fordern die alters- und entwicklungsgemäße Orientierung und Berücksichtigung der Bedürfnisse und Interessen der Kinder, sowie die Beteiligung der Erziehungsberechtigten in allen sie betreffenden Entscheidungen bezüglich der Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes (vgl. §22, 22a, SGB VIII).

Die genannten Paragraphen bilden die Grundlage einer demokratischen Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Sie sollen den gesetzlichen Rahmen stellen, um das Recht der Kinder auf Partizipation deutlich zu machen. Da aber vor allem der Paragraph der UN-Kinderrechtskonvention und der Paragraph 8 SGB VIII ungenau bzw. wenig detailliert formuliert sind, liegt es im Ermessen der Fachkräfte und pädagogischen Einrichtungen, in wie weit sie Partizipation zulassen, leben und Umsetzen (vgl. Hansen et al. 2015, 47). Durch die rechtlichen Vorgaben steht außer Frage, dass sie Partizipation zulassen müssen, jedoch liegt es in der Verantwortung der Fachkräfte, wie sie diese Spielräume verstehen und interpretieren.

3. Grundannahmen

3.1 Bild vom Kind

Damit Partizipation erfolgreich umgesetzt werden kann, muss zunächst geschaut werden, welche Voraussetzungen Kinder mitbringen. Kinder lernen durch Selbstbildungsprozesse, d.h. Kinder entscheiden selber, wie und was sie lernen. Viele Forschungsergebnisse zeigen, dass niemand bewirken kann, dass ein anderer etwas lernt oder sich aneignet (vgl. Regner/Schubert­Suffrian 2013, 15).

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Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Können Kinder selbst bestimmen, was sie lernen wollen? Kritische Auseinandersetzung mit der Verwirklichung von Partizipation in Kindertagesstätten auf Grundlage verschiedener partizipatorischer Methoden
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
22
Katalognummer
V437995
ISBN (eBook)
9783668785335
ISBN (Buch)
9783668785342
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Partizipation
Arbeit zitieren
Michelle Böhm (Autor:in), 2018, Können Kinder selbst bestimmen, was sie lernen wollen? Kritische Auseinandersetzung mit der Verwirklichung von Partizipation in Kindertagesstätten auf Grundlage verschiedener partizipatorischer Methoden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437995

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