Das Medianwählertheorem als Erklärungsmodell für die Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien am Beispiel der AFD


Dossier / Travail, 2017

20 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Populismus in einer Definitionskrise
2.1. Populismus als Politikstil
2.2. Die Ideologie des Rechtspopulismus
2.3. Die AFD und der Rechtspopulismus

3. Das Medianwahlertheorem
3.1. Das Eisverkaufer - Spiel
3.2. Die AFD als Profiteur des Medianwahlertheorems

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Am 24. September 2017 wurde die AFD mit 12,6% als drittstarkste Kraft in den 19. Deutschen Bundestag gewahlt. Die Partei bezeichnet sich in ihrem Grundsatzprogramm selbst als konservativ und wird im politischen Spektrum dem rechten Rand zugeordnet (vgl. Grundsatzprogramm AFD 2016, S.6). Aus der Abbildung 1 wird deutlich, dass die AFD, im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 2013, Wahlerstimmen von allen anderen konkurrierenden Parteien gewonnen hat. Neben der Gruppe der Nichtwahler hat vor allem die bisherige Regierungskoalition und dabei insbesondere die Union, Stimmen in Richtung der AFD abgegeben.

Abbildung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Infratest dimap, Wahlerwanderung AFD zur Bundestagswahl 2017 https://wahl.tagesschau.de/wahlen/2017-09-24-BT-DE/charts/analyse- wanderung/chart_204972.shtml

Das starke Ergebnis bei der Bundestagswahl hatte sich bereits angedeutet. Schon 2016 und 2017 war die AFD bei allen Landtagswahlen ins Parlament eingezogen. Die Mitte der Gesellschaft sei in den letzten Monaten und Jahren insgesamt weiter nach rechts geruckt, bewerten unterschiedliche Politologen die letzten Wahlergebnisse gleichermafien (vgl. Abdi-Herrle 2016) (vgl. Werner 2017).

Ziel dieser Arbeit ist es, die Wahlerfolge der AFD politikwissenschaftlich zu erklaren. Das Medianwahlertheorem bietet einen moglichen Ansatz dafur, warum Teile der Gesellschaft ihre Meinung nicht mehr bei den etablierten Parteien vertreten fuhlen. Deshalb soll das von Anthony Downs und Duncan Black entwickelte Konzept im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen und nach einer theoretischen Betrachtung auf die Wahlerfolge der AFD angewandt werden. Um das Medianwahlertheorem anwenden zu konnen, bedarf es jedoch zunachst einem Verstandnis, warum die AFD Teile der Gesellschaft fur ihre rechtskonservative Politik gewinnen konnte. Dabei spielt das Schlagwort „Populismus“ eine wichtige Rolle. Den haufig negativ konnotierten Begriff sieht AFD-Politiker Alexander Gauland in unterschiedlichen Interviews als „nicht verwerflich“ an (Barthelme 2016). Im Gegenteil sei eine populistische Ausrichtung einer Partei wunschenswert, „um die Note und Sorgen der Menschen zu akzeptieren“ (Bender 2015). Was unter Populismus genau zu verstehen ist und ob der Begriff zur Politik der AFD passt, soll deshalb nun zunachst untersucht werden.

2. Der Populismus in einer Definitionskrise

Der Begriff des Populismus fallt heutzutage haufig in politischen Alltagsdiskursen, meist um die Meinungen anderer Parteien oder Politiker zu diffamieren (vgl. Spier 2014). So oft der Begriff genutzt wird, so unprazise ist er jedoch auch in seiner genauen Definition. Ungeachtet der politischen Ausrichtung, werden verschiedenste Politiker, Parteien oder Bewegungen immer wieder dem „Populismus“ bezichtigt. Offenbar unterscheidet der Populismus also nicht zwischen rechts- oder linksorientierter Politik. Es gibt auch noch weitere Unterscheidungen, wie beispielsweise den „Nationalpopulismus“, den „Okopopulismus“ oder den „Steuerpopulismus“ (vgl. Spier 2014). Aufgrund dieser inflationaren Verwendung fallt es schwer, den Begriff kurz und pragnant zu definieren. „Alle Versuche, das Phanomen des Populismus auf den Punkt zu bringen, haben immer wieder gezeigt, dass es zu komplex, kontextabhangig und veranderlich ist, um in knappen Definitionen erfasst werden zu konnen“ (Meyer 2006, S. 81). Dennoch soll im Folgenden ein allgemeines Verstandnis fur den Populismus erarbeitet werden, um anschliefiend die politische Ausrichtung der AFD dahingehend zu untersuchen. Dafur wird zunachst auf den typischen Politikstil des Populismus eingegangen. Anschliefiend soll ein Blick auf die Eigenschaften des Rechtspopulismus folgen, da die politische Ausrichtung der AFD dieser Populismusstromung zugeordnet wird.

2.1. Populismus als Politikstil

Um die zuvor beschriebene Definitionskrise des Populismus zu entwirren, soll nun der Begriff einem typischen Politikstil zugeordnet werden, nachdem vermeintlich „populistische“ Politiker oder Parteien handeln. Dafur werden nachfolgend mehrere Eigenschaften erlautert, die begriffsubergreifend Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Populismusstromungen definieren.

Der Begriff Populismus leitet sich von dem lateinischen Wort populus („das Volk“) ab. Daraus geht die Kernannahme des populistischen Politikstils hervor, namlich, dass die Bevolkerung eine „fleifiige“, „ehrliche“ und „vernunftige“ homogene Gesellschaft mit gleichen Interessen ist (vgl. Spier 2014). Die Gemeinschaft wird dadurch gestarkt, dass ein klares Feindbild definiert wird. Okonomische, politische oder kulturelle Eliten stellen den antagonistischen Gegensatz zum Volk dar. Sie werden als „korrupt“, „selbstsuchtig“ und „abgehoben“ bezeichnet (vgl. Spier 2014). Der Populist sieht sich selbst als Teil des Volkes, behauptet deshalb, sich gut in die Sorgen und Angste der Bevolkerung hineinversetzen zu konnen und mochte sie nach aufien vertreten (vgl. Wolf 2017, S.8). Er handelt weniger aus intrinsischen Uberzeugungen, als dass er versucht, die Stimme des Volkes zu sein. Dementsprechend passen sich seine politischen Forderungen fortlaufend aktuell popularen Meinungen aus der Gesellschaft an, selbst wenn diese im Wiederspruch zu fruheren Positionen stehen. Um sich von der „Elite“ abzugrenzen, wird jedoch normalerweise eine ablehnende Haltung gegenuber der aktuellen Regierungspolitik eingenommen. Da Populisten Sachverhalte haufig stark vereinfachen, um sie furs Volk leicht verstandlich zu machen, sind ihre Gegenvorschlage allerdings meist entweder sehr unkonkret oder wenig realistisch (vgl. Frohlich-Steffen 2006, S. 147). Die vereinfachte Darstellung komplexer Probleme fuhrt indes auch zu einer dual gepolten Weltanschauung zwischen richtig und falsch. Populisten suggerieren dem Volk, es gebe eine vermeintlich einfache und offensichtliche, richtige Losung fur ein gesellschaftliches Problem, die zwar extrem, aber auch effizient sei. Die „selbstsuchtige“ Elite sei aber nicht interessiert daran diese durchzusetzen, um ihre eigene Macht zu erhalten. Der Populist erzeugt damit ein Bild von sich, das ihn als meinungsstarken Realisten darstellt, der sich dem Volkswillen verschrieben hat und sich entgegen der ^political correctness[44] nicht davor scheut, Tabus zu brechen und die Wahrheit zu sagen (Wolf 2017, S.9).

Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass alle Populismusstromungen von einem homogenen Volk sprechen, das sich von den Eliten abgrenzt. Dabei sind die Populisten selbst Teil des Volkes und fungieren als ihr Sprachrohr. In ihren Ideologien unterscheiden sich die verschiedenen Populismusstromungen jedoch stark voneinander. Im Folgenden soll die Ideologie des Rechtspopulismus naher beschrieben werden.

2.2. Die Ideologie des Rechtspopulismus

Im letzten Kapitel wurden Strukturmuster des populistischen Politikstils beschrieben. Die genannten Merkmale erklaren zwar, wie Populisten allgemein vorgehen, um Wahler von sich zu uberzeugen. Ideologisch lasst sich der Populismus aber keiner Position im politischen Spektrum fest zuweisen und ist potentiell mit jeder Ausrichtung kombinierbar. In ihren politischen Forderungen konnen sich populistische Politiker bzw. Parteien deshalb stark voneinander unterscheiden, woraus diverse Populismusstromungen entstanden sind. Nachfolgend soll beispielhaft die Ideologie des Rechtspopulismus beschrieben werden, da es sich dabei um die Stromung handelt, mit der die AFD oft in Verbindung gebracht wird.

Auch fur Rechtspopulisten ist der Konflikt zwischen Volk und Elite bedeutend. Wer nach ihrer Ideologie zum „Volk“ gehort, ist dabei genau definiert. Nicht die Burger eines Staates oder einer bestimmten Schicht (Linkspopulismus) sind das Volk, sondern eine Nation mit gemeinsamer Abstammung und geteilten Werten (vgl. Wolf 2017, S.13). Kulturelle Aspekte, wie beispielsweise eine gemeinsame Religion oder auch schlicht das Aussehen, spielen dementsprechend eine wichtige Rolle fur die Definition des Volkes. Diese Volksdefinition fuhrt dazu, dass Auslander, Migranten und Asylsuchende ausgegrenzt werden (vgl. Klein 2011, S.20). Der Rechtspopulismus kennt also nicht nur die Elite als feindliche AuBenseitergruppe, sondern zusatzlich auch die Gruppe „der Fremden“, wie Abbildung 2 grafisch zeigt.

Abbildung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vertikale und horizontale Abgrenzungsachse des Rechtspopulismus. (Klein 2011, S. 19)

Aus dem rechtspopulistischen Volksbegriff lassen sich klassische politische Forderungen dieser Stromung ableiten. So Befurworten Rechtspopulisten beispielsweise den sogenannten Ethnopluralismus, sprechen sich gegen weitere Supranationalitat und fur starkeren Wirtschafts- und Sozialprotektionismus aus (vgl. Wolf 2017, S.14). Begrundet wird diese Politik der Abschottung damit, dass das Volk sich und seine Werte vor fremden Einflussen politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Natur schutzen musse (vgl. Reuter 2009, S. 36). Dennoch ist der Rechtspopulismus per Definition nicht rassistisch. Wahrend der Rassismus die fundamentale Gleichheit zwischen allen Menschen verneint und sich damit jeglichem westlichen Demokratieverstandnis entzieht, ist der Rechtspopulismus in einem demokratiefreundlichen und rechtsstaatlichen Spektrum angesiedelt (vgl. Reuter 2009, S. 37) (vgl. Wolf 2017, S. 14).

Zusammenfassend lasst sich aus diesem Kapitel festhalten, dass der Rechtspopulismus neben den Eliten auch „die Fremden“ nicht als Teil des Volkes ansieht und sie dementsprechend ausgrenzt. Nach der Definition des Volksbegriffs richtet sich auch die protektionistische Politik des Rechtspopulismus aus. Dennoch kann man den Rechtspopulismus nicht als rassistisch bezeichnen, da er nicht die Gleichheit aller Menschen anzweifelt. Ethnopluralismus, also eine friedliche Existenz verschiedener Kulturen nebeneinander, sei einer Durchmischung des Volkes allerdings vorzuziehen. Inwieweit sich diese Ideologie mit der programmatischen Ausrichtung der AFD deckt, soll im folgenden Kapitel behandelt werden.

[...]

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Das Medianwählertheorem als Erklärungsmodell für die Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien am Beispiel der AFD
Université
University of Münster  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
1,3
Auteur
Année
2017
Pages
20
N° de catalogue
V442383
ISBN (ebook)
9783668809772
ISBN (Livre)
9783668809789
Langue
allemand
Mots clés
Medianwählertheorem, Populismus, Rechtspopulismus, AFD, Wahlerfolge
Citation du texte
Fabian Grimm (Auteur), 2017, Das Medianwählertheorem als Erklärungsmodell für die Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien am Beispiel der AFD, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/442383

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