Die institutionellen Arrangements von Gesellschaft und Staat, Staat versus Wirtschaft, die politische Meinungsbildung und Umsetzung der Vorgaben waren im französischen Nationalstaat seit jeher geprägt von einer etatistischen, dirigistischen Logik und Ideologie. Hintergrund war der Leitgedanke einer „grande nation“, die über ausgewählte und subventionierte Staatsprojekte ihre wirtschaftliche Stellung im europäischen Kontext aufrechterhalten sollte. Dem Staat kam hierbei eine exponierte Stellung zu, erschien er doch als Inbegriff des Gemeinwillens, Garant für soziale Gleichheit und als unerschütterlicher Fels in der Geschichte Frankreichs. Wie macht sich das Phänomen der Europäisierung in einem zentralistischen Staatsgefüge bemerkbar? Hält die Tradition der Entscheidungsfindung und Realisierung diesem Druck stand? Ergeben sich neue Akteurskonstellationen, die das Land in eine andere Richtung lenken, fernab egalitären Gedankengutes?
Speziell seit Ende der 90er Jahre wird wiederholt von „Frankreichs neuer Wirtschafts- und Gesellschaftsdynamik“ gesprochen und
die „grande nation“ erfreut sich großer Beliebtheit bei institutionellen Anlegern. Unser Nachbar hat sich scheinbar sehr erfolgreich an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und wartete mit deutlichem Wirtschaftswachstum auf. Mit zunehmender Internationalisierung der Konzerne, dem Entstehen diversifizierter Strukturen, veränderter Unternehmensstrategien und einer modifizierten Unternehmenskultur beschritt Frankreich den Weg zu einem neuen Wachstumsmodell anglo-amerikanischer Prägung. Im Jahre 2001 wurde das Finanzkonsortium von Banque Nationale de Paris (BNP) und Paribas gemessen an der Marktkapitalisierung zur größten Bank im ganzen europäischen Raum. Dies nur ein Beispiel der Kette von Marktführerschaft
französischer Unternehmen auf dem europäischen Kontinent. Der durch die Europäisierung ausgelöste Anpassungsdruck hat sich verschärft, die fortschreitende Marktintegration in Europa fungiert als Sprungbrett für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit im globalen Maßstab.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Europäisierung – Wirkungsweise und Output-Szenarien
- Bedeutungsgehalt der Europäisierung
- Theoretische Abgrenzung der Europäisierung
- Leitideen des „goodness-of-fit“ und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit
- Politiktransfer am Beispiel der monetären Integration und der Finanzmarktintegration
- Charakteristika der französischen Wirtschafts- und Finanzpolitik
- Die Rolle des Staates in der französischen Wirtschaft
- Die Rolle des Staates als Konstrukteur und Modernisierer nach 1945 - „Modernisierung oder Dekadenz“?
- Instrumente der französischen Wirtschafts- und Finanzpolitik: Nationalisierungen, Planification und „overdraft economy“
- „Opening of the Economy“ und die Krise der 70er Jahre
- Vorbote“ der neoliberalen Wende: Barre Plan 1977
- Die Rolle des Staates in der französischen Wirtschaft
- Das „sozialistische Experiment“ – keynesianisches Intermezzo 1981-1983
- Die wirtschaftspolitische Wende 1983 und ihre Folgen
- Liberalisierungen, Deregulierungen und Privatisierungen – Einstieg in die Transformation des französischen Systems
- Frankreichs Positionierung zu Beginn der 90er Jahre
- Frankreichs Wachstumsphase am Ende des 20. Jahrhunderts – vom „Capitalisme d'Etat zum „Capitalisme Zinzin“
- Unternehmensführung à la française - das Modell der finanziellen Kerne
- Auflösung der Beteiligungsgeflechte
- Shareholder-Kapitalismus französischer Art
- Wandel, Kontinuität und „mondialisation maîtrisée
- Gesamtüberblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht die Europäisierung der französischen Wirtschafts- und Finanzpolitik und analysiert, wie sich das Phänomen der Europäisierung in einem zentralistischen Staatsgefüge bemerkbar macht. Die Arbeit beleuchtet, ob die Tradition der Entscheidungsfindung und Realisierung diesem Druck standhält und ob sich neue Akteurskonstellationen ergeben, die das Land in eine andere Richtung lenken.
- Die Bedeutung der Europäisierung für die französische Wirtschafts- und Finanzpolitik
- Die Rolle des Staates in der französischen Wirtschaft und seine Anpassung an die neuen europäischen Rahmenbedingungen
- Der Wandel der französischen Wirtschaftskultur und die Entstehung eines neuen Wachstumsmodells
- Die Auswirkungen der Globalisierung auf die französische Wirtschaft und die Rolle Frankreichs im globalen Wettbewerb
- Die Kontinuität und der Wandel im französischen Wirtschafts- und Finanzdenken
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Diplomarbeit vor und beleuchtet die Herausforderungen, die die Europäisierung für Frankreich darstellt. Kapitel 2 definiert den Begriff der Europäisierung und erläutert die theoretischen Ansätze zur Analyse ihrer Wirkungsweise. Kapitel 3 behandelt die Leitideen des „goodness-of-fit“ und der erhöhten Wettbewerbsfähigkeit im Kontext der europäischen Integration. Kapitel 4 beschreibt die Charakteristika der französischen Wirtschafts- und Finanzpolitik, die Rolle des Staates und die Entwicklung der französischen Wirtschaftspolitik im 20. Jahrhundert. Kapitel 5 analysiert das „sozialistische Experiment“ der 1980er Jahre, während Kapitel 6 die wirtschaftspolitische Wende 1983 und ihre Folgen für die französische Wirtschaft beleuchtet. Kapitel 7 untersucht Frankreichs Positionierung zu Beginn der 1990er Jahre, während Kapitel 8 die französische Wachstumsphase am Ende des 20. Jahrhunderts und den Wandel vom „Capitalisme d'Etat zum „Capitalisme Zinzin“ betrachtet. Kapitel 9 beleuchtet den Wandel, die Kontinuität und die „mondialisation maîtrisée“ der französischen Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Schlüsselwörter
Europäisierung, französische Wirtschafts- und Finanzpolitik, Staat, Markt, Globalisierung, Wettbewerbsfähigkeit, „goodness-of-fit“, „l'exception française“, „marchéisation du financement“, „Capitalisme d'Etat“, „Capitalisme Zinzin“, „mondialisation maîtrisée“
- Citar trabajo
- Alexander Heftrich (Autor), 2004, Europäisierung der französischen Wirtschafts- und Finanzpolitik, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43856