Mit der Entscheidung des BFH vom 09.12.2010 wurde in Fortführung des BFH-Urteils vom 29.01.2009 beschlossen, dass die Vereinnahmung eines Entgelts für eine vor Insolvenzeröffnung ausgeführte Leistung nicht nur bei der Ist-, sondern auch bei der Sollbesteuerung eine Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 I Nr.1 InsO darstellt. Dies ist von Bedeutung, da die Einordnung als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit verfahrensentscheidend ist. So können steuerliche Ansprüche des Finanzamtes, welche Masseverbindlichkeiten darstellen, im Gegensatz zu Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO, ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen geltend gemacht werden. Bei ihnen ergeht die Geltendmachung weiterhin mittels Steuerbescheid. Insolvenzforderungen hingegen können nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 251 II AO i.V.m. § 87 InsO nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgt, also gem. § 251 III AO nur durch Feststellungsbescheid festgestellt werden. Hinzu kommt, dass Insolvenzforderungen gem. § 174 InsO zur Tabelle angemeldet werden müssen, sodass das Finanzamt bei einer Ausschüttung von Geldern meist mit allen übrigen Insolvenzgläubigern zu gleichen Teilen an der Quote teilnimmt. Im Gegensatz dazu werden Masseverbindlichkeiten nach § 53 InsO in vollem Umfang vorweg aus der Masse befriedigt, wofür der Insolvenzverwalter gem. § 61 InsO persönlich haftet. Durch die Einordnung der Entgeltvereinnahmung als Masseverbindlichkeit kommt es somit zu einer Privilegierung des Anspruchs des Finanzamtes gegenüber den Ansprüchen der übrigen Insolvenzgläubiger. Die bisher allgemein geübte Insolvenzverwaltungspraxis, welche davon ausging, dass der Steueranspruch auch bei Vereinnahmung von Forderungen für vor Insolvenzeröffnung erbrachte Leistungen nur quotal als Insolvenzforderung zu befriedigen sei, wird durch das Urteil verworfen. Im Schrifttum stieß das Urteil auf große Resonanz. Kritisch beleuchtet wurden dabei sowohl die dogmatische Begründung der Entscheidung, als auch die Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung des VII. Senates, sowie die Vereinbarkeit mit dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz im Insolvenzrecht, und die massiven Folgen für die Praxis.
Inhaltsverzeichnis
- Literaturverzeichnis
- Lehrbücher und Monographien
- Aufsätze
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Seminar befasst sich mit dem Themenkomplex der Sollbesteuerung im Kontext von Insolvenzverfahren. Insbesondere wird das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Dezember 2010 (V R 22/10) analysiert, das die Frage der Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit im Fokus hat.
- Die Auswirkungen des BFH-Urteils auf die Insolvenzpraxis
- Die Dogmatik der neuen BGH-Rechtsprechung zu § 103 InsO
- Die Gleichbehandlung der Konkursgläubiger
- Das Fiskusvorrecht im Insolvenzverfahren
- Fiktive Masseverbindlichkeiten im Insolvenzverfahren
Zusammenfassung der Kapitel
Literaturverzeichnis
Die Literaturübersicht umfasst eine breite Auswahl an Kommentaren und Lehrbüchern zum Insolvenz- und Steuerrecht. Es werden sowohl allgemeine Werke als auch spezifische Publikationen zu einzelnen Gesetzen wie der Insolvenzordnung (InsO) und der Abgabenordnung (AO) berücksichtigt. Die Liste umfasst Beiträge von renommierten Autoren und Wissenschaftlern, die sich mit den Themen des Seminars befassen.
Lehrbücher und Monographien
Dieser Teil der Literaturübersicht konzentriert sich auf Monographien und Lehrbücher, die sich mit den Themen der Insolvenzbesteuerung und -finanzierung beschäftigen. Es werden Werke verschiedener Autoren vorgestellt, die unterschiedliche Perspektiven auf das Thema bieten. Die Werke behandeln dabei Themen wie die Besteuerung in der Insolvenz, das Insolvenzsteuerrecht und die Steuerrechtlichen Implikationen im Insolvenzverfahren.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Seminars sind: Sollbesteuerung, Insolvenz, Masseverbindlichkeit, Umsatzsteuer, BFH-Urteil, § 103 InsO, Fiskusvorrecht, Gleichbehandlung der Gläubiger, fiktive Masseverbindlichkeiten.
- Arbeit zitieren
- Patricia Hennig (Autor:in), 2012, Sollbesteuerung und Insolvenz. BFH vom 9.12.2010. V R 22/10, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/439598