Eine kritische Analyse von Unternehmensstrategien im Bereich Consumer Electronics. Die Firmen Philips und Matsushita


Bachelorarbeit, 2011

51 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Unternehmensstrategien im Bereich Consumer Electronics
1.1 Problemstellung und Aufbau der Untersuchung
1.2 Corporate Strategy: Begriffsdefinition und Ausprägungen

2 Eine Strategieanalyse am Beispiel von Philips und Matsushita
2.1 Gründung und Marktimplementierung
2.1.1 Entstehung von Royal Philips Electronics N. V
2.1.2 Entstehung von Matsushita Electric Industrial Co. Ltd
2.1.3 Zwischenfazit der Entstehungsphase
2.2 Entwicklungen in der Vor- und Nachkriegszeit: 1930-1960
2.2.1 Royal Philips Electronics N. V. 1930-1960
2.2.2 Matsushita Electric Industrial Co. Ltd. 1930-1960
2.2.3 Zwischenfazit der Epoche 1930-1960
2.3 Internationale Expansion der Konzerne: 1960-1990
2.3.1 Royal Philips Electronics N. V. 1960-1990
2.3.2 Matsushita Electric Industrial Co. Ltd. 1960-1990
2.3.3 Zwischenfazit der Epoche 1960-1990
2.4 Reorganisation und weltweiter Durchbruch: 1990 bis heute
2.4.1 Royal Philips Electronics N. V. 1990 bis heute
2.4.2 Matsushita Electric Industrial Co. Ltd. 1990 bis heute
2.4.3 Zwischenfazit der Epoche 1990 bis heute
2.5 Kritische Diskussion des strategischen Entscheidungsverhaltens beider Konzerne

3 Zusammenfassung der Ergebnisse

4 Prognosen und mögliche Entwicklungen auf dem Markt für Unterhaltungselektronik

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kernkonzept des strategischen Managements

Abbildung 2: Produkt-Markt-Strategien nach Ansoff

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Weltweiter Verkauf von Smartphones im 1. Geschäftsquartal der Jahre 2008 und 2009 (in 1.000)

Tabelle 2: Philips‘ Forschungslaboratorien, 1987

Tabelle 3: Royal Philips Electronics - Nettoumsätze und Gesamtumsatz, 1985-2008

Tabelle 4: Royal Philips Electronics - Gewinne und Umsatzrentabilitäten, 1985-2008

Tabelle 5: Matsushita Electric Industrial - Nettoumsätze und Gesamtumsatz, 1985-2008

1 Unternehmensstrategien im Bereich Consumer Electronics

Unternehmensstrategien dienen der Definition der strategischen Zielbildung eines Unternehmens und lassen sich als das Grundgerüst maßgebender strategischer Leitsätze auffassen. In erster Linie sind sie der langfristigen Ausrichtung und Marktorientierung einer Unternehmung dienlich und stellen somit die wesentliche Grundlage für die organisatorische Entwicklung und das unternehmerische Handeln auf dem ausgerichteten Markt dar.1

Vor allem auf dem Gebiet der Unterhaltungselektronik (engl. Consumer Electro- nics, CE) ist es wichtig, schnell und gezielt auf bevorstehende Marktveränderun- gen zu reagieren und sich der ausgeprägten und wachsenden Dynamik und Komplexität innerhalb des Marktes stetig anpassen zu können. Der Kunde von heute lebt in einer Wissensgesellschaft, in der er gezielt individuelles sowie kol- lektives Wissen zur Gestaltung des ökonomischen Zusammenlebens nutzen kann. Primäre Veränderungen werden sich deshalb zukünftig bspw. bei der Wahl des Distributionskanals, des Leistungs- und Produktangebots oder etwa in Bezug auf die Marktstrukturen ergeben. Der fortlaufend steigende Grad an dynamischer Marktentwicklung erfordert besonders im Bereich der Produktgestaltung eine immer höher werdende Innovationsbereitschaft bei den Unternehmen. Steigende Technologisierung und fortschreitende technische Erneuerungen sowie das Ent- stehen ausgeprägter und immer umfangreicher werdender Kundenwünsche ver- langen den Unternehmen in der heutigen Zeit ein ebenso hohes Maß an inno- vativer wie an organisatorischer bzw. struktureller Flexibilität ab. Ein aktuelles Beispiel lässt sich auf dem Markt für Smartphones finden: Der finnische und als weltgrößter Mobiltelefon-Hersteller bekannte Telekommunikationskonzern Nokia musste z. B. im Geschäftsjahr 2009 große Marktanteile an seinen US-ame- rikanischen Konkurrenten Apple Inc. abgeben, weil Nokia es versäumt hatte, auf die sich wechselnden Ansprüche der Verbraucher rechtzeitig und in entscheiden- der Weise zu antworten.2 Der Mobilfunknutzer von 2009 legte nicht mehr nur ausschließlich Wert auf seinerzeit herkömmliche Handy-Funktionen und konven- tionelle Geräteausstattungen wie das Telefonieren, eine integrierte Kamera oder ein kompaktes und minimiertes Display, sondern präferierte nun vielmehr eine komfortable Internet-Nutzung über eine großzügige Touchscreen-Visualisierung oder einen vielfältigen Pool an Zusatz-Applikationen und veränderte damit die Anforderungen an die einzelnen Mobilgerät-Hersteller fundamental.

Tabelle 1: Weltweiter Verkauf von Smartphones im 1. Geschäftsquartal der Jahre 2008 und 2009 (in 1.000)

Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, in Anl. an: Gartner Inc. (2009)

Die in der Tabelle ersichtlichen Marktanteil-Verluste bzw. -Abtretungen von Nokia im Übergang vom Geschäftsjahr 2008 auf 2009 lassen sich so bspw. durch die Einführung des Apple iPhones 3G oder durch das ausgeweitete Angebot an diversen Applikationen aus dem App3 bzw. iTunes Store4 des Apple-Konzerns erklären, die u. a. wohl mit dafür ausschlaggebend waren, dass ein großer Kundenstamm von Nokia zu Apple-Produkten wechselte.

1.1 Problemstellung und Aufbau der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit soll genau diese besondere Bedeutung und Relevanz der eingangs benannten Unternehmensstrategie speziell auf dem Gebiet der Unterhal- tungselektronik kritisch herausstellen und beschäftigt sich grundlegend mit einer Fallbetrachtung der Konzerne Philips und Matsushita. Schwerpunkt der Untersu- chung wird es hierbei sein, zunächst die voneinander äußerst verschiedenen Ent- stehungsgeschichten der beiden Unternehmungen herauszuarbeiten und die unternehmensindividuellen strategischen Entscheidungen und Entwicklungen zu- sätzlich über drei weitere fest definierte Epochen sukzessiv einander gegenüber- zustellen.

Es soll dazu als Erstes so vorgegangen werden, dass im folgenden Kapitel kurz der Begriff und die bekanntesten Erscheinungsformen der Unternehmensstrategie als Bestandteil der Strategieformulierung erläutert werden. Hierbei soll gezeigt werden, dass sich in Bezug auf die vom Unternehmen eingeschlagene langfristige Entwicklungstendenz konträre Strategien auf der Unternehmensebene unterschei- den lassen. Ausgehend von der Gründungs- und Marktimplementierungsphase beider Firmen sollen weiterführend die Unternehmensentwicklungen in der Vor- und Nachkriegszeit über die Jahre 1930 bis etwa 1960 hin beschrieben werden. In Kapitel 2.3 werden die internationalen Expansionserscheinungen innerhalb der Epoche von 1960 bis 1990 analysiert. Im folgenden Kapitel sollen dann die vor- genommenen Umstrukturierungen und der weltweite Durchbruch sowie gegen- wärtige Entwicklungen auf dem internationalen Elektronik-Markt beider Konzerne beginnend mit dem Jahr 1990 analysiert werden, wobei die erzielten Erkenntnisse und Besonderheiten der jeweiligen Epochen fortwährend aufgezeigt und ihre charakteristischen Züge hervorgehoben werden sollen. Die Falluntersu- chung schließt im Kern mit einer Diskussion des jeweils von den Konzernen prak- tizierten strategischen Entscheidungsverhaltens ab, welches die Elektronik- Unternehmen in den betrachteten Zeitintervallen prägte und das in der Folge wei- tergehend kritisch beurteilt werden soll. Abschließend werden die Erkenntnisse aus der Strategieanalyse beider Konzerne zusammengefasst, wodurch versucht werden soll, mögliche Strategieempfehlungen für Unternehmungen im Bereich der CE unter Berücksichtigung bestimmter unternehmensinterner sowie -externer Faktoren aufzustellen. Anhand von Prognosen soll im letzten Kapitel der Untersu- chung zusätzlich ein Ausblick auf mögliche Unternehmensentwicklungen - auch für die betrachteten Konzerne Philips und Matsushita - angestellt werden, die sich in Bezug auf innere bzw. äußere Einflüsse möglicherweise für Unternehmungen auf dem Markt für CE ereignen könnten.

Um dem Leser einen schnellen Überblick über die Gesamtunternehmungsstrategie als Hauptgegenstand dieser Untersuchung zu verschaffen und ihm somit den Einstieg in die folgenden Ausführungen zu erleichtern, soll das nachfolgende Kapitel kurz dazu dienen, zunächst den Begriff der Unternehmensstrategie eingehender zu erläutern, sowie einen kurzen Überblick über ihre relevantesten Erscheinungsformen auf der Unternehmensebene zu liefern.

1.2 Corporate Strategy: Begriffsdefinition und Ausprä- gungen

Nach Welge und Al-Laham (2009, S. 16) wird unter dem klassischen Begriff der Strategie „ein geplantes Maßnahmenbündel der Unternehmung zur Erreichung ihrer langfristigen Ziele“ verstanden. Die Unternehmungsgesamtstrategie bzw. Unternehmensstrategie (engl. Corporate Strategy) als Spezialfall kann im Weite- ren als Bestandteil der Strategieformulierung im Konzept des strategischen Mana- gements konkretisiert werden, welches in Abbildung 1 grafisch veranschaulicht wird.5 Wie in der Abbildung zu erkennen ist, lassen sich Unternehmensstrategien in Ihrer Ausprägung vereinfacht - neben Geschäfts- (engl. Business Strategies) und Funktionsbereichsstrategien (engl. Functional Area Strategies) - als Formen der Strategieformulierung verstehen, welche wiederum der Strategieentwick- lungsphase eines Unternehmens zuzuordnen sind.

Abbildung 1: Kernkonzept des strategischen Managements

Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, in Anl. an: Welge, M. K. und Al-Laham, A. (2009), S. 186

Die Strategieentwicklung ist in ihrer Gesamtheit grundsätzlich der strategischen Zielplanungs- sowie Analyse- (häufig auch Prognose-)Phase nachgegliedert und stellt in ihrem Ergebnis die Grundlage zur Implementierung der Strategie dar, wie durch die Prozessabfolge der einzelnen Phasen verdeutlicht werden soll.6 Aus

Gründen der Vereinfachung wurde auf die Darstellung der strategischen Kontrolle als Prozessbestandteil des strategischen Managements in der Darstellung verzichtet, da diese zwar insbesondere durch ihre Interdependenz bzw. Rückkopplungsbeziehung mit und zu den einzelnen Prozessphasen eine wichtige und nicht zu vernachlässigende Rolle spielt, doch im Zusammenhang dieser Arbeit keiner näheren Ausführung oder Erklärung bedarf.

Pfau (2001, S. 50) beschreibt die Unternehmensstrategie als eine bestimmende und eindeutig formulierte Definition der generellen Zielorientierung und Richtung eines Unternehmens. Die Hauptaufgabe besteht darin, einen stetigen Fit zwischen den Chancen und Risiken einer Unternehmung auf der einen sowie den unterneh- mensspezifischen Stärken und Schwächen auf der anderen Seite zu schaffen. Bspw. wird durch die Corporate Strategies festgelegt, mit welchen Produkten eine Unternehmung welchen Markt bzw. welche Märkte bedienen möchte, um so z. B. bestimmte, vorher definierte Umsätze zu erzielen oder eine vom Unternehmen gewünschte Rentabilität zu erwirtschaften. Überdies nimmt die Unterneh- mensstrategie zur Beurteilung und Entscheidungsfindung unternehmensrelevanter Problemstellungen aus strategischer Betrachtungsweise eine grundlegende Rolle ein, was im Detail - um nur einige wenige Beispiele zu nennen - Entscheidungs- aufgaben bzgl. der Unternehmenskultur, der Wahl des Unternehmensstandortes oder Absatzmarktes oder der Finanzierung des Unternehmenswachstums und der - expansion betrifft.7 Nach Pfau (2001, S. 50/51) stellt die Zielsetzung der Unter- nehmensstrategie generell die Erhöhung des Unternehmenswerts dar, sodass ihr Ziel auch immer das entscheidende Kriterium für die Wahl der für das Unterneh- men zur Verfügung stehenden Alternativen bedeutet, die sich im Bereich der Stra- tegieformulierung einstellen. Auf der gesamten Unternehmensebene kann zudem im Hinblick auf die unternehmensindividuell eingeschlagene langfristige Ent- wicklungstendenz zwischen Wachstums-, Stabilisierungs- und sog. Schrump- fungsstrategien differenziert werden, deren prägnante Merkmale im Folgenden kurz weiterführend erläutert werden sollen.8

Wachstums- bzw. Investitionsstrategien finden überall dort Anwendung, wo ei- nem Produkt oder einer Leistung eine besonders hohe Marktattraktivität zugesp- rochen werden kann, d. h., wo diese in Bezug auf die Stärken des Unternehmens als effizient wahrgenommen werden können. Es kann hierbei nach Welge und Al- Laham (2009, S. 483) von Produkt-Markt-Konstellationen gesprochen werden, die ein gesteigertes Erfolgspotential für das Unternehmen beinhalten und damit insgesamt zur Ausdehnung der Unternehmung und zu einer Maximierung des operativen Gewinns führen.9 Dem hingegen werden bei Stabilisierungsstrategien bewusst Wachstumsbestrebungen vermieden und es wird in Form einer defensi- ven Grundausrichtung vielmehr versucht, die laufende Position des Unternehmens im Wettbewerb mit Konkurrenten zu halten.10 Schrumpfungsstrategien sind wie- derum darauf ausgerichtet, erfolgsversprechende Strategien in rückläufigen Märk- ten zu identifizieren. Um dies zu realisieren, wird i. d. R. versucht, im jeweiligen Markt die Gründe und prognostizierten Entwicklungen des Schrumpfungs- prozesses zu analysieren, um somit gezielt über eine Reduzierung des dem Markt entsprechenden Outputs eine unternehmensinterne Schrumpfung zu bewirken.11

In den folgenden Kapiteln dieser Arbeit sollen nun auf Grundlage der erworbenen Kenntnisse die Unternehmensstrategien der Konzerne Philips und Matsushita im Fortlauf über die einleitend anberaumten Zeitintervalle hinweg detaillierter betrachtet und anhand einer kritischen Gegenüberstellung untersucht werden. Kapitel 2 soll an dieser Stelle dazu entsprechend eine Einführung in den Hauptuntersuchungsgegenstand geben und zeigen, warum sich diese beiden Unternehmungen besonders für eine nähere Untersuchung eignen.

2 Eine Strategieanalyse am Beispiel von Philips und Matsushita

Die beiden Aktiengesellschaften Royal Philips Electronics (Niederlande) und Matsushita Electric Industrial (Japan) verfolgten im Laufe ihrer Entstehung und Entwicklung als weltweit größte Elektronikkonzerne sehr unterschiedliche Unter- nehmensstrategien und agierten mit den verschiedensten organisatorischen Struk- turen bzw. Aktivitäten auf dem nationalen sowie internationalen Elektronikmarkt.

Während Philips seinen Erfolg auf ein weltweites Portfolio von nationalen Orga- nisationseinheiten gründete, legte Matsushita die Basis für seine lokale und globa- le Konkurrenzfähigkeit in der Existenz eines zentralisierten, hoch effizienten Betriebs.12

Innerhalb der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts mussten sich beide Firmen in Bezug auf ihre historischen Wettbewerbspositionen und Organisationsmodelle großen Herausforderungen stellen. Zur Umsetzung strategischer Initiativen und organisatorischer Umstrukturierungen lenkten die Unternehmensführungen der Konzerne ihre jeweilige Organisation in sehr unterschiedliche Richtungen, sodass sich bis zum Ende des Jahrzehnts die Frage stellte, inwieweit diese Veränderun- gen den langandauernden Wettbewerb zwischen den beiden Rivalen beeinflussen würden.13

2.1 Gründung und Marktimplementierung

In den folgenden Kapiteln sollen zuerst die Entstehungsgeschichten der Konzerne beschrieben und erste, entscheidende Unterschiede kenntlich gemacht werden, die die Gründungsphase beider Unternehmen betrafen, aber auch die Grundpfeiler für eine weitere Entwicklung auf dem nationalen und globalen Elektronikmarkt be- deuteten. Mithilfe dieses ersten Vergleichs soll gezeigt werden, mit welchen An- fangsbedingungen bzw. wirtschaftlichen oder finanziellen Voraussetzungen die Unternehmen starteten und inwiefern sich dies auf eine rasche, jedoch solide Im- plementierung auf dem Markt auswirkte, wie sich später zeigen wird. Ebenso sol- len die frühen organisatorischen Ausrichtungen in Kapitel 2.1.1 zunächst von Philips, im folgenden Abschnitt dann von Matsushita betrachtet und anschließend verglichen werden, um auch in Bezug auf den jeweiligen anfänglichen unterneh- merischen Geist gemeinsame sowie gegensätzliche Züge sichtbar zu machen.

2.1.1 Entstehung von Royal Philips Electronics N. V.

Im Jahr 1892 gründete Gerard Philips mit Hilfe seines Vaters eine bis dahin noch unbedeutende Glühlampen-Fabrik im niederländischen Eindhoven. Im Laufe der folgenden Jahre expandierte das Unternehmen bedeutend und es trat Gerards Bru- der Anton, der sich als ein ausgezeichneter Verkäufer und Betriebsleiter zeigte, der Unternehmung bei, sodass es Philips schaffte, bereits noch vor Beginn des 20. Jahrhunderts auf den dritten Platz der größten Glühbirnen-Produzenten Europas zu gelangen.14

Während andere Elektroprodukt-Gesellschaften damit begannen, ihre Produktpa- lette auszuweiten bzw. ihr Produktangebot zu variieren, beschränkte sich Philips vorerst ausschließlich auf die Herstellung von Glühbirnen. Es wurden schnell Vermögenswerte geschrieben, die Philips auch dazu nutzte, überholte Maschinen auszurangieren und durch neue Apparate und Anlangen zu ersetzen, sobald sich technische Fortschritte oder Erneuerungen im Bereich der Produktionstechnologie ankündigten. Außerdem richtete der Konzern verschiedene technisch-physikali- sche und -chemische Laboratorien ein, die Philips schnell zum Führerenden der industriellen Forschung werden ließen und es der Unternehmung ermöglichten, produktionstechnische sowie komplexere wissenschaftliche Problemstellungen zu bewältigen. Einer der größten Erfolge der eigenen Entwicklungen war die Erfin- dung einer Wolframglühfadenlampe, die einen durchbrechenden kommerziellen Gewinn für Philips bedeutete und dem Unternehmen die entscheidende Finanz- kraft verlieh, sich gegen seine Mitbewerber behaupten zu können.15

1899 wurde der erste Exportabteilungsleiter eingestellt und bald verkaufte der Konzern Lampen in solch unterschiedliche Märkte wie Japan, Australien, Brasi- lien und Russland. Als sich im Jahr 1912 in der elektrischen Lampen-Industrie erste Anzeichen von Überkapazität gezeigt und darüber hinaus Hollands geringe Landesgröße und die damit einhergehende eingeschränkte Nachfrage Philips ab- verlangt hatte, sich um genügend neue Produktions- und Verkaufsvolumina zu bemühen, fing die Gesellschaft an, Verkaufsorganisationen in den Vereinigten Staaten, Kanada und Frankreich zu schaffen. Jedwede Funktionen verblieben je- doch vorerst zentralisiert in der Gründungsstätte in Eindhoven.16

Die erste Fortbewegung vom lange bestehenden „Ein-Produkt-Fokus“ ereignete sich 1918 mit der Herstellung elektronischer Vakuumröhren. Nachdem Philips im Folgejahr einen Hauptvertrag mit General Electric (GE) geschlossen hatte, der beiden Gesellschaften die Nutzung der Patentrechte des jeweils anderen erlaubte, teilte der Konzern die Welt gleichzeitig in drei Einflussbereiche auf. Philips be- gann, sich von einem hoch zentralisierten Unternehmen hin zu einer dezentralisierten Verkaufsorganisation mit autonom geführten Vertriebsgesellschaften in 14 europäischen Ländern, China, Brasilien und Australien zu entwickeln und variierte im Laufe dieser Zeit sein Produktangebot bedeutsam; sieben Jahre später erschienen die ersten Radios, die innerhalb der nächsten zehn Jahre 20 % Marktanteil gewannen, und während der 1930er Jahre sollte Philips bereits die ersten Röntgenstrahl-Röhren auf den Markt bringen.17

2.1.2 Entstehung von Matsushita Electric Industrial Co. Ltd.

Matsushitas Geschichte begann im Jahr 1918 und fand ihren Anfang in der Erfin- dung und Vermarktung von doppelseitigen Glühlampenfassungen. K nosuke Matsushita, seinerzeit abgekürzt als „KM“ bekannt, investierte im Alter von 23 Jahren zur Gründung des Familienbetriebs 100 ¥ (Yen), um die Produktion zu- nächst in seinem bescheidenen Haus zu beginnen. Die Unternehmung wuchs schnell und in den nächsten Jahren wurde die Produktpalette um batteriebetrie- bene Lampen, erste elektrische Bügeleisen und Radioempfangsgeräte erweitert sowie die erste eigene Fabrik gebaut.18

Das junge Unternehmen arbeitete in den nächsten Jahren an zahlreichen Produkt- entwicklungen und weitete ihr Sortiment auf eine umfangreiche Bandbreite an den verschiedensten Elektrogeräten und elektronischem Zubehör aus, doch organisato- rische Strukturen bzw. Veränderungen waren bis zum Beginn der Vorkriegszeit nicht zu erkennen.

2.1.3 Zwischenfazit der Entstehungsphase

Um die Entstehungsgeschichten der Unternehmen Philips und Matsushita mög- lichst objektiv vergleichen zu können, ist es wichtig, im Rahmen einer ersten Ana- lyse zu berücksichtigen, dass Philips im Gegensatz zu seinem japanischen Konkurrenten mit einem Vorsprung von etwa 26 Jahren in den Elektronikmarkt eintrat und Philips somit in der Folge mehr Zeit zur Verfügung stand, um For- schung und Entwicklung (F&E) sowie frühzeitige Produktdiversifikation zu be- treiben - und letztendlich auch, um mehr Erfahrungen auf dem stark umrungenen Markt sammeln zu können.

Eine sinnvolle Gegenüberstellung beider Konzerne und ihrer jeweiligen Grün- dungsphasen lässt sich allerdings dennoch anstellen. Bei einer näheren Betrach- tung von Philips ist schnell zu erkennen, dass die Unternehmung in den frühen Jahren ihrer Entstehung verstärkt versuchte, durch eine Spezialisierung auf die Glühbirnen-Produktion steigende Gewinne einzufahren, um so eine Etablierung auf dem Elektronikmarkt erwirken zu können, womit von einer Marktdurchdrin- gungsstrategie (engl. Market Penetration, auch Marktintensivierungsstrategie) gesprochen werden kann, wie im Folgenden gezeigt wird. Die bewusste Wahr- nehmung als ein Ein-Produkt-Unternehmen und das technologische Geschick von Gerard Philips machten es der Gesellschaft fernerhin möglich, bedeutende Inno- vationen wie etwa die (Produkt-)Entwicklung der Wolframglühfadenlampe bereits vor der Jahrhundertwende hervorzubringen und ihren Kunden Produkte von hoher technologischer sowie fertigungstechnischer Qualität anzubieten.19 Im Detail las- sen sich beim Philips-Konzern - gleichsam wie bei Matsushita, wie später darge- legt werden soll - klassische Produkt-Markt-Kombinationen bzw. -Strategien ablesen, die als marktorientierter Ansatz (market-based view20 ) der Strategiefor- mulierung dienlich sein können und den in Kapitel 1.2 erläuterten Wachstumsstra- tegien unterzuzuordnen sind.

Abbildung 2: Produkt-Markt-Strategien nach Ansoff

Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, in Anl. an: Pfau, W. (2001), S. 51

Die obige Abbildung soll Auskunft darüber geben, welche Unterscheidungen zwi- schen bestehenden bzw. neuen Produkten und Märkten unter strategischem Hin- tergrund getroffen werden können. Bei Philips lässt sich anfänglich eine Strategie in Richtung Produktentwicklung (engl. Product Development) erkennen. Dies wird vor allem wieder am Beispiel der Wolframglühfadenlampe deutlich, bei der es sich nach Pfau (2001, S. 52) um die Einführung eines quasi-neuen Produkts handelte, wobei durch intensive F&E-Tätigkeiten wesentliche technische Verbes- serungen bzw. Modifikationen an einem bestehenden Produkt realisiert wurden (häufig wird hierbei auch von einer Quasi-Innovation gesprochen).21 Des Weiteren zeichneten sich - wie bereits angedeutet - Spuren einer Marktdurchdringung ab, indem das Unternehmen seine Chancen darin sah, den Absatz auf einem beste- henden Markt zu steigern bzw. zu intensivieren. Die Strategie der Marktdurch- dringung geht an dieser Stelle mit dem Product Development insofern fließend über, als sich - begründet durch die Ausrichtung auf zunächst ein einziges Pro- dukt und die damit verbundene Massenfertigung - vermuten lässt, dass sich fort- laufend mit einer Erhöhung der kumulierten Ausbringungsmenge sinkende Stück- kosten für das Unternehmen ergaben (Erfahrungskurven-Konzept). Und es ist an- zunehmen, dass diese Kostensenkungsmaßnahmen wiederum zu Preissenkungen führten und damit vermutlich weitergehend den Umsatz erhöhten. Annahmege- mäß konnte dieses wirtschaftliche und finanzielle Wachstum nun gezielt für die F&E-Tätigkeit eingesetzt werden, welche die wesentliche Basis für die Strategie der Produktentwicklung bestimmt.22 Im Jahr 1899 lässt sich dann bei Philips ers- tmals eine Internationalisierungsstrategie identifizieren. Das Motiv für den Eintritt bzw. Export in Auslandsmärkte lässt sich wohl dadurch ausmachen, dass Philips die binnen kurzer Zeit erreichten Kapazitätsgrenzen der Produktion - hervorgeru- fen durch den gesättigten Inlandsmarkt - durch Internationalisierung der Ge- schäftstätigkeit auszudehnen suchte, um letztlich die Durchschnittskosten weiter senken zu können. 1912 vertiefte sich die Internationalisierung, indem das Mana- gement entschied, neben den Exporten nun firmeneigene Niederlassungen im Ausland aufzubauen, bei denen es sich zuvörderst nur um Verkaufsorganisationen ohne eigene Leitungskompetenzen handelte.23 Mit Beginn des Jahres 1918 lässt sich die unternehmerische Übernahme einer Diversifikationsstrategie entdecken. Pfau (2001, S. 53) beschreibt die Diversifikation (engl. Diversification) folgen- dermaßen: „Mit der Diversifikationsstrategie versucht ein Unternehmen sich mit neuen Produkten auf einem bisher noch nicht bearbeiteten Markt zu etablieren.“

[...]


1 Vgl. Lombriser und Abplanalp (2010), S. 8.

2 Vgl. Gartner Inc. (2009).

3 (Engl. Kurzform für Application Store) Software als Standardausstattung der Apple-Produkte iPod touch, iPhone und iPad.

4 Internet-Handelsplattform für Online-Musik, -Filme und -Spiele des Unternehmens Apple Inc. für iPod, iPod touch, iPhone und iPad.

5 Vgl. Pfau (2001), S. 9.

6 Vgl. Welge und Al-Laham (2009), S. 186, 456.

7 Vgl. Pfau (2001), S. 50.

8 Vgl. Pfau (2001), S. 51.

9 Vgl. Welge und Al-Laham (2009), S. 483.

10 Vgl. Pfau (2001), S. 59.

11 Vgl. Pfau (2001), S. 59 f.

12 Vgl. Bartlett (2009), S. 1.

13 Vgl. Bartlett (2009), S. 1.

14 Vgl. Bartlett (2009), S. 1.

15 Vgl. Bartlett (2009), S. 1.

16 Vgl. Bartlett (2009), S. 1.

17 Vgl. Bartlett (2009), S. 2.

18 Vgl. Bartlett (2009), S. 8.

19 Vgl. Bartlett (2009), S. 1.

20 (Dt. marktorientierte Sichtweise) Ansatz zur Erklärung des unternehmerischen Wettbewerbserfolgs durch den Aufbau von Marktbarrieren auf den Absatzmärkten gegen den Marktzutritt potenzieller Konkurrenten.

21 Vgl. Pfau (2001), S. 52.

22 Vgl. Pfau (2001), S. 52.

23 Vgl. Pfau (2001), S. 55.

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Eine kritische Analyse von Unternehmensstrategien im Bereich Consumer Electronics. Die Firmen Philips und Matsushita
Hochschule
Technische Universität Clausthal  (Institut für Wirtschaftswissenschaft (IfW))
Veranstaltung
Bachelorarbeit
Note
2,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
51
Katalognummer
V446713
ISBN (eBook)
9783668826571
ISBN (Buch)
9783668826588
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmensstrategien, Consumer Electronics, Philips, Matsushita, Corporate Strategy, Strategieanalyse, Marktimplementierung, Internationale Expansion, Reorganisation, Strategisches Entscheidungsverhalten, Unterhaltungselektronik
Arbeit zitieren
Dr. Marvin Hecht (Autor:in), 2011, Eine kritische Analyse von Unternehmensstrategien im Bereich Consumer Electronics. Die Firmen Philips und Matsushita, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/446713

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