Die Sprachursprungstheorie im Vergleich. Johann Gottfried Herder und Jean-Jacques Rousseau


Term Paper (Advanced seminar), 2017

15 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. HERDER UND DIE ABHANDLUNG UBER DEN >URSPRUNG DER SPRACHE
2.1 Inhaltsangabe
2.2 URSPRUNG DER SPRACHE
2.3 Nation und Sprache

3. ROUSSEAUS HYPOTHESE
3.1 VerhAltnis des Discours sur l’inegalite zum Essay SUR L’ORGINE DES LANGUES
3.2 Sprachursprungstheorie des Discours
3.3. Affektiver Sprachursprung des Essays
3.4 Klimatheorie Sud vs. Nord

4. SCHLUSS

5. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

Johann Gottfried Herders Schrift uber die Sprache ist eine der ersten Schriften der Neuzeit, die sich von den Erklarungen der Bibel distanziert und somit, obwohl sie heute stellenweise einfach oder naiv wirken mag, mit der Sprach- wissenschaft eine neue Wissenschaft, hat entstehen lassen. Herder setzt sich dabei mit anderen Schriftstellern wie Condillac, SuGmilch und Rousseau, die bereits vor seiner Zeit Thesen entwickelt hatten, kritisch auseinander.

Die Entstehung der Sprache schreibt er einem onomatopoetischen Verfahren zu. So wird ein Tier an seinen LautauGerungen erkannt und dadurch im Fol- genden identifiziert; Naturlaute wie das Heulen von Tieren werden nachge- ahmt. Im 18. Jahrhundert gab es zwei Sprachtheorien: Die eine schrieb den Ursprung der Sprache Gott zu. Ein Argument hierfur war, dass die Entstehung der Sprache Denkfahigkeit voraussetzt, diese aber wiederum die Sprache, so dass ohne einen externen Sprachschopfer, sie gar nicht entstehen konnte. Hiergegen ergibt sich der Einwand, den auch der Sprachtheoretiker Johann Gottfried Herder erhebt. Aus der Ungeklartheit einer Frage kann nicht auf ein Drittes - also den gottlichen Ursprung der Sprache - geschlossen werden, weil dafur keine weiteren Anhaltspunkte oder Beweise vorliegen.

Aber auch, wenn man eine naturliche Entstehung der Sprache annimmt, er- geben sich daraus zahlreiche Probleme. Hierzu zahlt die Frage, ob nicht die Entwicklung einer Sprache eine Gesellschaft voraussetzt oder diese wiede­rum die Sprache.

Die folgende Arbeit diskutiert sowohl Theorien Rousseaus, als auch die des Johann Gottfried Herders. Dabei wird bei erstem v.a. auf die allgemeine Spra- chenwicklung in Verbindung mit der Nord-Sud-Theorie gelegt. Bei Herder er- folgt eine einfuhrende Untersuchung in dessen Theorien in Sprache und Na­tion. AbschlieGend strebt diese Arbeit einen fundierten Vergleich beider An- satze an, um ein gleichmaGiges Bild der europaischen Sichtweise zu mensch- lichen Sprachentwicklung zu geben.

2. Herder und die Abhandlung uber den Ursprung der Spra- che

2.1 Inhaltsangabe

Herder sieht nicht erst in artikulierten Lauten, sondern bereits in einem weite- ren Spektrum von Ausdrucksformen, wie unartikulierten Lauten, eine Form von Sprache, die somit sowohl Tier als auch Menschen haben. Sofern sich auch in der menschlichen Sprache noch vermehrt Reste dieser Ausdrucke der Empfindung wiederspiegeln, ist sie nur sekundar.[1]

Er widerspricht der Ansicht, dass die Schrift unmittelbarer Ausdruck der Spra­che sei. Vielmehr sei diese bei weitem vielfaltiger, regional und von Indivi- duum zu Individuum unterschiedlicher, als dass es die Schrift ausdrucken konne. Die Position, die Sprache sei die Grammatik Gottes, lehnt er ab. Sie ist vielmehr aus den wilden Tonen hervorgegangen.[2]Laut Herder gibt es eine unmittelbare Sprache der Empfindung, uber die sowohl Menschen als auch Tiere verfugen. Des weiteren existiert auch eine artikulierte Sprache, uber die nur wir Menschen verfugen. Der Grund fur diesen Unterschied der sprachli- chen Fahigkeit liegt darin, dass Tiere auf eine kleine Sphare konzentriert und spezialisiert sind.[3]Ein Beispiel dafur ist die Spinne, die uber groGe Kunstfer- tigkeit und Spezialisierung beim Bau ihres Netzes verfugt. Gerade wegen die­ser Spezialisierung bedurfen Tiere keiner weiterentwickelten Sprache. Der Mensch hingegen, ein Generalist, ist auf keine besondere Sphare beschrankt, aber auch nicht von Natur aus spezialisiert. Durch erforderliche Zusammen- arbeit mit anderen Menschen entsteht deswegen ein gesteigerter Kommuni- kationsbedarf, der die Entstehung einer artikulierten, kunstlichen Sprache ge- radezu notwendig macht.[4]Die Entstehung der Sprache sieht Herder im ono- matopoetischen Prinzip, also in der Nachahmung im weitesten Sinne. Ein Schaf wird an seinem Bloken wiedererkannt. Dieses Merkmal dient als Aus- loser und Merkmal fur die Wiedererkennung anderer Exemplare. Dagegen sind andere Worte, laut Herder, aus der Nachahmung entstanden. Dieses ent- steht etwa durch die Nachbildung von Knurrlauten oder durch die sprachliche Nachahmung weicher Gegenstande durch den Wortklang oder harter Gegen­stande durch einen harten Wortklang.[5]Herder unterscheidet verschiedene Entstehungswege von Wortern. Laute entstanden aus Empfindungen und to- nende Dinge wurden benannt. Bei den nicht tonenden Dingen wurden Ge- fuhle in Laute ubertragen. Hierbei bekamen angenehme Dinge weiche Laute und unangenehme harte Laute.[6]

Die Entwicklung der Worte und damit die Entstehung der Sprache ermoglich- ten dem Menschen das, was Herder als Besonnenheit deklariert. In unserer Zeit wurde dieses beispielsweise als Denkvermogen und darauf aufbauende Rationalitat des Menschen bezeichnet werden. Bei der Reflexion findet der Mensch bei den beobachteten Lebewesen und Gegenstanden gemeinsame Merkmale, die er in eine sprachliche Form uberfuhrt. Wahrend die ersten Worte jedoch noch lautmalerisch ein Knurren oder Heulen wiedergegeben ha- ben, tragt deren Nutzung zur Verbesserung der Sprache und Scharfung des Verstandes bei und optimiert bei diesem Prozess beides.[7]

2.2 Ursprung der Sprache

Der These eines gottlichen Ursprungs der Sprache widerspricht Herder hin- gegen; dafur ist ihm die Sprache zu unvollkommen. Ware sie gottlichen Ur­sprungs, musste sie vollkommen sein, da sie dann nach Gottes optimaler Vor- stellung geformt ware. Die Sprache hat sich, nach Herder, von einfachen An- fangen immer weiterentwickelt, entsprechend der menschlichen Natur. Wo immer Menschen zusammenleben, ist auch die Entstehung einer Sprache un- vermeidbar.[8]

SuGmilch und Condillac sind Autoren, die sich bereits vor Herders Forschun- gen mit dem Ursprung der Sprache auseinandergesetzt haben. In seiner Aus- fuhrung bezieht sich Herder auf beide Autoren.

SuGmilchs These besagt, dass die Sprache zu komplex und geordnet ist, um aus Zufall entstanden zu sein. Sie setzt ein bereits denkfahiges Wesen als Entwickler voraus. Um denken zu konnen, muss der Urheber bereits im Besitz der Sprache gewesen sein. Da dies einen Circulus vitiosus[9]hervorruft, muss die Sprache somit gottlichen Ursprungs sein.[10]

Condillac fuhrt an, dass sich Adam und Eva nur durch gottliche Vermittlung verstanden. Diese These taucht ebenfalls in den Werken Rousseaus auf, spielt aber als fiktive Fruhphase keine Rolle fur die Entwicklung der Sprache.[11]Fur die Sprachentwicklung sieht Etienne Bonnot de Condillac in seinem Essai sur I’origine des connaissance humaines eine Entwicklung aus Naturlauten fur gegeben an, die er mit seinem beruhmten Beispiel zweier Kinder in der Wuste erlautert.[12] Aus Gesten und Schreien wurden mittels Verfeinerung Sprache. Die Kinder verstehen sich bei AuGerungen der Angst oder des Schmerzes instinktiv. Durch Wiederholung werden die Gesten bestimmten Bedeutungen zugeordnet. Die Gesten und Naturlaute gehen schlieGlich in eine Lautsprache uber. Da Laute leichter zu ubermitteln sind, etabliert sich schlieGlich diese Lautsprache. Fur Condillac besteht kein grundsatzlicher Un- terschied zwischen tierischer und menschlicher Sprache, wohl aber fur Her­der.[13]

2.3 Nation und Sprache

Im Dritten Naturgesetz seiner Abhandlung erklart Herder die Entstehung ver- schiedener Sprachen vor allem aus der Entstehung von Nationen. Diese wie- derum sind vor allem durch den Streit zwischen Familien und Stammen ent- standen, bei denen jeder den seinen als den besseren und den zu bevorzu- genden ansieht. Der andere Stamm wird sinngemaG als minderwertig und schlecht angesehen, so wie bei den Romern die Fremden als Barbaren gal- ten. Damit vollendet sich eine naturliche Entwicklung, gemaG der jeder Spre- cher aufgrund seiner ursprunglichen Stimme und Sprechfahigkeit verschieden spricht.[14] Hinzu kommen „Haus-und Familienton[15], Unterschiede, die sich durch Klima und die Ernahrung ergeben und schlieGlich die Gewohnheit, die auch als Sitte bezeichnet wird.[16]

Herder schlieGt sich somit nicht der Rassentheorie an, die besagt, dass die Menschen in verschiedenen Gebieten der Welt ganz unterschiedlichen Ur- sprungs seien und sich vollig abgetrennt voneinander entwickelt hatten.

[...]


[1]vgl. Heise, Jens: Johann Gottfried Herder. Zur Einfuhrung, Hamburg: Junius Verlag 1998, S.21.

[2]vgl. Pross, Wolfgang: Johann Gottfried Herder. Abhandlung uber den Ursprung der Sprache, Munchen: Hanser 1978.

[3]ebd.

[4] ebd.

[5] ebd.

[6]ebd.

[7]ebd.

[8]vgl. Kruger, Manfred: der menschlich-gottliche Ursprung der Sprache. Bemerkung zu Herders Sprachtheorie, In: Wirkendes Wort, 1967, Bd. 17. S. 3-4.

[9]ugs. Teufelskreis

[10]vgl. Kruger, Manfred: der menschlich-gottliche Ursprung der Sprache. Bemerkung zu Herders Sprachtheorie, In: Wirkendes Wort, 1967, Bd. 17. S. 5.

[11]ebd.: 6.

[12]vgl. Edler, Markus: Der spektakulare Sprachursprung: zur hermeneutischen Archaologie der Sprache bei Vico, Condillac und Rousseau. Munchen: Fink 2001, S. 231

[13]ebd.

[14]vgl. Pross, Wolfgang: Johann Gottfried Herder. Abhandlung uber den Ursprung der Sprache, Munchen: Hanser 1978.

[15] ebd.

[16] ebd.

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Details

Title
Die Sprachursprungstheorie im Vergleich. Johann Gottfried Herder und Jean-Jacques Rousseau
College
University of Passau
Grade
2,0
Author
Year
2017
Pages
15
Catalog Number
V442359
ISBN (eBook)
9783668805781
ISBN (Book)
9783668805798
Language
German
Keywords
sprachursprungstheorie, vergleich, johann, gottfried, herder, jean-jacques, rousseau
Quote paper
Nicole Kisiela (Author), 2017, Die Sprachursprungstheorie im Vergleich. Johann Gottfried Herder und Jean-Jacques Rousseau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/442359

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