Ob Arbeitnehmer mit ihrem Job zufrieden sind, hängt auch von der Generation ab: Jede Generation vertritt andere Werte. Und gerade die junge Generation strebt nach einer maximalen Vereinbarkeit von Beruflichem und Privatem.
Wie aber kann man diese Vereinbarkeit erreichen? Und wie können Arbeitgeber dazu beitragen, dass sie letztlich gesunde und auch zufriedene Arbeitnehmer haben? Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Individualisierung geht Alissa von Neuenkirchen auf diese Fragen ein.
Ihre Publikation zeigt, von welchen Faktoren die heutige Arbeitszufriedenheit abhängt. Darüber hinaus erklärt von Neuenkirchen, wie Unternehmen diese modernen Anforderungen meistern können. Hier ist vor allem das Personalmanagement gefragt.
Aus dem Inhalt:
- Arbeitszufriedenheit;
- Arbeitsmotivation;
- Selbstentfaltung;
- Gesundheitsförderung;
- Generation Y;
- Generation Z;
- Individualisierung
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitionsansätze zum Begriff Arbeitszufriedenheit
2.1 Modelle der Arbeitszufriedenheit
2.2 Bedürfnis- und Inhaltstheorien
2.3 Prozesstheorien
3 Kennzeichen der Moderne
3.1 Acht-Faktoren-Modell
3.2 Abgrenzung zur Postmoderne
4 Gesellschaftsdiagnosen mit besonderem Bezug zur Individualisierung
4.1 Die Risikogesellschaft nach Beck
4.2 Die Erlebnisgesellschaft nach Schulze
4.3 Die Gesellschaft der Singularitäten nach Reckwitz
5 Individualisierung und Arbeitswelt
5.1 Die Generation Y
6 Methodisches Vorgehen
7 Analyse und Ergebnisse
8 Diskussion und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abstract
In der vorliegenden Arbeit geht es um den Zusammenhang von Arbeitszufrieden-heit und Individualisierungstheorien. Insbesondere die junge Generation, die die Jahrgänge 1980-2000 einschließt, wird hierbei näher betrachtet. Der mit der jungen Generation einhergehende Wertewandel und die Auswirkungen spezifischer Interessen in der Arbeitswelt werden diskutiert. Es wird differenziert betrachtet, welche Konzepte zur Arbeitszufriedenheit existieren, und ein Bezug zur Motivati-onsforschung hergestellt.
Die Auswirkungen der modernen Arbeitswelt auf die Arbeitszufriedenheit der Individuen wird an ausgewählten Individualisierungstheorien verdeutlicht: der Theorie der ‚Risikogesellschaft‘ nach Beck (1986), der Theorie der ‚Erlebnisge-sellschaft‘ nach Schulze (1993) sowie der von Reckwitz beschriebenen Entwick-lung der Gesellschaft hin zu Singularitäten. In der modernen Berufswelt nimmt mit der Singularisierung die Orientierung am Arbeitssubjekt und der Einzigartigkeit des Arbeitnehmers zu.
Das Bedürfnis der jungen Generation nach Selbstentfaltung sowie gleichzeitig das Interesse daran, eine Balance zwischen Familie und Beruf herzustellen, wird im Hinblick auf mögliche Entgrenzungssituationen mit ihren Folgen für die Arbeits-zufriedenheit erläutert.
Diese Arbeit ist in Form eines Literaturreviews konzipiert und schließt deutsche und englischsprachige Literatur der Jahre 2003-2018 ein. Die Fragestellung für die systematische Literatursuche und -analyse lautet: Welche Strategien gibt es zur Förderung der Arbeitszufriedenheit? Keywords für die Recherche nach Pri-märliteratur sind ‚Arbeitszufriedenheit‘, ‚Förderung Arbeitszufriedenheit‘, ‚Förde-rung Arbeitsmotivation‘ sowie ‚junge Generation‘.
Möglichkeiten eines zukünftigen Umgangs mit Modernisierungsprozessen und individueller werdenden Berufsbiografien für die Unternehmensführung und die Mitarbeitenden werden abgeleitet wie Gesundheitsförderung und organisationale Aspekte auf Führungsebene unter Berücksichtigung von Selbstentfaltungs- und Sicherheitsbedürfnissen der jungen Generation. Ein lebensphasenorientiertes Modell stellt Ansatzpunkte der Förderung von Arbeitszufriedenheit dar und bietet zugleich Diskussionsgrundlage für zukünftige Forschungsansätze.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das Mehrebenenmodell, Turgut, Michel Sonntag, 2012
Abbildung 2: Das lebensphasenorientierte Modell der Arbeitszufriedenheit, eigene Darstellung, 2018
1 Einleitung
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerung in Deutschland von gegenwärtig rund 82 Millionen bis zum Jahr 2060 auf 67,6 Millionen abnehmen, bei einem jährlichen Wanderungsgewinn von 100.000 Personen netto. Selbst bei langfristig höherem erwarteten jährlichen Wanderungssaldo von 200.000 Personen beträgt die maximal zu erwartende Bevölkerungszahl etwa 78,6 Millionen Menschen. In der zweiten Variante sind bereits eine steigende Geburtenhäufigkeit und ein starker Anstieg der Lebenserwartung berücksichtigt (vgl. Pötzsch Rößge, 2015, S. 15). Die Folgen für soziale Sicherungssysteme sind Gegenstand aktueller Debatten. Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Zusammensetzung des Erwerbspersonen-Potenzials (Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter) werden jedoch in Politik und Gesellschaft weniger intensiv diskutiert (vgl. Kistel Hilpert, 2001, S. 5). Das Erwerbspersonen-Potenzial bezieht sich auf die Entwicklung der Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren (vgl. ebd., S. 6). In Deutschland wird die Anzahl der 50- bis 64-Jährigen nach aktuellen Prognosen in den nächsten Jahren stark ansteigen und danach bis zum Jahr 2050 wieder mehr oder weniger deutlich zurückgehen. Die Anzahl der 15- bis 29-Jährigen sinkt bis auf leichte Schwankungen insgesamt kontinuierlich (vgl. ebd., S. 5). Da der demografische Wandel bereits seit einigen Jahrzehnten stattfindet, ist es gegenwärtig wichtig zu überlegen, wie sich dieses Phänomen auf die Arbeitswelt, z. B. in gesundheitlicher Hinsicht, aber auch in Bezug auf die Gewinnung von kompetentem Personal auswirken kann. Der demografische Wandel ist nicht auf Deutschland begrenzt. Andere Industrieländer sind auch von den Herausforderungen, die eine steigende Lebenserwartung bei gleichzeitigem Geburtenrückgang mit sich bringt, betroffen. Deutschland nimmt besonders hinsichtlich des Erwerbsverhaltens der Frau international eine Spitzenposition ein (vgl. OECD, 2017, S. 24 f.). Frauen in Deutschland, die in einer Partnerschaft leben, sind oft ab dem ersten Kind in Teilzeit tätig. Die durchschnittliche geschlechterspezifische Differenz bezahlter Arbeitsstunden unter den Partnern in Deutschland ist mit 25 Stunden pro Woche größer als in vielen anderen OECD-Ländern (vgl. ebd.).
Die Auswirkungen, die der demografische Wandel auf die Arbeitswelt in Deutschland ausübt, wird in dieser Arbeit im Hinblick auf die 15- bis 29-Jährigen betrachtet. Der Rückgang dieser Altersgruppe, die in das Erwerbsleben eintritt, kann das Innovationspotenzial in Deutschland in quantitativer und qualitativer Hinsicht gefährden. Nach dem Abschluss des Bildungs- und Ausbildungssystems sind diese Menschen mit dem für die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft wichtigen Know-how ausgestattet. Die Betriebe sind daher daran interessiert, sie für sich zu gewinnen (vgl. Kistel Hilpert, 2001, S. 7).
Die ältere Generation stellt ebenfalls ein Humankapital dar (vgl. Deutscher Bundestag, 2002, S. 13). Aronsson und Kilbom (2001) belegen, dass die Leistungsfähigkeit mit dem Alter nicht generell abnimmt. Die Frühverrentungsrate der älteren Generation ist immer noch hoch. Es werden zu wenig Maßnahmen der Gesundheitsförderung ergriffen (vgl. Kistler Huber, 2002). Zukünftig sollte über weitere Maßnahmen der Gesundheitsförderung nachgedacht werden, um die Beschäftigungsfähigkeit auch im Alter zu erhalten. Vorurteile hinsichtlich geminderter Leistungsfähigkeit dieser Gruppe sowie ein negatives Altersbild sollten abgebaut werden und ältere Arbeitnehmer stärker in den Arbeitsprozess eingebunden werden (vgl. ebd.).
Aufgrund des zahlenmäßigen Rückgangs der Gesamtbevölkerung wurde noch vor wenigen Jahren ein Fachkräftemangel prognostiziert, der sich nach aktuellen Prognosen der Arbeitskräftebilanz selbst im Bereich der Informationstechnologie jedoch als überschätzt herausstellt (vgl. Kistel Hilpert, 2001, S. 7). Eine Abnahme an Fachkräften in den nächsten Jahrzehnten ist allerdings aufgrund des demografischen Wandels wahrscheinlich. „In den kommenden Jahrzehnten wird die deutsche Gesellschaft stark altern […]“ (Buchhorn Müller, 2001, S. 326). Die Folge kann sein, dass qualifizierte Arbeitskräfte knapp werden. Diese Entwicklung ist schon heute spürbar. In der Pflege existiert bereits ein Fachkräftemangel, der sich durch das vielfältige Weiterbildungsangebot in dem Bereich und somit immer individuelleren Bildungsbiografien von Pflegekräften verstärken könnte (vgl. Grosch, 2018). Die durch Weiterbildungen qualifizierten Pflegefachkräfte bleiben häufig nicht in der direkten Patientenversorgung beschäftigt (vgl. ebd.). „Besonders gravierend werden jedoch die Veränderungen nach 2010 sein. Dann beginnt eine Ära allgemeiner Arbeitskräfteknappheit“ (Buchhorn Müller, 2001, S. 326). Auch gehen viele Autoren von einem zunehmenden Auseinanderfallen von spezifischem Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt in qualifikatorischer und regionaler Hinsicht aus. Wissenschaftler sprechen von Arbeitskräftemangelsituationen, die über die IT-Berufe weit hinausgehen. Zu den Ursachen hierfür zählt allerdings nicht nur der demografische Wandel, sondern vor allem schlechte Arbeitsbedingungen, z. B. niedrige Löhne (vgl. Kistel Hilpert, 2001, S. 7).
Neben dem demografischen Wandel sollte auch die moderne Arbeitswelt Deutschlands in den Blick genommen werden, der aktuelle Arbeitsbedingungen mitverursacht. Diese hat Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Individuen. Fehlzeiten und Fluktuation sind sowohl durch körperliche Erkrankungen als auch durch psychische Beschwerden bedingt (vgl. Zok Dammasch, 2012, S. 40 ff.). Der Umgang mit Modernisierungsprozessen ist für Unternehmensführung und Mitarbeiter wichtig. Es wird eine Herausforderung sein, Gesundheit und Arbeitszufriedenheit auch zukünftig zu fördern.
Arbeitszufriedene Mitarbeiter sind seltener krank und zudem leistungsfähiger und nützen damit dem Unternehmen. Judge, Bono, Thoresen und Patton (2001) zeigen in einer Metaanalyse einen zwar moderaten, aber dennoch zu beachtenden Zusammenhang zwischen globaler Arbeitszufriedenheit und Leistung von r = .30. Ein Zusammenhang zwischen beiden Faktoren lässt sich zudem nach Berufsgruppen unterscheiden. Leistungsfähiger sind Berufsgruppen, die einer anspruchsvollen Tätigkeit nachgehen und hierbei ein hohes Maß an Autonomie haben. Insbesondere bei akademischen Berufsgruppen wie Ingenieuren, Lehrern, auch Verkäufern und Managern wurde ein Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Leistung beschrieben (vgl. Nerdinger, 2011, S. 427).
Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem Personalmanagement, im Speziellen auf Möglichkeiten der Mitarbeiterbindung unter Berücksichtigung der Arbeitszufriedenheit der jungen Generation. Eine im Rahmen des Fehlzeiten-Reports 2014 durchgeführte Studie zeigt, dass die Mehrheit der befragten Erwerbstätigen eine Arbeitszufriedenheit von 74,1 Prozent angeben. Im Vergleich dazu fällt die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit junger Beschäftigter mit 68 Prozent geringer aus; 10,5 Prozent sind mit dieser unzufrieden (Zok, Pigorsch Weihrauch, 2014, S. 54). In der Literatur wird diese Gruppe als ‚Generation Y‘ bezeichnet. Typischerweise werden die Jahrgänge 1980 bis 2000 hierunter subsumiert (vgl. Uhe Hirschi, 2014, S. 16). Diese Generation ist durch eine kritische und hinterfragende Grundhaltung charakterisiert, daher das englische “Why” im Namen (vgl. Moskaliuk, 2016, S. 1). Da der Begriff ‚Generation Y‘ mit seinen Eigenschaften und Merkmalen sowie seiner zeitlichen Eingrenzung in der Literatur nicht klar definiert ist (vgl. ebd., S. 1 f.), wird im Folgenden allgemein von der ‚jungen Generation‘ gesprochen. Die junge Generation wird nach dem prognostizierten demografischen Wandel zukünftig für Unternehmen von besonderem Interesse sein. Der Konkurrenzdruck auf Unternehmen hinsichtlich geeigneten Personals wird sich daher voraussichtlich verstärken.
Eine mögliche Herausforderung für Politik und Unternehmen stellt der mit dieser Generation einhergehende Wertewandel dar, der auch Auswirkungen auf spezifische Interessen in der Arbeitswelt hat. Pauer (2014, S. 42) beschreibt das Streben der jungen Generation wie folgt: „Glück statt Geld, Freizeit statt Karriere, Privatleben statt Macht.“ Kennzeichnend für diese Generation ist vor allem das Bedürfnis nach Selbstentfaltung. Hinzu kommt, dass das Interesse für Familie und Beruf häufig als gleichwichtig erachtet wird. Ableitbar ist daraus häufig der Wunsch nach flexiblen Arbeitsformen, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zulassen. Diese flexiblen Arbeitsformen bieten jedoch zugleich Gefahren für das Individuum durch die Entgrenzung der Arbeit. Entgrenzung bezieht sich in der Arbeitswelt vor allem auf räumliche und zeitliche sowie arbeitsvertragliche Dimensionen, mit ihren spezifischen Folgen für Gesundheit und Arbeitszufriedenheit. Zok und Dammasch (2012, S. 44) belegen hinsichtlich zeitlicher Entgrenzung, dass Überstunden einen deutlich negativen Einfluss auf die Gesundheit haben. Auch die Kommunikation verändert sich. Die Erwartung der ständigen Erreichbarkeit, z. B. durch Rufbereitschaft, verbunden mit eingeschränkten Erholungsprozessen, schränkt die Gesundheit zusätzlich ein (vgl. Dettmers, Vahle-Hinz, Friedrich, Keller, Schulze Bamberg, 2012).
Die soeben dargelegten Charakteristika und Wünsche der jungen Generation sollten von Unternehmen beachtet werden, wenn sie zukünftig Mitarbeiter gewinnen und halten wollen.
Aufbau der Arbeit
Zunächst wird in dieser Arbeit das Thema Arbeitszufriedenheit näher betrachtet. Arbeitszufriedenheit ist ein facettenreiches Konstrukt mit unterschiedlichen theoretischen Ansätzen (vgl. Dalal, 2013; Fischer, 2006; Neuberger, 1974). Es soll deutlich werden, von welchen Faktoren sie abhängt. Da es sich um ein psychologisches Konstrukt handelt (vgl. Neuberger, 1974), wird ein Bezug zur Motivationsforschung hergestellt. In den Ausführungen beschränkt sich die Verfasserin auf folgende Modelle, da diese als besonders relevant im Zusammenhang mit dem Thema erscheinen: das Modell der Bedürfnistheorie von Maslow (1954), die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg, Mausner und Snyderman (1959), die VIE-Theorie nach Vroom (1964) und das Job Characteristics Model von Hackman und Oldham (1980). Es handelt sich um Modelle mit Inhalts- und Prozesscharakter. Während Inhaltstheorien den Fokus der Betrachtung auf die Inhalte legen, die zu Motivation führen, betrachten Prozesstheorien den Motivationsprozess als solchen (vgl. Nerdinger, 2013) und versuchen, zielorientiertes Handeln zu erklären (vgl. Kuhl, 1983).
Die Kennzeichen der Moderne werden in der Arbeit aus der Makroperspektive beschrieben. Das Acht-Faktoren-Modell (vgl. Degele Dries, 2005, S. 23 ff.) gibt einen systematischen Überblick über diese Kennzeichen. Es beschreibt Globalisierung, Beschleunigung, Rationalisierung, Domestizierung, Differenzierung, Individualisierung, Ver- und Entgeschlechterung sowie Integration.
Eine klare Abgrenzung der Moderne zur Postmoderne ist schwierig (vgl. Zima, 2016, S. 19). Dabei bleibt häufig unklar, ob die Postmoderne chronologisch als eigene Epoche anzusehen ist oder nach ideologischen Kriterien klassifiziert werden kann (vgl. ebd., S. 23). Der Versuch einer Abgrenzung wird im dritten Kapitel vorgenommen.
Der Individualisierungstrend als ein Kennzeichen der Moderne bzw. Postmoderne wird im vierten Kapitel herausgestellt, da er sich innerhalb der jungen Generation stark ausdrückt.
Mit Individualisierungstheorien im Zusammenhang mit der ‚modernen Zeit‘ haben sich Beck und Schulze beschäftigt. Beck (1986) prägte den Begriff der ‚Risikogesellschaft‘ und Schulze (1993) den der ‚Erlebnisgesellschaft. Diese Theorien haben insofern einen Bezug zur jungen Generation, als sie zentrale Herausforderungen im Kontext der Individualisierung, wie die Zunahme von Unsicherheit sowie die steigende Bedeutung von Freizeit, beschreiben. Reckwitz stellt mit der sich abzeichnenden Entwicklung der Gesellschaft hin zu Singularitäten zudem einen Bezug zwischen Individualisierung und Arbeitswelt her (vgl. Reckwitz, 2017, S. 181 ff.). Die Singularisierung der Arbeitswelt bezeichnet eine Umstrukturierung der Arbeitsverhältnisse. In der modernen Berufswelt nimmt die Orientierung an Einzigartigkeiten zu. Das Arbeitssubjekt gewinnt mit der Singularisierung an Bedeutung. Allgemeine formale Qualifikationen werden erweitert durch die Entwicklung eines einzigartigen Profils mit einzigartigen Kompetenzen, Talenten und Potenzialen (vgl. ebd., S. 182.). Die Singularisierung fällt zusammen mit einer Kulturökonomisierung der Arbeitsformen. Die Arbeitswelt entwickelt sich zur Creative Economy. Es werden singuläre Güter für kulturelle Märkte geschaffen (vgl. ebd.). Auch diese Entwicklung macht die zunehmende Bedeutung der Einzigartigkeit, des Besonderen, deutlich. Die ausgewählten Individualisierungstheorien werden genutzt, um ein besseres Verständnis für den gesellschaftlichen Kontext der ‚jungen Generation‘ zu ermöglichen.
Im fünften Kapitel werden eventuelle Chancen, wie die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sowie Risiken des aus dem Individualisierungs- und Flexibilisierungstrends entstehenden Entgrenzungsphänomens für Individuen der jungen Generation beleuchtet. Die junge Generation wird hier auch als solche mit den bereits oben dargestellten Kerncharakteristika, Bedürfnissen und Ansprüchen an die Arbeitswelt genauer betrachtet.
Im sechsten und siebten Kapitel werden das methodische Vorgehen der systematischen Literatursuche und der Literaturanalyse dargelegt. Unter der Fragestellung ‚Welche Strategien gibt es zur Förderung der Arbeitszufriedenheit?‘ wird nach wissenschaftlicher Literatur in gesundheits- und sozialwissenschaftlichen sowie medizinischen Datenbanken gesucht. Dazu werden folgende Suchmaschinen, Kataloge und Bibliotheken genutzt: KVK, Zdb, Eopac, Katalog der Universitätsbibliothek Hamburg, Bücherhallen.de, Gso.gbv, Pubpsych, ebscohost und Google scholar.
Die Suchmaschine Pubpsych hat sich während der Recherche als am geeignetsten herausgestellt, um die Fragestellung zu beantworten. Zum Auffinden verwendbarer Primärliteratur für einen Grobüberblick wurden folgende Keywords für die Recherche verwendet: ‚Arbeitszufriedenheit‘, ‚Förderung Arbeitszufriedenheit‘, ‚Förderung Arbeitsmotivation‘ sowie ‚junge Generation‘ (Geburtsjahrgänge 1980-2000). Eine weitere Eingrenzung der Suchergebnisse, erfolgt durch die Verwendung der Booleschen Operatoren ‚and‘ und ‚or‘. Die Booleschen Operatoren sorgen für eine logische Verknüpfung verwendeter Suchworte. Zu beachten ist, dass in der Freitextsuche von Pubpsych eine automatische Verknüpfung mit den Booleschen Operatoren erfolgt. Es werden Befunde mit hoher Relevanz der letzten fünfzehn Jahre ausfindig gemacht. Die Sucheinstellungen werden so vorgenommen, dass ausschließlich Quellen in deutscher oder englischer Sprache angezeigt werden, damit Inhalte verstanden und analysiert werden können. Um aus den Suchergebnissen relevante Werke herauszufiltern, geben inhaltliche und wissenschaftliche Argumente den Ausschlag. Bevorzugt wird hierfür deutsche Literatur, da sich die Forschungsergebnisse auf die Situation in Deutschland beziehen. Zunächst konzentriert sich die Suche auf Grundlagenwerke zu empirischen Ergebnissen. In den einzelnen Werken sollten unterschiedliche Autoren aufgeführt sein, um mehr wissenschaftliche Breite zu gewährleisten.
Die ermittelten Befunde werden in einen vorab erstellten Kriterienkatalog eingeordnet. Der Kriterienkatalog wird aus den theoretischen Überlegungen entwickelt und beinhaltet weiterhin folgende Kategorien: Führung, Arbeitsbedingungen, Arbeitsorganisation, Gesundheitsförderung, Motivation, Verhalten, Einstellung, Emotionen Individualisierung, Selbstverwirklichung, Vereinbarkeit Familie und Beruf sowie Personalentwicklung. Nach diesen Suchwörtern wird einzeln und im Zusammenhang mit den oben genannten Keywords gesucht.
Ziel ist es, die Ergebnisse der systematischen Literaturrecherche mit den theoretischen Grundlagen der vorangestellten Abschnitte zu verknüpfen, um am Ende eine möglichst umfassende Idee zu haben, wie die Arbeitszufriedenheit der jungen Generation gefördert werden kann, bzw. auch die Abhängigkeitsfaktoren dieser Arbeitszufriedenheit herauszustellen.
Wechselseitige Maßnahmen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der jungen Generation werden betrachtet mit dem Ziel, die Zufriedenheit der jungen Menschen zu ermöglichen. Hierbei werden Erkenntnisse aus psychologischer und motivationaler Hinsicht, die zu Arbeitszufriedenheit führen, sowie kulturelle Aspekte der Individualisierungstheorien mit einbezogen.
Zum Abschluss der Arbeit folgt eine Diskussion hinsichtlich zukünftiger Arbeitszufriedenheitsszenarien aus der Perspektive von Unternehmen und der jungen Generation. Politische Strategien sind grundsätzlich mitzuberücksichtigen, um die Arbeitszufriedenheit zu sichern, können aber aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit nur eingeschränkt abgeleitet werden. Ein Ausblick hinsichtlich weiterer Fragestellungen schließt sich der Diskussion an.
Forschungsfragen
Im Folgenden sind die Forschungsfragen dieser Arbeit aufgeführt, die im letzten Kapitel beantwortet werden:
- Wie stehen Kennzeichen der Moderne bzw. Postmoderne in Zusammenhang mit Arbeitszufriedenheit?
- Wie ist die Arbeitszufriedenheit, insbesondere der jungen Generation, die Innovationspotenzial bietet, zukünftig zu sichern?
- Welche Chancen und Risiken bietet die Entgrenzung als Phänomen der Individualisierung vor dem Hintergrund der Arbeitszufriedenheit? Welche Vor- und Nachteile bietet das Entgrenzungsphänomen für Menschen?
2 Definitionsansätze zum Begriff Arbeitszufriedenheit
In der Arbeit wird zunächst der Forschungsstand zur Arbeitszufriedenheit dargestellt und aufgezeigt, welchen Nutzen diese insbesondere für betriebliche Organisationen haben kann.
Das Konstrukt der Arbeitszufriedenheit wird in der Forschung von verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen untersucht, insbesondere von Psychologen. Die jüngere Forschung ist vorrangig persönlichkeitsorientiert. Wahrnehmungen oder Eigenheiten von Individuen sind von wissenschaftlichem Interesse (vgl. Brenke, 2015, S. 716).
In der Organisationspsychologie zählt die Arbeitszufriedenheit als wichtigstes Thema. Judge und Kammeyer-Mueller ermittelten, dass unter den Suchwörtern „job attitudes“, „work attitudes“, „job satisfaction“ sowie „organizational commitment“ in der wissenschaftlichen Datenbank für Psychologen PsycINFO 33.348 Texte zu finden waren (vgl. Judge Kammeyer-Mueller, 2012, S. 342.).
In der Wirtschaftswissenschaft gibt es bisher wenig Forschungsarbeiten zur Arbeitszufriedenheit. Dies liegt an der Vorstellung, dass Menschen ausschließlich auf materielle Erträge der Arbeit ausgerichtet sind (vgl. Brenke, 2015, S. 716). Im Taylorismus stand hingegen, zusätzlich zum finanziellen Aspekt, die Erforschung der Arbeitsbedingungen im Vordergrund der Betrachtung. Im Taylorismus ist es das Ziel Produktivitätssteigerung menschlicher Arbeit durch Arbeitsteilung zu erlangen (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, o.D.) „Das Hauptaugenmerk einer Verwaltung sollte darauf gerichtet sein, gleichzeitig die größte Prosperität des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers herbeizuführen. Unter ‚größter Prosperität‘ für den Angestellten (soll) nicht nur ein über das Normale hinausgehender Lohn verstanden sein, sondern die Entwicklung eines jeden einzelnen zur höchsten Stufe zur Verwertung seiner Fähigkeiten“ (Taylor, 1913). Bereits Taylor beschrieb den Zusammenhang von Produktivität und Veränderung der Arbeitsbedingungen. Auch heute beleuchten viele Forschungsarbeiten zur Arbeitszufriedenheit diese Korrelation (vgl. Brenke, 2015, S. 716). Arbeitszufriedenheit ist kein eindeutiger Begriff, da er von komplexen Kontextfaktoren, gesellschaftlichen Entwicklungen und individueller Bewertung, was der Job einem bietet, abhängig ist.
Seit Beginn der Industrialisierung gewann die Beschäftigung mit der Arbeitszufriedenheit an Bedeutung (vgl. Neuberger, 1985). Im 20. Jahrhundert wurde das Forschungsinteresse an der Arbeitszufriedenheit zunehmend größer. Ende der Zwanzigerjahre wurden mit den Hawthorne-Experimenten von Roethlisberger und Dickson das Entlohnungssystem und die äußeren Arbeitsbedingungen näher in den Blick genommen. Die Experimente basieren auf einer Reihe von Studien zwischen 1924 und 1932.
Von den Fünfziger- bis Siebzigerjahren standen eher soziale Aspekte im Vordergrund, u. a. geprägt durch das Human-Relations-Konzept in den USA. Erforscht wurde der Mensch mit seinen vielschichtigen Bedürfnissen innerhalb des Arbeitsprozesses. In Deutschland war die Arbeitszufriedenheit ein weniger bedeutsames Thema (vgl. Brenke, 2015, S. 216).
Der Zusammenhang von Arbeitsinhalten und Selbstverwirklichung wurde insbesondere in den Siebzigerjahren untersucht (vgl. Six Felfe, 2006). Das Forschungsinteresse daran, vor allem hinsichtlich der Verbesserung der Arbeitszufriedenheit, besteht auch heute, da man sich von einer größeren Arbeitszufriedenheit bessere Arbeitsergebnisse und in der Folge höheren Umsatz und Gewinn für das Unternehmen verspricht (vgl. Ferreira, 2009). Um Fehlzeiten und Fluktuation zu vermindern, wurde auch der Arbeitsorganisation zunehmend Bedeutung beigemessen (vgl. Lawler Porter, 1967, S. 20–28). Das rein wirtschaftliche Denken in den Wirtschaftswissenschaften war für die auf den Betrieb bezogene Forschung untauglich. Es folgten bedürfnis- und motivationsorientierte Forschungsansätze (Schaffer, 1953). Nach Schaffer hängt die Arbeitszufriedenheit davon ab, in welchem Maß ein Individuum seine Bedürfnisse mit der Arbeit befriedigen kann: Je stärker Bedürfnisse sind, desto stärker hängt die Arbeitszufriedenheit von deren Erfüllung ab (siehe auch Herzberg, 1966).
Arbeitszufriedenheit wird am ehesten eine Einstellung der betreffenden Personen zugeschrieben: „Arbeitszufriedenheit wird gewöhnlich als Einstellung definiert und umfasst dann die emotionale Reaktion auf die Arbeit, die Meinung über die Arbeit und die Bereitschaft, sich in der Arbeit in bestimmter Weise zu verhalten“ (Six Felfe, 2004, zitiert nach Nerdinger, 2011, S. 395).
Einstellungen bestehen klassischerweise aus drei Dimensionen: einer affektiven, einer kognitiven, zu der Ansichten und Meinungen zählen, und einer konativen, zu der Verhalten oder die Verhaltensabsicht gehören (vgl. Rosenberg Hovland, 1962). Ein Zusammenhang zwischen Affekten oder Kognitionen und einem entsprechenden Verhalten lässt sich nach Judge Klinger (2007) nur schwer nachweisen. Das gilt auch im Hinblick auf die Arbeitszufriedenheit.
Aus psychologischer Sicht ist Arbeitszufriedenheit ein Ergebnis der Motivation. Wenn Wünsche erfüllt wurden oder es zur Bedürfnisbefriedigung gekommen ist, so entstehen positive Einstellungen (vgl. Neuberger, 1974). Durch den Facettenreichtum der Arbeitszufriedenheit können sich Einstellungen auf mehrere Faktoren beziehen, z. B. auf die Aufgabe als solche, auf die äußeren Arbeitsbedingungen, die Beziehung zu Führung und Teammitgliedern, die Karrieremöglichkeiten oder die Bezahlung. Die individuelle Zufriedenheit einer Person ist in vielen Fällen durchaus unterschiedlich. So kann z. B. eine Zufriedenheit hinsichtlich der Entlohnung, aber eine Unzufriedenheit hinsichtlich der Unternehmenspolitik bestehen (vgl. Nerdinger, 2013).
Ende der 60er-Jahre wurde kritisiert, dass es zwar viele Untersuchungen zur Arbeitszufriedenheit gebe, der Forschungsstand jedoch unbefriedigend sei (vgl. Brenke, 2015, S. 716). Diese Situation war entstanden, da theorielos Daten auf vielfältige Weise miteinander korreliert wurden: „correlation without explanation“ (vgl. Locke, 1969, S. 311.).
In Deutschland bewerten die meisten Erwerbstätigen ihre berufliche Tätigkeit positiv, wie aus den Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP) hervorgeht. Auf der von null (= ganz und gar unzufrieden) bis zehn (= ganz und gar zufrieden) reichenden Skala konzentrieren sich die Angaben auf die Werte von sechs bis acht. Es lässt sich jedoch ein Abwärtstrend in der Bereichszufriedenheit Arbeit von 7,7 Punkten im Jahr 1984 auf 6,7 Punkte im Jahr 2009 beobachten. Jeder achte Befragte ist laut SOEP im Jahr 2013 mit seiner beruflichen Tätigkeit unzufrieden, auch wenn ein leichter Aufwärtstrend der Arbeitszufriedenheit zu beobachten ist. Die Punkte der Skala konzentrieren sich im Jahr 2013 auf Werte von sieben bis neun (vgl. Wagner, Göbel, Krause, Pischner Sieber, 2008). Hierbei zeigen sich kaum soziostrukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder Altersgruppen. Auch die Höhe der Entlohnung sowie die Art der ausgeübten Tätigkeit haben keinen starken Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Job (ebd.).
Der Engagement-Index des Gallup Institute zur Motivation am Arbeitsplatz zeigt für 2008 Folgendes: „Fast ein Viertel (24 %) der Beschäftigten in Deutschland hat innerlich bereits gekündigt. 61 % machen Dienst nach Vorschrift. Nur 15 % der Mitarbeiter haben eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber und sind bereit sich freiwillig für dessen Ziele einzusetzen“ (Gallup, 2012, S. 1). Weiterhin geht aus der Pressemitteilung hervor, dass sich nur ein Prozent der Mitarbeiter überdurchschnittlich engagiert (vgl. ebd.). Die DGB-Studie ‚Gute Arbeit‘, die in einer bundesweiten Repräsentativbefragung durchgeführt wurde, ergab, dass die Zufriedenheit von Beschäftigten mit ihrer Tätigkeit mit 12 % gering ist (vgl. DGB, 2007, S. 12). Arbeitsbedingungen wie ein Mangel an Arbeitsplatzsicherheit, Aufstiegsmöglichkeiten und Einkommen sind nach dem DGB-Index ‚Gute Arbeit‘ wesentliche Merkmale, die zu einer schlechten Bewertung von Arbeit führen (vgl. ebd., S. 15).
In der zweiten Hälfte der 70er-Jahre mehrten sich in Deutschland Anzeichen in Richtung einer sinkenden Arbeitszufriedenheit (vgl. Bolte, 1993, S. 8). Gründe dafür sind nicht gänzlich geklärt. Schramm (1999) diskutiert in dem Zusammenhang die erlebte Bedrohung des Arbeitsplatzes, die Arbeitsplatzunsicherheit. Eine sichere Arbeitsstelle ist den Deutschen nach der World Values Survey 2005-2007 im europäischen Vergleich sehr wichtig (vgl. Hardering Bergheim, 2011, S. 15). Rosenstiel (2015, S. 82) diskutiert zunehmenden Leistungsdruck als mögliche Ursache. Beobachtet wurde ab Mitte der 70er-Jahre eine Zunahme betrieblicher Fehlzeiten sowie ‚innerer Kündigung‘ (vgl. Bolte, 1993, S. 8) und in der Folge wurde eine Verschiebung von einst vorherrschenden Pflicht- und Akzeptanzwerten in der Arbeitswelt hin zum Hedonismus befürchtet (vgl. Brake, 2003, S. 31). Der von Klages (1984, S. 57) festgestellte Wandel von Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu Selbstentfaltungswerten muss jedoch keineswegs mit Leistungsminderung der Beschäftigten bei der Arbeit einhergehen. Wenn das Bedürfnis nach Selbstentfaltung, Autonomie oder individuellem Sinnbezug in der Arbeit durch die Betriebsführung berücksichtigt wird, kann sich dies im Gegenteil in Form einer Leistungssteigerung auswirken (vgl. Hauff, 2008, S. 58).
Bei der Bewertung einer beruflichen Tätigkeit spielen nicht nur deren Eigenschaften eine Rolle, sondern auch die Einschätzungen der Beschäftigten darüber, was der Job ihnen bieten sollte. Dementsprechend wird die Arbeitszufriedenheit erheblich von Gefühlen und persönlichen Eigenheiten beeinflusst. Unzufrieden mit ihrer Arbeit sind relativ häufig Menschen, die oft ängstlich oder ärgerlich sind, die sich vergleichsweise selten glücklich fühlen und die weniger optimistisch in die Zukunft schauen. Personen, die mit ihrer Arbeit unzufrieden sind, neigen häufiger zum Jobwechsel und dadurch steigt in vielen Fällen die Zufriedenheit. Es gibt aber auch viele Beschäftigte, die an ihrer Stelle festhalten und dennoch im Laufe der Zeit zufriedener werden. Vermutlich arrangieren sie sich mit den Gegebenheiten (vgl. Brenke, 2015).
Zwei Arten der Erfassung von Arbeitszufriedenheit sind in der Praxis üblich. Zum einen können Personen nach der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit generell gefragt und um Einstufung auf einer Skala gebeten werden. Zum anderen kann die Zufriedenheit mit einzelnen Aspekten des Jobs erfasst und anschließend zu einem Gesamtbild gewichtet werden. Zu diesen Aspekten zählen: Dauer, Lage und Flexibilität der Arbeitszeit, Erwerbseinkommen, physische Arbeitsbedingungen wie Lärm oder Schmutz, Freude am Arbeitsergebnis, Betriebsklima etc. (vgl. Brenke, 2015). Messungen der Arbeitszufriedenheit durch mehrere Items sind hierbei reliabler, als wenn nur die globale Arbeitszufriedenheit gemessen wird. Aber auch Messungen der Arbeitszufriedenheit mit nur einem Item haben immerhin eine Reliabilität von .67 (vgl. Wanous, Reichers Hudy, 1997).
Arbeitszufriedenheit kann nicht von anderen Aspekten des Lebens wie der Familie, der Gesundheit oder dem sozialen Status getrennt betrachtet werden (vgl. Hoppock, 1935). In einer Metaanalyse von Tait, Padgett und Baldwin (1989) konnte ein Zusammenhang zwischen Arbeits- und Lebenszufriedenheit belegt werden. Der Effekt der Arbeitszufriedenheit auf die Lebenszufriedenheit scheint stärker als umgekehrt, über die Kausalität des Zusammenhangs wird jedoch diskutiert. Gewisse Effekte konnten in beide Richtungen festgestellt werden (vgl. Judge Watanabe, 1993). Bowling, Eschlemann und Wang (2010) zeigen in einer Metaanalyse, dass die Zufriedenheit mit dem Leben insgesamt die Arbeitszufriedenheit determiniert. In der Literatur liegen also durchaus widersprüchliche Forschungsergebnisse vor.
An bisherigen Erhebungsinstrumenten zur Messung der Arbeitszufriedenheit und an theoretischen Modellen zur Erklärung von Arbeitszufriedenheit ist Folgendes kritisch zu sehen: Die Subjektivität und Komplexität des Individuums, die Komplexität der Situation und die Dynamik zwischen beiden wird oft nicht hinreichend beachtet (vgl. Roedenbeck, 2008, S. 1).
2.1 Modelle der Arbeitszufriedenheit
Da der Begriff der Arbeitszufriedenheit facettenreich ist, werden unterschiedliche theoretische Ansätze verfolgt (vgl. Dalal, 2013; Fischer, 2006; Neuberger, 1974). Die Bedürfnistheorie von Maslow (1954) sowie die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg, Mausner und Snyderman (1959) werden im Folgenden beschrieben. Letztere stellt die Bedeutung von Tätigkeitsinhalten für die Zufriedenheit besonders heraus. Herzberg et al. erkannten den Zusammenhang zwischen intrinsischen Aspekten der Tätigkeit und der Zufriedenheit und Motivation für Mitarbeiter, betonen also die Rolle der Gefühle gegenüber der Arbeit. Beide Modelle werden auch als Inhalts- und Bedürfnistheorien beschriebenen.
Weiterhin relevant im Zusammenhang mit Theorien zur Arbeitszufriedenheit sind die sogenannten Prozesstheorien. Die VIE-Theorie nach Vroom und das Job Characteristics Model von Hackman und Oldham (1980) werden in 2.3 beschrieben. Prozesstheorien der Arbeitsmotivation werden in drei Phasen klassifiziert; 1. die Wahl von Handlungszielen, 2. die Zielrealisierung und 3. die Bewertung der Ergebnisse des Handelns. Zur Erklärung der Wahl von Zielen dient die VIE-Theorie, die auch als Erwartungs-Wert-Theorie bezeichnet wird. Das Job Characteristics Model versucht zu erläutern, wie Tätigkeiten der Arbeit beschaffen sein müssen, um Zufriedenheit zu generieren.
Inhalts-/Bedürfnis- und Prozesstheorien werden insgesamt auch als Motivationstheorien beschrieben. Mit Inhaltstheorien wird versucht, die Inhalte, die zu Motivation führen, konkret zu benennen. Prozesstheorien beschreiben den Motivationsprozess als solchen (vgl. Nerdinger, 2013) und sollen darüber hinaus zielorientiertes Handeln erklären (vgl. Kuhl, 1983).
2.2 Bedürfnis- und Inhaltstheorien
2.2.1 Das Hierarchiemodell der Bedürfnisse nach Maslow
Maslow (1981) entwickelte eine Bedürfnispyramide, durch die er eine Hierarchisierung menschlicher Werte vornimmt.
Das Handeln von Menschen begründet er durch sogenannte Defizit- und Wachstumsmotive. Maslow unterscheidet vier Klassen von Defizitmotiven (siehe auch Scheffer Heckhausen, 2010):
1.physiologische Bedürfnisse: organisch bedingte Antriebe, wie Hunger, Durst, Sexualität etc.
2.Sicherheitsmotive: Motiv nach schützender Abhängigkeit, nach Ordnung, Gesetzlichkeit und Verhaltensregelung; Sicherheit und Schutz vor Schmerz, Furcht, Angst und Ungeordnetheit
3.soziale Bindung: Wunsch nach sozialem Anschluss, Identifikation mit wertvollen Menschen, Wunsch nach Liebe, Zärtlichkeit, Geborgenheit
4.Selbstachtungs- oder Ich-Motive: Wunsch nach Anerkennung, Status, Prestige und Achtung
Defizit- oder Mangelmotive werden homöostatisch reguliert. Bei Mangelzuständen oder Störungen findet eine Aktivierung statt (vgl. Nerdinger, 2011, S. 428).
Selbstverwirklichung zählt nach Maslow zu den Wachstumsmotiven. Unter Selbstverwirklichung versteht Maslow „das menschliche Verlangen nach Selbsterfüllung, also die Tendenz das zu aktualisieren, was man an Möglichkeiten besitzt. Diese Neigung kann als das Verlangen formuliert werden, immer mehr zu dem zu werden, was man idiosynkratisch ist, alles zu werden, was zu werden man fähig ist“ (Maslow, 1981, S. 74).
Psychologische Gesundheit ist allein bei dem sich selbst verwirklichenden Menschen gegeben (vgl. Nerdinger, 2011, S. 428). Die Regulierung der Mangelmotive verhindert zwar Krankheit, macht aber nicht automatisch psychologische Gesundheit aus (vgl. ebd.).
Es müssen zuerst Motive der ‚niederen‘ Klasse erfüllt werden, bevor das Handeln durch die Aktivierung ‚höherer‘ Motivklassen bestimmt werden kann (vgl. ebd.).
Neben dem aktuellen Verhalten soll die Bedürfnispyramide auch die individuelle Entwicklung in verschiedenen Lebensabschnitten erklären. So steht für den Säugling die physiologische Bedürfnisbefriedigung im Vordergrund, für das Kleinkind ist das Bedürfnis nach Sicherheit elementar (vgl. Nerdinger, 2011, S. 429). Soziale Bindungen werden mit zunehmendem Alter relevanter (vgl. ebd.). Der Wert der Selbstachtung steigt im Rahmen der weiteren Entwicklung; ab der Adoleszenz gewinnt die Selbstverwirklichung an Bedeutung (vgl. ebd.).
Kritisiert wird an der maslowschen Bedürfnispyramide die willkürliche Einordnung der Motivklassen sowie die mangelnde empirische Überprüfung (vgl. Rosenstiel Nerdinger, 2011).
2.2.2 Die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg
Die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg basiert auf der Bedürfnishierarchie von Maslow (vgl. Stiller, 2013).
In der „Pittsburgh-Studie“ von Herzberg et al. (1959) wurde untersucht, welche Anreize in Organisationen wirken. Daraus wurden entsprechende Konsequenzen abgeleitet. Die im Rahmen der Studie vorgenommene Kategorisierung unterschiedet Kontext- und Kontentfaktoren.
Kontextfaktoren beziehen sich hierbei auf das Erleben des Arbeitsumfeldes und zählen zu den extrinsischen Faktoren, da sie außerhalb der Tätigkeit liegen (vgl. Nerdinger, 2011, S. 423). Folgende Kontextfaktoren wurden in der Studie ermittelt: Gehalt, Statuszuweisungen, Beziehung zu Untergebenen, Kollegen und Vorgesetzten, Führung durch die Vorgesetzten, Unternehmenspolitik und -verwaltung, konkrete Arbeitsbedingungen, persönliche, d. h. mit dem Beruf verbundene Bedingungen und Sicherheit des Arbeitsplatzes. Sie werden in der Studie als Hygienefaktoren bezeichnet (vgl. ebd.). Dieser Benennung liegt die Annahme zugrunde, dass Gesundheitsrisiken, die aus der Umwelt des Menschen resultieren, durch medizinische Hygiene beseitigt werden können (vgl. ebd.). Durch die Hygienefaktoren soll Unzufriedenheit vermieden werden (vgl. ebd.). Wenn alle genannten Aspekte der Arbeitsumgebung erfüllt sind, entsteht nicht automatisch Zufriedenheit, sondern ein neutraler Erlebniszustand, der als Nicht-Unzufriedenheit bezeichnet wird (vgl. ebd.).
Um Zufriedenheit mit der Arbeit zu erlangen, müssen zusätzlich intrinsische Aspekte gegeben sein, d. h. Faktoren, die in der Arbeit liegen. Sie werden als Kontentfaktoren bezeichnet (vgl. ebd.). Hierzu zählen: Leistungserlebnisse, Anerkennung, Arbeitsinhalt, Verantwortungsübertragung, beruflicher Aufstieg und das Gefühl, sich in der Arbeit entfalten zu können. Die Kontentfaktoren werden auch Motivatoren genannt und führen zur Zufriedenheit (vgl. Nerdinger, 2011, S. 424). Werden Motivatoren nicht erfüllt, resultiert hier ebenfalls nicht automatisch Unzufriedenheit, sondern ein neutraler Zustand, der als Nicht-Zufriedenheit bezeichnet wird (vgl. ebd.). Die von Herzberg et al. entwickelte Theorie wird als Zwei-Faktoren-Theorie bezeichnet, weil Motivatoren und Hygienefaktoren als zwei voneinander unabhängige Faktoren gesehen werden (vgl. ebd.).
Dies macht zugleich einen wesentlichen Kritikpunkt an dieser Theorie aus, denn einige Hygienefaktoren sind doppeldeutig. Gehalt oder Status kann, subjektiv betrachtet, z. B. auch als Anerkennung interpretiert werden und würde somit als Motivator fungieren (vgl. ebd.).
Die Neigung in der Gesellschaft ist verbreitet, extrinsische Faktoren eher für Unzufriedenheit, intrinsische Faktoren eher für Zufriedenheit verantwortlich zu machen und zeigte sich ebenfalls in der Pittsburgh-Studie (vgl. ebd.). Die nach wie vor große Bedeutung der Zwei-Faktoren-Theorie ist begründet in der Tatsache, dass Herzberg et al. als Erste einen Zusammenhang zwischen intrinsischen Aspekten der Tätigkeit, Zufriedenheit und Motivation für Mitarbeiter identifiziert haben (vgl. ebd.). Ökonomische, insbesondere finanzielle Anreize zur Arbeitsmotivation wurden somit um diese Erkenntnis erweitert (vgl. ebd.).
2.3 Prozesstheorien
2.3.1 VIE (Vroom)
Die VIE-Theorie von Vroom (1964) wird nach den Anfangsbuchstaben der dort berücksichtigten Größen benannt: Valenz, Instrumentalität und Erwartung.
Bei der Wahl zwischen Handlungsalternativen werden Werte, hier als Valenzen bezeichnet, gegen Erwartungen abgewogen (vgl. Nerdinger, 2011, S. 432). Valenzen beziehen sich dabei auf die Attraktivität möglicher Ergebnisse des Handelns (vgl. ebd.). Erwartung meint die subjektive Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Ergebnisse erreicht werden können (vgl. ebd.). Die Folgen von Handlungsergebnissen werden bewertet und sollten nach Vroom auch mitberücksichtigt werden (vgl. ebd.). Vroom prägte den Begriff der Instrumentalität, der sich auf den Zusammenhang von Handlungsergebnissen und wahrgenommenen Folgen bezieht (vgl. ebd.).
Die Möglichkeit eines beruflichen Aufstiegs mit entsprechenden Folgen, wie z. B. einer größeren Verantwortungsübernahme, wird z. B. gegen einen zu erwartenden Freizeitverlust abgewogen. Als Resultat des Abwägens ergibt sich eine positive oder negative Instrumentalität, je nachdem, welcher Valenz man größere Bedeutung beimisst (vgl. ebd.).
Darüber hinaus spielt das eigene Zutrauen eine Rolle. Das Zutrauen in eigene Fähigkeiten bzw. das aufgabenspezifische Selbstvertrauen wird als Selbstwirksamkeit bezeichnet (vgl. Bandura Locke, 2003; Latham, 2011). In dem Beispiel also die höhere Verantwortungsübernahme, die wahrscheinlich mit dem Annehmen einer höheren Position einhergeht (vgl. Nerdinger, 2011, S. 432). Wenn die Erwartung des Erfolges in der neuen Position hoch ist und die Position selbst auch als hoch bewertet wird, dann wird sich jemand für die Position entscheiden (vgl. ebd.). Mögliche Alternativen scheinen weniger attraktiv. Ein zu kritisierender Aspekt dieser Theorie besteht darin, dass der Mensch als rational kalkulierendes Wesen betrachtet wird, der allein seinem Selbstinteresse folgt (vgl. Nerdinger, 2011, S. 432). Menschliche Motive sind aber komplex und daher ist diese Sichtweise einseitig (vgl. Cropanzano, Goldman Folger, 2005; Diefendorff Chandler, 2011). In einer Metaanalyse (vgl. van Eerde Thierry, 1996) wurde gezeigt, dass einzelne Variablen die Arbeitsleistung besser erklären können als das komplexe Modell von Vroom, das daher empirisch nicht belegt werden konnte. Die Methodik dieser Metaanalyse wird zwar den Aussagen der Theorie nicht gerecht, kann aber insgesamt als brauchbares Modell betrachtet werden, um Vorgänge bei der Wahl von Handlungszielen zu verdeutlichen (vgl. Nerdinger, 2011, S. 432).
2.3.2 Job Characteristics Model
Das Job Characteristics Model von Hackman und Oldham (1980) beschreibt, welche konkreten Merkmale der Tätigkeit für die Arbeitszufriedenheit und Motivation von Mitarbeitern entscheidend sind. Dabei werden auch psychische Prozesse betrachtet (vgl. Nerdinger, 2011, S. 425).
Die drei ermittelten psychologischen Grundbedingungen, die zu intrinsischer Motivation und damit zu Arbeitszufriedenheit führen, werden durch folgende Zustände beschrieben: erlebte Bedeutsamkeit der eigenen Arbeitstätigkeit, erlebte Verantwortung für die Ergebnisse der eigenen Arbeitstätigkeit und das Wissen über die aktuellen Resultate, vor allem über die Qualität der eigenen Arbeit (vgl. Hackman Oldham, 1980).
Weiterhin werden fünf Aufgabenmerkmale der Arbeitstätigkeit beschrieben, die zu den genannten psychologischen Erlebniszuständen führen sollen: 1. je vielfältiger und bedeutender Arbeitsaufgaben sind, 2. je mehr der Erwerbstätige in den gesamten Prozess der Herstellung eines Gutes eingebunden ist, je mehr also die Ganzheitlichkeit der Aufgaben angesprochen wird, desto eher wird 3. die erlebte Bedeutsamkeit der eigenen Arbeitstätigkeit angesprochen (vgl. ebd.). 4. je autonomer die Mitarbeiter sind, d. h. je mehr Entscheidungsfreiheit ihnen einräumt wird, desto eher wird die erlebte Verantwortung für eigene Arbeitsergebnisse angesprochen (vgl. ebd.).
5. je häufiger eine Widerspiegelung geleisteter Arbeit durch Feedback stattfindet, desto größer ist das Wissen der Beschäftigten um die Resultate und die Qualität der eigenen Arbeit (vgl. ebd.).
Zusammengenommen haben die fünf Aufgabenmerkmale und die daraus resultierenden drei psychologischen Erlebniszustände Auswirkungen auf die Arbeit: Neben erhöhter intrinsischer Motivation und Arbeitszufriedenheit soll die Qualität der Arbeitsleistung zunehmen, während die Abwesenheit und die Fluktuationsrate abnehmen (vgl. ebd.). Das Bedürfnis nach persönlicher Entfaltung, also ein Merkmal, das von der Person selbst abhängt, beeinflusst diese Auswirkungen, aber auch die fünf Aufgabenmerkmale und damit das Ausmaß der psychologischen Erlebniszustände (vgl. ebd.).
Ein Zusammenhang zwischen Aufgabenmerkmalen und den Auswirkungen auf die Motivation ist umso größer, je stärker das Bedürfnis nach persönlicher Entfaltung ausgeprägt ist. Deshalb können auch Personen, die dieselben Tätigkeiten ausüben, in unterschiedlichem Maß zufrieden sein (vgl. Latham, 2011; Nerdinger 2013).
Viele Belege für die zentralen Aussagen des Modells finden sich in wissenschaftlichen Studien (vgl. Judge, Thoresen., Bono Patton, 2001; Judge Kammeyer-Mueller, 2012). Dabei korrelieren Merkmale wie Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten, Beziehung zu Teammitgliedern und Führung sowie die inhaltliche Zufriedenheit mit der Arbeit am höchsten mit der Gesamtzufriedenheit (vgl. Nerdinger, 2011, S. 426).
Eine Erweiterung des Job Characteristics Model nahmen Saavedra und Kwun (2000) vor: Bestimmte Merkmale der Arbeit hängen mit bestimmten Emotionen zusammen. Enthusiasmus geht z. B. einher mit hoher Bedeutsamkeit, Rückmeldung und Autonomie. Bei geringer Bedeutung stellt sich das Gefühl der Ermüdung ein. Wenn es zu ausgeprägten Rückmeldungen und geringer Anforderungsvielfalt kommt, wirken Mitarbeiter entspannter. Emotionen können also eine vermittelnde Wirkung zwischen den Job Characteristics und der Arbeitsmotivation haben (vgl. Diefendorff Chandler, 2011). Emotionale Gestimmtheit als Persönlichkeitsmerkmal, d. h. mit einem zeitlich überdauernden Charakter, zeigt einen engen Zusammenhang mit Arbeitszufriedenheit (vgl. Nerdinger, 2011, S. 427). Metaanalytisch zeigt negative Affektivität, gekennzeichnet durch Nervosität und Stressempfinden, eine Korrelation von p = -.40 mit Arbeitszufriedenheit. Positive Affektivität, gekennzeichnet durch ein hohes Energielevel, Begeisterungsfähigkeit und Engagement, korreliert mit dieser in einem Ausmaß von p = .50 (vgl. Thoresen, Kaplan, Barsky, Warren de Chermont, 2003).
3 Kennzeichen der Moderne
Modernisierungstheorien sind vielfältig, aber in allen findet sich eine Dichotomie zwischen ‚traditionellen‘ und ‚modernen Gesellschaften‘ (vgl. Rostow, 1997).
„Traditionelle Gesellschaften“ sind in den meisten Modernisierungstheorien gekennzeichnet durch geringen Urbanisierungs- und Industrialisierungsgrad, geringe Produktivität, Irrationalität, Analphabetismus, eine starre gesellschaftliche Struktur, geringe Dynamik und soziale Mobilität sowie einen geringen Individualisierungs-, Domestizierungs- und Differenzierungsgrad (vgl. Rüland, 1997, S. 91). „Moderne Gesellschaften“ sind im Gegensatz dazu charakterisiert durch einen hohen Urbanisierungs-, Industrialisierungs-, Individualisierungs-, Differenzierungs- und Bildungsgrad, hohe Produktivität, Massenkonsum, Rationalität, Demokratie, soziale Mobilität und Unternehmertum (vgl. ebd.). Die Domestizierung der Natur ist weit fortgeschritten (vgl. ebd.).
Häufig wird das Modell von Rostow (1960) mit seinen fünf Stadien verwendet, um zu illustrieren, wie sich ‚klassische‘ Modernisierungstheoretiker gesellschaftliche Entwicklung vorstellen. Die Stadien reichen von der traditionellen Agrargesellschaft ohne Wirtschaftswachstum über Stadien des Wirtschaftswachstums, besonders durch die industriellen Revolutionen bedingt, bis hin zu einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Stadium fünf (vgl. Zapf, 1997, S. 33). Ist ein gewisser Reichtum geschaffen, kommt es zur Suche nach neuen Qualitäten, Zielen und Lebensstilen, wie z. B. ein nachhaltiges und ökologisch verträgliches Wachstum anstelle eines Wachstums, das allein auf das Erfolgskriterium der Produktivitätssteigerung ausgerichtet ist. Der Beginn dieses Stadiums wird von Rostow auf die 1970er-Jahre datiert.
Modere Gesellschaften‘ sollten nicht als besser oder schlechter als ‚traditionelle Gesellschaften‘ angesehen werden, denn soziale Wirklichkeit entsteht durch eine Mischung von modernen und traditionellen Elementen (vgl. van der Loo & Reijen, 1992, S. 18).
Habermas sieht das Neue der Moderne darin, dass sie „ihre orientierenden Maßstäbe nicht mehr Vorbildern einer anderen Epoche entlehnen“ kann (vgl. Habermas, 1988, S. 16).
Tönnies (1988) beschreibt Modernisierung als den Übergang von ‚Gemeinschaft‘ zu ‚Gesellschaft‘. Verwissenschaftlichung und Kommerzialisierung sind in modernen Zeiten kennzeichnender als Tradition, Glaube oder Gemeinschaftssinn (vgl. van der Loo & Reijen, 1992, S. 15).
Durkheim (1893) war an den Kräften interessiert, die die Menschen verbinden, und prägte den Begriff der sozialen Solidarität. Durkheim unterscheidet im Zusammenhang mit Modernisierung zwischen mechanischer und organischer Solidarität (vgl. van der Loo & Reijen, 1992, S. 15). Mit mechanischer Solidarität ist eine stärkere Verbundenheit zwischen Individuum und Gemeinschaft gemeint (vgl. ebd.). In der Moderne herrscht jedoch die organische Solidarität vor (vgl. ebd.). Gemeint ist hiermit die zunehmende Arbeitsteilung und damit verbunden die Abhängigkeit der Menschen voneinander (vgl. ebd.).
Auf eine Spannung zwischen Individuum und Gesellschaft geht auch Simmel ein (vgl. van der Loo & Reijen, 1992, S. 16). Er betrachtet besonders den Aspekt der Individualisierung als Kennzeichen moderner Gesellschaften (vgl. ebd.). Er hebt den Freiheitsgewinn hervor, der durch das Herauslösen einzelner Menschen aus traditionellen Strukturen entsteht (vgl. ebd.). Der Mensch neigt nach Simmel dazu, sich immer mehr als autonom zu begreifen, resultierend aus veränderten sozialen Netzwerken und zunehmenden bürokratischen Aufgaben (vgl. ebd.). Soziale Bindungen sind in modernen Gesellschaften oft instrumentell und formell, also eher zweckgebunden und durch vorgegebene Normen und Rollenhandeln bestimmt (vgl. ebd.).
Weber beschäftigt sich ebenso wie Simmel mit der dichotomen Tendenz von ‚subjektiviertem‘ Individuum und der ‚abstrakteren‘ Gesellschaft (vgl. van der Loo & Reijen, 1992, S. 16 f.). Webers Interesse bezieht sich vor allem auf die Rationalisierungstendenz in modernen Gesellschaften (vgl. ebd.). Im Gegensatz zu Simmel befürchtet Weber eine Abhängigkeit der Gesellschaft von der Bürokratie. Als Ursache dieser Abhängigkeit sieht er die Zunahme des durch Vernunft geleiteten und begründeten Denkens (vgl. ebd.).
3.1 Acht-Faktoren-Modell
Grundsätzliche Kennzeichen der Moderne lassen sich im Acht-Faktoren-Modell abbilden (vgl. Degele & Dries 2005, S. 23 ff.). Das Modell gibt einen systematischen Überblick und berücksichtigt folgende Kennzeichen der Moderne: Globalisierung, Beschleunigung, Rationalisierung, Domestizierung, Differenzierung, Individualisierung, Ver- und Entgeschlechterung sowie Integration. Das Acht-Faktoren-Modell enthält bereits Ansätze des allgemeinen Handlungsschemas von Parsons (1975, 1985).
Um die verschiedenen Theorien und Phänomene im Zusammenhang mit Modernisierung strukturiert zu betrachten, eignet sich das allgemeine Handlungsschema, das von Parsons (1975, 1985) entwickelt wurde. Adriaansens (1981) generalisierte die von Parsons beschriebenen vier Seiten, die gesellschaftliche Wirklichkeit und menschliches Handeln erfassen (vgl. van der Loo & Reijen, 1992, S. 28 f.). Diese werden im Folgenden beschrieben.
Soziale Wirklichkeit ist, aus struktureller Perspektive gesehen, gekennzeichnet durch die Einnahme gesellschaftlicher Rollen und die Bestimmung sozialen Handelns, d. h. des auf andere Personen bezogenen Handelns, durch Interaktion. (vgl. ebd., S. 29).
Da Handeln und Interaktion eng mit kulturellen Bedeutungssystemen verbunden sind, betrachtet Parsons auch diese Seite der Wirklichkeit. Symbole, Werte, Normen und Bedeutungen können sich je nach Kultur durch Aushandlungsprozesse während der Interaktion unterscheiden (vgl. ebd.).
Soziale Wirklichkeit wird zudem durch die Person selbst bestimmt. Der Persönlichkeitsaspekt hat Auswirkungen auf das Handlungsfeld, trotz struktureller Begrenzungen und Möglichkeiten oder Begrenzungen durch das kulturelle Bedeutungssystem (vgl. ebd.).
Parsons beschreibt weiter die Abhängigkeit des Menschen von der Natur. Der moderne Mensch vernachlässigt diesen Aspekt jedoch eher, da ein Bewusstsein dessen meist nur bei ‚Unordnung‘ entsteht, die dann z. B. in Naturkatastrophen, aber auch in Krankheit etc. mündet (vgl. ebd.).
Die vier Perspektiven oder Dimensionen Struktur, Kultur, Person und Natur lassen sich als Handlungsschema auf die Modernisierung übertragen und stehen in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander (vgl. ebd., S. 30). Betrachtet man die strukturelle Dimension, bezogen auf sich verändernde Handlungsmuster und Interaktionen, im Hinblick auf die Modernisierung, so kann vom Prozess der Differenzierung gesprochen werden. Aus kultureller Perspektive erscheint Modernisierung als ein Prozess der Rationalisierung. Wenn die Person in den Fokus genommen wird, geht es insbesondere um den Prozess der Individualisierung. Steht der Aspekt der Natur im Vordergrund, kann von einem Prozess der Domestizierung, der Beherrschbarkeit der Natur gesprochen werden (vgl. ebd.).
Die Begriffe Rationalisierung, Differenzierung, Individualisierung und Domestizierung werden im Folgenden genauer mit ihren Kerncharakteristika beschrieben.
In der Moderne nimmt die Tendenz zur Rationalisierung zu. Der Mensch ist bestrebt, Denken und Handeln zu begründen, zu berechnen und zu beherrschen. Dadurch soll eine gewisse Vorhersehbarkeit der Wirklichkeit ermöglicht werden (ebd., S. 31).
Bezogen auf die Arbeitswelt geht es in diesem Zusammenhang um Effizienz und Effektivität durch wohlüberlegtes Handeln. Der Begriff der Rationalisierung impliziert eine Abkehr von Willkürlichem, Zufälligem (vgl. Degele & Dies, 2005, S. 24)
Eine Gefahr kann in der abnehmenden Fähigkeit gesehen werden, komplexe Zusammenhänge zu begreifen, und in der möglicherweise nachlassenden Problemlösefähigkeit. Rationalisierungs- und Differenzierungstendenzen bedingen sich wechselseitig. Eine Neigung, den Blick aufs Ganze zu verlieren, wohnt beiden inne (ebd., S. 23 f.).
Differenzierung beschreibt die Spaltung eines ursprünglich Ganzen in einzelne Teile mit jeweils eigener Funktion. In der Arbeitswelt geht Differenzierung auch stark mit Spezialisierung einher (vgl. ebd., S. 24). Als paradox kann betrachtet werden, dass durch arbeitsteilige Prozesse nicht weniger, sondern sogar mehr Zusammenarbeit notwendig sein kann, da z. B. auch mehr Absprachen nötig sind, um das Ganze nicht aus dem Fokus zu verlieren (vgl. ebd., S. 35).
Das Individuum gewinnt in der Moderne an Bedeutung. Individualisierung, das Lösen von Kollektivität, ist die Folge von räumlichem Abstand zu verschiedenen sozialen Einheiten (vgl. van der Loo & Reijen, 1992, S. 32). Damit geht eine persönliche Unabhängigkeit des Individuums von einem Teil seiner Mitmenschen einher. Das gewonnene Gefühl der Freiheit zeichnet sich durch Handlungsfreiheit und eine relativ große Selbstständigkeit aus (vgl. ebd., S. 38). Dennoch ist es in modernen Gesellschaften eine Herausforderung, die eigene Identität zu wahren (vgl. ebd.). Traditionelle Werte und der Halt bzw. die Sicherheit, die Institutionen boten, schwinden und durch die Abhängigkeit von abstrakten und anonymen Verbänden entsteht für das Individuum ein Gefühl von Machtlosigkeit, trotz der größeren Entfaltungsmöglichkeiten (vgl. ebd.). Sennett (1998) verweist darauf, dass der ‚flexible Mensch‘ durch die Abnahme gesellschaftlicher Leitlinien und Orientierung die Risiken erhöhter Flexibilitätsanforderungen in Eigenverantwortung bewältigen muss (vgl. IAW, 2005, S. 15).
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