Leseprobe
INGO's-also internationale nichtstaatliche Organisationen agieren heutzutage weltweit und genießen, gerade in den hochentwickelten westlichen Staaten, eine hohe Popularität und viele Unterstützer. Ein Phänomen der Globalisierung ist der rapide Zuwachs an sozialen und ökologischen Problemen, die von immer mehr Organisationen versucht werden gelöst zu werden. Im Kampf um Spendengelder und Unterstützer versucht jede Organisation sich von der anderen abzuheben, gerade im non Profit Bereich. Amnesty International, als eine der bekanntesten INGO's weltweit, versteht es wie kaum eine andere Organisation, die Arbeit um die Erhaltung der Menschenrechte weltweit mit medienwirksamer Publicity zu verbinden, um so allgegenwärtig in den Köpfen der Menschen zu bleiben. Die Organisation recherchiert Menschenrechtsverletzungen, betreibt öffentlichkeits- und Lobbyarbeit und organisiert unter anderem Brief- und Unterschriftenaktionen für alle Bereiche ihrer Tätigkeiten. Die außergewöhnliche Mischung zwischen Veröffentlichungen, Kampagnen, Fallarbeit, urgent actions und Konferenzen sicherte der Organisation eine beeindruckende Medienpräsenz und dies bereits seit 1961. Doch wie genau kam es dazu, dass ein einfacher Anwalt aus England auf die Idee kam eine der mächtigsten internationalen non-profit Organisationen zu gründen, welche bis dato über sieben Millionen Mitglieder beinhaltet und auf der ganzen Welt aktiv ist? Genau dieser Fragestellung möchte ich mich in meinem Essay widmen. Ich beginne mit einer kurzen Vorstellung der Organisation, in der ich alle relevanten Eckpunkte aus heutiger Zeit aufführe. Dann gehe ich tiefer auf die Entwicklungsgeschichte ein und erläutere wie aus einer bloßen Idee der Riese Amnesty International wurde. Zuletzt gehe ich dann noch auf die Organisationsstruktur national und international ein, bevor ich in einem kurzen Fazit nochmal alle Erkenntnisse in Hinblick auf die Fragestellung reflektiere.
Amnesty International versteht sich als eine internationale non-profit Organisation, dessen Ziele sich im Kern um die Erhaltung der Menschenrechte auf globaler Ebene drehen. Als Organisationstrategie beruft sich die im 28. Mai 1962 gegründete INGO auf die internationale Menschenrechtserklärung von 1948. Ein wichtiges Merkmal von Amnesty International ist, dass sich die Organisation als genuin INGO - oder auch GINGO versteht.
Das bedeutet, dass Amnesty International ausschließlich aus Privatpersonen besteht und sich allein durch Spenden finanziert. Ein Einfluss der Regierung ist hier daher auszuschließen. Zusammen mit beispielsweise SaveTheChildren und Transparancy international ist auch Amnesty International Mitglied der Rechenschafts-Charta (vgl. Amnesty International: 2017).
Lissabon 1961: zwei junge Studenten erheben ihre Gläser, um auf die Freiheit anzustoßen und werden von der Polizei festgenommen. Durch Zufall erfährt der britische Rechtsanwalt Peter Benenson davon, ist schockiert von dieser Ungerechtigkeit und nimmt diesen Vorfall als Thema seines neuen Artikels The Forgotten Prisoners. Der Artikel wird im The Observer abgedruckt und findet bei einem breiten Publikum Anklang. Der Startschuss für die erste Kampagne der Organisation: An Appeal for Amnesty 1961. Delegierte aus Frankreich,
Belgien, Deutschland, der Schweiz, dem Vereinten Königreich, Irland und den USA treffen sich im Juli desselben Jahres, um eine Allianz der dauerhaften, internationalen Bewegung zur Verteidigung von Meinungsfreiheit und Religio zu gründen. Es folgt das Threes-Network, eine Übereinkunft, dass jede Amnesty International Gruppe sich der Befreiung von drei Gefangene aus einem anderen geografischen und politischen Gebiet widmet und diese somit adoptiert (vgl. Winner, 1991: s. 22). Diese Handhabe wird bis heute in den einzelnen Gruppen praktiziert und soll die Unparteilichkeit der Organisation beweisen und gewährleisten. Ein Jahr später findet die Organisation zu ihrer Struktur und es finden erste Recherchereisen in Entwicklungsländer statt (u.a. nach Ghana und Portugal), Grundstein für die heutige Forschungsarbeit der INGO. 1962 beschließen die Anhänger Benensons auf einer belgischen Konferenz, dass die Organisation von Dauer sein soll und Amnesty International heißt, im selben Jahr erscheint der erste Jahresbericht. Zwar war der Anlass der INGO Gründung ein Zufall, doch konnten sich die Mitglieder in Zukunft natürlich nicht darauf verlassen, beiläufig von den Menschenrechtsverletzungen auf der Welt zu erfahren. Es mussten konkrete Maßnahmen zum Beschaffen von Informationen aufgesetzt werden. Diese sehen folgendermaßen aus: die Mitglieder beobachten gezielt Gerichtsverhandlungen (wie beispielsweise die Verhandlung von Nelson Mandela 1962), sprechen mit lokalen Beamten und nehmen Verbindungen auf zu Menschenrechtsaktivisten, Hilfsorganisationen und religiösen Institutionen (vgl. Amnesty International: 2017). Inoffizielle Informationen und wichtige Hinweise können Familienangehörige von Betroffenen, überlebende sowie Journalisten, Rechtsanwälte und Diplomaten liefern. Da die INGO ab 1969 ein enormes Wachstum verzeichnen konnte, wuchs auch der Einfluss und es konnten insgesamt 2000 Menschen weltweit aus unrechtmäßiger Gefangenschaft befreit werden. Dies war der Anlass für die UNESCO Amnesty International den Beobachterstatus zu zusprechen. Amnesty International leistet auch in den folgenden sechs Jahren sehr gute Arbeit, wächst stetig und bekommt sogar den Friedensnobelpreis verliehen (vgl. Winner, 1991: s. 62).
In den kommenden Jahren ist eine Entwicklung der Organisation zu sehen, die spezifisch für die heutige Sicht auf Amnesty International ist.
Neben der internen Forschungsarbeit rücken immer mehr PR wirksame Kampagnen in den Fokus. So häufen sich die öffentlichen Auftritte der Mitglieder und Befürworter im Rahmen aktueller Kampagnen und gipfeln beispielsweise im Conspiracy of Hope, ein Rockkonzert mit prominenten Künstlern wie U2 zur öffentlichen Verbreitung der Organisation und ihrer Ziele. Heute sind sieben Millionen Menschen Mitglied bei Amnesty International und sie gehört zu den bekanntesten INGO's weltweit.
Im Folgenden möchte ich nun auf die nationale (deutsche) und internationale Organisationsstruktur eingehen. International misst Amnesty International mehr als sieben Millionen Mitglieder in 150 Ländern und insgesamt 58 Sektionen, diese sind alle in globalen Partnernetzwerken miteinander verbunden. In 80 Ländern werden permanente Büros betrieben, der Hauptsitz ist London. Während die Führung und Lenkung das IEC also das international executive commitee übernimmt, vertritt der Generalsekretär die Organisation nach außen und ist sowohl für die Tagesgeschehen wie auch für die internationalen Entscheidungen zuständig. Dies tut er mit Unterstützung des senior leadership teams und gibt so die strategische Agenda vor. Das international executive commitee trifft sich mindestens zweimal im Jahr und wird vom international council meeting alle vier Jahre gewählt. Die Mitglieder können sich für die Wahl des IEC maximal zweimal nominieren lassen, dies soll eine gesunde Dynamik innerhalb des Managements gewährleisten. Weitere Aufgaben des ICM sind: die Sicherung einer konsistenten Finanzpolitik auf globaler Ebene (in Zusammenarbeit mit der Statutory Authority) und die Festlegung der internen Arbeitsweisen (vgl. Claudius, 1976: s. 196ff). Dies ist so festgelegt um eine internationale Vergleichbarkeit zu schaffen und dient der Vereinheitlichung der nationalen Strukturen. Das ICM versteht sich als Repräsentanz der 58 Sektionen.
Die deutsche Amnesty International Sektion umfasst ca. 100.000 Mitglieder, wobei man hier zwischen aktiven und Einzelmitgliedern unterscheiden muss. Die aktiven Mitglieder engagieren sich mindestens in einer der 800 lokalen Projektgruppen, während die Einzelmitglieder hauptsächlich als stimmlose Geldgeber zu sehen sind. Neben den Mitgliedern spielen auch die Förderer eine wichtige Rolle innerhalb der Organisation.
Dies sind über 30.000 Unternehmen die im Zusammenhang ihres sozialen Engagements an Amnesty International spenden. Die 55 Teil- und Vollzeitkräfte der deutschen Sektion arbeiten beispielsweise in der Verwaltung, welche neben den typischen administrativen Aufgaben auch die PR und Lobbyarbeit übernimmt. Dazu gibt die Verwaltung auch die maßgebliche Richtung der inhaltlichen Arbeit der Sektion vor. Geleitet wird dieses Sekretariat von einem siebenköpfigen Vorstand, der jährlich durch die Jahreshauptversammlung gewählt wird. Neben der öffentlichen Vertretung übernimmt der Vorstand auch die Projektkoordination ins Ausland (vgl. Claudius, 1976: s. 232).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Amnesty International nicht umsonst eine der bekanntesten INGO's ist. Das überragende Wachstum und die starke Medienpräsenz, sichern der Organisation einen ganz besonderen Platz unter den non-profit Organisationen. Vor allem die höchst professionelle Struktur, sowohl in Deutschland als auch im Ausland, sorgt nicht nur für eine offensichtlich ausreichende Finanzierung der medienwirksamen Kampagnen, sondern auch für eine Ausbreitung in die ganze Welt und eine gute Informationsbeschaffung. Die Geschichte von Peter Benenson ist einmalig und zeigt wie leicht sich aus einer Idee beziehungsweise einem Zufall etwas wirklich Großes und Einflussreiches entwickeln kann.
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