Leseprobe
Gliederung
1. Einleitung
2. Die weibliche Ausbildung und Berufswahl in Deutschland
2.1. Schulische Qualifikation
2.2. Berufswahl der Frauen und Segregation
3. Sozialisationsprozess
3.1. Geschlechtsspezifische Sozialisation von Mädchen
3.1.1. Primäre Sozialisation
3.1.2. Sekundäre Sozialisation
3.2. Sozialisation als Ursache der Berufswahl
4. Zusammenfassung und Fazit
5. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Wer sich allein dieses Semester 17/18 in der Soziologievorlesung umsieht, erkennt sehr schnell, dass überwiegend Frauen die Audimax Ränge besetzen und nur vereinzelt ein paar Männer in den Reihen auftauchen. Schaut man hingegen in eine Maschinenbauvorlesung überwiegt die Anzahl männlicher Studenten.
In den letzten Jahrzehnten hat der Anteil der Frauen an den höheren Bildungsabschlüssen in allen Fachbereichen zugenommen. Trotzdem findet man sie nur in bestimmten fachlichen Richtungen wieder. Demnach stellt sich die Frage, warum wählen Männer und Frauen die Fachrichtungen und Berufe, die sie wählen.
Inwieweit die Sozialisation von Mädchen ein Indikator bei der Berufswahl ist, soll in dieser Arbeit näher erläutert werden. Dabei wird die aktuelle Situation sowohl des gesellschaftlichen und arbeitsmarktstrukturellen Umfelds, als auch der Stand der Forschung dargestellt.
2. Die weibliche Ausbildung und Berufswahl in Deutschland
2.1. Schulische Qualifikation
In den letzten Jahrzehnten haben sich durch Bildungsreformen die qualifizierten Abschlüsse von Frauen stark verändert. So erreichen Frauen im Jahre 2016 zu 41,3% die allgemeine Hochschulreife, während Männer nur bei 38,4% liegen. Auch an den Realschulen liegen Frauen mit 26,1% im Gegensatz zu den Männern mit 23,3% vorne. Lediglich in den Hauptschulen dominieren Männer mit 37,1% gegenüber den Frauen mit 31,4%. Demnach erreichen Frauen durchschnittlich einen höheren Schulabschluss als Männer.
Auch in der Schule selbst zeigen Mädchen bessere Leistungen. So belegt beispielsweise die PISA Studie von 2012, dass Mädchen in ihrer Lesekompetenz deutlich stärker sind als Jungen im selben Alter (PISA 2012:232). Demnach sind Mädchen ihren männlichen Schulkameraden im Schnitt über ein Jahr voraus. Zwar liegen Mädchen in Mathematik hinter den Jungen zurück, doch lediglich im Schnitt nur um ein halbes Jahr (PISA 2012:92).
Somit weisen Mädchen auf eine insgesamt höhere schulische Qualifikation hin und haben dem zufolge bessere Chancen auf ein Studium oder Ausbildungsplatz. Durch den Bildungsvorsprung stehen auch insgesamt mehr Berufe zur Auswahl, da sie nur mit einem höheren Abschluss erlernt werden können. Und trotzdem sind beträchtliche Divergenzen in der Berufswahl zu erkennen.
2.2. Berufswahl der Frauen und Segregation
Die Arbeitsmarktsegregation bezeichnet, dass in Teilarbeitsmärkten, sprich Branchen, Arbeiter und Arbeiterinnen unterschiedlich vertreten sind. Dies wird bezeichnet als die horizontalen Arbeitsmarktsegregation, eine geschlechtsspezifische Unterteilung in Männer-und Frauenberufe. Diese Repräsentation von Geschlechtern in unterschiedlichen Berufsgruppen deutet auf ein geschlechtertypisches Berufswahlverhalten hin. So ist das Berufsfeld der Gesundheit, des Sozialen, sowie der Lehre und Erziehung mit 80% Frauenanteil stark weiblich dominiert. Dagegen steht deutlich die Branche des Baus, der Architektur und Gebäudetechnik mit einem vorherrschenden Männeranteil von 94%. Dies zieht sich durch weitere Berufsgruppen wie der Dienstleistung mit vorherrschenden Frauenanteil und der Rohstoffgewinnung als männliche Berufsgruppe (Statistisches Bundesamt 2017).
Der Sozialisationsprozess wird als ein wichtiger Indikatior in der Entwickling junger Frauen gesehen. Nun ist die Frage zu klären, inwieweit der Sozialisationsprozess eine Rolle in der Berufswahl junger Frauen in Deutschland besetzt.
3. Sozialisationsprozess
Die ursprüngliche Definition der Sozialisation stammt von Emilé Durkheim, der zunächst Erziehung und Sozialisation voneinander trennt. Er geht davon aus, dass ein Kind ein Spiegelbild der Sozialstruktur der Gesellschaft als Ganzes und des Milieus wird, in dem es lebt (Durkheim, in Hurrelmann 2002:87). Dies ist ein Prozess der Persönlichkeitsentwicklung, welcher ein Leben lang anhält und den Menschen erst handlungsfähig in der Gesellschaft macht. Demnach übernimmt das Kind die in der Gesellschaft verankerten Rollen und Strukturen, und die Eltern versuchen durch die Erziehung darauf einzuwirken. Als erste Bezugsperson, mit der das Kind Austausch hat, steht meist die Mutter, deren Verhalten adaptiert wird (Hurrelmann 2002:88).
Diese Definition wurde von Hurrelmann erweitert und gilt seitdem als weitgehend anerkannt. Hurrelmann geht davon aus, dass man nicht nur Spiegelbild der Gesellschaft wird, sondern es ein Zusammenspiel aus der äußeren Realität und der inneren Realität gibt. Die innere Realität umfasst dabei die psychologische Identitätsentwicklung, die in dieser Arbeit zu vernachlässigen ist. Die äußere Realität hingegen ist die Auseinandersetzung mit der sozialen und physikalischen Umwelt, die durch Kommunikation und Interaktion einen reziproken Austausch ermöglicht und damit die Sozialisation fördert (Hurrelmann 2002:7).
Hurrelmann spricht in seiner Definition von drei Ebenen in denen Sozialisation stattfindet. Die primäre Ebene ist die prägendste und findet in der Familie statt. Die sekundäre Ebene ist das Erziehungs- und Bildungssystem. In der tertiären Ebene sozialisieren einen Freunde und Beruf. Dies ist erst später tragend und kann vor der Berufswahl zunächst vernachlässigt werden.
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