Lernfeldkonzept als bildungspolitischer Reformansatz. Konzept und Implementierung


Hausarbeit, 2004

20 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historischer Überblick

3. Vom Handlungsfeld zur Lernsituation
3.1 Handlungsfelder
3.2 Lernfelder
3.3 Lernsituationen

4. Implementation des Lernfeldansatzes
4.1 Makroebene
4.2 Mesoebene
4.3 Mikroebene

5. Die Vorfahren des Lernfeldkonzepts
5.1 Frankfurter Methode
5.2 Die experimentelle Werkkunde

6. Zentrale Problemfelder bei der Implementation
6.1 Lehrkraft
6.2 Organisation
6.3 Curriculum
6.4 Prüfung
6.5 Schüler

7. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die traditionelle Idee der dualen Berufsausbildung, d.h. die Verknüpfung der Vermittlung von Fachwissen in der Schule und Fachpraxis im Ausbildungsbetrieb, entspricht immer weniger dem heutigen Verständnis vom Lernen und Lehren.[1] Gegen das duale Modell sprechen organisatorische und didaktische Überlegungen. Ein neuer bildungspolitischer Ansatz soll das alte System reformieren. Lernfelder bzw. das Lernfeldkonzept markieren eine zur Zeit in Deutschland sehr stark diskutierte curriculare und organisatorische Reform der Berufsschule. In diesem Ansatz sollen die Idee des fächerübergreifenden Unterrichts, der Handlungsorientierung, der inneren Schulreform und weitere Faktoren miteinander kombiniert werden. Das aus der Kultusministerkonferenz hervorgegangene Lernfeldkonzept ist aber keineswegs ein neues Reformwunder und durchaus umstritten. Die Stimmen der Kritiker weisen auf eine Reihe von Unstimmigkeiten hin, z.B. die unklare Begrifflichkeit, den fehlenden Theorie-Praxis-Transfer.[2] Die aktuelle Diskussion zeigt somit auch die Kehrseite des Lernfeldkonzeptes auf. Ob es sich bei dem neuen bildungspolitischen Reformansatz um einen Irrweg oder eine Chance für den zukünftigen Unterricht an berufsbildenden Schulen handelt, soll Gegenstand dieser Arbeit sein. Es stellt sich daher die Frage:

Welche Chancen bietet der neue bildungspolitische Reformansatz für den Unterricht an berufsbildenden Schulen und welche Schwierigkeiten können mit der Einführung des neuen Lernfeldkonzeptes auftreten?

Zunächst wird in einem historischen Überblick die Entwicklung vom Berufsbildungsgesetz 1969 bis zum heutigen Lernfeldkonzept aufgezeigt. Im Anschluss werden die Zusammenhänge zwischen Handlungsfeldern und Lernfeldern sowie die Transformation der Lernfelder in Lernsituationen näher erläutert. Ein weiterer Punkt ist die Implementation des Lernfeldansatzes. In diesem Zusammenhang werden der Handlungs- und Entwicklungsbedarf auf der Makroebene, Mesoebene und Mikroebene dargestellt. Anschließend werden die Vorläufer des Lernfeldkonzepts behandelt. Diesbezüglich erfolgt ein Vergleich der Frankfurter Methode und der experimentellen Werkkunde mit dem Lernfeldkonzept. Am Ende werden die fünf zentralen Problemfelder bei der Implementation erörtert, bevor ein Fazit gezogen wird.

2. Historischer Überblick

1969 trat das Berufsbildungsgesetz (BBiG) in Kraft. Bund und Länder (Kultusministerium) vereinbarten gemeinsam ein Konzept, um Ausbildungsordnungen, Ausbildungsrahmenpläne und Rahmenlehrpläne für neue Ausbildungsberufe aufzustellen. Das gemeinsame Ergebnis wurde in Form eines Protokolls zwischen der Bundesregierung und den Kultusministern der Länder festgehalten.[3] Ende der 80er Jahre wurde durch die ständige Weiterentwicklung der Ausbildungsberufe die Forderung nach Handlungsorientierung und einer lernortübergreifenden Ausbildung zwischen Schule und Betrieb immer stärker. „Die Neuordnung der Metall- und Elektroberufe spielte für diesen Prozess deshalb eine Rolle, weil erstmalig in den Ausbildungsordnungen sowohl für die Ausbildung als auch für die Prüfung der Qualitätsbegriff eingeführt wurde.“[4] In dieser Verordnung wurde gefordert, dass den Auszubildenden die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten näher gebracht werden müssen, so dass sie selbstständig und qualifiziert ihre berufliche Tätigkeit ausüben können (siehe § 3 Abs. 4 IndMet-AusbV).[5] Seit den 80er Jahren haben sich die Anforderungen an die Berufsausbildung nicht nur weiterentwickelt und verändert, sondern sind auch durch den zeitlichen Wandel vielfältiger geworden. Ökonomische Veränderungen, ansteigende Globalisierungsprozesse und die zunehmende Forderung der Internationalisierung verlangen den berufstätigen Menschen viel ab, öffnen ihnen aber auch neue Türen.[6] Aus diesem Grund bildete die Kultusministerkonferenz zu Beginn der 90er Jahre eine Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern und Vertreterinnen der Kultusministerien der Länder, der Landesinstitute für Curriculumentwicklung und Wirtschafts- und Berufspädagogen zusammensetzte. Die Arbeitsgruppe hatte das Ziel, einen neuen Vorschlag zu erarbeiten, in dem die Rahmenlehrpläne so aufgebaut sein sollten, dass das Ziel der Handlungsorientierung eindeutig ersichtlich wird. Ende 1995 wurde ein Konzept vorgelegt, das den Vorschlag beinhaltete, die Rahmenlehrpläne in Zukunft nach Lernfeldern zu strukturieren. Als von Seiten der Bundesregierung und Sozialparteien grünes Licht gegeben wurde, trat Mitte 1996 das neue Lernfeldkonzept für den Unterricht an berufsbildenen Schulen in Kraft.[7]

3. Vom Handlungsfeld zur Lernsituation

Im Mai 1996 verabschiedete die Kultusministerkonferenz die „Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe.“[8] Derzeit liegt die vierte Fassung dieser Handreichungen von 2000 vor.[9] Unter dem Begriff der „Lernfeldkonzeption“ werden umfassende Veränderungsbemühungen im Bereich der beruflichen Bildung zusammengefasst. Das Lernfeldkonzept versucht somit an den aktuellen Kritikpunkten des dualen Systems anzusetzen. Unter den folgenden Punkten werden die Zusammenhänge zwischen Handlungsfeldern und Lernfeldern sowie die Transformation der Lernfelder in Lernsituationen vorgestellt.

Abbildung 1: Vom Handlungsfeld zur Lernsituation[10]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1 Handlungsfelder

„Handlungsfelder sind zusammengehörige Aufgabenkomplexe mit beruflichen sowie lebens- und gesellschaftsbedeutsamen Handlungssituationen, zu deren Bewältigung befähigt werden soll. Handlungsfelder sind immer mehrdimensional, indem sie stets berufliche, gesellschaftliche und individuelle Problemstellungen miteinander verknüpfen. Die Gewichtung der einzelnen Dimensionen kann dabei variieren. Eine Trennung der drei Dimensionen hat nur analytischen Charakter.“[11] „Handlungsfelder sollten [nach Meinung von Kremer und Sloane] als komplexe Aufgabenbereiche formuliert werden, die Aufgabenbündel zusammenfassen und berufliche sowie außerberufliche Lebensbezüge aufzeigen. Handlungsfelder dienen aus Sicht der Lehrenden und Curriculumentwickler als Reflexionsgegenstand zur Gewinnung von Lernfeldern aber auch – aus Sicht der Lernenden – als Anwendungsfeld der schulischen Lerngegenstände. Lernfelder abstrahieren von den Spezifika und Unterschiedlichkeiten potenzieller Handlungsfelder in einem Ausbildungsbetrieb. Sie sind somit immer auch als Modelle für die individuelle Praxis anzusehen. Somit müssen sie in Hinblick auf diese Praxis exemplarisch sein.“[12] Diese beiden Definitionen zeigen, dass Handlungsfelder Aufgabenbereiche sind, die zur Bewältigung beruflicher und außerberuflicher Problemfelder und zum Aufbau von Handlungskompetenzen beitragen. „Berufliche Handlungskompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen Situationen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln. Berufliche Handlungskompetenz umschließt die Kompetenzen Fachkompetenz, Human(Personal)kompetenz und Sozialkompetenz.“[13] Da Handlungsfelder trotz eines bestimmten Praxisbezugs relativ abstrakt sind, gilt es diese für den Unterricht didaktisch sinnvoll zu konkretisieren.

3.2 Lernfelder

„Lernfelder sind didaktisch – curriculare Organisationseinheiten, die an Handlungsfelder (resp. Tätigkeitsfelder)[14] ausgerichtet sind, ohne diese deckungsgleich abzubilden.“[15] Nach Ingrid Lisop gibt es die drei Lernfelder – Typologie:[16]

- Basis–Lernfelder dienen dazu ein Verständnis der wichtigsten Prozesse sowie der zugehörigen Regeln und Gesetze zu erhalten.
- Transfer–Lernfelder stellen eine Auswahl prototypischer Konstellationen klassischer und moderner Organisationen der jeweiligen Berufsarbeit dar.
- Subjektbezogene Lernfelder zielen neben dem sachlichen Können auch auf

die Erfahrung, Interessen, Konflikte sowie auf die kulturellen und sozialisa-

torischen Faktoren ab.

Lernfelder sind somit keine Fächer mehr, sondern eher Handlungssituationen. „Sie fassen komplexe Aufgabenstellungen zusammen, deren unterrichtliche Bearbeitung in handlungsorientierten Lernsituationen erfolgt. Lernfelder sind durch Zielformulierungen im Sinne von Kompetenzbeschreibung und durch Inhaltsangaben ausgelegt.“[17] Bei der Konstruktion von Lernfeldern ist darauf zu achten, dass das Lernziel Handlungskompetenz Berücksichtigung findet. Daraus leitet Reinhard Bader einige Maßgaben ab:[18] Lernfelder sollen anleiten neben der Fach- auch die Sozial- und die Humankompetenz zu entwickeln. Dafür darf es aber keine isolierten Lernfelder geben, da die verschiedenen Kompetenzen sich nicht voneinander trennen lassen.

[...]


[1] Vgl. B. Panke-Kochinke: Lernfelder gestalten, S. 35.

[2] Vgl. ebenda, S. 36.

[3] Vgl. G. G. Herrmann: Zum Lernfeldkonzept im Rahmenlehrplänen, S. 2.

[4] Ebenda, S. 2.

[5] Vgl. ebenda, S. 2.

[6] Vgl. K. Schneider: Das Lernfeldkonzept, S. 81.

[7] Vgl. G. G. Herrmann: Zum Lernfeldkonzept im Rahmenlehrplänen, S. 2 f.

[8] Vgl. KMK (1996)

[9] Vgl. KMK (2000)

[10] Vgl. D. Euler/ P. F. E. Sloane: Lernfelder Implementieren, S. 16.

[11] R. Bader: Konstruieren von Lernfeldern, S. 42.

[12] H. - H. Kremer/ P. F. E Sloane: Lernfelder implementieren, S. 169 - 171.

[13] R. Bader: Konstruieren von Lernfeldern, S. 39.

[14] Vgl. KMK (1996)

[15] H. - H. Kremer/ P. F. E. Sloane: Lernfelder implementieren, S. 170.

[16] Vgl. I. Lisop: Konstruktionsprinzipien für Lernfelder, S. 209 f.

[17] R. Bader: Konstruieren von Lernfeldern, S. 42.

[18] Vgl. ebenda, S. 41.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Lernfeldkonzept als bildungspolitischer Reformansatz. Konzept und Implementierung
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Einführung in die Fachdidaktik
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V43987
ISBN (eBook)
9783638416634
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ist für alle Lehrämter geeignet, die sich mit dem Lernfeldkonzept beschäftigen.
Schlagworte
Lernfeldkonzept, Einführung, Fachdidaktik
Arbeit zitieren
Sabrina Hetjans (Autor:in), 2004, Lernfeldkonzept als bildungspolitischer Reformansatz. Konzept und Implementierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43987

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