Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Hintergründe
3. Methodik
3.1 Design
3.2 Operationalisierung
3.3 Auswertung
4. Ergebnisse
4.1 Die Ergebnisse der einzelnen Klassenstufen
4.2 Korrelation zwischen dem Geschlecht und der Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
5. Diskussion und Schlussfolgerung
6. Abschließende Reflexion zum Modul mit dem Schwerpunkt ,,Professionelle Kompetenz von Lehrkräften‘‘
7. Literatur
Anhang A: Der Fragebogen
Anhang B: Altersdurchschnittstabelle
Anhang C: Ergebnisse der Klassenstufe
Anhang D: Ergebnisse der Klassenstufe
Anhang E: Ergebnisse der Klassenstufe
Anhang F: Die Ergebnisse aller Schülerinnen und Schüler
Anhang G: Aufgabe 1 Themenfindung und Entwicklung einer Forschungsfrage
Anhang H: Aufgabe 3 Mindmap und Minibibliografie
Anhang I: Aufgabe 4 zu Sitzung 10 – Diskussion zu den Projekten
Anhang J: Operationalisierungsübung
Anhang K: Roter Faden des Projekts:
Anhang L: Exposé zum Forschungsprojekt
Anhang M : Stundennachweis
I. Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Graphische Darstellung der Ergebnisse als Durchschnitt der einzelnen Klassen in Bezug auf die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
Abbildung 2: Graphische Darstellung der Ergebnisse getrennt in Geschlecht in Bezug auf die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
Abbildung 3: Das Kompetenzmodell von COACTIV mit Spezifikationen für das Professionswissen
II. Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1: Die Ergebnisse als Durchschnitt der einzelnen Klassenstufen in Bezug auf die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
Tabelle 2: Die Ergebnisse getrennt in Geschlecht in Bezug auf die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
Tabelle 3: Ergebnisse der Klassenstufe 8 – relative und absolute Häufigkeit bezogen auf die Kriterien
Tabelle 4: Ergebnisse der Klassenstufe 10 – relative und absolute Häufigkeit bezogen auf die Kriterien
Tabelle 5: Ergebnisse der Klassenstufe 12 – relative und absolute Häufigkeit bezogen auf die Kriterien
Tabelle 6: Die Ergebnisse aller Schülerinnen und Schüler
1. Einleitung
Heutzutage ist es unausweichlich, dass die Schülerinnen und Schüler (SuS) in einer Ellenbogengesellschaft mit Egoismus, Konkurrenz und Rücksichtslosigkeit großgezogen werden und damit auch Berührung finden. Sie erlernen eine verstärkte Selbstbezogenheit im Kindes- und Jugendalter, welches zur Folge hat, dass die sozialen Kompetenzen immer mehr verschwinden. ,,Festgestellt wird ein Trend zu einem stärkeren Individualismus, ein Rückgang sozialer, kollektiver und ethischer Wertehaltungen […]‘‘(Pühse, 1999, S. 215). Aus diesem Grund werden immer mehr Forderungen laut, dass sich die Schule mehr Zeit für die Förderung der sozialen Kompetenzen der SuS nehmen müsste. Der Sportunterricht ist hierfür ein sehr geeignetes Feld auf Grund seiner Praxisbezogenheit und der dadurch immer wieder entstehenden sozialen Situationen. Der Unterschied zu den anderen Fächern besteht darin, dass die SuS nicht nur in verbal-reflektierende Auseinandersetzungen geraten, sondern auch in handelnde und in aktiv körperliche Auseinandersetzungen. Denn die Förderung des motorischen Handelns im Sportunterricht erfolgt in sozialen Zusammenhängen, die Kooperation, Verständigung und Konkurrenz benötigen[1]. Diese sozialen Aktionen, wie beispielsweise Spiele und Wettkämpfe, sind konstitutive Bestandteile sportlicher Handlungen. Sie setzen voraus, dass die SuS sich gegenseitig über die Regeln und den Ablauf geeinigt haben. Die Handlungsfähigkeit im Sport beinhaltet Kooperation, Fairness, Verständigung über Regeln und das Umgehen mit Sieg und Niederlage. Die Kinder sollen somit im Sport die Fähigkeit erlernen, gemeinsam Sport zu treiben und diese Fähigkeit auch in ihrem alltäglichen Leben anwenden können. ,,Insbesondere fördert der Sportunterricht die körperliche und motorische sowie -damit eng verknüpft- die psychische und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen‘‘ (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Berlin), 2015), so heißt es im aktuellen Rahmenlehrplan des Fachs Sport von Berlin und Brandenburg. Zu den klassischen Kompetenzen Bewegen und Handeln im Sportunterricht wird nun auch die Förderung der Kompetenzbereiche Interagieren, Methoden anwenden sowie Reflektieren und Urteilen erwartet[2]. Das Thema des sozialen Lehrens und Lernens bekommt im Sportunterricht einen ganz neuen Stellenwert zugeschrieben. Für die Ausführung des Sportunterrichts ist es von besonderer Bedeutung, dass die Lehrkräfte die Vorstellungen und die Lernziele der SuS in ihrem Unterricht mit einbeziehen. Guter Sportunterricht besteht auch aus der Einbeziehung der Wünsche der SuS um die Motivation und das Interesse zu steigern. Deshalb ist es wichtig sich die Frage zu stellen, ob die Lernziele im Rahmenlehrplan mit denen der SuS übereinstimmen. Doch in der Regel werden diese nicht dazu befragt, was für ein Stellenwert das soziale Lernen im Sportunterricht für sie hat und welche Zielsetzungen sie für ihr eigenes Handeln damit verbinden. Hier besteht zunächst noch deutlicher Forschungsbedarf[3]. Wie oben schon beschrieben besteht ein guter Sportunterricht darin, dass man die Wünsche und die Lernziele der SuS berücksichtigt. Da nun immer mehr der soziale Aspekt im Sportunterricht einbezogen werden soll, wie es im Rahmenlehrplan Sport für Berlin und Brandenburg steht, ist auch hier die Erforschung der Bedeutsamkeit des sozialen Lernens im Sportunterricht für die SuS nötig. Dieses Anliegen möchte ich mit meinem Forschungsprojekt ausarbeiten. Meine Forschungsfrage lautet: Inwiefern sehen die Schülerinnen und Schüler das soziale Lernen im Sportunterricht als Lernziel? Studien zu der Frage, inwiefern die Schülerinnen und Schüler das soziale Lernen als Lernziel im Sportunterricht finden, gibt es sehr wenige. Uwe Pühse beschreibt in seinem Aufsatz ,,Soziale Lernprozesse im Sportunterricht‘‘ von 1999 eine Studie, in der 397 SuS der 6. Und 7. Klasse auf den sozialen und partnerschaftlichen Umgang miteinander befragt wurden. Prinzipiell zeigte die Studie, dass ein fairer, rücksichtsvoller und kameradschaftlicher Umgang für die SuS von Bedeutung sei. Bei dieser Studie bekamen sie einen Fragebogen mit festgelegten Fragen vorgelegt.[4] Da es nur sehr wenige Studien zu diesem Thema gibt und die oben genannte Studie auch fast 20 Jahre her ist, möchte ich an dieser Studie anknüpfen und ebenso den SuS einen Fragebogen zur Bedeutsamkeit des sozialen Lernens mit festgelegten Fragen austeilen. Ich möchte zeigen, dass das soziale Lernen im Sportunterricht für die SuS immer noch aktuell und relevant ist. Deshalb lautet meine Hypothese: Die Schülerinnen und Schüler empfinden das soziale Lernen als relevant. Das Forschungsprojekt wird sich auf die Aspekte des sozialen Lernens von Bähr (2008), Balz (1998) und Cachay und Kleindienst-Cachay (1994) beziehen. Ingrid Bähr beschrieb ein Modell des sozialen Handelns im Sport, bestehend aus den drei Basisdimensionen Verständigung, Kooperation und Konkurrenz. Dieses Modell beschreibt die wichtigsten Inhalte der Sozialerziehung im Sportunterricht, welche so gut wie möglich berücksichtigt werden sollten[5]. Eckard Balz beschrieb 5 Methodische Lernfelder zum sozialen Lernen im Sportunterricht. Diese lauten: Regeln verstehen und handhaben, Rollen übernehmen und gestalten, Konflikte vermeiden und bewältigen, Gefühle ausleben und meistern und Unterschiede erkennen und berücksichtigen. Wichtig zu beachten ist hierbei, dass diese Lernfelder nur als Handlungsorientierungen dienen und nicht als Handlungsanweisungen[6]. Klaus Cachay und Crista Kleindienst-Cachay haben zum Thema soziales Lernen Qualifikationen für den Vermittlungsprozess beschrieben. Diese sind Empathie und Rollenübernahme, Rollendistanz, Ambiguitäts- und Frustrationstoleranz sowie die Identitätsdarstellung. Diese Qualifikationen können von den SuS dann erworben werden, wenn ihnen ein flexibler Umgang in sozialen Interaktionen mit Regeln und Erwartungen eingeräumt wird. Dabei sollen sie lernen, selber Bedürfnisse und Erwartungen einzubringen[7]. Das Luise-Henriette-Gymnasium in Oranienburg ist eine staatliche Schule im Land Brandenburg. Die Besonderheit an dieser Schule liegt hier bei der Erziehung zu gegenseitigem Respekt und Wertschätzung. Die Lernatmosphäre im Sportunterricht sowie in den anderen Fächern zielt auf Kooperation und Verständigung[8]. Diese Grundlage ist für das Forschungsprojekt von besonderer Bedeutung, da ich davon ausgehe, dass die SuS ein Grundverständnis vom sozialen Lehren und Lernen haben. Aufgrund der Schulgröße mit ca. 700 Schülerinnen und Schüler und 49 Lehrerinnen und Lehrer bietet sie optimale Bedingungen zur Forschung an meinem Projekt, da ich dafür eine große Auswahl an SuS aus verschiedenen Klassenstufen zur Befragung benötige. Diese Arbeit ist so gegliedert, dass zu allererst die theoretischen Hintergründe geklärt werden. Eine große Bedeutung spielen hier die Aspekte von Bähr (2008), Balz (1998) und Cachay und Kleindienst-Cachay (1994). Anschließend wird die Methodik des Forschungsprojektes beschrieben. Darauf folgend werden die Ergebnisse des Forschungsprojektes dargestellt. Im nächsten Kapitel geht es um die Auswertung der Daten und somit auch um Diskussion und Schlussfolgerung des Forschungsprojekts. Als letztes wird die Reflexion des Moduls mit dem Schwerpunkt der professionellen Kompetenz der Lehrkräfte dargelegt.
2. Theoretische Hintergründe
Das soziale Lernen im Sportunterricht erhält seinen Anspruch im Doppelauftrag, der wie folgt im Rahmenlehrplan von Berlin und Brandenburg beschrieben wird: ,,Damit erfüllt der Sportunterricht seinen Doppelauftrag, der sowohl eine Qualifikation zur Teilhabe an der Sport- und Bewegungskultur (Erziehung zum Sport) als auch eine Entwicklungsförderung durch Sport und Bewegung (Erziehung im Sport) beinhaltet‘‘(Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Berlin), 2015). Es geht nun nicht mehr nur um die Erschließung der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur, sondern eben auch um die Entwicklungsförderung durch die Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur. Um den Schülerinnen und Schülern die sozialen Kompetenzen für die Entwicklungsförderung näher zu bringen, muss man sich als Lehrkraft mit dem Thema soziales Lernen auseinandersetzen. Da es die Grundlage für dieses Forschungsprojekt bildet, wird in diesem Kapitel auf die theoretischen Hintergründe des sozialen Lernens eingegangen. Warum ist gerade der Sportunterricht ein geeignetes Fach für die Vermittlung von sozialen Kompetenzen? Die zentralen Anliegen des Sportunterrichts sind zum einen die Förderung des Sport- und Bewegungshandelns als auch die motorische Entwicklung der SuS zu steigern. Dies geschieht meistens in sozialen Zusammenhängen, die kooperatives und auf Verständigung ausgerichtetes Vorgehen benötigen. ,,Soziale Aktionen sind also konstitutive Bestandteile sportlicher Handlungen und stellen eine ,,sachbezogene Notwendigkeit‘‘ dar[9]. Im Vergleich zu den anderen Fächern bietet der Sportunterricht den SuS nicht nur eine verbal-reflektierende, sondern auch eine handelnde und in aktiv körperliche Auseinandersetzung bestehende Lernatmosphäre. Dabei stehen die motorischen Qualifikationen und die sozialen Handlungen in einem permanenten Wechselverhältnis, bei dem motorische Qualifikationen Voraussetzungen sind, um sozial zu handeln. Ebenso nehmen die sozialen Handlungen Einfluss darauf, wie sich die motorischen Handlungen innerhalb einer sportlichen Handlungssituation entwickeln. Handlungsfähigkeit im Sport beinhaltet nicht nur motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern eben auch soziale Interaktionen, wie zum Beispiel Kooperation, Fairness, Regeln verstehen oder auch mit dem Sieg oder der Niederlage um zugehen. Ziele einer Sozialerziehung im Sportunterricht wurden von Christa Kleindienst-Cachay und von Klaus Cachay in ihrem Aufsatz ,,Soziales Lehren und Lernen im Sportunterricht – Theoretische Überlegungen und unterrichtspraktisches Beispiel‘‘ von 1994 beschrieben. Die beiden Autoren gehen von zwei Leitzielen im sozialen Lernen im Sportunterricht aus. Das erste Leitziel befasst sich mit der Integration der SuS untereinander. Sie sollen sich durch Bewegung, Spiel und Sport kennen lernen und so Vorurteile und Stereotypen abbauen. Das zweite Leitziel handelt vom gemeinsamen Sporttreiben zwischen Jungen und Mädchen. Dabei sollen sie sportliche Handlungssituationen miteinander aushandeln und versuchen diese aufrecht zuhalten. Gegebenfalls ist es ihnen gestattet diese Situationen auch zu ändern. Dieser Ansatz geht von alltäglichen Problemen in der Schule aus und orientiert sich an der interaktionistischen Rollentheorie, bei der es im sozialen Handeln um Rollenübernahme und –gestaltung geht. Um diesen Vermittlungsprozess bei SuS zu erreichen, beschreiben C. Kleindienst-Chachay und K. Chachay vier Qualifikationen als Voraussetzungen: Empathie und Rollenübernahme, Rollendistanz, Ambiguitäts- und Frustrationstoleranz und Identitätsdarstellung. In diesem Forschungsprojekt wird die Qualifikation Identitätsdarstellung mit einbezogen, genauere Beschreibungen hierfür befinden sich im Kapitel 3. Methodik. Damit die SuS diese Qualifikationen erreichen können, muss man als Lehrkraft den SuS Flexibilität im Umgang mit Erwartungen und Regeln einräumen, sodass sie selbst Bedürfnisse und Wünsche einbringen können. Ingrid Bähr beschreibt in ihren Aufsatz ,,Soziales Handeln und Soziales Lernen im Sportunterricht‘‘ von 2008, ,,dass über eine systematische pädagogische Einflussnahme auf die Sportsozialisation eine soziale Handlungsfähigkeit im Sport entwickelt bzw. zum Erwerb sozialer Kompetenzen durch Sport beigetragen werden kann‘‘. Um diese zu erreichen beschreibt I. Bähr drei Basisdimensionen, die mit den inhaltlichen Momenten eng miteinander verknüpft werden müssen. Diese drei Basisdimensionen sind Verständigung, Kooperation und Konkurrenz. Die Basisdimension Verständigung bezieht sich auf zwei Ebenen. Zum einen auf die reflexive Ebene, die durch taktische Absprachen innerhalb einer Mannschaft oder durch Diskussion und Veränderung von Spielregeln beschrieben wird, aber auch auf die leibliche Ebene, bei der es um die ,,Unmittelbarkeit sozialer Bewegungsbeziehungen‘‘(Bähr, 2008, S. 173) geht, in dem zum Beispiel die Bewegung eines Kampfpartners vorausgeahnt wird. Die Basisdimension Verständigung bezieht sich auf ein ,,konstruktives Miteinander, ein Sich-Einfühlen-in und Reagieren-auf den Anderen‘‘(Bähr, 2008, S. 173). Die zweite Basisdimension, Kooperation, beschreibt eine Kooperationsbereitschaft und –fähigkeit, durch die eine Bewegung zwischen zwei oder mehreren Personen gelingt. Die letzte Basisdimension ist die Konkurrenz, welche als eine erweiterte Form der Kooperation beschrieben wird. Es geht hier um Situationen in Wettkämpfen, Spielen und des Leistungsvergleichs. Die SuS müssen ein faires Handeln lernen, deren Merkmal beschrieben wird durch eine Distanz von egoistischen Bedürfnissen. Alle drei Basisdimensionen sind Bestandteil in diesem Forschungsprojektes und Inhalt des Fragebogens. Auch hier wird im nächsten Kapitel, dem Kapitel 3. Methodik, noch einmal eingegangen. Einen weiteren bedeutsamen Artikel zu dem Thema soziales Lernen im Sportunterricht schreibt Eckard Balz 1998 unter dem Titel ,,Wie kann man soziales Lernen fördern?‘‘. Sein Ziel in diesem Aufsatz widmet er der Klärung der methodischen Wege und Mittel, die ausschlaggebend für die Initiierung und Förderung sozialer Lernprozesse im Sportunterricht sind. Für E. Balz ist es wichtig, dass man sich zunächst verdeutlicht, welche Voraussetzungen soziales Lernen im Sportunterricht hat. Er benennt hierzu drei zentrale Aspekte. Zum einen findet soziales Lernen in jedem Sportunterricht statt. Soziale Lernprozesse sind Inhalt jedes Sportunterrichts, egal ob beabsichtigt oder ungeplant. Der zweite Aspekt beschreibt einen direkten Zusammenhang vom motorischen Lernen und vom sozialen Lernen im Sportunterricht. Zum Gelingen von bestimmten Spiel- oder Wettkampfsituationen sind nicht nur motorische Fertigkeiten wichtig, sondern eben auch solche, die einen fairen Wettkampf erst ermöglichen, wie zum Beispiel die Fähigkeit Verständigung und Konkurrenz. Als letzten Aspekt benennt er die Notwendigkeit einer methodischen Reflexion für das soziale Lernen im Sportunterricht. In dieser Reflexion tritt die Frage nach den Methoden zum Vorschein. Hierfür beschreibt E. Balz fünf methodische Hinweise bzw. fünf typische soziale Lernfelder zum sozialen Lernen im Sportunterricht. Um diese wirksam zu gestalten, muss auf folgendes geachtet werden: ,,Situative Bedingungen sind so zu gestalten, daß soziales Lernen praktisch wirksam werden kann. Dazu gehören […] ein offenes Unterrichtskonzept, die Selbsttätigkeit der SuS, mehr Erfahrung als Belehrung, das Vorbild des Lehrers sowie demokratische Umgangsformen und auf das soziale Lernen bezogene Unterrichtssituationen‘‘(Balz, 1998, S. 156). Das erste soziale Lernfeld benennt E. Balz ,,Regeln verstehen und handhaben‘‘(Balz, 1998, S. 157). Die SuS sollen die Regeln gemeinsam festlegen. Das Verstehen der Regeln ist eine entscheidende Voraussetzung für das Gelingen von Spielen und Wettkämpfen. Die SuS erweitern hierbei ihre kommunikative Kompetenz. Das nächste soziale Lernfeld heißt ,,Rollen übernehmen und gestalten‘‘(Balz, 1998, S. 159). Hierbei sollen die SuS verschiedene Rollen übernehmen. Sie lernen dabei komplexe Verhaltensmuster und Interaktionen zu zulassen und dabei Erfahrungen zu sammeln. Sie sollen sich in andere Rollen versetzten, diese reflektieren und modifizieren oder ablehnen. Bei diesem Austausch der Rollen erfahren sie, was andere Positionen von ihnen erwarten. Dabei können die SuS Durchsetzungsvermögen in anderen Positionen lernen und haben die Gelegenheit zur Selbstdarstellung und zum Statuserwerb. Außerdem können so Klischees abgebaut werden. Das dritte Lernfeld wird als ,,Konflikte vermeiden und bewältigen‘‘(Balz, 1998, S. 160-161). beschrieben. Hierbei geht es um die Charakterisierung von ,,Spielsituationen und Wettkämpfe, […] durch Kooperation und Konkurrenz, durch spannungsreiche Handlungen des Miteinander bzw. des Gegeneinander‘‘(Balz, 1998, S. 160). Damit eng verbunden ist unter anderem die Akzeptanz von Unannehmlichkeiten, das Fairplay, Geduld zu zeigen aber auch die Rücksichtnahme beim Spielen. Als nächstes Lernfeld wird ,,Gefühle ausleben und meistern‘‘(Balz, 1998, S. 162-163) erklärt. Die SuS sollen ihre Gefühle zu lassen und ausleben, nicht unterdrücken. Sie sollen dabei lernen, behutsam mit ihren Gefühlen umzugehen um niemanden zu verletzen. Denn so kann z.B. Freude auf den Gegner Wut bewirken. Das letzte und fünfte Lernfeld wird als ,,Unterschiede erkennen und berücksichtigen‘‘(Balz, 1998, S. 163-165) beschrieben. Da die SuS sich keineswegs gleichen und sich somit differenzieren, müssen sie lernen, diese Unterschiede zu erkennen, anzunehmen und rücksichtsvoll damit umzugehen. Alle fünf Lernfelder sind Teil des Fragebogens. Im nächsten Kapitel wird im Schritt der Operationalisierung genauer darauf eingegangen, in wie fern sie Teil des Fragebogens sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass soziale Lernprozesse im Sportunterricht abhängig sind von ,,sozialen Einstellungen und Haltungen, der Kenntnis und Gestaltung von Regeln des Zusammenlebens, dem Einfluss des sozialisatorischen Umfeldes sowie der Entwicklung und Übernahme alters- und geschlechtsbezogener Rollen und Verhaltensnormen‘‘(Pühse, 2001, S. 337). Wie in der Einleitung angesprochen befindet sich in dem Artikel ,,Soziale Lernprozesse im Sportunterricht‘‘ von Uwe Pühse von 1999 eine Studie die diese Einstellungen und Haltungen zum sozialen Lernen im Sportunterricht der SuS erfragt hat. Dabei wurden insgesamt 397 SuS aus den Klassen 6 und 7 zu ihrer Sicht zum Sportunterricht befragt. In diesem Fragebogen befanden sich allerdings nur einzelne Fragen zu dem Aspekt soziales Lernen. Auf die Frage ,,Welche Bedeutung die Schülerinnen und Schüler einem fairen und rücksichtsvollen Umgang im Sportunterricht beimessen‘‘(Pühse, 1999, S. 225) antworteten 91,7% der SuS mit sehr wichtig oder wichtig. Außerdem wurden weitere Fragen zu den Themen ,,Sich untereinander Helfen‘‘, ,,Sich Tipps geben‘‘ und ,,eine gute Kameradschaft‘‘ mit ähnlichen Ergebnissen dargestellt. Daraus erschließt sich, dass das Thema Soziales Lernen im Sportunterricht für die SuS bedeutsam erscheint. An diesem Punkt wird sich meine Forschungsarbeit anschließen, in dem ich einen konkreten Fragebogen zum Thema soziales Lernen im Sportunterricht aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler austeilen und auswerten werde.
3. Methodik
3.1 Design
Um herauszufinden inwiefern das soziale Lernen für die SuS ein relevantes Lernziel ist, habe ich die Methode des Fragebogens zur Datenerhebung gewählt. Dieser Fragebogen sowie alle weiteren benannten Dokumente befinden sich im Anhang. Er bestand aus 17 Fragen, die sowohl auf Aspekte des sozialen Lernens als auch auf allgemeine Aspekte des Sportunterrichts gerichtet sind. Dabei stellen die Frage eins, vier, fünf und zehn eine Abwechslung zum Thema sozialen Lernen und gehören zu allgemeinen Aspekten des Sportunterrichts. Die Frage eins steht für das Thema der Entwicklung der körperlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Sport. In der Frage vier geht es um das Thema der Körpererfahrung. Die Bedeutsamkeit eine neue Sportart zu lernen, befindet sich in Frage fünf. Die Frage 10 richtet sich an die Gesundheitserziehung im Sportunterricht aus der Sicht der SuS. Das theoretische Fundament für den Fragebogen stellen die drei Basisdimensionen von Bähr (2008), die fünf Lernfelder von Balz (1998) und eine Qualifikation als Voraussetzung für den Vermittlungsprozess von Cachay und Kleindienst-Cachay (1994) dar. Die drei Basisdimensionen von Bähr befinden sich in den Fragen zwei und 14 mit dem Kriterium Verständigung. in der Frage sechs mit der Kooperation und in der Frage drei mit der Konkurrenz. Auch die fünf Lernfelder von Balz (1998) sind, wie oben schon beschrieben, Bestandteil des Fragebogens. Die Fragen acht und neun stehen für das Lernfeld Regeln verstehen und handhaben, die Frage 12 und 13 für das Lernfeld Rollen übernehmen und gestalten, die Frage sieben für das Lernfeld Konflikte vermeiden und bewältigen, die Fragen 15 und 16 für das Lernfeld Gefühle ausleben und meistern und die Frage 11 für das letze der fünf Lernfelder, Unterschiede erkennen und berücksichtigen. Von Cachay und Kleindienst-Cachay (1994) befindet sich in der Frage 17 die Identitätsdarstellung, als Qualifikation für den Vermittlungsprozess. Dieser Fragebogen wurde jeweils in der Sportstunde zum Anfang des Unterrichts ausgeteilt und von den SuS ausgefüllt. Es wurden insgesamt 120 SuS des Louise-Henriette-Gymnasiums in Oranienburg befragt. Davon waren 71 weiblich und 49 männlich. Aus der achten Klasse wurden 39 SuS befragt, aus der 10. Klasse wurden 42 SuS befragt und aus der 12. Klasse 39 SuS. Um die Ergebnisse so belastbar und realistisch wie möglich zu machen, wurden bei dem Forschungsprojekt verschiedene Klassenstufen befragt. Es sollte eine große Bandbreite an SuS zur Verfügung stehen. Dabei Lag der Altersdurchschnitt bei 15,6. Hierzu befindet sich eine Altersdurchschnittstabelle im Anhang. Der Fragebogen wurde jeweils immer zum Anfang der Unterrichtstunde ausgeteilt und von den SuS einmalig ausgefüllt.
3.2 Operationalisierung
Um diesen Fragebogen zu entwickeln, wurde eine Operationalisierungsübung[10] durchgeführt. Dazu wurden zunächst die Kriterien zu dem Thema soziales Lernen ausgearbeitet. Die Kriterien bestehen aus den drei Basisdimensionen von Bähr (2008), den fünf Lernfelder von Balz (1998) und die Qualifikationen Identitätsdarstellung als Voraussetzungen für den Vermittlungsprozess von Cachay und Kleindienst-Cachay (1994). Aus diesen Kriterien wurden anschließend Indikatoren für den Fragebogen erstellt. Das Kriterium Verständigung bekam die Indikatoren verständnisvoller Umgang, Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft beim gemeinsamen Sporttreiben. Das Kriterium Kooperation bekam den Indikator fairer und rücksichtsvoller Umgang in Spielen und Wettkämpfen. Das Kriterium Konkurrenz wurde mit dem Indikator des Ausführens von Spielen und Wettkämpfen beschrieben. Das Kriterium Regeln verstehen und handhaben wurde mit den Indikatoren Anpassung der Regeln für ein faires Spiel und Aufstellung neuer Regeln beschrieben. Das Kriterium Rollen übernehmen und gestalten bekam die Indikatoren gemeinsames Helfen, Tipps geben und Verantwortung übernehmen. Das Kriterium Konflikte vermeiden und bewältigen bekam die Indikatoren gemeinsames Besprechen der Konflikte und Lösungen finden. Das Kriterium Gefühle ausleben und meistern bekam die Indikatoren Spaß im Sportunterricht und der Ausgleich durch den Sportunterricht. Das Kriterium Unterschiede erkennen und berücksichtigen bekam die Indikatoren das Ziel als Gruppe erreichen und eigene Wünsch und Erwartungen hinter das Gruppenziel zu stellen. Das letzte Kriterium Identitätsdarstellung wurde durch den Indikator des eigenen Entscheidungsfreiraums beschrieben.
3.3 Auswertung
Der Fragebögen wurde mittels quantitativer Methoden ausgewertet (Roos & Leutwyler, 2017, S. 263f.). Hierfür wurden zunächst in den einzelnen Klassen die Antworten der Fragebögen in Tabellen zusammengefasst, welche sich auf die Indikatoren der Kriterien beziehen. Diese beinhalten die absolute und die relative Häufigkeit, sowohl geschlechtergetrennt als auch für die gesamte Klasse und befinden sich im Anhang. Anschließend wurden diese Werte in zwei Tabellen zusammengefasst, welche sich allein auf die Kriterien beziehen. Diese beinhalten den Durchschnitt der Antworten von der gesamten Klasse und von den Geschlechtern, welche sich im nächsten Kapitel befinden. Anhand der geschlechtergetrennten Werte, konnte man eine Korrelation entwickeln zwischen dem Geschlecht und der Bedeutsamkeit des sozialen Lernens für die SuS.
4. Ergebnisse
In diesem Kapitel befinden sich die Ergebnisse des Fragebogens. Hier wird der Durchschnitt der Antwortmöglichkeiten bezogen auf die Kriterien dargestellt. Um diesen Durschnitt ausrechnen zu können, bekam die Antwortmöglichkeit ,,sehr wichtig‘‘ den Wert 4, der gleichzeitig der höchste Wert ist, den eine Klasse in Bezug auf die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens erreichen kann. Der niedrigste Wert wird durch die Antwortmöglichkeit ,,unwichtig‘‘ mit 1 beschrieben. Umso höher der Wert für die Antwortmöglichkeiten, umso höher die Bedeutsamkeit der SuS für das soziale Lernen. Im Anhang befindet sich für jede Klasse eine Tabelle, in der man die absolute und die relative Häufigkeit der einzelnen Antwortmöglichkeiten in Bezug auf die einzelnen Indikatoren der Kriterien einsehen kann.
4.1 Die Ergebnisse der einzelnen Klassenstufen
In der Tabelle 1 befindet sich der Durchschnitt für die Antworten der einzelnen Klassenstufen bezogen auf die Kriterien. Die 8. Klasse bewertete das Kriterium Gefühle ausleben und meistern mit dem Wert 3,67 am höchsten. Dicht dahinter steht die Kooperation mit dem Wert 3,6. Demzufolge haben die meisten SuS dort wichtig oder sehr wichtig angekreuzt. Unterschiede erkennen und berücksichtigen hat den niedrigsten Wert in der achten Klasse bekommen mit 2,78. In der Klasse 10 bekam die Kooperation den höchsten Wert mit 3,6. Der niedrigste Wert wird mit 2,6 für Regeln verstehen und handhaben und Rollen übernehmen und gestalten beschrieben. Vergleicht man die 10. Klasse mit der 8. Klasse, so wird deutlich, dass die Werte für das soziale Lernen in der 10. Klasse niedriger sind als in der 8. Klasse. In der Klasse 12 wurde das Kriterium Kooperation am höchsten mit 3,6 bewertet. Die niedrigste Bewertung bekam hier das Kriterium Unterschiede erkennen und berücksichtigen mit 2,56. Vergleicht man nun die Klasse 12. mit der 8. und der 10. Klasse, so wird sichtbar, dass in der 12. Klasse ebenso, wie in der 10. Klasse die Werte für das soziale Lernen im Vergleich mit der 8. Klasse niedriger sind. Mit der Abbildung 1 sind die Unterschiede der einzelnen Klassen sehr gut erkennbar. Die Klasse 8 hat durchgehend die höheren Werte. Des Weiteren lässt sich erkennen, dass der Durchschnitt der teilnehmenden SuS nicht bei weniger als 2,5 liegt. Die größte Differenz bei der Bewertung liegt bei dem Kriterium Rollen übernehmen und gestalten. Die Differenz von der Klasse 8 zur Klasse 10 beträgt hier 0,5. Die größte Übereinstimmung der Klassen befinden wir bei dem Kriterium Kooperation.
Tabelle 1: Die Ergebnisse als Durchschnitt der einzelnen Klassenstufen in Bezug auf die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Graphische Darstellung der Ergebnisse als Durchschnitt der einzelnen Klassen in Bezug auf die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.2 Korrelation zwischen dem Geschlecht und der Bedeutsamkeit des sozialen Lernens
Um herauszufinden ob bei der Bewertung für die Bedeutsamkeit des sozialen Lernens das Geschlecht eine Rolle spielt, wird nun der Durchschnitt der Antworten der Mädchen und der Jungen getrennt betrachtet. Diese befinden sich in Tabelle 2. Bei den Schülerinnen bekam das Kriterium Kooperation den größten Wert mit 3,8 zugeschrieben. Das Kriterium Konkurrenz bekam den niedrigsten Wert mit 2,7 von den Schülerinnen. Bei den männlichen Schülern bekam das Kriterium Gefühle ausleben und meistern die größte Bedeutung mit 3,5. Mit 2,6 wurde das Kriterium Regeln verstehen und handhaben an letzter Stelle gewählt. In der graphischen Darstellung (Abb. 2) werden die Unterschiede der Geschlechter verdeutlicht. Gemeinsamkeiten sind zum einen, dass bei beiden Geschlechtern die Kriterien Regeln verstehen und handhaben und Unterschiede erkennen und berücksichtigen einen niedrigeren Stellenwert wie die anderen Kriterien haben. Des Weiteren haben beide Geschlechter die Kriterien Kooperation und Gefühle ausleben und meistern einen hohen Stellenwert zugeschrieben. Starke Unterschiede sieht man zum anderen bei den Kriterien Konkurrenz und Konflikte vermeiden und bewältigen.
[...]
[1] Vgl.: Bähr, I. (2008). Soziales Handeln und soziales Lernen im Sportunterricht. In H. Lange und S. Sinning (Hrsg .), Handbuch Sportdidaktik (S. 172-193). Balingen: Spitta Verlag
[2] Vgl.: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Berlin) (18.11.2015). Rahmenlehrplan Berlin-Brandenburg Teil C Sport, Jahrgangsstufen 1-10. https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb /unterricht/rahmenlehrplaene/ Rahmenlehrplanprojekt/amtliche _Fassung/Teil_C_Sport_2015_11_16_web.pdf, abgerufen am 31.01.2018
[3] Vgl.: Pühse, U. (1999). Soziale Lernprozesse im Sportunterricht . In W. Grünzel und R. Laging (Hrsg.), Neues Taschenbuch des Sportunterrichts (S. 215-234). Möhnesee: Schneider Verlag Hohengehren.
[4] Vgl.: Pühse, 1999, S. 224 f.
[5] Vgl.: Bähr, 2008.
[6] Vgl.: Balz, E. (1998). Wie kann man soziales Lernen fördern? In Bielefelder Sportpädagogen (Hrsg.), Methoden im Sportunterricht (S. 149-167). Schondorf: Hofmann.
[7] Vgl.: Cachay, K. & Kleindienst-Cachay, C. (1994). Soziales Lehren und Lernen im Sportunterricht. Theoretische Überlegungen und unterrichtspraktisches Beispiel. In U. Pühse (Hrsg.), Soziales Handeln im Sport und Sportunterricht (S. 101-124). Schondorf: Hofmann.
[8] Vgl.: [Louise-Henriette-Gymnasium]. (o.D.). http://lhg-oranienburg.de/, abgerufen am 31.01.2018.
[9] Vgl.: Pühse, 1999, S. 218.
[10] Das dazugehörige Dokument befindet sich im Anhang unter Operationalisierungsübung Entwurf zwei.