Analyse der Mousetrap-Szene in den Hamlet-Verfilmungen Kenneth Branaghs, Laurence Oliviers und Michael Almereydas


Hausarbeit, 2002

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsübersicht

I. Die Bedeutung von „The Mousetrap“ innerhalb Shakespeares „Hamlet“

„The Mousetrap“

J. Dover Wilsons Interpretation der „Mousetrap-Szene”

„Hamlet” unter der Regie Kenneth Branaghs

„Hamlet“ unter der Regie Laurence Oliviers

„Hamlet“ unter der Regie Michael Almereydas

La Conclusion

Anhang
Eigenständigkeitserklärung

Die Bedeutung von „The Mousetrap“ innerhalb Shakespeares „Hamlet“

Verzögerte, oder zögerliche Rache kann als ein Hauptthema von Shakespeares „Hamlet“ benannt werden. Das Motiv der Rache kommt allerdings erst nach der Begegnung zwischen Hamlet und dem Geist seines Vaters ins Spiel. Zunächst gefällt sich Hamlet in der Rolle des einzigen am Königshof, welcher um den angeblich an einem Natterbiß gestorbenen Vater trauert. In einen „inky cloak“ (I,2,77)[1] gekleidet postuliert er: “I have that within which passes show“ (I,2,85). Seine Empörung richtet sich gegen die schnelle Vermählung seiner Mutter Gertrude mit ihrem Schwager Claudius, welcher Hamlets Platz in der Thronfolge eingenommen hat. Von den vermeintlich wahren Umständen des Todes König Hamlets erfährt er wenig später von dessen Geist, welcher ihm von seiner Ermordung durch den Bruder berichtet und seinen Sohn auffordert, ihn zu rächen: „Revenge his foul and most unnatural murder“ (I,5,25), ihn jedoch gleichwohl darum ersucht: “Taint not thy mind nor let thy soul constrive / Against thy mother aught.“ (I,5,85f)

Nach dieser Begegnung eröffnet sich Hamlet eine völlig neue Sicht der Dinge: Plötzlich gibt es einen Schuldigen, der für den Tod des Vaters verantwortlich gemacht werden kann, und auch die Rolle seiner Mutter innerhalb des Geschehens erlaubt eine neue Interpretation bzgl. einer eventuellen Mittäterschaft. Völlig überzeugt von dem ihm geschilderten Tathergang scheint er jedoch nicht zu sein, denn weder schreitet er sogleich zur Rache, noch konfrontiert er das Königspaar mit seinen neuen Erkenntnissen. Vielmehr fügt er seiner bis dato zur Schau getragenen Melancholie eine Prise gespielten Wahnsinns hinzu, vor allem wohl, um Zeit zu gewinnen und den König zu verunsichern.

Als im zweiten Akt eine ihm bekannte Schauspielergruppe am Hof gastiert, bittet er den ersten Schauspieler um den Vortrag des Pyrrhus-Monologes, in welchem Pyrrhus seinen Vater rächt, indem er Priamus ermordet. Es liegt nahe, daß „during this recitation (...) the Gonzago scheme takes root in Hamlet’s brain, for, as the rest of the actors go out with Polonius, the Prince stops the first Player; asks him if he can play The Murder of Gonzago[2]. Sein Plan ist folgender: „I´ll have these players / Play something like the murder of my father / Before mine uncle. I´ll observe his looks; / (…) If a do blench, / I know my course.” (II,2,589ff) Und dieser Plan scheint in seinem Geiste bereits genaue Gestalt angenommen zu haben, denn schon jetzt kann er den ersten Schauspieler darauf vorbereiten, daß es notwendig werden könnte, „a speech of some dozen or sixteen lines“[3] (II,2,534), welche er bis zum nächsten Abend zu verfassen gedenkt, in den ursprünglichen Text einzufügen. Der Reaktion Claudius´ auf die Theatervorstellung mißt er eine glaubwürdigere Bedeutung bei als der Geisterscheinung: „I´ll have grounds / More relative than this. The play´s the thing / Wherein I´ll catch the conscience of the king.” (II,2,598ff)

„The Mousetrap” nimmt folglich eine Schlüsselstellung innerhalb des Stückes ein, laut Wilson stellt sie „the climax and the crisis of the whole drama“ dar. Von ihrem Gelingen, bzw. von der Reaktion Claudius´ auf die Konfrontation mit seinem Verbrechen hängt das weitere Vorgehen Hamlets ab. Tatsächlich initiiert „the play in the play“ eine Reihe dramatischer Begebenheiten, die das Geschehen letztlich in einer totalen Katastrophe, in der vollkommenen Auslöschung, münden lassen: Nachdem Claudius den Erwartungen Hamlets entsprechend reagiert und die Vorstellung vorzeitig verläßt, kommt es im Schlafgemach der Mutter, welche ihren Sohn zur Rede stellen will, zum Mord an Polonius. Aus diesem entwickeln sich der im Selbstmord endende Wahnsinn Ophelias und die Racheplanung des Laertes für seinen Vater und seine Schwester, welche schließlich den Tod Hamlets sowie Laertes selbst zur Folge hat. Parallel beschließt Claudius, welcher nun Kenntnis davon besitzt, daß Hamlet um den Brudermord weiß, dessen Verbringung nach England, wo er auf sein Geheiß hingerichtet werden soll. Am Ende dieses Handlungsstranges steht zwar nicht die Ermordung Hamlets, jedoch die Rosenkranz´ und Guildensterns, sowie der Tod der Königin, welche an Hamlets statt vom vergifteten Wein trinkt.

„The Mousetrap“

Der Verlauf dieses so folgenreichen Theaterabends ist folgender: Vor Beginn der Aufführung nimmt Hamlet drei der Schauspieler zur Seite und gibt ihnen letzte Anweisung bezüglich der von ihm gewünschten Vortragsweise.

Nachdem die Schauspieler wieder gegangen sind, wendet er sich mit der Bitte: “One scene of it comes near the circumstance / Which I have told you of my father´s death. / I prithee, when thou seest that act afoot, / … / Observe my uncle.“ (III,2,75ff) an Horatio, seinen einzigen Vertrauten. Bei der Einschätzung der Reaktion seines Onkels Claudius will er sich nicht nur auf sein eigenes Urteil verlassen: „And after we will both our judgments join / In censure of his seeming.“ (III,2,85f)

Wenige Augenblicke nach diesem Gespräch ist der große Moment gekommen und der Hofstaat hat sich versammelt um der Einladung des Kronprinzen Folge zu leisten.

Gleich zu Beginn kommt es zu einem kurzen Wortgefecht zwischen Hamlet und Claudius, welchem er seine Begrüßungsworte im Munde herumdreht und auf die Frage nach seinem Befinden eine Anspielung auf den ihm versprochenen Thron erwidert: „I eat the air, promise-crammed.“ (III,2,92f)

Anschließend wendet er sich in einem ironischen Dialog Polonius zu, durch welchen das versammelte Publikum erfährt, daß dieser seinerzeit in der universitären Theatergruppe die Rolle des Cäsar gespielt hat, eine Vorwegnahme des an diesem Abend zu spielenden Königsmordes (sowie des Mordes an Polonius selbst).

Auf die Aufforderung seiner Mutter: „Come hither, my dear Hamlet, sit by me.“ (III,2,106) erwidert er mit Blick auf Ophelia: „No, good mother, here´s metal more attractive.“ (III,2,107) – eine Bemerkung, die Polonius in seiner Vermutung bestärkt, daß der junge Prinz infolge unerwiderter Liebe dem Wahnsinn anheim gefallen ist. Mit der Bemerkung: „O ho! do you mark that?“ (III,2,108) sucht er des Königs Aufmerksamkeit auf Hamlets Verhalten zu lenken.

Anhand der Gespräche sowie unter Berücksichtigung der Familienverhältnisse ist es möglich, die Sitzordnung ansatzweise nachzuvollziehen: Claudius und Gertrude als Königspaar sitzen zweifellos nebeneinander, ebenso Hamlet und Ophelia. Letztere zwar nicht neben dem Königspaar, jedoch „in Hörweite“. Polonius steht oder sitzt neben dem König und Horatio hat sich einen Platz gesucht, auf dem es ihm möglich ist, die Mimik und Gestik des Königs aufs genaueste zu beobachten.

Bevor das Spiel beginnt, verweist Hamlet während eines für Ophelia zweifellos äußerst unangenehmen, obszönen Dialoges auf das erheiterte Aussehen seiner Mutter, obwohl „my father died within´s two hours.“ (III,2,124)

Es folgt eine Pantomime, die „Dumb-Show“, in welcher die vollständige Handlung des eigentlichen Stückes, also der Giftmord am König während seines Nachmittagsschlafes und die anschließende erfolgreiche Werbung um die verwitwete Königin, bereits vorweggenommen wird.

Nachdem die Pantomimenspieler die Bühne verlassen haben, wendet sich Ophelia verständnislos mit der Frage nach dem Hintergrund dieser Szene an Hamlet, vermutet aber ganz richtig: „Belike this show imports the argument of the play.“ (III,2,136f) Hamlet bezeichnet das bisher gezeigte als „miching malicho“ (III,2, 134) und verweist auf den auftretenden Prolog mit den Worten: „We shall know by this fellow. The players cannot keep counsel: they´ll tell all.“ (III,2,137f) Dies ist allerdings nicht der Fall, denn der Prolog besteht lediglich aus einer dreizeiligen Gunstaufforderung an das Publikum von Seiten der Schauspieler.

Endlich betreten Schauspieler-König und Schauspieler-Königin die Bühne und beginnen ihren Dialog: Auf die ersten Worte des Königs, aus denen hervorgeht, daß die beiden bereits seit 30 Jahren verheiratet sind, erwidert die Königin, daß sie sich um seine Gesundheit sorgt und beschwört die große Liebe, die sie für ihn empfindet. Daraufhin bestätigt ihr Gemahl ihre Sorge um seine körperliche Schwäche und malt ein Bild von der Zeit nach seinem baldig zu erwartenden Tod, in welcher vielleicht ein neuer Gatte sie glücklich machen wird: „... and haply one as kind / For husband shalt thou - “ (III, 2, 172f). Vehement widerspricht ihm seine Gemahlin: Nicht Liebe sondern Gewinnsucht sei das Motiv für eine zweite Ehe, nur die Mörderin ihres ersten Mannes könne jemals den Bund der Ehe mit einem anderen Mann eingehen. „I do believe you think what you now speak“ (III,2,183) entgegnet der König gütig, möchte sie aber davor bewahren, voreilige Versprechen zu machen, denn „What to ourselves in passion we propose, / The passion ending, doth the purpose lose.“ (III,2,191) Doch die Königin läßt sich nicht beirren und schwört ihrem Mann, nach seinem Tod niemals wieder zu heiraten. Dieser nimmt den Schwur nun an und legt sich zur Ruhe. Nachdem die Schauspieler-Königin die Bühne verlassen hat, wendet sich Hamlet seiner Mutter zu und bringt sie mit der Frage: „Madam, how you like this play?“ (III, 2, 226) in eine außergewöhnlich unangenehme Situation. Auch ihre Antwort: „The lady doth protest too much, methinks.“ (III,2,227) kann er nicht unkommentiert im Raume stehen lassen: “O, but she´ll keep her word.” (III,2,228) Die Situation zu retten versuchend mischt sich jetzt Claudius in die Unterhaltung ein und möchte den Titel des Stücks erfahren. Hamlet nennt ihm diesen, und gibt außerdem sogleich Auskunft über das Thema desselben: „This play is the image of a murder“ (III,2,234f). Anschließend identifiziert er den gerade auf die Bühne gekommenen, weiteren Schauspieler als „one Lucianus“, wie Hamlet ein „nephew to the King.“ (III,2,240) Nach einem weiteren eingeschobenen, wiederum anzüglichen Dialog mit Ophelia fordert er den Schauspieler auf: „Begin, murderer. (...) Come, the croaking raven doth bellow for revenge.” (III,2,247ff) Daraufhin beschwört dieser mit einigen Sätzen das Gift, welches er in Händen hält, bevor er es in das Ohr des immer noch auf der Bühne ruhenden Schauspieler-Königs gießt. Und auch dieses Geschehen läßt Hamlet nicht ohne Erläuterung im Raume stehen: „A poisons him i´th´ garden for his estate. ... You shall see anon how the murderer gets the love of Gonzago´s wife.” (III,2,156ff) Hier endet die Aufführung - “The King rises.” (III,2,260) Gertrudes Frage: „How fares my lord?“ (III,2,262) bleibt unbeantwortet, der König, gefolgt vom gesamten Hofstaat, eilt hinaus.

[...]


[1] alle Hamlet-Zitate entnommen: Shakespeare, Hamlet, 3. Auflage, dtv, München, 2000

[2] Wilson, J. Dover; What Happens in Hamlet, At the University Press, Cambridge, 1935, S. 141

[3] Wilson, J. Dover; What Happens in Hamlet, At the University Press, Cambridge, 1935, S. 138

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Analyse der Mousetrap-Szene in den Hamlet-Verfilmungen Kenneth Branaghs, Laurence Oliviers und Michael Almereydas
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Veranstaltung
Shakespeares Tragödien
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
22
Katalognummer
V44011
ISBN (eBook)
9783638416818
ISBN (Buch)
9783656249917
Dateigröße
539 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analyse, Mousetrap-Szene, Hamlet-Verfilmungen, Kenneth, Branaghs, Laurence, Oliviers, Michael, Almereydas, Shakespeares, Tragödien
Arbeit zitieren
Angela Schaaf (Autor:in), 2002, Analyse der Mousetrap-Szene in den Hamlet-Verfilmungen Kenneth Branaghs, Laurence Oliviers und Michael Almereydas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44011

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