Das Rittertum und höfische Umgangsformen sind bis heute allgegenwärtig: Neben der Nutzung von positiv konnotierten Wörtern, die im Mittelalter ihren Ursprung haben, unter anderem das Wort „höflich“ (mhd.: hovelich, also dem Hof angemessen), wird auch das ritterliche Benehmen gegenwärtig als Beispiel eines Ideals dargestellt. Noch heute sagt man von jemandem mit vorbildlichem Benehmen, er verhalte sich "ritterlich".
Doch welche Tugenden galten wirklich als einem Ritter entsprechend? Der Dichter Petrus von Blois nannte Ende des 12. Jahrhunderts seine Wertvorstellung eines Ritters: "Früher verpflichteten sich die Ritter durch das Band des Eides dazu, daß sie für die öffentliche Ordnung eintreten würden, daß sie in der Schlacht nicht fliehen würden und daß sie ihr Leben für das allgemeine Wohl hingeben würden. [...] Aber diese Sache hat sich ins Gegenteil verkehrt. [...] Sie plündern und berauben die unbemittelten Diener Christi und, was noch schlimmer ist, sie unterdrücken erbarmungslos die Armen [...]."
In diesem kurzen Abschnitt wird deutlich, wie der damalige Dichter von Blois die Ritter und ihre Tugenden definieren würde: Er müsse die öffentlichen Ordnung schützen, großen Mut in der Schlacht besitzen und sich für das allgemeine Wohl einsetzen. Die letzten beiden Sätze machen deutlich, dass es eine Diskrepanz zwischen den Vorstellungen von ritterlichen Tugenden und der tatsächlichen Umsetzung gab. In dieser Arbeit soll es weniger um die Überprüfung der Ausführung dieser Ideale gehen, sondern viel mehr Klischees und Forschungsüberzeugungen anhand mittelalterlicher Literatur überprüft werden. Diese sind die wenigen Zeugnisse, die das Ritterideal näher beäugen. Dass die mittelalterliche Literatur eine durchaus ernstzunehmende Quelle ist, wird auch daran deutlich, dass selbst die adeligen Zeitgenossen diese als Idealform des Lebens angesehen und ihre Kinder nach den Romanhelden benannt haben – die höfischen Erzählungen hatten also Vorbild- und Bildungscharakter.
Welche Tugenden schreiben die modernen Historiker den Rittern zu? Wie kann man diese unterteilen? Inwiefern sind diese Vorstellungen adäquat mit denen der Zeitgenossen? Welches Idealbild hatten die zeitgenössischen Personen von einem Ritter? Welche höfischen und religiösen Ideale werden in Bezug auf die Ritter in der mittelalterlichen Literatur überliefert?
Inhaltsverzeichnis
- 1. DER RITTER UND SEINE TUGENDEN IN DER MITTELALTERLICHEN LITERATUR
- 2. DIE TUGENDEN
- 2.1. HÖFISCHE TUGENDEN
- 2.2. KIRCHLICHE TUGENDEN
- 3. DER RITTER UND SEINE TUGENDEN IN EINER AUSWAHL VON MITTELALTERLICHEN LITERATUR
- 3.1. DIE HALBE BIRNE VON KONRAD VON WÜRZBURG
- 3.2. DER WELT LOHN VON KONRAD VON WÜRZBURG
- 4. FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die in der mittelalterlichen Literatur dargestellten Ideale ritterlichen Verhaltens. Sie vergleicht die von der modernen Forschung erarbeiteten Vorstellungen von ritterlichen Tugenden mit den in ausgewählten Texten des Mittelalters – Konrads von Würzburg „Die halbe Birne“ und „Der Welt Lohn“ – präsentierten Bildern. Ziel ist es, diese Vorstellungen zu vergleichen, zu ergänzen, zu hinterfragen und zu kritisieren.
- Definition ritterlicher Tugenden in der modernen Forschung
- Vergleich der modernen Forschungsansätze mit mittelalterlichen literarischen Darstellungen
- Analyse der in den ausgewählten Texten präsentierten Ritterideale
- Unterscheidung zwischen höfischen und kirchlichen Tugenden
- Die Entwicklung des Ritterbegriffs im Mittelalter
Zusammenfassung der Kapitel
1. DER RITTER UND SEINE TUGENDEN IN DER MITTELALTERLICHEN LITERATUR: Dieses Kapitel legt die Grundlage der Arbeit, indem es die anhaltende Relevanz des Rittertums und höfischer Umgangsformen in der heutigen Gesellschaft beschreibt. Es zeigt die Diskrepanz zwischen dem Idealbild des Ritters als Beschützer der öffentlichen Ordnung und dem realen Verhalten mancher Ritter im Mittelalter auf, basierend auf der Aussage des Dichters Petrus von Blois. Das Kapitel betont die Bedeutung mittelalterlicher Literatur als Quelle für das Verständnis des Ritterideals und stellt die zentralen Forschungsfragen: Welche Tugenden schreiben moderne Historiker den Rittern zu? Wie lassen sich diese unterteilen? Stimmt die moderne Vorstellung mit der damaligen überein? Abschließend skizziert es den methodischen Ansatz der Arbeit.
2. DIE TUGENDEN: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung des Ritterbegriffs vom einfachen Soldaten zum hierarchisch hochgestellten Stand im 12. Jahrhundert. Es wird die Bedeutung der Schwertleite und anderer Zeremonien zur Ritterwerdung erläutert. Der Fokus liegt auf den inneren Erwartungen an einen Ritter – seinen Charakter, seine Tugenden – , wobei höfische und kirchliche Ideale gleichermaßen berücksichtigt werden. Ästhetische Aspekte werden zwar erwähnt, aber nicht im Detail behandelt, um den Fokus auf die reine Verhaltensnorm des Kriegers zu legen. Die Kapitel erläutert die verschiedenen Tugenden die von modernen Historikern den Rittern zugeschrieben werden.
3. DER RITTER UND SEINE TUGENDEN IN EINER AUSWAHL VON MITTELALTERLICHEN LITERATUR: Dieses Kapitel dient der konkreten Untersuchung der in der mittelalterlichen Literatur - an Beispielen von Konrads von Würzburg „Die halbe Birne“ und „Der Welt Lohn“ – abgebildeten Ritterideale. Die ausgewählten Texte liefern konkrete Beispiele für die Umsetzung der im vorhergehenden Kapitel erörterten Tugenden und ermöglichen den Vergleich mit den modernen Forschungsansätzen. Es analysiert wie die Ritter in diesen ausgewählten Texten dargestellt werden.
Schlüsselwörter
Rittertum, höfische Kultur, Mittelalter, Literatur, Tugenden, höfische Tugenden, kirchliche Tugenden, Konrad von Würzburg, Die halbe Birne, Der Welt Lohn, Ritterideal, moderne Forschung, historische Quellen, Verhaltensnormen, Gesellschaftstruktur.
Häufig gestellte Fragen zu: Ritter und seine Tugenden in der mittelalterlichen Literatur
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Darstellung ritterlichen Verhaltens in der mittelalterlichen Literatur. Sie vergleicht die in der modernen Forschung etablierten Vorstellungen von ritterlichen Tugenden mit den in ausgewählten mittelalterlichen Texten – Konrads von Würzburgs „Die halbe Birne“ und „Der Welt Lohn“ – präsentierten Bildern. Der Fokus liegt auf dem Vergleich, der Ergänzung, der Hinterfragung und der Kritik dieser Vorstellungen.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, ritterliche Tugenden in der modernen Forschung zu definieren und diese mit mittelalterlichen literarischen Darstellungen zu vergleichen. Sie analysiert die in den ausgewählten Texten präsentierten Ritterideale, unterscheidet zwischen höfischen und kirchlichen Tugenden und untersucht die Entwicklung des Ritterbegriffs im Mittelalter.
Welche Texte werden analysiert?
Die Haupttexte der Analyse sind Konrads von Würzburgs „Die halbe Birne“ und „Der Welt Lohn“. Diese Werke liefern konkrete Beispiele für die Umsetzung der untersuchten Tugenden und ermöglichen einen Vergleich mit den Ergebnissen der modernen Forschung.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: Kapitel 1 legt die Grundlagen und stellt die Forschungsfragen. Kapitel 2 beleuchtet die Entwicklung des Ritterbegriffs und die verschiedenen Tugenden. Kapitel 3 analysiert die Ritterideale in den ausgewählten Texten von Konrad von Würzburg. Kapitel 4 fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Tugenden werden untersucht?
Die Arbeit untersucht sowohl höfische als auch kirchliche Tugenden, die im Mittelalter einem Ritter zugeschrieben wurden. Der genaue Umfang der untersuchten Tugenden wird im zweiten Kapitel detailliert erläutert.
Wie werden moderne Forschungsansätze berücksichtigt?
Die Arbeit vergleicht die in der modernen Forschung entwickelten Vorstellungen von ritterlichen Tugenden mit den in den mittelalterlichen Texten präsentierten Bildern. Dieser Vergleich bildet die Grundlage der Analyse und Interpretation.
Welche Bedeutung hat der Vergleich zwischen moderner Forschung und mittelalterlichen Texten?
Der Vergleich ermöglicht es, die Vorstellungen von ritterlichen Tugenden im Mittelalter zu überprüfen und zu relativieren. Er erlaubt es, die Diskrepanzen zwischen dem Idealbild des Ritters und der Realität aufzuzeigen und zu diskutieren.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Rittertum, höfische Kultur, Mittelalter, Literatur, Tugenden, höfische Tugenden, kirchliche Tugenden, Konrad von Würzburg, Die halbe Birne, Der Welt Lohn, Ritterideal, moderne Forschung, historische Quellen, Verhaltensnormen, Gesellschaftstruktur.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die zentrale These ist, dass ein Vergleich zwischen modernen Forschungsergebnissen und den literarischen Darstellungen des Mittelalters ein differenziertes Bild des Ritterideals und seiner zugehörigen Tugenden ermöglicht. Es werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Ideal und der Realität aufgezeigt.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2018, Rittertugenden im Mittelalter. Eine Literaturauswahl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/442629