Auswirkungen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung auf das Leben der Betroffenen und pflegerische Maßnahmen zur Förderung des Selbstmanagements


Bachelorarbeit, 2018

71 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Vorwort

Ein großes Dankeschön gilt Herrn Mag. Peter Laudert der, sowohl die Betreuung meiner ersten Bachelorarbeit als auch der vorliegenden Bachelorarbeit übernahm und mir stets Hilfestellung leistete.

Ein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir die Ausbildung überhaupt erst ermöglichten und mich finanziell, sowie emotional unterstützten. Ein liebevolles Dankeschön gilt auch meinem Freund David, der mir mit vollstem Verständnis entgegen kam und es stets schaffte, mich in schwierigen Situationen aufzubauen und aufs Neue zu motivieren.

Zu guter Letzt danke ich auch meinen Freunden, insbesondere Lisa, Viktoria und Patricia, da sie mich während der stressigen Studienzeit, oft zum Lachen brachten und den Schulalltag zu etwas Besonderem machten.

Kurzfassung

EinleitLmq: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen gewinnen durch ihre steigende Inzidenz immer mehr an Bedeutung und beeinträchtigen das Leben der Betroffenen. Die Komplexität des Krankheitsbildes und der Wissensmangel über die Krankheit machen eine umfassende Pflege und Betreuung unumgänglich.

Ziel: Ziel dieser Arbeit ist es, die Auswirkungen der chronisch entzündlichen Darmerkrankung auf das Leben darzustellen, die Strategien der Betroffenen zur Bewältigung zu schildern und Möglichkeiten der Pflege zur Unterstützung und Förderung des Selbstmanagements aufzuzeigen.

Methodik: Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt.

Ergebnisse: Das Leben und die Lebensqualität von Menschen mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung werden stark beeinflusst, wobei negative Veränderungen überwiegen. Die Betroffenen versuchen mit eigenen Bewältigungsstrategien, wie das Zurückerlangen von Macht über den eigenen Körper, ihr Leben, trotz der Erkrankung, erfolgreich zu meistern. Die professionelle Pflege kann durch Beratung und Information über verschiedene Flilfsangebote, das Selbstmanagement der Betroffenen fördern.

Schlussfolgerung: Die verschiedenen Auswirkungen, die die Erkrankung mit sich bringt, erfordern eine sehr individuelle Beratung und Betreuung durch die professionelle Pflege. Um diesen speziellen Anforderungen auch in Zukunft nachzukommen, sollte weiterhin an Bildungsmöglichkeiten, wie der Ausbildung zur ״CED Nurse“ gearbeitet werden.

Schlüsselwörter: Chronisch entzündliche Darmerkrankung, Selbstmanagement, Patientenedukation, Auswirkungen, Lebensqualität

Abstract

Introduction: Chronic inflammatory bowel diseases are getting more and more important due to their increasing incidence and have an impact on the lives of those affected. The complexity of the disease and the lack of knowledge about the disease make comprehensive care and support unavoidable.

Aim: The aim of this work is to present the effects of chronic inflammatory bowel disease on life, to describe the strategies of the affected people to cope with them and to show the possibilities of nursing to support and promote self-management.

Method: To answer the research question, a systematic literature search was carried out.

Results: The life and quality of life of people with a chronic inflammatory bowel disease are strongly influenced, with negative changes predominating. Those affected make use of their own coping strategies, such as the regaining of control over their own body to successfully master their lives, despite the disease. The professional care can promote the self-management of those affected by advice and information on various forms of help.

Conclusion: The various effects of the disease require very individual counseling and care through professional care. In order to meet these special requirements in the future, further education options, such as courses in the area of “CED Nurse”, should be continued.

Keywords: Inflammatory bowel disease, self-management, patient education, impacts, quality of life

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel

2 Methodik
2.1 Forschungsfrage
2.2 Literaturrecherche

3 Ergebnisse
3.1 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
3.1.1 Klassifikation
3.1.2 Ätiologie
3.1.3 Diagnostik
3.2 Morbus Crohn
3.2.1 Symptome
3.2.2 Therapie
3.3 Colitis ulcerosa
3.3.1 Symptome
3.3.2 Therapie
3.4 Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen
3.4.1 Negative Auswirkungen
3.4.2 Positive Auswirkungen
3.5 Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen
3.5.1 Lebensqualität
3.5.2 Auswirkungen auf die Lebensqualität
3.6 Copingstrategien der Betroffenen
3.6.1 Coping
3.6.2 Strategien der Betroffenen
3.7 Patientenedukation
3.7.1 Definition
3.7.2 Aufgabe der Pflege
3.7.3 Gesetzliche Grundlage
3.7.4 Ziele der Patientenedukation
3.7.5 Compliance und Adherence
3.7.6 Methoden der Patientenedukation
3.7.7 Voraussetzungen und Anforderungen an eine Beratung
3.7.8 Wittener Werkzeuge
3.8 Selbstmanagement
3.8.1 Begriffsdefinition
3.8.2 CED Portal
3.8.3 CED-App
3.8.4 CED-Selbsthilfegruppen
3.8.5 CED-Tagebuch
3.9 CED Nurse
3.9.1 Tätigkeiten einer CED Nurse
3.9.2 Nutzen einer CED Nurse
3.9.3 CED Nurse in Österreich
3.10 Inhalte der Patientenedukation
3.10.1 Ernährungsberatung
3.10.2 Stuhlausscheidung
3.10.3 Stuhlinkontinenz
3.10.4 Rauchen
3.10.5 Sexualität
3.10.6 Schwangerschaft
3.10.7 Reisen
3.10.8 Schmerzen
3.10.9 Bewegung
3.10.10 Stressmanagement
3.10.11 Rehabilitation
3.10.12 Naturheilkunde und Komplementärmedizin

4 Diskussion

5 Literaturverzeichnis

6 Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Flow-Chart der Literaturrecherche 6

Abbildung 2: Montreal Klassifikation bei Colitis Ulcerosa (Keiner, Atreya, 2017, S.14)

Abbildung 3: Montreal Klassifikation bei Morbus Crohn (Keiner, Atreya, 2017, S.14)

Abbildung 4: Befallmuster Morbus Crohn (Hartmann, Bokemeyer, 2016)

Abbildung 5: Befallmuster Colitis Ulcerosa (Hartmann, Bokemeyer, 2016)

Abbildung 6: Drei Strategien der Patientenedukation (Abt-Zegelin, 2009)

Abbildung 7: Der Beratungsstern der Wittener Werkzeuge (Segmüller, Kocks, 2013)

Abbildung 8:Stuhlprotokoll (Gerlach etai., 2011, s.87)

Abbildung 9: Solidaritätskarte (ÖMCCV, 2007)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Suchbegriffe in deutscher und englischer Sprache Tabelle 2: Trefferliste der Literaturrecherche

1 Einleitung

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), mit den Hauptvertretern Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa, gewinnen durch ihre steigende Inzidenz immer mehr an Bedeutung. In Europa lag im Jahr 2010 die Zahl der Neuerkrankungen von Colitis ulcerosa bei 6,3% und das von Morbus Crohn bei 9,8% pro 100.000 Menschen (Burisch, Munkholm, 2015). Dabei wird besonders ein vermehrtes Auftreten, der chronisch entzündlichen Darmerkrankung, in den Industrieländern beobachtet. Auffallend ist, dass überwiegend in Europa und Nordamerika von hohen Inzidenzzahlen berichtet wird. Alleine in Österreich wird geschätzt, dass etwa 80.000 Menschen an einer CED leiden, wobei Frauen gleich häufig betroffen sind, als Männer (Krofika, Mandl, 2016). Aufgrund der deutlichen Zunahme dieser Erkrankung wird das Gesundheitssystem, sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Spitälern vor viele neue Herausforderungen gestellt. Laut dem Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen hat die stationäre Betreuung bei Patientinnen und Patienten mit CED in den letzten Jahren um 50% zugenommen (Vogelsang, Reinisch, 2010). Dadurch entstehen hohe Kosten für das Gesundheitssystem. Laut der österreichischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Vereinigung (2011) betragen die Kosten, welche durch chronisch entzündliche Darmerkrankungen entstehen, bis zu 2,7 Milliarden Euro jährlich. Die Diagnosestellung erfolgt manchmal schon im Kindesalter. In den meisten Fällen tritt die Erkrankung jedoch zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr auf. Zu beobachten ist aber auch ein vermehrtes Auftreten zwischen dem 50. und 80. Lebensjahr. Für Menschen, welche eine positive Familienanamnese haben, ist das Erkrankungsrisiko um das 3-20fache erhöht (Knoflach, 2014).

1.1 Problemstellung

Die Diagnosestellung ist für die Betroffenen oft eine große Belastung, verbunden mit Angst, Schock und der Ungewissheit, welche Konsequenzen die Erkrankung auf den Alltag und ihr Leben haben wird (Krofika, Mandl, 2016). Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind Erkrankungen mit ungewissem Ausgang, welche durch einen schubweisen Verlauf gekennzeichnet sind. Die Symptome variieren je nach Lokalisation und Ausdehnung der Entzündung, sowie der Schwere des Verlaufs. Die Patientinnen und Patienten leiden unter zahlreichen physischen Beschwerden wie Diarrhöe, Bauchschmerzen, gastrointestinalen Blutungen, Malabsorption, Stuhlinkontinenz, Müdigkeit und Gewichtsverlust (Rettke et al., 2013). Aufgrund der breiigen und häufigen Stuhlgänge richten die Betroffenen ihren Tätigkeitsradius meist danach aus, wo sich die nächste Toilette befindet. Durch Tragen von Inkontinenzprodukten wird meist einer unangenehmen Situation vorgebeugt (Vogelsang, Reinisch, 2010). Des Weiteren kann es durch Entzündungen der Darmschleimhaut zu einem Flüssigkeitsverlust und damit auch zu einem Verlust von Spurenelementen, Mineralstoffen und Nährstoffen kommen. Neben dem Gastrointestinaltrakt können auch Gelenke, Haut und Augen betroffen sein (Atreya et al., 2015). Zusätzlich zu den physischen Symptomen werden psychische Folgen der Erkrankung beobachtet. Die Betroffenen haben oft Angst, ihre Sorgen und Bedenken zu äußern. Diese Tabuisierung der Erkrankung führt meist zu sozialer Isolation, Problemen in der Partnerschaft, sexueller Abstinenz und Freundschaftsverlust. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind, durch einen sehr langwierigen Verlauf gekennzeichnet. Für die Betroffenen stellt dies eine hohe Belastung dar (Rettke et al., 2013). In dieser Zeit benötigen sie eine verständnisvolle Vertrauensperson, welche ihnen hilft, das Leben trotz der Erkrankung bestmöglich zu gestalten. Eine international durchgeführte repräsentative Umfrage vom Frühjahr 2006 ergab, dass die österreichische Bevölkerung einen alarmierenden Informationsnotstand, im Hinblick auf das Wissen über CED, aufweist. Lediglich für 7% der Bevölkerung war Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ein Begriff den sie mit einer Entzündung des Verdauungstraktes in Verbindung setzten. Mehr Bewusstsein und Wissen über die chronisch entzündliche Darmerkrankung, sowohl im familiären als auch im beruflichen Bereich, würden zu einem besseren Verständnis und zu einer besseren gesellschaftlichen Stellung führen (Vogelsang, Reinisch, 2010).

Der Anstieg von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die Komplexität des Krankheitsbildes, die vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten und der Wissensmangel über die Krankheit, machen eine umfangreiche und gewissenhafte Pflege und Betreuung von Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen, unumgänglich. Es soll der Umgang mit der Erkrankung erleichtert und das Selbstmanagement der Betroffenen gefördert werden (Krofika, Mandl, 2016). Zusätzlich können mit Hilfe einer adäquaten Beratung und Betreuung indirekte Kosten, welche beispielsweise durch den Verlust von Arbeitstagen, Arbeitsunfähigkeit, Schulabbruch und Studienabbruch entstehen, verringert werden (Vogelsang, Reinisch, 2010).

1.2 Ziel

Ziel dieser Arbeit ist es, die Auswirkungen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung auf das Leben und die Lebensqualität der Betroffenen zu schildern, sodass die Leserinnen und Leser ein besseres Verständnis für die Krankheit entwickeln. Im Anschluss daran, werden Strategien der Patientinnen und Patienten zur Bewältigung der Krankheit dargestellt und die Möglichkeiten der professionellen Pflege zur Unterstützung und Förderung des Selbstmanagements, aufgezeigt.

2 Methodik

Im folgenden Abschnitt wird die Vorgehensweise zum Erlangen der relevanten Literatur näher beschrieben und die daraus resultierende Forschungsfrage vorgestellt.

2.1 Forschungsfrage

Welche Auswirkungen hat eine chronisch entzündliche Darmerkrankung auf das Leben und die Lebensqualität der Betroffenen und welche Interventionen stehen der professionellen Pflege zur Verfügung, um sie bei der Bewältigung zu unterstützen und ihr Selbstmanagement zu fördern?

2.2 Literaturrecherche

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Die Literaturrecherche erfolgte im Zeitraum von November 2017 bis März 2018. Dabei wurden spezifisch, fachlich orientierte Datenbanken wie PubMed, CINAFIL und Livivo herangezogen, um die gestellte Forschungsfrage zu beantworten. Zusätzlich wurde in der Hans Huber Verlagsdatenbank und in der wissenschaftlichen Suchmaschine, Springer Link, recherchiert. Um die Literatur hinsichtlich ihres Inhaltes zu überprüfen, wurden zunächst der Titel und der Abstract der Studie genauer betrachtet. Anschließend wurde die Studie nach ihrer Qualität bewertet und auf ihre Relevanz bezugnehmend auf die Forschungsfrage überprüft.

Suchbegriffe

Für eine erfolgreiche Literatursuche wurden verschiedene Suchbegriffe herangezogen. Dabei wurde sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache recherchiert. In Tabelle 1 werden die verwendeten Suchbegriffe dargestellt. Um die Suche zu verfeinern, wurden die Operatoren ״UND“ und ״AND“ verwendet. Die

Literaturrecherche mit den erzielten Treffern wird zum besseren Verständnis anhand eines Suchprotokolls dargestellt, welches sich im Anhang 02 der vorliegenden Bachelorarbeit befindet.

Tabelle 1: Suchbegriffe in deutscher und englischer Sprache

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein- und Ausschlusskriterien

Um das Thema der Arbeit einzugrenzen wurden für die Literaturrecherche Ein- und Ausschlusskriterien festgelegt. Es wurde sowohl deutschsprachige als auch englischsprachige Literatur eingeschlossen. Dabei wurde darauf geachtet, dass diese nicht älter als elf Jahre ist. Eingeschlossen wurden Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, welche ein Mindestalter von 18 Jahren aufwiesen. Bei der Literaturrecherche wurde der Begriff ״Darmkarzinom“ ausgeschlossen, da dies eine spezielle Erkrankung ist. Ein weiteres Ausschlusskriterium waren Patientinnen und Patienten mit einem Stoma.

Darstellung der Ergebnisliste

Um den Selektionsprozess der Literatur besser nachzuvollziehen wurde ein Flussdiagramm erstellt, welches in Abbildung 1 dargestellt ist. Von den insgesamt 6504 Treffern wurden 54 als relevant betrachtet. Nach dem Begutachten der Volltexte wurden 19 Studien zur Beantwortung der Forschungsfrage herausgefiltert und hinsichtlich ihrer Qualität überprüft.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Flow-Chart der Literaturrecherche

3 Ergebnisse

Die recherchierten und bewerteten Studien werden im Ergebnisteil in den Fließtext eingearbeitet, passend zu den jeweiligen Themen. Zunächst werden die medizinischen Grundlagen der chronisch entzündlichen Darmerkrankung näher erläutert, um ein besseres Verständnis für die Thematik zu erlangen. Im Anschluss daran werden die Auswirkungen der CED auf die Betroffenen, sowie die Auswirkungen auf deren Lebensqualität dargestellt.

3.1 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen beschreiben eine Entzündung im Verdauungstrakt, welche in chronisch-rezidivierenden oder kontinuierlichen Schüben auftreten und die Betroffenen ihr Leben lang begleiten. Die Anzahl und Stärke der Schübe ist sehr individuell. Zu den Hauptformen der CED zählen der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa (Huch, Jürgens, 2011, s. 354).

3.1.1 Klassifikation

Die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen werden, abhängig vom Befall, mit Hilfe der Montreal-Klassifikation eingeteilt. Die Einteilung stellt einen wesentlichen Bestandteil für die anschließende Therapiewahl dar (Keiner, Atreya, 2017, s. 14).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Montreal Klassifikation bei Colitis ulcerosa (Keiner, Atreya, 2017, s. 14)

Bei der Einteilung von Morbus Crohn werden zusätzlich das Alter der Erstdiagnose und das klinische Bild berücksichtigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Montreal Klassifikation bei Morbus Crohn (Keiner, Atreya, 2017, s. 14)

3.1.2 Ätiologie

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind multifaktoriell bedingt. Dies bedeutet, dass sowohl genetische, als auch infektiöse, immunologische und umweltbedingte Faktoren zu der Entstehung einer CED beitragen können. Die genaue Krankheitsursache ist derzeit aber noch unklar (Hartmann, Bokemeyer, 2016).

Genetische Faktoren

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind nicht vererblich. Knoflach (2014) geht aber davon aus, dass einige genetisch festgelegte Risikofaktoren die Krankheitsentwicklung begünstigen. Durch zahlreiche Studien an Zwillingen konnte das vermehrte familiäre Vorkommen von CED bereits nachgewiesen werden. Demnach ist das Risiko bei Geschwistern um das 10-fache erhöht. Sofern beide Eltern erkrankt sind beträgt das Risiko 30%. Eine familiäre Häufung konnte allerdings nur bei insgesamt 10% der Erkrankten tatsächlich nachgewiesen werden (Hartmann, Bokemeyer, 2016).

Es gibt auch einzelne Gene, wie N0D2 oderauch bekannt als CARDI5, die mit der chronisch entzündlichen Darmerkrankung in Verbindung gebracht werden. Allerdings bedeutet das Vorhandensein der Gene nicht gleichzeitig, dass eine Erkrankung besteht (Langsch, Zillessen, 2009, s. 33).

Immunsystem

Das Darmepithel ist ein essentieller Bestandteil des Darms, welches als Darmbarriere fungiert und verhindert, dass körperfremde Substanzen eindringen können. Bei Patientinnen und Patienten mit CED ist diese Darmbarriere allerdings gestört (Hartmann, Bokemeyer, 2016). Laut Menche (2014, s. 810) werden durch einen unbekannten Auslöser die Lymphozyten in der Darmwand aktiviert, sofern eine genetische Veranlagung besteht. Die ausgeschütteten Entzündungsbotenstoffe führen dann zur Schädigung der Darmwand.

Umwelt

Umweltfaktoren spielen nachweislich eine wichtige Rolle bei der Entstehung von CED. Als Risikofaktor wird beispielsweise ein hoher Standard an Hygiene in der Kindheit genannt. Dies könnte der Grund für ein vermehrtes Vorkommen in Europa und Nordamerika sein (Hartmann, Bokemeyer, 2016).

Psychische Faktoren

Laut der österreichischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Vereinigung (2007) stellen psychische Faktoren keine Ursache für die Krankheitsentstehung dar. Allerdings können Belastungen und Stress einen Entzündungsschub auslösen, verstärken oder verlängern.

3.1.3 Diagnostik

Am Beginn der Diagnostik steht eine ausführliche Befragung, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung (Hartmann, Bokemeyer, 2016). In der Anamnese sollten Dauer und Intensität der Durchfälle und der Bauchschmerzen erfragt werden. Des Weiteren sollte nach Symptomen wie Fieber und Gewichtsabnahme gefragt

werden. Bei der körperlichen Untersuchung wird anschließend eine Inspektion von Haut und Schleimhäuten sowie eine Palpation des Abdomens vorgenommen (Zurek, 2013). Als nächsten Schritt sollte eine Laboruntersuchung und eine Sonographie durchgeführt werden. Mithilfe der Bestimmung des CRP oder des Calprotectin im Stuhl kann eine Krankheitsaktivität beurteilt werden (Hartmann, Bokemeyer, 2016). Eine der wichtigsten Diagnosesicherungen bei einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung ist jedoch die endoskopische Untersuchung. Die daraus resultierende Möglichkeit der makroskopischen und histologischen Beurteilung ermöglicht eine Zuordnung der Erkrankungsform, sowie eine Beurteilung der Krankheitsaktivität (Zurek, 2013). Eine frühzeitige Diagnosestellung ist für eine chronisch entzündliche Darmerkrankung von großer Bedeutung, da sie unerkannt und nicht behandelt zu fatalen Beschwerden bis hin zur Invalidisierung führen kann. Beispielsweise kann durch eine rechtzeitige Diagnose der Colitis ulcerosa mittels Koloskopie und entsprechender Behandlung das Risiko einer Kolektomie deutlich reduziert werden (Vogelsang, 2007). Aus diesem Grund wurde, von der CED-Arbeitsgruppe des allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien, ein sogenannter CED Check mit insgesamt zehn Fragen entwickelt um, sowohl Ärztinnen und Ärzten als auch Patientinnen und Patienten, eine praktische Hilfestellung bei der Früherkennung zu geben. Sofern mindestens eine der Fragen, im Bereich eins bis sechs, mit ,Ja' beantwortet wurde, ist der CED Check positiv (Österreichische Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Vereinigung, 2013). Zum besseren Verständnis wurde das CED Check Formular in den Anhang 01 dieser Arbeit angefügt.

3.2 Morbus Crohn

Morbus Crohn (MC) wurde 1932 erstmals von Dr. Burrill B. Crohn, amerikanischer Gastroenterologe, beschrieben. Es handelt sich hierbei um eine chronisch entzündliche Darmerkrankung mit unklarer Ätiologie, welche mit Fistelbildung und Stenosen einhergeht (Peatz, 2013, s. 357). Die Fistelbildung geschieht häufig zu anliegenden Darmschlingen, zur Blase und zur Vagina. Die Stenosen entstehen dadurch, dass sich im Verlauf der Krankheit die Darmwand immer mehr verdickt, das Darmlumen eingeengt wird und ein Hindernis entsteht (Gerlach et al., 2011, s. 76). Bei MC können sowohl der gesamte Magen-Darm Kanal, als auch alle Darmschichten betroffen sein. Bevorzugtes Auftreten ist aber im unteren Dünndarm, rechten Hemikolon und im Sigma (Paetz, 2013, s. 357). Bei dem befallenen Darmabschnitt ist makroskopisch eine sulzige Verdickung zu sehen (Gerlach et al., 2011, s. 76).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Befallmuster Morbus Crohn (Hartmann, Bokemeyer, 2016)

3.2.1 Symptome

Bei einem MC leiden Patientinnen und Patienten unter wässrigen Durchfällen, welche zirka drei bis sechs Mal pro Tag auftreten können. Hinzu kommen krampfartige Bauchschmerzen, sowie Fieber bei einem akuten Schub. Aufgrund verminderter Nahrungsaufnahme und unzureichender Nährstoffresorption verlieren die Betroffenen auch häufig viel Gewicht (Menche et al., 2014, s. 810). Bei einer Lokalisation des MC am Dickdarm, weisen die Patientinnen und Patienten meist die Symptome einer Colitis ulcerosa auf. Die Symptome und Begleiterkrankungen eines MC sind sehr vielseitig. Extraintestinale Komplikationen können der Symptomatik vorausgehen und treten häufiger beim Morbus Crohn auf, als bei der Colitis ulcerosa. Betroffen sind meist Gelenke, Haut, Skelett, Schleimhaut, Leber, Pankreas, Augen und Harntrakt (Gerlach et al., 2011, s. 77). Die häufigste extraintestinale Manifestation ist die Arthritis mit 17-39% (Zurek, 2013).

3.2.2 Therapie

Da Morbus Crohn eine chronische Erkrankung ist, welche die Patientinnen und Patienten ihr Leben lang begleitet, sollte die Wahl der Therapie immer an die individuelle Situation der Betroffenen angepasst werden. Zusätzlich werden der Schweregrad und das Ausbreitungsmuster der Erkrankung bei der Therapiewahl berücksichtigt (Baumgart, 2009).

Schulmedizin

Die Behandlung erfolgt, solange wie möglich, internistisch und konservativ. Hierbei werden entzündungshemmende Medikamente, wie beispielsweise Glukokortikoide, eingesetzt. Des Weiteren wird in der Phase eines akuten Schubes eine ballaststoffarme Diät und bei schweren Fällen sogar eine parenterale Ernährung verordnet (Huch, Jürgens, 2011, S.354). Aufgrund der verminderten

Nahrungsaufnahme und einer unzureichenden Nährstoffresorption kann es oft zu Mangelerscheinungen kommen. Daher müssen Vitamine, Folsäure, Zink und Eisen gegebenenfalls zugeführt werden (Menche et al., 2014, s. 811). Eine Indikation für operative Maßnahmen besteht, wenn die Erkrankung zu Stenosen, Perforation oder Fisteln geführt hat. Die betroffenen Darmabschnitte werden reseziert und durch eine End-zu-End Naht vereinigt (Paetz, 2013, s. 357).

Naturheilkunde und Komplementäre Medizin

Naturheilkunde und komplementäre Verfahren werden oft von Patientinnen und Patienten als Therapieoption erwogen. Durch komplementäre Therapien, wie Homöopathie, chinesische Medizin, Naturheilverfahren oder Akupunktur, kann die konventionelle Therapie ergänzt werden. Diese Formen können auf Wunsch der Betroffenen, in Absprache mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt, als zusätzliche Therapie durchgeführt werden. Eine Alternativ Therapie, das heißt ohne Verwendung einer konventionellen Standardtherapie, wird nicht empfohlen (Hartmann, Bokemeyer, 2016).

3.3 Colitis ulcerosa

Die Colitis ulcerosa (CU) ist eine chronische Entzündung des Dickdarms, welche durch schubweisen Verlauf und Neigung zu maligner Entartung gekennzeichnet ist (Gerlach et al., 2011, s. 77). Die CU beschränkt sich auf den Dickdarm und das Rektum. Im Gegensatz zum Morbus Crohn ist die Entzündung bei der Colitis ulcerosa auf Schleimhaut und Submukosa begrenzt (Menche et al., 2014, s. 812). Je nach Krankheitsstadium ist eine hochrote, verletzliche und leicht blutende Schleimhaut erkennbar. Zusätzlich können Narbenbildungen, tiefe Ulzerationen und Pseudopolypenbildungen auftreten (Paetz, 2013, s. 358).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Befallmuster Colitis ulcerosa (Hartmann, Bokemeyer, 2016)

3.3.1 Symptome

Leitsymptom der Colitis ulcerosa sind bis zu 40, mit krampfartigen Schmerzen verbundene, Stuhlentleerungen pro Tag (Paetz, 2013, s. 358). Der Stuhl hat eine breiige bis flüssige Konsistenz und enthält oft Schleim, Blut und Eiter. Bei einer schweren Entzündung kommen Fieber, Appetitlosigkeit, Übelkeit und eine Gewichtsabnahme hinzu. Analabszesse und Analfisteln entwickeln sich allerdings deutlich seltener als beim Morbus Crohn. Wie bereits beim Morbus Crohn erwähnt, können auch bei der Colitis ulcerosa, extraintestinale Manifestationen beobachtet werden (Gerlach et al., 2011, s. 77).

3.3.2 Therapie

Die Ernährung und die konservative Therapie ähneln der des Morbus Crohn. Der durchfallbedingte Flüssigkeits- und Blutverlust wird mit Hilfe einer intravenösen Substitution ausgeglichen. Bei Versagen der konservativen Therapie oder Auftreten von Komplikationen ist eine Entfernung des Dickdarms und des Rektums indiziert. Dabei wird eine Erhaltung des Schließmuskels angestrebt, um eine Inkontinenz zu verhindern. Im Gegensatz zum Morbus Crohn können Colitis ulcerosa Betroffene, mit Hilfe dieses Eingriffes, geheilt werden. Die Durchführung einer Komplementärmedizin ist bei der Colitis ulcerosa ebenfalls möglich (Gerlach et al., 2011, s. 79).

3.4 Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen

ln diesem Abschnitt werden sowohl die negativen als auch die positiven Effekte, welche die Erkrankung auf das Leben der Betroffenen hat, dargestellt. Dabei wird auf die Gefühlswelt der Patientinnen und Patienten eingegangen und erläutert, in welchen Bereichen sie sich im alltäglichen Leben benachteiligt oder eingeschränkt fühlen.

3.4.1 Negative Auswirkungen

Die Erkrankung ist allgegenwärtig und fordert einen zentralen Platz im Leben der Betroffenen (Rettke et al., 2013).

Alltag

Der Alltag ist durch die Symptome der Krankheit stark eingeschränkt. Die häufigen Stuhlgänge und Bauchkrämpfe zehren an der Substanz der Betroffenen (Rettke et al., 2013). In der Studie von Woodward et al. (2016) berichtete eine Patientin, dass sie in 24 Stunden insgesamt 23 Mal auf die Toilette musste und für sie das kein wünschenswertes Leben sei. Die ständige Unvorhersehbarkeit der Symptome wurde häufig als große Belastung genannt.

״It’s like living with a time-bomb, you just never know when things are going to happen, and you can’t plan for anything ... you never really know when you are going to get a flare up.” (Woodward et al., 2016).

Schneider und Fletcher (2008) berichteten in ihrer Studie sogar von sogenannten Angst- und Panikattacken, die bei der Suche nach einer geeigneten Toilette in der Öffentlichkeit, entstanden. Die unkontrollierbaren Symptome führten bei den Betroffenen zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und zu einem Gefühl als würde die Krankheit ihr Leben kontrollieren. Als sehr belastend wurde auch die Ernährungssituation empfunden. Typische Symptome wie Verdauungsbeschwerden, Stuhlunregelmäßigkeiten, Durchfall, Übelkeit und Gewichtsverlust wurden direkt mit der Nahrungsaufnahme in Verbindung gebracht, da die Beschwerden meist gleich nach dem Essen auftraten. In der Studie von Skrastins und Fletcher (2018) berichtete eine der Befragten, dass sie bereits Angst habe auswärts essen zu gehen, da durch die Wahl eines falschen Nahrungsmittels die Schmerzen sehr extrem werden könnten. Purc-Stephenson et al. (2015) schrieben in ihrer Studie, dass 25% der Befragten angaben, dass sie selbst auferlegte Diätbeschränkungen hatten und eine beträchtliche Menge Zeit damit verbrachten, Nahrungsmittel zu wählen und zu testen, die kein Aufflackern der Symptome verursachen würden.

״I can’t eat some foods and food additives because they cause me discomfort and could cause a flare up.

[...]

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung auf das Leben der Betroffenen und pflegerische Maßnahmen zur Förderung des Selbstmanagements
Hochschule
FH Campus Wien
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
71
Katalognummer
V439128
ISBN (eBook)
9783668792715
ISBN (Buch)
9783668792722
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Lebensqualität, Selbstmanagement, Copingstrategien, Pflegerische Interventionen
Arbeit zitieren
Verena Nobis (Autor:in), 2018, Auswirkungen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung auf das Leben der Betroffenen und pflegerische Maßnahmen zur Förderung des Selbstmanagements, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/439128

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