Diese Magisterarbeit beschäftigt sich eingehend mit den unterschiedlichsten politischen Gesellschaftstheorien und deren Blickwinkel auf das Verhältnis von Konsum, im Sinne des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen im modernen Kapitalismus und den politischen Auswirkungen auf das Denken und Handeln der Staatsbürger in den liberalen Demokratien des Westens. Eine Arbeit über das Verhältnis von Konsum, Identität und Politik stellt sich durchaus als Herausforderung dar, die den Blick auf Theorien anderer Disziplinen wie der Soziologie, Psychologie und der Kulturwissenschaft erforderlich macht. Theorien, die sich direkt mit dem Thema beschäftigen, tun dies meist im Zuge von Konsumkritik allgemein oder Kritik an bestimmten Konsumverhaltensweisen, bis hin zur Kritik an der kapitalistischen, globalisierten Wirtschaft.
Warum aber die politischen Dimensionen des Konsums? Ist der private Konsum überhaupt in politisches Denken zu integrieren oder soll die Perspektive nicht auf einer individuellen Handlungsebene verbleiben? Warum soll sich die Politikwissenschaft überhaupt mit dem Thema beschäftigen? Die Antwort liegt auf der Hand: Konsum findet nicht in einem abgeschotteten privaten Raum statt, er ist eingebunden in das Wirtschaftssystem, in dem in der liberalen Demokratie letztendlich jeder von uns agiert. Die Bedeutung von persönlichem Wohlstand, Kaufkraft und Konsum ist für die Identität der Bürger und für deren Einschätzung der Leistungsfähigkeit des politischen Systems nicht zu unterschätzen. Nicht jeder von uns ist ein Demokrat, bei weitem nicht jeder geht zur Wahl oder beteiligt sich auf andere Art an der politischen Öffentlichkeit, doch wirklich jeder, selbst die Ausgeschlossenen, ob religiös oder nicht, ob jung oder alt sind in unserer Gesellschaft Konsumenten. Es ist also logisch, sich mit dieser Rolle der Menschen, gerade im demokratischen System, das selbst die Einbeziehung der Bevölkerung beansprucht, intensiv zu beschäftigen. Uns fällt es schwer, die westlichen Demokratien ohne eine Form des Warenaustausches auf einem freien Markt zu denken. Selbst die Parteien und Denker, die sich zur marxistischen Tradition bekennen, haben nach den planwirtschaftlichen Experimenten im ehemaligen Ostblock größtenteils den Glauben an ein komplett anders geartetes Verteilungssystem für Waren und Dienstleitungen aufgegeben und orientieren sich an einen vom Staat stark regulierten Markt, um soziale Ungleichheiten abzufedern.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung - Warum Konsum als Politikum?
- Kleine Geschichte des Konsumierens - Aus Bedürfnissen werden Wünsche
- Begriffsbestimmungen: Konsumismus, Neokonsumismus, Konsumerismus, consumerism
- Was die westliche Welt konsumiert – Globale Wirtschaft, globaler Konsum
- Die „alte\" Konsumkritik – historische Theorien oder zutreffende Prognosen
- Karl Marx: Vergegenständlichung und Warenfetisch
- Die kritische Theorie - Repression durch Überfluss
- Wiederbelebung der Konsumkritik als Globalisierungskritik
- Konsum und Identität
- Recht auf Eigentum und Emanzipation
- Kapitalistischer Geist und die Wiederverzauberung der Lebenswelt
- Konsum- und Dingkultur als westlicher Lebensstil
- Erlebnisgesellschaft und Multioptionalismus
- Individualität und Massenkonsum
- Authentizität und Enttäuschung
- Pierre Bourdieu: Distinktion
- Milieuansätze und Stilanalyse
- Konsum und Politik
- Konsumismus - Die letzte oder das Ende der Ideologie?
- Vom Staatsbürger zum Verbraucher - Zwischen Autonomie und Manipulation
- Politisierter Konsum – Der Consumer-Citizen
- Handlungstheoretische Ansätze
- Kulturtheoretische Ansätze
- Politische Konsumstrategien und ihre Relevanz
- Verbraucherkampagnen und Boykott
- Ethischer Konsum
- Gegenkultur - Culture Jamming
- Verweigerung – Zurück zur Natur
- Kaufen als Bürgerpflicht – Lebensstilpolitik versus Konsumpolitik
- Politische Partizipation und Konsum - Entpolitisierung durch Individualisierung?
- Marketing und Werbung - Kreation von Wünschen und Möglichkeiten
- Konsum und Demokratie
- Exkurs: Kaufkraft statt Freiheit - Hat Beate Uhse die DDR besiegt?
- Sozialpolitik als Konsumsubvention - Von Teilhabe und Ausschluss
- Der Markt und die Demokratie im Spektrum des modernen Liberalismus
- John Rawls: Gerechtigkeit als Fairness und Demokratie mit Eigentumsbesitz
- Nur eine Frage der Gerechtigkeit?
- Norbert Bolz: Die Theorie vom konsumistischen Frieden
- Von der Konsumkritik zum Konsumismus? Neue Perspektiven in einer alten Debatte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit analysiert die vielschichtigen Beziehungen zwischen Konsum, Identität und Politik in modernen westlichen Gesellschaften. Sie beleuchtet, wie der Konsum im Sinne des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen im Kapitalismus das Denken und Handeln von Staatsbürgern in liberalen Demokratien beeinflusst.
- Die Entwicklung des Konsums und seine Auswirkungen auf die Lebenswelt
- Die Rolle des Konsums in der Gestaltung von Identität und Selbstverständnis
- Die politische Dimension des Konsums und seine Interaktion mit dem Wirtschaftssystem
- Die Verbindung von Konsum, Demokratie und politischer Partizipation
- Kritische Perspektiven auf den Konsum und seine Folgen für Gesellschaft und Umwelt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Relevanz des Themas „Konsum als Politikum“ und stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor. Sie beschreibt die Entwicklung des Konsums von seinen Anfängen bis zur modernen Konsumgesellschaft und beleuchtet verschiedene Begriffsdefinitionen wie Konsumismus, Neokonsumismus, Konsumerismus und consumerism.
Das zweite Kapitel widmet sich der „alten“ Konsumkritik, indem es die historischen Theorien von Karl Marx und der kritischen Theorie analysiert. Es betrachtet, wie diese Theorien das Verhältnis von Konsum, Arbeit und gesellschaftlicher Macht beschreiben.
Das dritte Kapitel erforscht die Verbindung zwischen Konsum und Identität. Es analysiert, wie der Konsum Einfluss auf Selbstverständnis, Lebensentwürfe und die Wahrnehmung der eigenen Rolle in der Gesellschaft hat.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der politischen Dimension des Konsums. Es untersucht verschiedene Ansätze und Theorien, die den Einfluss von Konsum auf politische Prozesse, Partizipationsformen und den Wandel des Staatsbürgerverständnisses beleuchten.
Das fünfte Kapitel widmet sich dem Verhältnis von Konsum und Demokratie. Es betrachtet die Rolle des Konsums in der Gestaltung von Wohlfahrtsstaaten und analysiert, wie der Markt und die Demokratie im Kontext des modernen Liberalismus interagieren.
Das sechste Kapitel erörtert neue Perspektiven in der Konsumdebatte und reflektiert über die Entwicklung von der Konsumkritik zum Konsumismus.
Schlüsselwörter
Die Arbeit thematisiert wichtige Konzepte wie Konsumismus, Konsumkultur, Konsumkritik, Identität, Politik, Demokratie, Kapitalismus, Globalisierung, Warenfetisch, Erlebnisgesellschaft, Multioptionalismus, Individualisierung, politische Partizipation, Marketing, Werbung, und Gerechtigkeit.
- Citation du texte
- Benjamin Peschke (Auteur), 2008, Von der Konsumkritik zum Konsumismus? Politische Dimensionen des Konsums in der Gesellschaftstheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/442551