Gründe für die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in Deutschland seit 1949


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kurzer Abriss zur Geschichte rechtsextremer Parteien in der BRD

3. Ansätze zur Erklärung von Wahlerfolgen rechtsextremer Parteien
3.1 Phase 1: 1949 – 1952
3.2 Phase 2: 1964 – 1971
3.3 Phase 3: 1983 – 1996
3.4 Phase 4: 1998 – 2004

4. Zusammenfassung und Ausblick

5. Literatur

6. Uhrhebererklärung

1. Einleitung

Die jüngsten Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in Brandenburg und Sachsen haben erneut in weiten Teilen der Öffentlichkeit die Frage aufgeworfen, wo die Gründe dafür liegen könnten, dass Stimmenanteile in Größenordnungen von bis zu 10% auf rechtsextreme Parteien fallen. Die besondere Aufmerksamkeit, die diese Problematik in der Wissenschaft und zeitweise in der Öffentlichkeit hervorruft, entsteht nicht zuletzt aufgrund der Besonderheiten der deutschen Geschichte. Die Verbrechen des Nationalsozialismus und die traumatisierenden Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges verursachen zum Teil Verunsicherung aber auch Unverständnis beispielsweise über die Wahlergebnisse vom 19. September 2004 innerhalb der deutschen aber auch der ausländischen Öffentlichkeit. Belanglos erscheint dabei, dass eine etablierte rechte Partei mit konstant hohen Wahlergebnissen in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen westlichen Demokratien überhaupt nicht existiert. Dennoch ist die Frage nach dem rechtsextremen Potential in Deutschland von hohem Interesse und unmittelbar verknüpft mit den Erklärungsansätzen zu vergangenen Erfolgen rechtsextremer Parteien. Vor allem die wechselhafte Geschichte der bundesdeutschen Rechten gibt Anlass dazu, zu prüfen, ob unter den Deutschen eine latente rechtsextreme Gesinnung herrscht, die nur konjunkturartig von Zeit zu Zeit hervortritt, oder ob die Wahl rechtsextremer Parteien Ausdruck vorrübergehenden Protests und Unzufriedenheit mit jeweilig aktueller Politik darstellt.

In der Arbeit soll anhand der Geschichte der rechtsextremen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland versucht werden, die spezifischen Gründe zu erläutern, was Wähler dazu bewegt in der Wahlkabine bei den rechtsextremen Parteien ihr Kreuz zu machen. Der Untersuchungsgegenstand beschränkt sich hierbei bewusst auf Rechtsextremismus. Durchaus berechtigt wäre die Frage, ob der Untersuchungsgegenstand nicht auf die Wahl rechter Parteien insgesamt, speziell rechtspopulistischer Parteien, wie der Schill-Partei in Hamburg, oder auf extremistische Parteien an sich (also auch linksextremistische) erweitert worden ist. Dazu ist zu sagen, dass die Erklärungsversuche in diesem Fall zu undifferenziert ausfallen würden, oder aber der vorgegebene Rahmen dieser Arbeit gesprengt würde. So sind beispielsweise die Beweggründe in den neuen Bundesländern der PDS, die durchaus linksextremistische Positionen vertritt, seine Stimme zu geben wesentlich vielschichtiger, als eine der rechtsextremen Parteien zu wählen. Aufgrund derartiger Besonderheiten bleibt der untersuchte Gegenstand auf die rechtsextremen Parteien beschränkt.

2. Kurzer Abriss der Geschichte rechtsextremer Parteien in der Bundesrepublik

Eckhard Jesse hat die Geschichte rechtsextremer Parteien nach 1945 als „Geschichte ihrer Erfolglosigkeit“ (Jesse 2003, 18) bezeichnet. Tatsächlich ist sie geprägt von Unbeständigkeiten, inner- und zwischenparteilicher Zerrüttung und nur vereinzelten Wahlerfolgen. Es lassen sich vier zeitliche Abschnitte ausmachen, in denen am äußeren rechten Rand verstärkte Aktivität zu verzeichnen war bzw. ist: die erste Phase beschränkt sich auf die Jahre unmittelbar nach der Gründung der Bundesrepublik, die zweite auf das Ende der 60er Jahre und die Wahlerfolge der NPD nach ihrer (Neu)Gründung und die dritte Phase schließlich setzte Anfang der 80er Jahre ein, dauerte an bis Mitte der 90er Jahre und beinhaltet im Wesentlichen die Wahlerfolge der „Republikaner“. Zeitlich nahe, jedoch thematisch von der dritten Phase abzugrenzen ist die vierte Phase rechtsextremerer Parteiengeschichte, die bis heute andauert und sich vor allem regional auf die neuen Bundesländer beschränkt. „Verstärkte Aktivität“ schlägt sich vor allem in den Stimmenzahlen nieder, die rechte Parteien in den entsprechenden Zeitabschnitten auf sich vereinen konnten.

In den Anfangsjahren der Bundesrepublik gründeten sich Parteien, die am rechten Rand des politischen Spektrums angesiedelt waren. Aufgrund des Entnazifizierungsprogramms, sowie der strikten Auflagen für eine Lizenzvergabe an Parteien konnte sich zunächst jedoch keine Nachfolgepartei der NSDAP bilden. Die rechten Parteien der Anfangsjahre sind stattdessen programmatisch in Tradition zur „Deutschnationalen Volkspartei“ (DNVP) zu sehen. Zu nennen sind hier die „Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung“ (WAV) in Bayern und die „Nationaldemokratische Partei“ (NDP) in Hessen (Pfahl-Traugheber 2000, 73). Beide Parteien konnten, wenngleich es der WAV auch gelang in den ersten deutschen Bundestag einzuziehen, nicht dauerhaft auf das politische Geschehen einwirken, was zum einen an innerer Zerstrittenheit aber auch an ihrer regional begrenzten Ausrichtung lag. Dennoch erreichten sie in ihrer Stammregion beachtliche Wahlergebnisse: die WAV erlangte in Bayern zur Bundestagswahl 1949 14,4%. Zur Bundestagswahl 1953 dagegen war die WAV bereits vollständig von der Bildfläche verschwunden. Das Parteienbündnis „Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei“ (DKP-DRP) zerfiel ebenfalls nach kurzer Zeit, obschon es dank des Wahlrechts der jungen BRD mit fünf Sitzen noch im ersten Bundestag vertreten war (bundesweit 1,8%, in Niedersachsen jedoch 8,1% Stimmenanteile - Das Überschreiten der Fünfprozenthürde in lediglich einem Bundesland genügte für einen Einzug in den Bundestag bis zur Wahlrechtsreform 1953.) (Andersen/Woyke 2003, 730 ff.). Nach diesen anfänglichen Erfolgen verlor das Bündnis nach innen und außen Zustimmung und ging bald in anderen Organisationen und Parteien auf. Aus dem neonationalsozialistischen Flügel der DKP-DRP bildete sich unmittelbar nach den Bundestagswahlen 1949 die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP). Die Partei sollte jedoch nur drei Jahre überdauern und nach relativ erfolgreichen Landtagswahlen in Niedersachsen bzw. Bürgerschaftswahlen in Bremen (11,0% bzw. 7,7%), die nicht nur im Inland großes Aufsehen und Unbehagen erregten, verbot das Bundesverfassungsgericht die SRP 1952 mit der Begründung eindeutig feststellbarer ideologischer Nähe der Partei zur NSDAP. Mit dem Verbot endete die erste Phase rechter Parteiengeschichte. In den folgenden Jahren versuchten die Mitglieder und Funktionäre der zerfallenden Rechten in den gemäßigten „Brückenparteien“ aber auch in der FDP Fuß zu fassen. Die erfolgreiche Strategie der CDU/CSU, durch einen bürgerlich-konservativern Politikkurs die Mitte-Rechtsparteien zu resorbieren, sorgte jedoch dafür, dass eine weitere Transformation des rechten Parteienspektrums unterblieb (Decker 2000, 160). Übrig geblieben am rechten Rand war nur die „Deutsche Reichspartei“ (DRP), die zwischen 1953 und 1961 mit Wahlergebnissen um 1% politisch ohne Bedeutung blieb. Adolf von Thadden, einer der fünf Abgeordneten der DKP-DRP die 1949 in den Bundestag einzogen, war mittlerweile zum Vorsitzenden der DRP aufgestiegen. Auf seine Initiative hin wurde 1964 die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) gegründet, zu deren Vorsitzenden man zunächst den ehemaligen DP-Chef Friedrich Thielen wählte, um der Partei ein gemäßigteres Gesicht zu verleihen. Hinter der Gründung der NPD stand die Intention, alle verbliebenen rechten Kräfte in der Bundesrepublik zu bündeln (wenngleich sich einige rechte Gruppierungen und Personen, unter anderem der rechtsextreme Verleger Gerhard Frey, zunächst nicht an diesem neuen Bündnis beteiligten) und rechtsextremes Gedankengut zudem gesellschaftsfähig zu machen, da - wie an anderer Stelle noch auszuführen sein wird - die Zeit des Nationalsozialismus zunehmend tabuisiert wurde. Ideologisch gab sich die NPD als Wolf im Schafspelz. Formal bekannte sie sich zu den Prinzipien von „Demokratie“ und „Rechtsstaatlichkeit“, jedoch unter anderen Bedingungen. Die Forderung nach einer Zurückweisung der Alleinschuld Deutschlands am Krieg, der Versuch einer Relativierung der NS-Verbrechen, die einseitige Ausrichtung ihrer Programmatik auf nationalistische Themen, ebenso die hierarchische innere Struktur und die personelle Zusammensetzung der Parteiführung, lassen die Partei im Lichte einer Nachfolgepartei der NSDAP erscheinen. Dennoch ist dies unzulässig, da sich die Gemeinsamkeiten nicht auf die ideologische Ebene übertrugen. Die NPD ist dem deutschnationalen Spektrum zuzuordnen (Pfahl-Traugheber 2000, 77).

Die Gründung der NPD markiert den Beginn der zweiten Phase rechtsextremer Parteiengeschichte in der BRD. Bis 1969 erreicht die Partei eine Mitgliederzahl von bundesweit 28 000. Zwischen 1966 und 1968 zog sie in sieben Landesparlamente ein, bei der Bundestagswahl 1969 erreichte sie in drei Bundesländern über 5% (Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz), was allerdings für einen Einzug in den Bundestag nicht ausreichte (4,3% bundesweit). Für den – nicht unbedingt erwarteten – Misserfolg waren innerparteiliche Streitigkeiten mitverantwortlich, hervorgerufen durch die Erfolge auf Länderebene, die Verteilungs- und Machtkämpfe ausgelöst hatten. Nach der Wahlniederlage - denn als eine solche wurde sie in der Partei empfunden - nahmen die Mitgliederzahlen rapide ab (bis 1972 auf 14 500) und mit dem Rücktritt v. Thaddens vom Parteivorsitz, den dieser 1967 errungen hatte, trat die NPD in den Hintergrund (Fischer 2001, 11 ff.). Dieser Rücktritt im Jahr 1971 beendet die zweite Phase der Geschichte rechtsextremer Parteien

Im selben Jahr gründete der Münchner Verleger Gerhard Frey die „Deutsche Volksunion“ (DVU), einen Verein, gedacht als Auffangbecken für die zerfallende NPD, Forum zur Aufrechterhaltung des „nationalen Gedankens“ und nicht zuletzt als profitorientiertes Element im Imperium des Dr. Frey (ebd., 66 ff.). Bis zum Ende der 80er Jahre behielt der Verein den überparteilichen Status bei und erst 1987 gründete sich, wieder unter Freys Führung die „Deutsche Volksunion – Liste D“. Die Gründung der Partei – der Zusatz „Liste D“ wurde später entfernt – geschah als Folge verstärkter Zusammenarbeit mit der NPD und als Reaktion auf erste Erfolgen der „Republikaner“, die am rechten Rand die dominierende Kraft zu werden drohten. Bei der ersten Wahl zu der die DVU antrat – der Bürgerschaftswahl in Bremen - erreichte sie 3,4%, zog aber dennoch in das Bremer Stadtparlament, da sie in Bremerhaven 5,4% der Stimmen auf sich verbuchen konnte, was aufgrund der Besonderheiten im Bremer Wahlrecht die Bedingungen zum Einzug erfüllte. Der Beginn der dritten Phase setzte jedoch eher ein. 1983 gründeten enttäuschte Renegaten aus der CSU die „Republikaner“. Die Partei war anfangs als Alternative auf den Kurswechsel der CSU in der Ostpolitik bzw. als Reaktion auf das Ausbleiben der „geistigen Wende“ gegründet worden. Zu den Führungsspitzen Handlos und Voigt stieß später der bereits 1981 aus der CSU entlassen Franz Schönhuber, der sich nach innerparteilichen Streitigkeiten gegen den gemäßigteren Teil durchsetzte und der Partei nach den Austritten Voigts und Handlos ein eindeutig rechtsextremes Gesicht verlieh (Stöss 1990, 15 ff.). Erhoffte Erfolge stellten sich gegen alle Erwartungen nicht ein; der Einzug ins bayrische Landesparlament 1986 wurde deutlich verpasst und zur Bürgerschaftswahl 1987 in Bremen konnte man trotz vielversprechender Ausgangsbedingungen (1985 waren sieben Stadt- sowie zwei Bürgerschaftsabgeordnete der CDU zu den Republikanern übergetreten) nur 1,2% der Stimmen erreichen, was unter anderem an der Teilnahme der DVU an den Wahlen lag, die eine größere Zahl von Wählern am rechten Rand mobilisieren konnte. Im Januar 1989 gelang dann der „Durchbruch“. Die „Republikaner“ erhielten zur Wahl des Abgeordnetenhauses in Berlin 7,5% der Stimmen. Zur Europawahl erlangte die Partei mit 7,1% ihr bestes Ergebnis bei einer gesamtdeutschen Wahl (Anteil in Bayern: 14,1%). Bis auf die Landtagswahl in Baden-Württemberg 1991 (10,9%) sanken die Ergebnisse nach diese Erfolgen ab und stagnierten bei den folgenden Bundestagswahlen bei unter 2%. In den neuen Bundesländern konnten die „Republikaner“ kaum Fuß fassen. Zwischen 1992 und 1998 gelang den Republikanern nur ein Erfolg, der Wiedereinzug in den Landtag von Baden Württemberg 1996 mit 9,1%der Stimmen.

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Gründe für die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in Deutschland seit 1949
Hochschule
Universität Potsdam
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V44765
ISBN (eBook)
9783638423007
ISBN (Buch)
9783638772815
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gründe, Wahlerfolge, Parteien, Deutschland, NPD, DVU, Rechtsextremismus
Arbeit zitieren
Erik Pester (Autor:in), 2004, Gründe für die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in Deutschland seit 1949, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44765

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