Ich werde zunächst etwas zum Kontext sagen, aus dem heraus der Autor (R. D. Laing schreibt, denkt, forscht(e), werde kurz auf die erkenntnistheoretischen u. philosophischen Voraussetzungen eingehen und dann auf das falsche Selbst-System zu sprechen kommen:
A) Ronald David Laing lebte von 1927-1989. Er studierte Medizin u. Psychoanalyse, beschäftigte sich eingehend mit der Philosophie, Theologie, arbeitete die meiste Zeit als Psychiater; gründete in London einige Wohngemeinschaften, in denen er und andere Ärzte/Therapeuten mit Schizophrenen zusammenwohnten, sodass in seine Analysen ein reicher Erfahrungsschatz mit Patienten eingehen konnte.
B) Methodisch wandte Laing sich gegen den medizinischen Materialismus der Schulpsychiatrie, der alle seelischen Phänomene als Begleiterscheinungen von Körpervorgängen erklären wollte und demnach den Patienten mehr o. weniger verdinglicht, entsubjektiviert, ohne an einer wirklichen Beziehung zu ihm interessiert zu sein. Die teilweise wirren Mitteilungen der als schizophren diagnostizierten galten oft als sinnlos u. schwachsinnig.
Und gegen eine solche aus medizinischer Distanz heraus resultierende Auffassung vom Menschen bzw. Geisteskrankheiten wehrte sich Laing. Er wollte ein neues Verständnis in die Psychiatrie einführen und den naturwissenschaftlichen Ansatz überwinden, indem er auf einen geisteswissenschaftlichen Ansatz, nämlich die W. Dilteysche Hermeneutik, zurückgriff, die ja die Spaltung von Subjekt u. Objekt im Prozess des Verstehens aufheben wollte und zwar durch das Sich-Einfühlen in die Lebensbezüge des anderen. Also Empathie und nicht ausschließlich ein intellektueller Akt zum wesentlichen Erkenntnisprinzip wird. Und das Verstehen im Gegensatz zum Erklären zum Erkenntnisziel.
Möglich werden eine verstehende Lehre von Geisteskrankheiten und eine Entgrenzung zwischen Therapeut und Patient für Laing deshalb, weil es für ihn keine klare Demarkationslinie zwischen Normalität und Krankheit gibt.
Inhaltsverzeichnis
- Kontext und philosophische Voraussetzungen
- Biographie von Ronald David Laing
- Methodischer Ansatz und Kritik an der Schulpsychiatrie
- Einfluss der Hermeneutik auf Laings Theorie
- Ontologische Unsicherheit als Voraussetzung für Schizophrenie
- Das falsche Selbst-System
- Strategien zur Bewältigung ontologischer Unsicherheit
- Der Rückzug nach Innen: Das wahre Selbst
- Das falsche Selbst als Abwehrmechanismus
- Die Folgen des falschen Selbst: Entfremdung und Verweigerung der Existenz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Referat soll das Werk „Das geteilte Selbst“ von R. D. Laing vorstellen und seine zentrale These vom „falschen Selbst“ erläutern. Dabei werden die philosophischen und methodischen Grundlagen von Laings Theorie sowie die Auswirkungen ontologischer Unsicherheit auf das menschliche Erleben beleuchtet.
- Die Kritik an der Schulpsychiatrie und die Bedeutung einer hermeneutischen Sichtweise
- Die Rolle ontologischer Unsicherheit in Laings Konzept der Schizophrenie
- Das „falsche Selbst“ als Abwehrmechanismus gegen existenzielle Angst
- Die Folgen von Entfremdung und Verweigerung der eigenen Existenz
- Die Grenzen zwischen „Gesundem“ und „Pathologischem“ in Laings Theorie
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text behandelt zunächst die Lebensgeschichte und den methodischen Ansatz von R. D. Laing. Laing kritisiert den medizinischen Materialismus der Schulpsychiatrie und plädiert für eine hermeneutische Sichtweise, die die subjektive Erfahrung des Patienten in den Vordergrund stellt.
Im weiteren Verlauf wird das zentrale Konzept der ontologischen Unsicherheit erläutert. Laing argumentiert, dass das menschliche Dasein von Grund auf unsicher ist, und dass diese Unsicherheit in der Lebenspraxis zu Angst, Verzweiflung und Spaltung führen kann.
Das „falsche Selbst“ wird als ein Abwehrmechanismus vorgestellt, den Menschen entwickeln, um mit dieser ontologischen Unsicherheit umzugehen. Das „falsche Selbst“ ist eine Maske, die die Person über ihr wahres Selbst legt, um in der Welt zu funktionieren und Beziehungen zu pflegen.
Schlüsselwörter
Die Kernthemen des Textes sind: Ontologische Unsicherheit, falsches Selbst, Schizophrenie, Hermeneutik, Schulpsychiatrie, Existenzphilosophie, Entfremdung, Verweigerung der Existenz, Individuation, Selbstfindung.
- Citar trabajo
- Tobias Fiege (Autor), 2005, Die Theorie des falschen Selbst bei R. D. Laing, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44814