Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Ausgangslage und Rahmung
1.2 Erkenntnisinteresse
1.3 Stand der Forschung bzw. Desiderata
1.4 Erhebung und Auswertungsmethodik
1.5 Aufbau der Arbeit
2. Entwicklung der Definition zum normativen historischen Lernen
2.1 Grundlegende Begriffe: Geschichte, Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur
2.2 Historisches Lernen
3. Definition zu Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen
3.1 Tanztheaterproduktionen im Allgemeinen
3.2 Tanztheaterproduktionen konkret bezogen auf historische Kontexte
4. Bedeutung und Nutzen des Tanztheaters für das historische Lernen: Mehrwert oder Fehlgriff?
5. Zuordnung tanztheatraler Verfahrensweisen zu den Kriterien des normativen historischen Lernens
5.1 Zugrunde gelegter Kriterienkatalog des historischen Lernens
5.2 Tabellarischer Überblick über die Zuordnung der Verfahrensweisen zu den Kriterien
5.3 Tanztheatrale Verfahrensweisen in Bezug auf den Konstruktionsprozess
6. Resümee und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
7.1 Quellen
7.2 Literatur
7.3 Organisationen
7.4 Konzepte
1. Einleitung
1.1 Ausgangslage und Rahmung
Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen florieren derzeit auf staatlichen Bühnen und in der Freien Theaterszene[1]. So wurde bspw. im Stadttheater in Flensburg in der Spielzeit 2015/2016 das Tanztheaterstück „Gefährliche Liebschaften“ frenetisch gefeiert, basierend auf einer literarischen Milieustudie in Briefromanform aus dem Jahre 1782 über die Pariser Aristokratie am Vorabend der Französischen Revolution.[2] Im französischen Raum sorgte im April 2016 das Tanztheaterstück „Les Mémoires d‘un Seigneur“ („Die Erinnerungen eines Herrn“) für großes Aufsehen. Tänzerisch ergründet werden hier die mentalen Innenwelten der historischen Herrscherpersönlichkeiten Caligula, Alexander der Große und Dschingis Khan.[3] Und auch in der Jugend- und Mehrgenerationenbildung finden Tanztheaterprojekte großen Anklang, wie z.B. das Tanzstück „Gethsemane 89 – Eine Tanzbegegnung von Jugendlichen und Zeitzeugen“ aus dem Jahre 2014, das an die deutsch-deutsche Geschichte des Jahres 1989 auf besondere Weise erinnerte.[4]
Zudem wird in tanz-, theater- und geschichtswissenschaftlichen sowie den dazugehörigen didaktischen Diskursen dieser geschichtskulturellen Erscheinungsform ein bedeutendes Potenzial zugesprochen, welches fast euphorische Züge annimmt.
Dergestalt betont Bernd:
„Die Kultivierung präsentativ-leiblicher Vergegenwärtigungen kann [...] wichtige Impulse gegen den drohenden Erfahrungsverlust setzen, der in der zivilisationsgeschichtlich bedingten Dominanz begrifflicher und instrumenteller Weltzugänge begründet ist. Dem Sich-Bewegen als sinnlichsymbolischer Interaktion ist daher eine wichtige pädagogische und gesellschaftliche Bedeutung beizumessen.“[5]
Klieme bekräftigt, dass durch das (Tanz-)Theaterspiel ein „[...] ästhetisch-expressive[r] Modus der Weltbegegnung [...]“[6] erreicht werden kann. Bezüglich der Vergegenwärtigung historischer Begebenheiten und des Konstruktionscharakters von Geschichte schreiben Baumgärtner, Henke-Bockschatz und Günther-Arndt den ästhetischen Inszenierungsformen generell zu, ganzheitlich-sinnlichere, fasslichere und adressatengerechtere Erfahrungsräume zu sein als kognitiv-abstrakte Zugänge.[7]
Dieser Boom von Tanztheaterstücken mit historischen Bezügen auf den Theaterbühnen und die dieser ästhetischen Ausdrucksform beigemessenen Stärken durch die Fachwissenschaft stehen dem gegenwärtig fortwährenden Bedeutungsverlust von Geschichte bei Jugendlichen, in der Gesellschaft und in den Stundentafeln der allgemeinbildenden Schulen ambivalent gegenüber. Nach Ansicht der Geschichtsdidaktiker*innen ist diese gesellschaftliche Interessenlosigkeit gegenüber der Geschichte verheerend, werden gezielt durchgeführte historische Lernprozesse doch als grundlegendes und notwendiges Bildungsgut angesehen. Hierdurch soll ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein ausgebildet werden, um sich als Mensch selbst entfalten und verantwortungsvoll in die Gesellschaft einbringen zu können.[8]
1.2 Erkenntnisinteresse
Die hier skizzierte Lage erweckt also insgesamt den Anschein, dass das Tanztheater mit historischen Bezügen ein zeitgemäßes, beliebtes und angemessenes historisches Lernsetting sei. In dieser Form seinesgleichen suchend, scheint eine Ausweitung dieses Formates in bewussten historischen Lernräumen naheliegend zu sein.
Diese Ausarbeitung geht daher folgender Frage nach: In welcher Weise sind die Kriterien des normativen historischen Lernens, zur Kultivierung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins, in Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen konkret wiederzufinden? Der Beitrag versucht mit dieser analytischen Annäherung Beispiele tanztheatraler Techniken für Bildungseinrichtungen systematisch zu sammeln, die auf jenes historische Lernen zielen. Fokussiert werden hierbei solche Verfahrensweisen bzw. Lernvorgänge, welche die Tänzer*innen und Rezipient*innen betreffen. Denn vor allem diese Rollen können i.d.R. in den inner- und außerschulischen Bildungsinstitutionen im Kontext von Tanztheaterproduktionen auf den Großteil der Lernenden übertragen werden.[9]
1.3 Stand der Forschung bzw. Desiderata
Stand der Forschung zum historischen Lernen durch Tanztheaterproduktionen
Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung bezüglich des Potenzials von Tanztheaterproduktionen für das historische Lernen fehlt weitestgehend. Eine explizite Formulierung und ausschließliche Fokussierung auf normative Lernprozesse im Tanz theater mit nicht -tanzgeschichtlichen historischen Bezügen steht noch aus. Dementsprechend sind bislang keine empirischen Befunde zu verzeichnen.
Bereits erhältliche Beiträge, die das Themenfeld streifen, konzentrieren sich auf Reenactments, Tanztheater mit tanzgeschichtlichen historischen Bezügen, „Geschichte spielen“ und Theater mit historischen Bezügen. Nachstehend wird der Stand der Forschung im Kontext der Thematisierung von Tanz bezüglich dieser Erscheinungsformen dargelegt.[10]
Stand der Forschung zum historischen Lernen durch Reenactments
Im Hinblick auf Reenactments, also dem Nachstellen von historischen Sachverhalten mitunter an den überlieferten Originalschauplätzen[11], gibt es eine überschaubare Anzahl an wissenschaftlichen Publikationen, welche die in solchen Inszenierungen immanenten historischen Lernprozesse beleuchten. Genannt seien in diesem Zusammenhang die Veröffentlichungen von Otto und Roselt „Theater als Zeitmaschine. Zur performativen Praxis des Reenactments. Theater- und kulturwissenschaftliche Perspektiven“[12] sowie von Braun, Heeg, Krüger und Schäfer „Reenacting History. Theater & Geschichte“[13]. Braun et al. erläutern anschaulich, dass sich das Reenactment nicht nur, im klassischen Sinne, als erneutes Verwirklichen historischer Großereignisse wie dem Nachspielen der Völkerschlacht bei Leipzig artikuliert, sondern auch im Theater- und Tanztheaterbereich wiederzufinden ist.[14] Eine Schnittstelle zu den in dieser Arbeit verhandelten Aspekten wird offenkundig.
Stand der Forschung zu Lernprozessen hinsichtlich der Tanzgeschichte durch Tanzreenactments
Zur Spezialform des Reenactments, dem seit den 1990ern nicht selten hervorgebrachten Tanzreenactment, also der Wiederaufführung eines für bedeutsam befundenen historischen Tanzwerkes[15], existieren ebenso einige wissenschaftliche Annäherungen. Zentrale Werke sind der Sammelband von Thurner und Wehren „Original und Revival. Geschichts-Schreibung im Tanz“[16] und die Publikation von Wehren „Körper als Archiv in Bewegung. Choreografie als historiografische Praxis“[17].
Die dort untersuchten „[...] getanzte[n] [...] Tanzgeschichte[n] [...]“[18] gehen über das Streben nach einer detailnahen Wiedergabe eines Stückes gänzlich hinaus. Vielmehr reflektieren die Choreograf*innen mit den Tanzreenactments, ausgehend von einer (für sie persönlich) bedeutungsvollen Fragestellung, historische Sachverhalte, Werke, Techniken und Strömungen des Tanzes sowie dessen Geschichtsschreibung selbst.[19] Sie formen dadurch z.B. Versatzstücke, Fragmente, Neu-Perspektivierungen, Überlagerungen und Verschiebungen in der Auseinandersetzung mit dem Vergangenen.[20] Gleichfalls arbeiten sie Erkenntnisse heraus, die bspw. in künstlerische Schaffens- und Umgangsweisen mit Tanz in Gegenwart und Zukunft Eingang finden.[21]
Der Arbeits- und Wirkungsprozess dieser Tanzproduktionen gleicht somit dem im nachstehenden Kapitel erläuterten Geschichtsverständnis und den darin dargelegten Vorstellungen zum historischen Lernen (siehe Kapitel 2). Infolge dieser Kongruenz zwischen den Charakteristika der getanzten Tanzgeschichten und der Grundauffassung normativen historischen Lernens werden die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Tanzreenactments als elementare Basis für die vorliegende Arbeit zu Rate gezogen.
Vorgenommen werden kann diese Übertragungsmöglichkeit auf Grund dessen,
- dass die erwähnten Publikationen eindeutig den Forschungsgegenstand dieser Arbeit tangieren. Sie weisen normatives historisches Lernen bei Tanzreenactments mittels diverser Werkanalysen ausführlich nach, auch wenn dieses „nur“ auf Tanz geschichte bezogen ist.
- dass sich in Tanztheaterproduktionen mit anderen, nicht -tanzgeschichtlichen historischen Bezügen ähnliche choreografische und lernprozessuale Techniken hinsichtlich des historischen Lernens wie in Tanzreenactments wiederfinden lassen.[22]
Stand der Forschung zum historischen Lernen durch „Geschichte spielen“ im Geschichtsunterricht
Neben der eben skizzierten Aufarbeitung der historischen Lernprozesse in Bezug auf die Tanzreenactments, die in erster Linie von Tanzwissenschaftler*innen in den Blick genommen werden, streift auch die Geschichtsdidaktik historische Lernpotenziale, die sich in der Befassung mit Tanz im Zusammenhang mit Geschichte bei den Lernenden ergeben können. Vorrangig im Kontext von Handlungsorientierung im Geschichtsunterricht, von „Geschichte spielen“, von der Inszenierung von Vergangenem, von Rollenspielen über historische Sachverhalte sowie von körperlichen Dimensionen beim Geschichtslernen wird Tanz wenigstens rudimentär mitverhandelt. Beispielgebend seien die Artikel von Völkel „Handlungsorientierung“[23], von Gautschi „Geschichte spielen“[24] und „Inszenierungen“[25], von Günther-Arndt „Inszenieren“[26], von Meier „Rollenspiel“[27], von Zülsdorf-Kersting ebenso „Rollenspiel“[28] und von Baumgärtner „Medien historischen Lernens: Körperlichkeit“[29] genannt, von denen wesentliche Erkenntnisse in den vorliegenden Beitrag einbezogen werden.
1.4 Erhebung und Auswertungsmethodik
Um sich der Fragestellung aus Kapitel 1.2 anzunähern, werden in Kapitel 5.2 und 5.3 Beispiele für Verfahrensweisen in Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen zusammengestellt, die die Kriterien des normativen historischen Lernens zu erfüllen vermögen. Gemeint sind hier solche Merkmale wie bspw. die Förderung des Temporalbewusstseins und die Vermittlung des Konstrukt-Charakters (siehe Kapitel 5).
Methodisch wird diese Aufstellung erreicht:
- durch eine hermeneutische Annäherung bzw. „Ableitung“ aus den bereits vorhandenen tanzwissenschaftlichen Veröffentlichungen zu den (Tanz-)Reenactments (siehe Kapitel 1.3) sowie
- durch eine überblicksartige Untersuchung und eine genauere Betrachtung relevanter Szenen schwerpunktmäßig der Tanztheaterproduktionen:
a) „Les Mémoires d’un Seigneur“ mittels eines von Arte herausgebrachten Video-Live-Mitschnitts[30],
b) „Gethsemane 89 – Eine Tanzbegegnung von Jugendlichen und Zeitzeugen“ mittels des Videodokuments des gleichnamigen Dokumentarfilms[31] und
c) „Gefährliche Liebschaften“ mittels von Vor-Ort-Beobachtungen während der Live-Aufführungen im Stadttheater in Flensburg[32] durch den Autor der vorliegenden Arbeit.
Des Weiteren werden eine geschichtsdidaktische Perspektive eingenommen, tanzwissenschaftliche Aspekte berücksichtigt sowie Argumentationsansätze der Mentalitäts- und Körpergeschichte einbezogen.
1.5 Aufbau der Arbeit
Eine Beschäftigung mit historischem Lernen im Tanztheater erfolgt in dieser Ausarbeitung zuerst mit der Klärung der Begriffsbildungen Geschichte, Geschichtskultur, Geschichtsbewusstsein, historisches Lernen und Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen, um ein grundlegendes Verständnis zu bilden. In einem sich anschließenden Kapitel soll nunmehr angedeutet werden, was der Mehrwert des Tanztheaters bezüglich des historischen Lernens gegenüber konventionellen Lerngegenständen sein kann. Eingeschlossen sei an dieser Stelle eine Skizzierung möglicher Nachteile bzw. Problemdimensionen des Einsatzes. Hernach werden den Kriterien des normativen historischen Lernens passende Verfahrensweisen aus einigen Tanztheaterproduktionen beispielhaft zugeordnet. Ihren Abschluss findet die Arbeit in einem stichwortartigen Resümee, chronologisch den Kapiteln folgend, einem komprimierten Wiederaufgreifen der Beantwortung der Forschungsfrage sowie einer Empfehlung für den Forschungsdiskurs und die Tanztheaterpraxis.
2. Entwicklung der Definition zum normativen historischen Lernen
[33]
2.1 Grundlegende Begriffe: Geschichte, Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur
Geschichte[34]
In diesem Teil wird die Definition von Geschichte dargelegt, einschließlich:
1. der Darstellung ihrer Bezugspunkte,
2. der Motivation von Menschen für die Auseinandersetzung mit ihr
3. der Verdeutlichung ihrer Bedeutung und
4. der Besprechung ihrer konstruktiv-subjektiven Färbung.
Geschichte, nach dem in dieser Arbeit zugrundeliegenden Verständnis, ist ein Sinnbildungsprozess des Menschen über ausschließlich menschliche Vergangenheit. Demnach bezieht sich Geschichte auf das Leben, das Handeln, auf Freud und Leid von Menschen in vorangegangener Zeit.
Der von Menschen einer jeweiligen Gegenwart vollführte Konstruktionsprozess ergibt sich aus ihren aktuell-relevanten Erfahrungen, Lebensbedingungen, sich zu stellenden und sich ständig wandelnden Fragestellungen oder den präsenten gesellschaftlichen Ordnungen.
Er wird vermittelt über verschiedenartigste Quellen, z.B. zur Orientierung, zur Identitätsfindung, um Handlungskompetenz oder -alternativen aufgezeigt zu bekommen, um zu wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn zu gelangen oder um Macht zu erhalten. Dadurch kann Geschichte eine stark prägende Wirkung sowohl in der Gegenwart als auch für die Zukunft haben bzw. diese gegebenenfalls gar entscheidend (mit-)bestimmen.
Zu bedenken ist, dass, trotz der erheblichen Reichweite, die Sinnbildungen bzw. Narrationen über historische Sachverhalte keinem allgemeingültigen Wahrheitsgehalt entsprechen. Sie sind individuelle, perspektivische, mitunter sehr subjektiv-gefärbte Sinnkonstruktionen z.B. aufgrund verschiedener Intentionen, Vorerfahrungen oder Standortabhängigkeiten. Ebenso ist zu konstatieren, dass diese Sinnbilder nie die gesamte Vergangenheit wiederspiegeln können, sondern nur einen bestimmten, (bewusst) fokussierten Ausschnitt abbilden.
Im Folgenden werden die individuellen, eben angedeuteten Sinnbildungen eines Menschen von menschlicher Vergangenheit – als Geschichtsbewusstsein einer Person – noch präziser expliziert.
Geschichtsbewusstsein[35]
In diesem Abschnitt wird im ersten Teil der Begriff des Geschichtsbewusstseins sowie dessen Beschaffenheit und Zusammensetzung erläutert. Im zweiten Teil werden die mentalen Inhalte des Geschichtsbewusstseins durch das Aufführen der sieben Dimensionen konkretisiert, die durch Pandel bestimmt wurden.
Unter Geschichtsbewusstsein wird in diesem Beitrag die individuelle Vorstellung eines Menschen von Geschichte aufgefasst. Mittels der eigenen vorhandenen Sinne und komplexer Gehirnaktivitäten wird diese Perspektive durch die das Individuum umgebende Geschichtskultur gebildet. Es handelt sich nicht um ein wirklichkeitsidentisches Abbild, sondern um ein persönliches Bewusstseins- und Gedankengebilde bzw. um eine Sinnbildung über Zeiterleben und -wahrnehmung. Dieses Vorstellungskonstrukt kann auf verschiedenen Niveaustufen ausgeprägt sein, z.B. von der simplen Parole bis hin zur wissenschaftliche Gütekriterien erfüllenden Narration.
Das Geschichtsbewusstsein ist nicht statisch, sondern verändert sich durch die fortwährende Auseinandersetzung des Ichs mit der Welt. Es ist ein mentales Gebilde aus kognitiven und emotionalen Dimensionen, ästhetischen und normativen Vorstellungen sowie Interessen.
Nach Pandel setzt sich das Geschichtsbewusstsein aus den Basisdimensionen und den gesellschaftlichen Dimensionen zusammen, die in sieben Bewusstseinsebenen untergliedert werden.[36]
Die Basisdimensionen sind:
- das Temporalbewusstsein (das Erkennen von Unterschieden zwischen „früher“ versus „heute“ versus „morgen“),
- das Wirklichkeitsbewusstsein (das Durchschauen der Andersheit zwischen „wirklich“ versus „fiktiv“) und
- das Historizitätsbewusstsein (das Wahrnehmen von historischen Entwicklungen im Spannungsfeld zwischen „relativ statisch“ versus „sehr wechselvoll“).
Als gesellschaftliche Dimensionen gelten:
- das politische Bewusstsein (das Erfassen von Machtstrukturen und den immanenten Kräfteverhältnissen zwischen „Herrscher“ versus „Beherrschte“),
- das ökonomisch-soziale Bewusstsein (der reflektierte Umgang mit dem Spannungsgeflecht „Armut“ versus „Reichtum“)
- das moralische Bewusstsein (die differenzierte Bewertungsfähigkeit von Moralvorstellungen im Kontext eines bestimmten Zeitgeistes zwischen „richtig“/„gut“ versus „falsch“/ „böse“) und
- das Identitätsbewusstsein (die adäquate Unterscheidung zwischen „wir“ versus „ihr“/ „sie“/„die anderen“ und den diesbezüglich eingeprägten Blickwinkeln).
Rahmend für die sieben Dimensionen führt Pandel die Kategorie der Emotionalität auf, da diese jene sieben Ausprägungsweisen maßgeblich im Menschen mitbedingt.
Diesem Abschnitt nachstehend wird der obig erwähnte Mittler für das Geschichtsbewusstsein, die Geschichtskultur, eingehender erläutert.
Geschichtskultur[37]
Eine Annäherung an den Begriff der Geschichtskultur erfolgt in diesem Kapitel durch:
1. einen Definitionsversuch und
2. die Darlegung der drei Dimensionen.
In der Betrachtungsweise der vorliegenden Arbeit umfasst die Geschichtskultur sämtliche Ausdrucks- und Darstellungsformen von individuellem und kollektivem Geschichtsbewusstsein in einer Gesellschaft durch Kommunikations- und Interaktionsprozesse über kulturell entwickelte Zeichensysteme, Gegenständlichem bzw. Medien. Dadurch ermöglicht sie über bestimmte Gedächtnisorte die Erinnerung und Fortführung eines kollektiven Gedächtnisses bis hin zu kollektiver Identität. Antrieb für den Aushandlungsprozess ist das Bedürfnis des Individuums, sich in seiner Lebensumwelt verorten oder ausdrücken zu wollen.
Die Geschichtskultur ist in drei Dimensionen untergliedert[38]:
- In der ästhetischen Dimension erfolgt die Sinnbildung über Vergangenheit als ästhetische Annäherung z.B. im historischen Roman oder eben in Tanzreenactments und Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen.
- Die politische Dimension beinhaltet einen Aushandlungsprozess von Herrschaft. Bestimmte Begebenheiten aus der Vergangenheit werden zugunsten der Herrscher bzw. von diesen bedeutsam und imaginationsträchtig aufgeladen. Ebenfalls werden diese historischen Ereignisse in verschiedenen Symboliken, z.B. durch politische Feiertage, immer wieder gegenüber den Beherrschten zur Legitimation der Herrschaft kommuniziert.
- In der dritten Dimension, der kognitiven Dimension, wird Vergangenheit analytisch-methodisch reflektiert, in unserer Gesellschaft dominiert durch die Geschichtswissenschaft.
Die Dimensionen bedingen einander: Kein Gemälde ist nur ästhetisch, kein Denkmal nur politisch und keine wissenschaftliche Narration nur rein kognitiv.
Nachdem soeben die Zusammenhänge von Geschichte, Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur veranschaulicht wurden, werden nun die Qualitäten der Lernprozesse aufgezeigt, die das Geschichtsbewusstsein eines Menschen, durch die sich um ihn befindliche Geschichtskultur, prägen können.
2.2 Historisches Lernen
[39]
Um nachvollziehen zu können, was normatives historisches Lernen im Kontext von Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen meint, wird historisches Lernen in diesem Kapitel aufgeschlüsselt:
1. durch eine allgemeine Bestimmung und
2. durch eine Gegenüberstellung von unbewusstem und eben dem bewusst-normativen historischen Lernen.
Beim historischen Lernen im Allgemeinen setzt sich ein Mensch mit einem bestimmten Ausschnitt aus der ihn umgebenden Geschichtskultur auseinander, ermöglicht durch innere Bereitschaftshaltung sowie häufig ausgelöst durch Kommunikationsprozesse und einhergehend mit einer Veränderung des Geschichtsbewusstseins.
Historisches Lernen kann zum einen unbewusst bei jeder Begegnung mit Geschichte stattfinden, z.B. durch Medien. Hierbei bildet sich ein alltagsweltliches, unreflektiertes Geschichtsbewusstsein aus.
Zum anderen kann sich historisches Lernen, z.B. in der Schule, gesteuert, normativ-zielgerichtet und methodisch kontrolliert ereignen. Hierdurch soll ein an Vernunft und Neuhumanismus orientiertes, reflektiertes Geschichtsbewusstsein kultiviert werden. Ist dieses bei einem Menschen hoch ausgebildet, besitzt dieser vielfältigere Handlungsfähigkeiten in Gegenwart sowie Zukunft und kann Geschichtsbilder der umgebenden Alltagskultur differenzierter betrachten. Zudem ist der Einzelne durch ein gefördertes reflektiertes Geschichtsbewusstsein in der Lage, sich stimmiger zu seinem Selbst zu entfalten. Ebenso ist er durch das kultivierte Bewusstsein bestrebt, sich sozial-gesellschaftlich unter Achtung des (auch ökologischen) Umfelds in das lebensweltliche Gefüge einzubringen. Des Weiteren helfen angelernt-fundierte historische Urteilsbildungsfertigkeiten dabei, Antwortmöglichkeiten auf ein (persönlich) „[...] akutes Orientierungsbedürfnis ausgelöst [...] durch eine lebensgeschichtliche Situation [...]“[40] zu finden.
Laut Baumgärtner nützen einem Menschen vielfältige sowie strukturierte Wissensbestände, herangebildete Schemata im Gehirn und vielseitige Metakognitions-Bemühungen, um sich geeigneten Strategien zur Bewältigung von komplexen (Lebens-)Herausforderungen zur Verwirklichung seines Selbst bedienen zu können. Basis einer solchen Annahme ist die Auffassung, dass das Gedächtnis aus neuronalen, formbaren und auch Gefühle abspeichernden Netzwerken besteht.[41] Letztendlich zielt historisch-gesteuertes Lernen darauf ab, genau dieses kognitive Gebilde bzw. reflektierte (Geschichts-)Bewusstsein durch nachhaltiges Erfahrungslernen versiert und sensibel auszuprägen.
Erreicht werden soll dieses,
- indem historische, als wandelbar bestimmbare Begriffsbildungen (wie z.B. Herrschaft und Widerstand) als Grundwerkzeug an die Hand gegeben und kritisch beurteilt werden,
- indem Propositionen bzw. Wechselbeziehungen zwischen den Begriffsbildungen aufgezeigt werden, die bspw. Ursache-Wirkungs-Verhältnisse offenlegen,
- indem Scripts bzw. Handlungsschemata nachvollzogen werden, die z.B. Handlungsoptionen in Krisensituationen deutlich machen,
- indem versucht wird, vielschichtige mentale Einheiten bzw. Modellvorstellungen zum Lebensweltverständnis heranzubilden, die durchlässig für Umstrukturierungen aufgrund neuer Erfahrungen sind (Conceptual Change),
- indem mentale Anstrengungen und Überlegungen fortwährend reflektiert werden (Metakognition), um die historischen Sinnbildungen zur Orientierung für das eigene Leben noch differenzierter zu verfeinern,
- indem die eben erläuterten, angebahnten Begriffsbildungen, Schemata und metakognitiven Prozesse mit den sieben Basisdimensionen des Geschichtsbewusstseins und der rahmenden Kategorie der Emotionalität nach Pandel verwoben werden, um noch wirksamer zu sein.[42]
Die Kriterien, durch die ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein angebahnt werden kann, werden direkt im Kapitel 5 präzisiert, dem Kernstück der vorliegenden Arbeit. Hier werden mögliche Verfahrensweisen von Tanztheaterproduktionen diesen Merkmalen zugeordnet. Zuvor bedarf es jedoch einer Erläuterung, was Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen überhaupt sind und welchen Nutzen sie für das historische Lernen besitzen.
3. Definition zu Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen
3.1 Tanztheaterproduktionen im Allgemeinen
Der Begriff Tanztheaterproduktion wird im Folgenden umrissen:
1. durch eine Offenlegung der Vielfalt jener kulturellen Produkte,
2. durch eine sehr kurze Übersicht über deren historische Entwicklung,
3. durch eine Zusammenschau über alternative Begrifflichkeiten und
4. durch einen Definitionsversuch.
Aus diesem Definitionsversuch werden anschließend folgende Elemente herausgezogen und konkretisiert: die Bewegungsweisen, die Inhalte der Bewegungsarten, der Abstraktionsgrad der Bewegungen, die Träger der Bewegungen, die Erzählstruktur und die Produktions- bzw. Aufführungsorte.
Die Erscheinungsformen von Tanztheaterproduktionen sind mannigfaltig. Eine zu enge Definition ist daher nicht folgerichtig, zumal sie den forschend-experimentellen Produktionsansätzen solcher Werke diametral gegenüber stehen würde[43].
Historisch gesehen wurde der Begriff erstmals breitenwirksam zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Laban eingeführt.[44] In seinen Bewegungschören finden sich im Kontext von Theaterhäusern erste Ansätze dieses Phänomens.[45] Weitergeführt wurden die Konzepte zum Tanztheater durch Joos[46], bevor sie massentaugliche Popularität sowie inhaltliche Kontur zu Beginn der 1970er Jahre wesentlich durch Bausch aus Wuppertal erlangten.[47] Weitere entscheidende Prägungen erhielt die inhaltliche Dimension insbesondere durch Kresnik, Hoffmann und Linke.[48] Ab Beginn des 21. Jahrhunderts sind bedeutende Leitpersonen für das Tanztheater kaum noch fraglos bestimmbar, da es so divergent von verschiedensten Personenkreisen[49] ausgestaltet wird, dass gemeinsame Linien schwerlich markiert werden können.
Im Zusammenhang mit verschiedenen Kontexten und Personengruppen werden andere Synonyme für das Tanztheater gebraucht, die prinzipiell ähnliche bis gleiche Vorstellungen implizieren, wie bspw.:
- der Theatertanz aus dem Blickwinkel der Theaterwissenschaft[50],
- das Bewegungstheater aus sportpädagogischer Perspektive, im Umfeld von Anne und Wolfgang Tiedt benannt und ausgestaltet[51], und
- das choreografische Theater, bspw. aus der Perspektive der Tanzwissenschaft, bezugnehmend auf Kresniks Tanzstücke, formuliert.[52]
Als kleinster gemeinsamer, definitorischer Nenner für die inhaltliche Bestimmung des Begriffs Tanztheaterproduktionen kann wohl der folgende in den Forschungsdiskurs eingebracht werden[53]: Als Tanztheaterproduktionen werden die intellektuellen Auseinandersetzungen mit unterschiedlichsten (latent-)relevanten Lebensthemen des Menschen durch Choreograf*innen, Tänzer*innen und gegebenenfalls weiteren Akteur*innen (bspw. Performer*innen, Bühnenbildner*innen, Lichttechniker*innen) bezeichnet. Zentrales Mittel dieser Zuwendungen sind theatral inszenierte Bewegungen jeglicher Art und Weise. Hinzutreten können z.B. die Elemente Sprache, Geräusche, Gesang, Musik, Kostümierung, Bühnenbild und Licht, die zumeist jedoch eine untergeordnete Rolle spielen. Die Annäherungen erfolgen in einem intensiven, künstlerischen Arbeits- und (Selbst-)Begegnungsprozess. Sie gelangen schließlich mit bestimmter Erzählstruktur an explizit ausgewählten Orten vor Publikum zur Aufführung.
Das Bewegungsspektrum reicht vom Einsatz von Alltagsbewegungen, Haltungen, Posen über pantomimische Mimik und Gestik bis hin zu mehrjährig hart antrainierten, kunstvollen Tanztechniken wie bspw. Ballett. Populäre Ausprägungsformen afroamerikanischen Einschlags und akrobatischen Könnens, wie z.B. B-Girling/B-Boying[54], sind ebenso zu finden. Lateinamerikanische Anklänge und Paartanzformen wie Salsa sind nicht untypisch. Auch ist die Generierung neuen Materials zu beobachten.
Bei überaus gekonnter Körperbeherrschung der aufgezeigten Bewegungsarten können die Tänzer*innen insbesondere folgende Inhalte im Kontext der Gesamtproduktion des Tanztheaters reflexiv explizieren: innere Gefühlsprozesse von darzustellenden Personen, die physische und psychische Verfassung von Menschen, Mentalitäten und Weltanschauungen spezifischer Kollektive sowie Körperhaltungen, -bilder, -formungen und -konzepte bestimmter Zeiten und sozialer Gruppen. Weiterhin können eingeschriebene soziale Ordnungen und Machtstrukturen in Raum und Zeit, inklusive bspw. „[...] Geschlechterhierarchien, politische[...] Verfolgung oder gesellschaftliche[...] Ausgrenzung [...]“[55], bewusstgemacht werden. Ebenfalls können Möglichkeiten der Infragestellung dieser machtstrukturellen Verhältnisse und Widerstandsvarianten gegen bestehende Systeme aufgezeigt werden. In diesem Kontext werden dargestellte Ordnungen als prozesshaft und veränderungswürdig sichtbar gemacht und nicht als unverrückbar markiert.
Es wird in den meisten Tanztheaterstücken angestrebt, die dargebotenen Bewegungen so zu gestalten, dass sie nicht zu plakativ und eindimensional artikuliert werden bzw. nicht als Repräsentanten für klar entzifferbare Botschaften stehen. Vielmehr geht es um das Anregen und Einfordern einer eigenständigen Interpretationsleistung bei den Rezipient*innen.
Das Tänzer*innenspektrum erstreckt sich vom unerfahrenen Laien bis hin zu professionellen Berufstänzer*innen. Es gibt aber auch Konzeptionen, die auf den menschlichen Körper als Träger von Bewegungen gänzlich verzichten (und z.B. anstelle dessen sich bewegende Objekte und Lichter einsetzen).
Die dramatische Anlage bzw. die Erzählweise von Tanztheaterstücken ist gleichermaßen geprägt von schier unbegrenztem Variantenreichtum. Anzutreffen sind neben klassisch chronologischen Formen (inzwischen zumeist sehr selten) bspw. Erzählstränge mit diversen Montagen, Versatzstücken, Collagen, parallelen Multiperspektivitätsdarstellungen sowie Rück- und Zukunftsverweisen.
Auch hinsichtlich der Orte der Erarbeitungsprozesse und Aufführungen von Tanztheaterproduktionen offenbart sich eine vielgestaltige Bandbreite. So lassen sich diesbezüglich explizit dafür angedachte Räume wie Theatersäle finden, in denen Zuschauer*innenbereich und Bühne jedoch nicht streng separiert sein müssen. Partizipative Momente des Publikums charakterisieren die Aufführungssituation hier mit. Ebenso erschlossen werden urbane und Naturräume, Innen- und Außenräume, Kult- und Museumsstätten, Bildungsinstitutionen sowie alltägliche Settings.
Die Vielzahl der konkreten Thematiken von Tanztheaterproduktionen soll an dieser Stelle nur erwähnt, aber nicht ausgeführt, sein. Auf den Themenkreis historischer Inhalte, die Tanztheaterproduktionen behandeln, sei jedoch im folgenden Kapitel, da für diese Arbeit relevant, gesondert eingegangen.
3.2 Tanztheaterproduktionen konkret bezogen auf historische Kontexte
Was Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen sind, wird in diesem Kapitel erschlossen:
1. durch die Einordnung dieser menschlichen Ausdrucksweisen in die Geschichtskultur und
2. durch den Versuch einer allgemeinen Definition.
Im Anschluss wird dieser Definitionsversuch konkretisiert:
- durch Beispiele für die Umgangsweisen mit Vergangenem durch diese Tanztheaterproduktionsformen und
- durch Beispiele für die historische Themenauswahl, die einigen ausgewählten Tanzwerken zugrunde liegt.
[...]
[1] Sowohl die öffentlichen Bühnen als auch die Freien Theater nehmen in Deutschland einen Bildungsauftrag wahr im Sinne freiheitlich-demokratischer Grundwerte des Grundgesetzes der BRD (Ähnliches gilt auch für die anderen westlich-europäisierten, demokratischen Länder). Die übernommenen Bildungsaufgaben begründen sich aus vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Öffentlichen Hand. Diese Übereinkünfte sichern die Existenz der Häuser oder einzelner Produktionen (z.B. durch Subventionen von Bund, Ländern und Kommunen oder durch konkrete Projektförderungen seitens des Fonds Soziokultur), prägen aber eben auch deren Inhalte. Die benannten Einrichtungen können somit als außerschulische Lernorte verstanden werden. Deutlich erkennbar ist dies bspw. auch an deren Organisation von wöchentlichen Jugendclubs und -workshops sowie deren saisonaler Stückauswahl, die sich nicht primär an kommerziellen Interessen orientiert (bspw. werden sperrig-intellektuelle Werke oder avantgardistische Projekte zur Aufführung gebracht). (vgl. z.B. Klein, 2010, URL: http://www.bpb.de/gesellschaft/kultur/kulturelle-bildung/60011/oeffentliche-kulturbetriebe?p=all [07.05.2017]; vgl. z.B. Bernstorff, Buchholtz, Müller-Schöll, Sassmannshausen & Zimmermann, 2011, URL: http://www.dfdk.de/images/downloads/Potentialanalyse.pdf [07.05.2017]). Insgesamt stehen die aufgezeigten Häuser demzufolge für Bildungsräume, die eine denkbare Voraussetzung bilden für die Durchführung von Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen, die sich an der Kultivierung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins der Zuschauenden, aber auch der Mitwirkenden, beteiligen möchten.
[2] Vgl. Sprenger, 2016b); vgl. z.B. Tholund, 2016, URL: http://www.kn-online.de/News/Aktuelle-Nachrichten-Kultur/Nachrichten-Kultur/Katharina-Torwestens-Ballett-Gefaehrliche-Liebschaften-am-Landestheater [05.05.2017].
[3] Vgl. z.B. Troisille, 2016, URL: http://www.forum-dansomanie.net/pagesdanso/critiques/cr0317_memoires_ d_un_seigneur_dubois_quimper_12_01_2016.html [06.05.2017].
[4] Vgl. z.B. Zeiske, 2014, URL: https://www.ekpn.de/einzelansicht/herbst-89-veranstaltungen-und-dankgottes dienst-in-der-gethsemanekirche-628/ [08.05.2017]; Flämig, 2016, Videodokumentation, URL: https://vi meo.com/search?q=gethsemane+89 [08.05.2017].
[5] Bernd zit. nach Beichel, 2007, S. 69.
[6] Linck, 2006, S. 5.
[7] Vgl. Baumgärtner, 2015, S. 215f.; vgl. Henke-Bockschatz, 2016, S. 3; vgl. Günther-Arndt, 2012, S. 247.
[8] Vgl. z.B. Kroll, 2014, S. 16f.; vgl. dpa, 2016a), URL: http://www.news4teachers.de/2016/09/historikertag-unterstreicht-wachsende-bedeutung-des-fachs-geschichte-und-kritisiert-die-schulen-muessen-studienanfaeng er-erst-studierfaehig-machen/ [10.05.2017]; vgl. dpa, 2016b), http://www.news4teachers.de/2016/09/lehrer verband-mint-fixierung-draengt-das-fach-geschichte-aus-der-schule/ [10.05.2017]; vgl. Ulbricht, 2016, URL: http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/geschichte-sollte-in-der-schule-hauptfach-werden-a-111 3218.html [10.05.2017]; vgl. Reeken, 1999, S. 14.
[9] Weitere mitwirkende Rollen im Tanztheaterstück wie die Choreograf*innen, Beleuchter*innen, Bühnenbildner*innen sowie Maskenbildner*innen werden in diesem Beitrag vernachlässigt, a) da diese entweder vermutlich überwiegend in der Hand der Lehrkraft oder eines externen Professionellen bleiben und/oder nur einigen wenigen Lernenden übertragen werden und b) zugunsten einer stringent-einführenden, ersten Orientierung bezüglich des bisher kaum untersuchten, in dieser Arbeit dargebotenen Forschungsfeldes.
[10] Die Forschungslage zum historischen Lernen im Theater mit historischen Bezügen wird ausgeklammert, da sie sich kaum auf Lernprozesse durch Tanz bezieht. Als Ausnahme sei das Jahrbuch zum Theater im Ruhrgebiet von 2013 zur Thematik „Geschichte im Spiel“ (Hinnenberg, Hiß & Junicke, 2013) aufgeführt.
[11] Vgl. Otto & Roselt, 2012, S. 7.
[12] Otto & Roselt, 2012.
[13] Braun, Heeg, Krüger & Schäfer, 2014.
[14] Vgl. ebd., S. 6.
[15] Vgl. Matzke, 2012, S. 125.
[16] Thurner & Wehren, 2010.
[17] Wehren, 2016.
[18] Thurner, 2010, S. 9.
[19] Vgl. Wehren, 2016, S. 12–14.
[20] Vgl. Heeg, 2014, S. 25–35.
[21] Vgl. Wehren, 2016, S. 12–14.
[22] Siehe z.B. die Tanztheaterproduktion „Gethsemane 89“ (Flämig, 2016).
[23] Völkel, 2004.
[24] Gautschi, 1999a).
[25] Ders., 1999b).
[26] Günther-Arndt, 2012.
[27] Meier, 2004.
[28] Zülsdorf-Kersting, 2012.
[29] Baumgärtner, 2015a).
[30] Pascal, 2016.
[31] Flämig, 2016.
[32] Torwesten, „eingestimmt“ im Stadttheater Flensburg am 16.04.2016 & Aufführungen im Stadttheater Flensburg am 23.04.2016, 05.05.2016, 27.05.2016, 04.06.2016, 10.06.2016, 17.06.2016 & im Stadttheater Rendsburg am 06.07.2016.
[33] Im Folgenden werden generell wissenschaftliche Ansätze zur Geschichtsauffassung und zur -didaktik favorisiert, die vor allem auf Schörken, Jeismann, Pandel und Rüsen zurückgehen. Ihre Begriffsbildungen, bspw. zum Geschichtsbewusstsein, prägen grundlegend den wissenschaftlich-geschichtsdidaktischen Diskurs seit den 1970er Jahren (vgl. Baumgärtner, 2015b), S. 31; vgl. Hasberg & Körber, 2003, S. 177); Jeismann gilt gar als Begründer der geschichtswissenschaftlichen Teildisziplin der Geschichtsdidaktik (vgl. Baumgärtner, 2015b), S. 34). Für diesen Beitrag sind die Überlegungen der genannten Autoren daher leitender Orientierungsrahmen und bestimmen die aufgestellten Definitionen.
[34] Vgl. z.B. Baumgärtner, 2015b), S. 17–19 & 23f.; vgl. Reeken, 1999, S. 6–8; vgl. Sauer, 2001, S. 10–15.
[35] Vgl. z.B. Baumgärtner, 2015b), S. 31–40; vgl. Fritz, 2012, S. 35f.; vgl. Reeken, 1999, S. 9–12; vgl. Rüsen, 1997b), S. 261f.; vgl. Sauer, 2001, S. 10–17; vgl. Schönemann, 2003, S. 11–13; vgl. Wilharm, 1995.
[36] Es wird deutlich, dass Pandel im Zusammenhang mit den sieben Dimensionen des Geschichtsbewusstseins bereits von einem normativen Verständnis ausgeht. Somit fokussiert er genau das Geschichtsbewusstsein, auf das auch die bewusst gesteuerten Lernprozesse der Tanztheaterproduktionen mit historischen Bezügen hinzielen wollen.
[37] Vgl. z.B. Baumgärtner, 2015b), S. 40–42; vgl. Rüsen, 1997a), S. 38–41; vgl. Sauer, 2001, S. 9; vgl. Wilharm, 1995.
[38] 2014 ergänzte Rüsen die Dimensionen um zwei weitere streitbare, nämlich die religiöse und die moralische Dimension (vgl. Rüsen, 2014).
[39] Vgl. z.B. Reeken, 1999, S. 9–14; vgl. Rüsen, 1997b), S. 264f.; vgl. Schönemann, 2003, S. 14–16; vgl. Ders., 2006, S. 72f.
[40] Hasberg & Körber, 2003, S. 187.
[41] Vgl. Baumgärtner, 2015b), S. 49 & 52.
[42] Punkt eins bis fünf sind auf Baumgärtners Ausführungen rückzubinden (vgl. Baumgärtner, 2015b), S. 50–52), Punkt sechs ist eine Schlussfolgerung des Autors des vorliegenden Beitrags.
[43] Vgl. Schlicher, 1987, S. 11f.; vgl. Mangold, 2014, S. 219.
[44] Vgl. Krautscheid, 2004, S. 131.
[45] Vgl. Schlicher, 1987, S. 29.
[46] Vgl. Krautscheid, 2004, S. 132; vgl. Schlicher, 1987, S. 95–98.
[47] Vgl. Schlicher, 1987, S. 109.
[48] Vgl. Krautscheid, 2004, S. 133 & 135–137; vgl. Schlicher, 1987.
[49] So liegen Tanztheaterproduktionen auch nicht mehr nur in den Händen professioneller Choreograf*innen und Tänzer*innen, sondern werden bspw. ebenso aus der Bildenden Kunst initiiert oder durch Medienperformer*innen und Pädagog*innen in schulischen sowie außerschulischen Einrichtungen.
[50] Vgl. Balme, 2008, S. 113–118.
[51] Vgl. Neuber, 2009, S. 12; vgl. Rosenberg, 1996, S. 9–12.
[52] Vgl. Schlicher, 1987, S. 53–61.
[53] Der Definitionsversuch und die sich anschließenden Konkretisierungen beziehen sich zu einem gewichtigen Anteil auf den Essay „Zeitgenössische Choreografie“ von Klein (vgl. Klein, 2011).
[54] Kommerziell ist der Begriff „Breakdance“ gebräuchlich.
[55] Klein, 2011, S. 55.