„Gefährlichster Denker des Westens“„ Pedant des Wirren“, „Scharlatan“ – die abfälligen Bemerkungen über Slavoj Žižek ließen sich beliebig fortsetzen. Aufgrund seiner wilden Assoziationen, provokanter Auftritte und politisch unkorrekten Bemerkungen hat er sich den Ruf einer philosophischen Persona non grata redlich erkämpft.
Doch seine zahlreichen Werke eröffnen entlang der Achse Lacan-Hegel-Marx über ein popkulturell gebrochenes Sapere aude hinaus neue (mehr oder weniger systematische) Erkenntnisse – auch über die Klassische Deutsche Philosophie. Hier ist der Star-Philosoph alles andere als leicht zugänglich. Offensichtlich ist zunächst ein Widerspruch zwischen dem ordentlichen ‚Deutschen Idealismus‘ und der unordentlichen Herangehensweise Žižeks, was unter anderem daran liegt, „daß eigentlich keiner der idealistischen Philosophen, sondern die Psychoanalyse Lacans der führende Meinungsmacher ist“. Denn mit Lacan (wie von einer generellen poststrukturalistischen Perspektive) liest Žižek einen ‚Hegel der Signifikantenlogik‘ – nicht zuletzt auch, um seine Subjektphilosophie, wie er sie bei Hegel liest, zu begründen.
Gilt es folglich, Ordnung in diese Hegel-Lektüre Žižeks zu bringen, so muss dargelegt werden, inwiefern Žižek überhaupt eine Theorie radikaler Kontingenz wie absoluter Subjektivität bei Hegel liest. Dies soll, auch auf die Gefahr einer Redundanz hin, in vier Schritten dargelegt werden: Ein Grund, weswegen Žižek mit Hegel und Lacan mit einem ‚gebarrten‘ Subjekt argumentiert, ist ein postmoderner Diskurs, der von einer Dezentrierung und Dekonstruktion des modernen Subjektbegriffs ausgeht (Kapitel 1) Entgegen der postmodernen Kritik versucht Žižek, nicht nur aufzuzeigen, dass Hegel kein ‚Denker der Einheit‘ ist, sondern er rekontextualisiert darüber hinaus den hegelschen Begriff der ‚Antithese‘ als die eigentliche These, die für eine konstitutive Differenz des Widerspruchs steht. (Kapitel 2) Damit verbunden ist für Žižek ein Mangel-Begriff, der auf eine fundamentale Kontingenz, eine Leerstelle verweist, die sowohl das Subjekt als auch die Substanz betrifft (3. Kapitel). Notwendig verbunden ist Žižeks Auslegung der hegelschen Subjektphilosophie zudem mit einer lacanschen Relektüre des kantischen Ding an sich.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Die Dezentrierung des Subjekts. Warum Žižek auf Hegel zurückgreift
- 2. Die Antithese als These. Die konstitutive Differenz des Widerspruches.
- 3. Doppelseitiger Mangel. Kants Ding an sich und Die Unmöglichkeit von Subjekt und Substanz.
- 4. Ver-rücktheit und Exzessivität. Das Subjekt als Zerrbild der Realität
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Slavoj Žižeks Interpretation der Hegelschen Subjektphilosophie. Das Ziel ist es, die scheinbar widersprüchliche Verbindung zwischen Žižeks unorthodoxer Herangehensweise und dem Deutschen Idealismus zu beleuchten und die Schlüsselfragen seiner Hegel-Lektüre zu identifizieren.
- Žižeks Kritik an postmodernen Dezentrierungstendenzen des Subjektbegriffs und seine Rückbesinnung auf Hegel.
- Die Reinterpretation des Hegelschen Widerspruchsbegriffs als konstitutive Differenz.
- Der Begriff des Mangels bei Žižek und seine Verbindung zu Kant und Hegel.
- Die Rolle Lacanscher Psychoanalyse in Žižeks Hegel-Interpretation.
- Das Konzept der "Ver-rücktheit" und exzessiven Subjektivität bei Hegel nach Žižek.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt Slavoj Žižek als umstrittene, aber einflussreiche Figur in der Philosophie vor. Sie skizziert den scheinbaren Widerspruch zwischen Žižeks unorthodoxem Stil und der klassischen deutschen Philosophie und kündigt die vier zentralen Kapitel an, die Žižeks Hegel-Lektüre im Kontext der postmodernen Subjektdezentrierung untersuchen. Die Einleitung betont Žižeks Bezug auf Lacan und die Notwendigkeit, Ordnung in seine Hegel-Interpretation zu bringen, um seine Theorie der radikalen Kontingenz und absoluten Subjektivität zu verstehen.
1. Die Dezentrierung des Subjekts. Warum Žižek auf Hegel zurückgreift: Dieses Kapitel analysiert den Diskurs um Hegel, der von einer Ablehnung Hegels als Einheitsphilosoph und der postmodernen Dezentrierung des Subjekts geprägt ist. Žižek argumentiert gegen die vermeintliche Flucht vor Hegel, indem er die poststrukturalistische Kritik am holistischen Totalismus als ungerechtfertigt darstellt. Er betont Hegels Verständnis des "Gespaltenseins" der Identität und sieht in Hegels Philosophie keine zu überwindende Einheit, sondern einen mangelhaften, "gebarrten" Identitätsbegriff, der sowohl Substanz als auch Subjekt betrifft. Das Kapitel deutet auch an, wie Žižek Foucaults, Althussers und Butlers Kritik des Subjektbegriffs aufgreift und Hegels Subjektphilosophie als Antwort auf diese Kritik präsentiert.
Schlüsselwörter
Slavoj Žižek, Hegel, Subjektphilosophie, Poststrukturalismus, Postmoderne, Lacan, Psychoanalyse, Widerspruch, Differenz, Mangel, Kontingenz, Ver-rücktheit, Exzessivität, Deutsches Idealismus.
Häufig gestellte Fragen zu: Slavoj Žižeks Hegel-Interpretation
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Slavoj Žižeks Interpretation der Hegelschen Subjektphilosophie. Sie untersucht die Verbindung zwischen Žižeks unorthodoxer Herangehensweise und dem Deutschen Idealismus und identifiziert die Schlüsselfragen seiner Hegel-Lektüre.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Žižeks Kritik an postmodernen Dezentrierungstendenzen des Subjektbegriffs und seine Rückbesinnung auf Hegel; die Reinterpretation des Hegelschen Widerspruchsbegriffs als konstitutive Differenz; den Begriff des Mangels bei Žižek und seine Verbindung zu Kant und Hegel; die Rolle Lacanscher Psychoanalyse in Žižeks Hegel-Interpretation; und das Konzept der "Ver-rücktheit" und exzessiven Subjektivität bei Hegel nach Žižek.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, vier Hauptkapitel und einen Schluss. Die Kapitel befassen sich mit der Dezentrierung des Subjekts und Žižeks Rückgriff auf Hegel, der Antithese als These und der konstitutiven Differenz des Widerspruchs, dem Doppelseitigen Mangel bei Kant und Hegel und der Unmöglichkeit von Subjekt und Substanz, sowie Ver-rücktheit und Exzessivität des Subjekts als Zerrbild der Realität.
Wie wird Žižeks Hegel-Lektüre in der Arbeit dargestellt?
Die Arbeit präsentiert Žižeks Hegel-Interpretation im Kontext der postmodernen Subjektdezentrierung. Sie beleuchtet den scheinbaren Widerspruch zwischen Žižeks unorthodoxem Stil und der klassischen deutschen Philosophie und ordnet seine Theorie der radikalen Kontingenz und absoluten Subjektivität.
Welche Rolle spielt die Postmoderne in der Arbeit?
Die Arbeit analysiert den Diskurs um Hegel, der von einer Ablehnung Hegels als Einheitsphilosoph und der postmodernen Dezentrierung des Subjekts geprägt ist. Žižeks Kritik an poststrukturalistischen und postmodernen Ansätzen zur Subjektdezentrierung bildet einen zentralen Aspekt der Arbeit.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Slavoj Žižek, Hegel, Subjektphilosophie, Poststrukturalismus, Postmoderne, Lacan, Psychoanalyse, Widerspruch, Differenz, Mangel, Kontingenz, Ver-rücktheit, Exzessivität, Deutsches Idealismus.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, die scheinbar widersprüchliche Verbindung zwischen Žižeks unorthodoxer Herangehensweise und dem Deutschen Idealismus zu beleuchten und die Schlüsselfragen seiner Hegel-Lektüre zu identifizieren.
- Arbeit zitieren
- Benjamin Trilling (Autor:in), 2016, Grimassen des Realen. Slavoj Žižek und Hegels Subjektphilosophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/446344