Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsdefinition - Was ist Social TV?
3 Kommunikationsmöglichkeiten durch Social TV
3.1 Vorabkommunikation
3.2 Parallelkommunikation
3.3 Anschlusskommunikation
5 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Fernsehen am Laptop, Telefonieren übers Tablet oder Surfen übers Smartphone - all diese Formen der Mediennutzung sind besonders für die junge Generation zur Normalität geworden. Es ist selbstverständlich eine verpasste Sendung online nach- zuschauen oder sich parallel Zusatzinformationen übers Web zu holen. Die perma- nente Verfügbarkeit des Internets auf mobilen Endgeräten wie Smartphone, Tablet oder Laptop verändern unser Fernseherlebnis immens. Nur durch die parallele Medi- ennutzung zu anderen Tätigkeiten ist es möglich, sich im Schnitt täglich 580 Minuten mit Medien zu beschäftigen und gleichzeitig ausreichend Zeit für andere Aktivitäten zu haben.1 Laut einer Studie der SevenOne Media nutzten 2017 in Deutschland 65 Prozent der 14- bis 69-jährigen Internet und TV gleichzeitig. Das ist ein Anstieg von 16 Prozent innerhalb von drei Jahren.2 Fernsehen ist interaktiv geworden, der Bild- schirm wird zum sozialen Erlebnis: Social TV lautet hier das Stichwort. Aus den iso- lierten Einzelmedien Fernsehen und Internet entstehen geräteübergreifend neue Nut- zungsformen und Funktionalitäten. Diese Medienkonvergenz eröffnet dem klassi- schen Fernsehen neue Möglichkeiten der Interaktion und lässt den bisher passiven Zuschauer zum aktiven Social TV-Nutzer werden. Nicht nur die Kommunikation unter den Zuschauern, auch die zwischen Programmanbietern und Empfängern gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das klassische Sender-Empfänger-Modell von Claude E. Shannon und Warren Weaver3 wird durch diesen neu entstandenen Rückkanal auf- gelöst, wodurch das Leitmedium Fernsehen eine neue Art der Transformierung er- fährt. Durch kreative Ideen binden ihn die Sender live in ihr Programm ein und bieten ihm vor, während oder nach der Sendung ein völlig neues Fernseherlebnis.
Social TV ist als Teil des interaktiven Fernsehens Gegenstand dieser Arbeit. Es beschreibt die Verschmelzung von klassischem TV mit den digitalen sozialen Medien.4 Doch was genau steckt hinter diesem Phänomen? Welche Kommunikationsmöglichkeiten eröffnen sich und wie können sie umgesetzt werden? Die folgenden Ausführungen widmen sich diesen Fragen und bestärken die genannten theoretischen Ansätze durch adäquate Beispiele der Sendung Galileo.
2 Begriffsdefinition - Was ist Social TV?
Kommunikation in Gemeinschaft vor dem Fernseher gibt es schon seit dessen Be- ginn. Sie war parallel zur Sendung, aber auch im Anschluss möglich. Auch heute noch verbringen viele Menschen gemeinsam ihre Zeit vor dem Fernseher. Neu bei Social TV ist somit nicht, dass die Zuschauer kommunizieren, sondern wie sie das tun. Das Phänomen distanziert sich von der klassischen Face-to-Face-Kommunikation vor dem TV.5 Es findet die soziale Interaktion (zusätzlich) via digitale Medien statt6, die zuvor aus technologischer Sicht nicht möglich war. Bestimmt von diesen digitalen Technologien „of transmission and exhibition that allow this public to come into exist- ence and interact with others in the bounded network”7, trifft Michael Lahey den Kern der Social TV-Kommunikation auf den Punkt. Thomas Bellut, ZDF-Intendant und stell- vertretender Vorsitzender der ARD/ZDF-Medienkommission, betont, dass durch den Medienwandel und den vermehrten Gebrauch von mobilen Medien, Fernsehinhalte „nutzerfreundlich, zeitunabhängig und auf allen Plattformen, also auch mobil, verfüg- bar [gemacht werden sollen].“8 Das mobile Internet verstärkt diesen Umbruch, wodurch es für alle Anbieter technische und inhaltliche Herausforderungen bzgl. Me- dienmärkten und Nutzungsverhalten zu meistern gilt. Zudem fügt der Intendant des Hessischen Rundfunks und Vorsitzende der ARD/ZDF-Medienkommission Manfred Krupp hinzu, dass die Sender die eigenen Stärken von den noch dominanten klassi- schen Verbreitungswegen auf die neuen Plattformen übertragen müssen.9 „German public service broadcasting (PSB) is attempting to integrate TV with social media - commonly referred to as social TV.”10 Social TV bietet viele Möglichkeiten für einen kommunikativen TV. Sven Stollfuß sagt, dass „social TV emerges almost exclusively as a second or third screen cultural practice that exists in addition to television con- tent.”11 In der Literatur gibt es jedoch keine allgemeingültige Definition. Nach Buschow und Schneider kann der Begriff sowohl eng, als auch weit gefasst werden.12 Auch Goldhammer et al. wägen Social TV in beide Dimensionen ab13 und definieren es wie folgt:
„Social TV ist die TV-bezogene Nutzung von Social Medien-Plattformen wie Facebook und Twitter, Websites oder Apps, die über eine soziale Austauschfunktion verfügen und/oder eine Interaktion mit dem TV-Programm ermöglichen. Die Nutzung erfolgt über internetfähige Endgeräte synchron (Modus 1: zentrales Social TV) oder asynchron (Modus 2: peripheres Social TV) zum Fernsehkonsum.“14
Ein prägendes Merkmal von Social TV ist die bewegtbildbezogene Kommunikation. Onlineaktivitäten auf Zweitgeräten, die parallel zum Fernsehprogramm erfolgen, aber nicht mit der rezipierten Sendung in Verbindung stehen, werden dadurch abge- grenzt.15 Darunter fällt z.B. das Schreiben von E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten ohne TV-Bezug, sowie Online-Shopping oder das allgemeine Surfen im Internet. Diese Second Screen-Nutzung betrifft nicht den Kern von Social TV und darf damit nicht verwechselt werden.16 Um eine adäquate Definition für diese Arbeit zu finden, müssen die zeitliche und kommunikative Dimension, sowie die Nutzeraktivität und die Art der Rezeption genauer betrachtet werden.
Die zeitliche Dimension wägt ab, ob nur die Parallelkommunikation, oder auch die Kommunikation vor bzw. nach der Sendung zu Social TV zählt. Synchrone Aktivitäten gehören laut Buschow und Schneider zu der engeren, wogegen sich asynchrone der weiteren Definition zuordnen.17
Wer an der TV-bezogenen Kommunikation teilnimmt und wer welche Nachrichten und Kommentare lesen kann, klärt die kommunikative Ebene. Primär betreiben räumlich getrennte Rezipienten untereinander Social TV, indem sie sendungsbezogende Kom- mentare und Nachrichten privat oder öffentlich posten.18 Erweitert wird der Teilneh- merkreis durch die Sender, die in Interaktion mit ihren Zuschauern treten, wodurch das klassische Sender-Empfänger-Modell durchbrochen wird.19 Shannon und Weaver berücksichtigen nur einen Kommunikationsweg: vom Sender (TV) zum Emp- fänger (Rezipient).20 Der neu entstandene Rückkanal erweitert die Kommunikations- ebene um weitere Möglichkeiten, die in Kapitel 3 näher beschreiben werden. Eine weitere Divergenz wirft die Frage nach dem Grad der Öffentlichkeit auf. Private Nach- richten über WhatsApp oder den Facebook Messenger gehören zwar im weiteren Sinn zu Social TV, können aber nur schwer analysiert werden.21 Deshalb werden sie in dieser Arbeit außer Acht gelassen. Öffentliche Kommunikation unter Usern auf so- zialen Plattformen, zählt nach Buschow und Schneider zur engen Definition.22
Ob das reine passive Lesen von öffentlichen Kommentaren bereits als Social TV- Tätigkeit zählt, oder ob aktiv etwas geschrieben werden muss, klärt die Dimension der Nutzeraktivität. Stipp schlägt vor, zwischen aktiven und passiven Nutzern zu un- terscheiden, sie aber beide als Social TV-Nutzer zu identifizieren.23 Für Schneider und Buschow ist dieser Punkt Part der engen Definition, da sich der Grad der Nutzer- aktivität noch um die aktive Teilnahme an sendungsbezogenen Inhalten, wie bspw. Abstimmungen erweitern lässt.24
Die Art der Rezeption gliedert sich als vierte Dimension in den Verbreitungsweg von Social TV und die dafür benötigte Technologie. Es stellt sich die Frage, ob nur lineares oder auch nicht-lineares Fernsehen wie Mediatheken oder Videoportale zu Social TV zählen.25 Fernsehsender definieren das Phänomen ausschließlich mit Bezug auf den herkömmlichen Fernsehbegriff.26 „Social TV ist dann nur der Austausch zu solchen Sendungen, die in klassischen Fernsehprogrammen gezeigt werden.“27 Durch die stetige Entwicklung und technisch bedingte Veränderung der Fernsehrezeption sind Zuschauer allerdings nicht mehr an die Ausstrahlungszeiten der Programme gekop- pelt. Es ist ein Leichtes, Sendungen online über verschiedene Endgeräte zeitversetzt anzuschauen.28 Somit müssten auch on Demand rezipierte Bewegtbildinhalte in die Social-TV-Analyse miteinbezogen werden, da sie in der relevanten Zielgruppe von großer Bedeutung sind.29 In dieser Arbeit wird diese Art der Social TV Nutzung jedoch weitestgehend außen vorgelassen. Ein einziges Beispiel hierfür wird das Nachspielen der interaktiven Beiträge auf der Galileo-Webseite sein, was jedoch als Teil der An- schlusskommunikation gewertet wird. Als weiterer Punkt zählt die benötigte Techno- logie zur Art der Rezeption. Für die Social TV-Nutzung ist nicht zwingend ein Zweit- gerät nötig. Bei One-Screen-Devices reicht ein internetfähiger Smart TV, der eine so- ziale Interaktion mit anderen Usern zeitgleich zur Sendung auf demselben Gerät er- möglicht. Aus isolierten Einzelmedien entstehen dadurch geräteübergreifend neue
Nutzungsformen und Funktionalitäten, was als Medienkonvergenz betitelt wird.30 Es verschmelzen verschiedene Medien bzw. Kommunikationskanäle auf der techni- schen und inhaltlichen, sowie auf der Nutzungsebene.31 Ziel der Medienkonvergenz ist es, dem Nutzer durch diese Verschmelzung eine Individualkommunikation auf mul- tifunktionalen Geräten zu ermöglichen - wie es bspw. bei einem Smart TV der Fall ist. Allerdings zeigen sich in der Usability erhebliche Schwächen, was das Social TV- Erlebnis negativ belastet.32 Durchgesetzt haben sich somit die Second-Screen-De- vices wie Smartphone, Tablet und Laptop, die parallel zum Fernsehgerät ihre Anwen- dung finden. Verschiedene Methoden und Kommunikationsmöglichkeiten werden im folgenden Kapitel anhand von passenden Praxisbeispielen näher erläutert.
Welche Definition die „richtige“ ist, hängt vom Forschungsgegenstand, dem Interesse sowie den vorliegenden Bedingungen ab.33 In dieser Arbeit wird nicht nur die parallele Kommunikation als Social TV verstanden, sondern auch die Vorab-bzw. Anschluss- kommunikation. Dazu zählt jedoch nicht die zeitversetzte Rezeption der Sendung Ga- lileo online via Video-on-Demand, sondern die gezeigten Beispiele der Vorab-bzw. Anschlusskommunikation sind immer auf die live ausgestrahlte Sendung bezogen. Ebenso ist nicht nur die reine Kommunikation zwischen den Zuschauern bedeutend, sondern primär die zwischen Sender und Empfänger. Deshalb werden passive Social TV-Nutzer im Rahmen dieser Arbeit nicht näher beachtet. Es dominieren die aktiven Nutzer, die etwas zur Kommunikation beitragen und die Sendung beeinflussen. Se- cond-Screen-Devices sind somit unerlässlich, da One-Screen-Devices nur bei der Vorab- bzw. Anschlusskommunikation brauchbar sind, wenn die Sendung noch nicht gestartet bzw. bereits vorbei ist.
Aus diesen Punkten resultierend, gilt für die Arbeit folgende Definition: Social TV ist die auf eine live ausgestrahlte TV-Sendung bezogene, parallele oder zeitversetzte Kommunikation räumlich getrennter Zuschauer untereinander und/oder die Interaktion mit dem TV-Sender. Dafür stehen internetfähige One- oder Second-Device-End- geräte zur Verfügung, über die die Kommunikation via Social-Media-Plattformen wie Facebook, WhatsApp oder bestimmte Social TV-Apps läuft.
Social TV kann infolgedessen relativ eng gefasst, aber auch sehr weit definiert wer- den. Je mehr Aspekte in die Definition miteinfließen, desto unschärfer wird sie.34 Da- her ist die genaue Abgrenzung individuell bei jeder betrachteten Analyse erforderlich, um mögliche Fehldeutungen bzw. -interpretationen zu vermeiden. Sven Stollfuß führt in seinem Artikel Is This Social TV 3.0? von den bestehenden Social TV-Dimensionen 1.0 und 2.0 hin zu einer neuen Betrachtungsweise, dem Social TV 3.0.35 Ausgehend davon, dass Social TV 2.0 einerseits die medienintegrierte Kommunikation wie Chat- ten, Schreiben, Markieren oder das Teilen spezifischen Inhalts beschreibt, sind damit gleichzeitig auch „social interaction features“ wie das Kommentieren auf Facebook, Microblogging auf Twitter und die Produktion bzw. Distribution nutzergenerierter In- halte (user-generated content) gemeint.36 Nach Schatz et al. ergibt sich daraus ein „versatile, ubiquitous media service. Such a service should effectively address users’ needs for spontaneous socializing and sharing of experiences in the context of TV.”37 Charakterisierend dabei ist, dass Social TV 2.0 lediglich als ergänzende Funktion des klassischen TVs zu verstehen ist.38 Basierend auf Michael Curtins Gedanken zum Social TV39 beschreibt es Sven Stollfuß wie folgt:
Current social TV features need to be characterized in the light of a “network of con- tent” that synchronizes television, digital, and social media by means of the dynamic, flexible, and horizontal integration of TV, the Web and social media within the “matrix- media strategy” of TV executives (…) impelled by a social media policy.”40
Social TV 3.0 erweitert diese Funktion um weitere „social-media-driven improve- ments“.41 Der Sender produziert bspw. exklusiven Web-Content, der ausschließlich für dessen Internetauftritt erstellt wird. Die Inhalte sind rund um die Uhr verfügbar, was den klassischen Fernsehablauf durchbricht.42 Stollfuß führt diesen Gedanken fort und sagt, dass Social Media nicht mehr nur ein zusätzliches Feature zum TV ist, son- dern die Ausstrahlung der Inhalte via TV als eine Ergänzung zum Social Media Auftritt des Senders gesehen werden kann.43 Folglich kommt er zur Aussage, dass Social TV 3.0 eine „flexible and dynamic harmonization of television’s media logic and the logic of social media, amalgamating TV’s cultural form with the infrastructure of social media’s connective environment”44 darstellt. Die Massenunterhaltung und das Publi- kumsinteresses bilden dabei die TV’s Media Logic, die die kulturelle Fernsehform ver- körpert.45 Hingegen stellt die Social Media Logic die kommunikativen und kreativen Möglichkeiten der sozialen Netzwerke dar, was die „Infrastructure of connective en- vironment“ beschreibt.46 Die Offenheit der Sender, sich der Social Media-Kultur an- zunehmen, ist dabei Voraussetzung. Dies bedeutet nicht das alleinige Hinzufügen von Social Media zum TV, sondern es gilt, die beiden Medien miteinander zu ver- schmelzen.47
Galileo verwendet Social TV eher als zusätzliches Feature zu den täglichen TV-Sen- dungen, die sich eher im Bereich des Social TVs 2.0 befinden. Ansatzweise sind bei den interaktiven Wochen, in denen der Zuschauer selbst über den Ausgang der Sendung bestimmen kann, Spuren von Social TV 3.0 zu erkennen. Beide Formen - Social TV 2.0 und 3.0 - haben ein primäres Ziel: Die Sender wollen durch verschiedene Kommunikationsformen die Zuschauerzahl erhöhen48 und somit die Einschaltquote verbessern. Im folgenden Teil der Arbeit bilden sie den Schwerpunkt und werden durch adäquate Beispiele der Sendung Galileo untermauert.
3 Kommunikationsmöglichkeiten durch Social TV
„Die interaktive Onlinebeteiligung am TV-Geschehen gilt (…) als ein Indikator für generell veränderte Nutzungsgewohnheiten und macht somit den aktuellen Wandel exemplarisch beobachtbar. Social TV spiegelt insofern wider, dass Menschen anders fernsehen, als sie dies noch vor einigen Jahren getan haben.“49
Diesen Wandel belegen Statistiken ganz deutlich. Im Jahr 2006 gaben 14 Prozent der Befragten 14- bis 49-Jährigen an, dass sie häufig Internet und TV gleichzeitig nutzen. Zehn Jahre später waren es bereits 44 Prozent.50 Insgesamt sind es 78 Prozent, die beides zumindest selten parallel nutzen.51 Dabei verwenden sie laut dem Media Acti- vity Guide 2017 primär ihr Smartphone mit 53 Prozent, gefolgt von Laptop (37 Pro- zent) und Tablet (30 Prozent).52 Wie Michael Lahey schreibt, sind „digital technologies of media creation and distribution are seen as key drivers of empowerment for partic- ipatory audiences.”53 Als TV-bezogene Tätigkeiten gaben die Befragten an, dass sie mindestens selten zu 72 Prozent Informationen zum TV-Programm suchen, sich zu 28 Prozent mit anderen über die aktuelle TV-Sendung austauschen und zu 15 Prozent interaktive TV-Angebote nutzen (Abb. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Tätigkeiten bei der Parallelnutzung von TV und Internet (Angaben in Prozent)54 Diese Aktivitäten sind Grund für TV-Sender verschiedene Kommunikationsmöglich- keiten anzuwenden und die Zuschauer mehr am TV-Geschehen partizipieren zu las- sen. Lahey spricht hier von einem "audience-as-collaborator framing" der Sender.55 Dabei betont er, wie wichtig die Beziehung zwischen TV-Produzenten und ihren Zu- schauern sei und sie (die Sender) mindestens die grundlegenden Partizipationsmög- lichkeiten anbieten sollten.56 Passende Beispiele führt die Parallelkommunikation in Kapitel 3.2 auf. Aus der Zuschauerpartizipation ergibt sich das Phasenmodell der Social TV-Nutzung, bei der drei Modelle differenziert werden (Abb. 2): die Vorab-, Parallel- und Anschlusskommunikation. Goldhammer et al. unterscheiden hierbei fünf Phasen.57 „Vor Format-/Staffelstart“ sowie „vor der Sendung“ sind Teile der Informa- tion, „während der Sendung“ ordnet sich der Interaktion zu und die Punkte „nach der Sendung“ sowie „nach Format-/Staffelende“ gliedert den Bereich der Beeinflussung. Da Galileo keine Serie, sondern offiziell ein Wissensmagazin mit einzelnen, in sich geschlossenen Sendungen ist, werden die Format- und Staffel-Teile hier nur der Voll- ständigkeit halber erwähnt. Die Priorität liegt somit auf der Vorab-, der Parallel- und der Anschlusskommunikation.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Differenzierung von Kommunikationsaktivitäten nach Eintrittszeitpunkt (am Bsp. Galileo)58
Der Kommunikations- und Medienwissenschaftler Bertram Gugel beschreibt auf sei- nem Blog die fünf Stufen der Interaktion von Social TV.59 Diese Einteilung ermöglicht eine qualitative Einordnung von Social TV-Aktivitäten der Sender. Auf der ersten Stufe bleibt der Sender außen vor, da hier nur die eigenständige Kommunikation der Nutzer auf Facebook, Twitter, WhatsApp oder bestimmten Apps zählt.60 Die zweite Stufe bildet die moderierte Interaktion. Hier interagiert der Sender aktiv über seine Social Media Accounts mit den Zuschauern.61 Die nächste Stufe spiegelt die Nutzer- interaktionen wider. Sender kuratieren und aggregieren Kommentare und Nachrich- ten der User auf der eigenen Webseite oder direkt im TV-Programm. Die Einbindung von Facebook-Chats auf der eigenen Homepage oder das Zeigen von Twitter-Mel- dungen in Bauchbinden sind hierfür Beispiele.62 Auf der vierten Stufe wird nun neben der bisherigen intrinsischen Motivation der Zuschauer auch die extrinsische gefördert. Die Sender stellen ihnen kreative Aufgaben oder führen eine Umfrage durch, deren Antworten und Ergebnisse direkt in die Sendung einfließen.63 Die fünfte und letzte Stufe gibt den Zuschauern die Möglichkeit den Ausgang einer TV-Ausstrahlung zu beeinflussen. Für Sender stellt diese Form der Interaktion eine große Herausforde- rung dar64, weshalb sie bei Galileo nicht zum Sendealltag gehört. Im weiteren Verlauf des Textes werden bei den Kommunikationsarten speziell ausgesuchte Galileo-Bei- spiele für alle diese Stufen der Interaktion verdeutlicht.
[...]
1 Vgl. Sevenone Media: „Media Activity Guide 2017. Mediennutzung im Überblick.” (2018). Online:
https://www.sevenonemedia.de/documents/924471/1111769/Media+Activity+Guide+2017/391d3f41- 165c-af7d-6709-7b75cd22810b (Letzter Zugriff: 01.06.2018).
2 Vgl. Statista: „Anteil der Befragten (14 bis 69 Jahre) in Deutschland, die Internet und TV häufig,
manchmal oder selten parallel nutzen in den Jahren 2014 und 2017.“ (2017). Online: https://de.sta-
tista.com/statistik/daten/studie/269888/umfrage/umfrage-zur-parallelnutzung-von-tv-und-internet/ (Letzter Zugriff: 02.06.2018).
3 Sittenthaler, Sandra; Eva Traut-Mattausch; Dieter Frey: „Kommunikationsmodelle.“ In: ders.; HansWerner Bierhof (Hg.): Kommunikation, Interaktion und soziale Gruppenprozesse. 1. Aufl. Göttingen: Hogrefe 2017, S. 244.
4 Vgl. Stollfuß, Sven: „Is This Social TV 3.0? On Funk and Social Media Policy in German Public Posttelevision Content Production.” In: Television and New Media 00/0 (2018), S. 3.
5 Vgl. Buschow, Christopher; Beate Schneider: „Social TV in Deutschland - Eine Einführung in Begrifflichkeiten und Forschungsbereiche.“ In: dies. (Hg.): Social TV in Deutschland. Schriftenreihe der Niedersächsischen Landesmedienanstalt. Band 30. Hannover: Vistas 2015, S. 12.
6 Vgl. Buschow, Christopher et al.: „Wer nutzt Social TV? Die Nutzer als Treiber sozialer Interaktion mit Fernsehinhalten.“ In: Medienwirtschaft 10/4 (2013), S. 3.
7 Lahey, Michael: „The Framing of Value: Television, User-Generated Content, and Interactive Involvement.” In: Convergence 22/6 (2016), S. 637.
8 ARD und ZDF: „ARD/ZDF-Onlinestudien 2016.” (2016). Online: http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/fi- les/2016/PM_ARD-ZDF-Onlinestudie_2016-final.pdf (Letzter Zugriff: 09.06.2018).
9 Vgl. ebd.
10 Stollfuß, Is This Social TV 3?, S.2.
11 Ebd., S.4.
12 Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 17.
13 Vgl. Goldhammer, Klaus et al.: Social TV. Aktuelle Nutzung, Prognosen, Konsequenzen. Landesanstalt für Medien (Hg.). Düsseldorf: Vistas 2015, S. 29.
14 Goldhammer, Social TV, S. 32.
15 Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 12.
16 Vgl. Goldhammer, Social TV, S. 30.
17 Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 13.
18 Schatter, Günther: „Techniken der gemeinschaftlichen Medienrezeption. Hintergrund, Anspruch und Tendenzen des Social TV.“ (2009). Online: https://www.uni-weimar.de/~schatter/txt/bmg13-socialtv.pdf (Letzter Zugriff: 02.06.2018), S. 7.
19 Vgl. Goldhammer, Social TV, S. 31f.
20 Vgl. Sittenthaler, Kommunikationsmodelle, S. 244.
21 Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 14.
22 Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 17.
23 Vgl. Stipp, Horst: „The state of Social TV in the US and its Potential for Advertisers.” In: Buschow Christopher; Beate Schneider (Hg.): Social TV in Deutschland. Schriftenreihe der Niedersächsischen Landesmedienanstalt. Band 30. Hannover: Vistas 2015, S. 205.
24 Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 16.
25 Vgl. ebd., S. 13.
26 Vgl. ebd., S: 14.
27 Vgl. ebd.
28 Vgl. Godefroid, Patrick: „Die Zukunft des Fernsehens - Eine Einführung in die technologische Dimension.“ In: Buschow Christopher; Beate Schneider (Hg.): Social TV in Deutschland. Schriftenreihe der Niedersächsischen Landesmedienanstalt. Band 30. Hannover: Vistas 2015, S. 248.
29 Vgl. Keldenich, Felix: „Fernsehnutzung im Wandel - Was das Phänomen Social TV über den Zu- schauer von heute aussagt.“ In: Buschow Christopher; Beate Schneider (Hg.): Social TV in Deutsch- land. Schriftenreihe der Niedersächsischen Landesmedienanstalt. Band 30. Hannover: Vistas 2015, S. 39f.
30 Vgl. Wolfgang J. Koschnick: Tele-Visionen. Fernsehgeschichte Deutschlands in West und Ost. Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.) 2010, S. 1.
31 Vgl. ebd.
32 Vgl. Buschow, Christopher et al.: „Social TV in Deutschland: Rettet soziale Interaktion das lineare Fernsehen?“ In: Medienwirtschaft 10/1 (2013), S. 9.
33 Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 17.
34 Vgl. ebd., S. 16.
7
35 Vgl. Stollfuß, Is This Social Tv 3.0?, S. 1.
36 Vgl. Schatz, Raimund et al.: „Getting the Couch Potato to Engage in Conversation: Social TV in a Converging Media Environment.” Artikel veröffentlicht auf der EuroITV, Salzburg 2008, S. 2.
37 Ebd., S. 2.
38 Vgl. Stollfuß, Is This Social Tv 3.0?, S.4.
39 Vgl. Curtin, Michael: „Matrix Media.“ In: Turner, Graeme; Jinna Tay (Hg.): Television Studies after TV: Understanding Television in the Post-broadcast Era. London: Routledge 2009, S.9ff.
40 Stollfuß, Is This Social Tv 3.0?, S.3.
41 Ebd., S.4.
42 Vgl. ebd., S.5.
43 Vgl. ebd.
44 Ebd., S.8.
45 Vgl. Stollfuß, Sven: „Between Television, Web and Social Media: On Social TV, about: Kate and Participatory Production in German Public Television.” In: Participations: Journal of Audience & Reception Studies 15/1 (2018), S.9.
46 Vgl. ebd.
47 Vgl. Stollfuß, Is This Social Tv 3.0?, S.12.
48 Vgl. ebd., S.4.
49 Keldenich, Fernsehnutzung im Wandel, S. 39.
50 Vgl. Statista: „Anteil der Befragten (14 bis 49 Jahre), die häufig, manchmal oder selten Internet und TV parallel nutzen in den Jahren 2001 bis 2016.“ (2016). Online: https://de.statista.com/statistik/da- ten/studie/209512/umfrage/entwicklung-der-parallelnutzung-von-internet-und-fernsehen-zeitreihe/ (Letzter Zugriff: 02.06.2018).
51 Vgl. SevenOne Media, https://www.sevenonemedia.de/documents/924471/1111769/Media+Acti- vity+Guide+2016.pdf/c90d1042-6b9e-f3f9-11bb-c3bcb676d876 (Letzter Zugriff: 01.06.2018), S. 14.
52 Vgl. Statista: „Anteil der Befragten, die über die folgenden Geräte mindestens selten TV und Internet parallel nutzen in den Jahren 2014 bis 2017.“ Online: https://de.statista.com/statistik/daten/stu- die/321220/umfrage/parallelnutzung-von-tv-und-internet-in-deutschland/ (Letzter Zugriff: 02.06.2018).
53 Lahey, The Framing of Value, S. 634.
54 Basis: 14-49 Jahre, n=536, Parallelnutzung TV/Internet: mindestens selten. Vgl. SevenOne Media, https://www.sevenonemedia.de/documents/924471/1111769/Media+Acti- vity+Guide+2016.pdf/c90d1042-6b9e-f3f9-11bb-c3bcb676d876 (Letzter Zugriff: 01.06.2018), S. 28.
55 Vgl. Lahey, The Framing of Value, S. 634f.
56 Vgl. Ebd.
57 Vgl. Goldhammer, Social TV, S. 33.
58 Grafik wurde nach Vorlage angefertigt. Vgl. Buschow, Social TV in Deutschland, S. 13.
59 Vgl. Gugel, Bertram: „Social TV: „Die fünf Stufen der Interaktion.“ (2012). Online: https://www.gugel- productions.de/blog/2012/social-tv-die-funf-stufen-der-interaktion.html (Letzter Zugriff: 18.06.2018).
60 Vgl. ebd.
61 Vgl. ebd.
62 Vgl. ebd.
63 Vgl. ebd.
64 Vgl. ebd.