Kirche und Staat im Mittelalter und heute. Religiöse Institutionen als Ko-Produzenten von Staatlichkeit


Fachbuch, 2019

60 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Staat, Staatlichkeit und Governance – eine kurze Begriffsklärung

3 Die katholische Kirche im Mittelalter als Ko-Produzent von Staatlichkeit
3.1 Mitwirkung der Kirche an der Regierung
3.2 Mitwirkung der Kirche an der Verwaltung
3.3 Mitwirkung der Kirche am Rechtswesen
3.4 Mitwirkung der Kirche am Bildungswesen
3.5 Mitwirkung der Kirche am Sozial- und Gesundheitswesen

4 Moderne Staaten und ihre religiösen Ko-Produzenten von Staatlichkeit am Beispiel Pakistans
4.1 Ist Pakistan ein Staat?
4.2 Geschichte Pakistans
4.3 Der Islam als Ko-Produzent von Staatlichkeit in Pakistan

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

6 Literaturverzeichnis
6.1 Monographien und Sammelbände
6.2 Aufsätze in Fachzeitschriften und Beiträge in Sammelbänden
6.3 Internetquellen

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1 Einleitung

Gab es einen Staat im Mittelalter? Diese Frage stellte Prof. Brauer seinen Studierenden im gleichnamigen Seminar, abgehalten im Sommersemester 2018 am Institut für Geschichte der Universität Salzburg. Legt man den klassischen Nationalstaatsbegriff, der um 1900 von Max Weber und Georg Jellinek geprägt wurde, zugrunde, kann diese Frage wohl schnell verneint werden. Doch müsste dann nicht auch zahlreichen modernen Staaten des 21. Jahrhunderts ihre ‚Staatlichkeit‘ aberkannt werden – darunter auch Staaten, die ungefragt als solche akzeptiert sind? Gibt es nicht gerade auch in Europa (an das Max Weber und Georg Jellinek bei ihrer Begriffsdefinition Ende des 19. Jahrhunderts in erster Linie gedacht haben dürften) genügend Staaten, die Aufgaben der staatlichen Souveränität einerseits ‚nach oben‘, also an suprastaatliche Organisationen wie die EU abgeben, andererseits ‚nach unten‘ an nicht-staatliche Akteure wie NGOs oder Privatunternehmen auslagern? Müsste man bei strenger Auslegung der Kriterien für einen ‚Staat‘ nicht einige moderne Staaten von der Liste streichen? Oder ist es vielmehr Zeit für eine weniger restriktive Definition von ‚Staatlichkeit‘ und in der Folge notwendig, die Reiche des Mittelalters in diesem Zusammenhang einer Neubewertung zu unterziehen?1

Die vorliegende Arbeit soll einen Teilaspekt dieser Fragestellung näher untersuchen: Inwieweit waren (und sind) religiöse Institutionen ‚Ko-Produzenten von Staatlichkeit‘? Im europäischen Mittelalter sind hier natürlich die katholische Kirche und ihre Institutionen zu behandeln, denn:

„Mittelalterlichen Räumen begrenzter Staatlichkeit stellten Christentum und Kirche die wichtigste und zugleich vielseitigste Legitimitätsressource zur Verfügung, deren besondere Leistungsfähigkeit darin bestand, die Anerkennung gesellschaftlicher, politischer und rechtlicher Normen durch den Einzelnen mit dessen persönlichen religiösen Erwartungen zu verknüpfen, die auf Errettung von der Sünde und Erlangung des ewigen Heils zielten.“2

Wie sieht es aber in zeitgenössischen „Räumen begrenzter Staatlichkeit“ aus? Im Anschluss an die Untersuchung der mittelalterlichen Verhältnisse soll beispielhaft Pakistan als ein vom Islam geprägter Staat der Gegenwart als Vergleich herangezogen werden. Wo finden sich Parallelen, wo Unterschiede zwischen dem modernen Staat und den Staatsformen des Mittelalters? Selbstverständlich soll es dabei nicht um die Diffamierung islamischer Staaten als ‚mittelalterlich‘ gehen, sondern vielmehr darum, möglicherweise ganz moderne Aspekte der Staatlichkeit im Mittelalter zu entdecken. Vielleicht könnte das Mittelalter ja in Teilbereichen sogar ein Vorbild abgeben für neuzeitliche Staatskonzepte jenseits des klassischen Nationalstaates.

In diesem Sinne wird im ersten Teil der Arbeit eine kurze Darstellung der terminologischen Probleme rund um den Staatsbegriff gegeben, und im zweiten Teil eine Untersuchung der Rolle der Kirche im Mittelalter bei ausgewählten ‚Governance-Funktionen‘ unternommen. Der dritte Abschnitt widmet sich denselben Funktionen im modernen Pakistan und die Rolle, die der Islam dabei einnimmt. Die zu ziehenden Schlussfolgerungen bilden den Abschluss der Arbeit.

2 Staat, Staatlichkeit und Governance – eine kurze Begriffsklärung

Das Mittelalter hat in der öffentlichen Wahrnehmung im Allgemeinen keinen guten Ruf, das Adjektiv ‚mittelalterlich‘ hat eindeutig pejorativen Charakter. Stefan Esders bringt das auf den Punkt: „Zumeist fungiert ‚das Mittelalter‘ – seit es als Antiepoche geschaffen wurde – ja doch eher als ‚Gegenmoderne‘, in der alles für modern Gehaltene noch nicht vorhanden oder umgekehrt all das beherrschend gewesen sein muss, was man in der Moderne überwunden zu haben glaubt.“3 Mitschuld an diesem Negativbild trägt auch die Vorstellung, der moderne, neuzeitliche Nationalstaat sei End- und Höhepunkt einer Entwicklung, in der die Zeit vom 6. bis zum 15. Jahrhundert einen Rückschritt hinter eine bereits im römischen Reich vorhandene Staatlichkeit darstellte.

Um 1900 gaben Max Weber und Georg Jellinek die klassische Definition für den ‚modernen Staat‘, der drei Kriterien zu erfüllen hatte: das Monopol auf legitime Gewalt, ein klar begrenztes Staatsgebiet und ein Staatsvolk. Nach dieser Definition waren die mittelalterlichen Reiche offensichtlich keine Staaten.4 Jahrzehntelang prägend für die deutsche Mediävistik waren dann 1939 Otto Brunners Fokussierung auf den Begriff ‚Herrschaft‘ (bei weitgehender Vernachlässigung der bei Weber noch so wichtigen Frage nach der ‚Legitimität‘ dieser Herrschaft) und Theodor Mayers These vom ‚Personenverbandsstaat‘, in dem die persönlichen Abhängigkeiten zwischen den Mächtigen wichtiger waren als transpersonale Institutionen. Diese ‚Neue Verfassungsgeschichte‘ der 30er und 40er Jahre grenzte sich klar von der rechtshistorischen Forschung und den Begriffen der modernen Sozialwissenschaften ab, da für die Zeit der Vormoderne solche Termini fehlleitend wären. Diese Wahrnehmung blieb auch nach dem Zweiten Weltkrieg in der deutschen Mittelalterforschung prägend. Dadurch koppelte man sich von aktuellen Diskussionen ab, da sie ohne Relevanz fürs Mittelalter seien. Erst in den 80ern gab es erste Versuche, diesen eingeschränkten Ansatz zu überwinden, etwa durch Hanna Vollrath, die die Anwendung der Erkenntnisse der Ethnologie auf mittelalterliche Gesellschaften forderte. Ein bedeutsamer Vertreter ist Gerd Althoff, der den ethnologischen Begriff des ‚Rituals‘ in den Mittelpunkt seiner Untersuchungen stellte. Hagen Keller verwendete 1989 dann als erster den offeneren und variableren Begriff ‚Staatlichkeit‘ zur Abgrenzung vom modernen Staatsbegriff.5 In der neueren politikwissenschaftlichen Forschung wird Staatlichkeit definiert „als ein Ensemble von Funktionen, die der moderne Territorialstaat des 20. Jahrhunderts typischerweise gebündelt bereitgestellt hat, die sich aber auch unabhängig von ihrer territorialen Bündelung denken lassen.“6

Diese neue Offenheit für moderne Begriffe und die Integration anderer Forschungsbereiche ermöglicht neue Perspektiven auf das Mittelalter. Denn auch in den Politikwissenschaften ist mit einer Definition aus dem 19. Jahrhundert heute ‚kein Staat mehr zu machen‘. Zur Differenzierung diskutiert man dort ‚prekäre‘, ‚schwache‘, ‚zerfallende‘ Staaten oder sogar failed states – die aber nichtsdestotrotz Mitglieder in der UNO sind, obwohl dort nur völkerrechtlich anerkannte Staaten Aufnahme finden. Umgekehrt spielen überstaatliche Organisationen und NGOs eine immer größere Rolle in den internationalen Beziehungen – auch sie lassen sich vom klassischen Staatsbegriff nicht fassen.7

Ein neuerer Ansatz ist daher die Anwendung des „Governance-Paradigmas“ aus den Staats - und Politikwissenschaften.8 „Governance soll heißen: Die Gesamtheit der kollektiven Regelungen, die auf eine bestimmte Problemlage oder einen bestimmten gesellschaftlichen Sachverhalt zielen und mit Verweis auf das Kollektivinteresse der betroffenen Gruppe gerechtfertigt werden.“9 Eine andere, nach Schuppert „fast Bibelrang erreicht habende“10 Definition lautet: „Auf den Nationalstaat bezogen meint Governance das Gesamt aller nebeneinander bestehenden Formen der kollektiven Regelung gesellschaftlicher Sachverhalte, von der institutionalisierten gesellschaftlichen Selbstregelung über verschiedene Formen des Zusammenwirkens staatlicher und privater Akteure bis hin zu hoheitlichem Handeln staatlicher Akteure.“11

Unter dem klassischen Staatsbegriff wird man das frühe Mittelalter nur als Verschwinden, Nachlassen, ja eine Degeneration antiker Staatlichkeit sehen. Aus der Governance-Perspektive kann man aber auch von einem Umbau, einer Anpassung, einer bewussten Adaptierung bestehender Institutionen an ein geändertes Umfeld mit sich wandelnden Bedingungen durch die Herrschenden sprechen, was es in einem anderen Licht erscheinen lässt.12 Bewusst wird sich diese Arbeit nicht auf eine Definition festlegen – v.  a. wo doch die Begriffe in der aktuellen Diskussion noch im Fluss sind –, sondern die verschiedenen Definitionen als Anregung verstehen, den Blickwinkel aufs Mittelalter und die Rolle des ‚staatlichen Akteurs Kirche‘ darin auszuweiten. Esders fasst diesen Ansatz schön zusammen:

„‚Regieren‘ zu untersuchen, bedeutet innerhalb des Governance-Paradigmas hingegen, danach zu fragen, was eine bestimmte politische Organisationsform leistet, wie sie sich legitimiert, welche Funktionen sie gegenüber der Bevölkerung erfüllt, welche Kollektivgüter sie bereitstellt, welche Formen der Handlungskoordination sie dafür etabliert [… und …] deren Leistungs- und Problemlösungsfähigkeit kritisch zu würdigen.“13

In diesem Sinne soll im folgenden Abschnitt untersucht werden, was die ‚politische Organisationsform‘ Kirche im Mittelalter zu leisten imstande war. Dargestellt werden soll ihre Teilhabe an den ‚staatlichen Funktionen‘ der Regierung, der Verwaltung, der Rechtsprechung, des Bildungs- und des Sozialwesens. Denn unter diesem Blickwinkel wird man möglicherweise zu einer ganz anderen Einschätzung des Mittelalters gelangen:

„Es ist jedoch unstrittig und unbestreitbar, daß es das ganze Mittelalter hindurch zwar nicht den ‚Staat‘ im modernen Sinn, wohl aber eine politische Organisation der Gesellschaft gegeben hat, die für Rechtsdurchsetzung und politische Willensbildung zuständig war, die das soziale Leben der Menschen regulierte, die den Rechtsfrieden durch Übereinkunft oder Zwang hergestellt hat. Daß solche Regulation in unterschiedlicher Intensität, mit wechselnden Erfolgschancen, ja auch durch sehr verschiedene Träger, zum Teil in Konkurrenz untereinander, vonstatten ging, ändert nichts daran, daß auch im Mittelalter von einem funktionellen Äquivalent des modernen Staates gesprochen werden kann und muß.“14

3 Die katholische Kirche im Mittelalter als Ko-Produzent von Staatlichkeit

Will man die Bedeutung einer Religionsgemeinschaft für einen modernen Staat untersuchen, bietet sich die Betrachtung als eigenständiges, kooperierendes ‚Governancekollektiv‘ an:

„Territorialstaatliche Governancekollektive und religiöse Governancekollektive […] sind Kollektive, die auf unterschiedlichen Legitimationsquellen beruhen, ein unterschiedliches Selbstverständnis haben, über ein eigenständiges Personal verfügen und eine spezifische Institutionenkultur entwickelt haben. Es erscheint daher als ein naheliegender Gedanke, dass sie als autonome Governancekollektive ihre Beziehungen zueinander ‚auf Augenhöhe‘ konsensual im Vereinbarungswege gestalten.“15

Betrachtet man aber die Kirche im Mittelalter, sehen wir, dass diese moderne Beschreibung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat keinesfalls zutrifft, sondern ein Produkt des jahrhundertelangen neuzeitlichen Säkularisationsprozesses in Europa ist. Nicht einmal das Wort ‚Kirche‘ ist im Mittelalter ein klar definierter Begriff:

„Bei allen ‚Resten‘ eines anstaltlichen Verständnisses, die ihr noch aus der Antike überkommen waren und ihr auch im Frühmittelalter noch zur Verfügung standen (sie sollten sich später als wirkungsvolle Ansätze zu weiterer Entfaltung erweisen), hatte der Begriff ‚Kirche‘ zunächst keinesfalls selbstverständlich jene allgemeine institutionelle Bedeutung, die wir ihm gerne unterstellen.“16

Das Wort ecclesia konnte je nach Kontext das Kirchengebäude, das Stift oder Kloster, die Kleriker oder die Gemeinschaft der Kleriker und Laien, das ganze Bistum, aber eben auch die Gesamtheit aller Gläubigen meinen.17 „Auch die katholische Kirche hat erst im Laufe der Zeit ihre Verfassung und ihr Selbstverständnis entwickelt, sie tritt weder ‚fertig‘ ins Mittelalter ein, noch verläßt sie es in einer endgültigen Gestalt, wenn sie auch bedeutsame Selbstfestlegungen in jener Zeit getroffen hat, die bis heute nachwirken.“18

Im Folgenden soll gezeigt werden, dass man ‚die Kirche‘ im Mittelalter nicht einmal immer klar vom ‚Staat‘ unterscheiden kann – weder hatten sie unterschiedliche Legitimationsquellen oder verfügten über eigenständiges ‚Personal‘ noch waren ihre ‚Institutionen‘ klar voneinander getrennt. Aufgrund der Weite des geographischen und zeitlichen Rahmens wird es dabei notwendig sein, sich weitgehend auf das Herrschaftsgebiet der Karolinger und des späteren Heiligen Römischen Reiches zu konzentrieren. Da ein tieferes Eindringen in die Details der jeweiligen Untersuchungsgegenstände ohnehin den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, sollten die Ergebnisse aber ohne größere Anpassungen auf andere mittelalterliche Reiche übertragbar sein.19

3.1 Mitwirkung der Kirche an der Regierung

Dass die katholische Kirche während des gesamten Mittelalters eine bedeutende Rolle bei der Regierung christlicher Herrschaftsgebiete, besonders aber des Heiligen Römischen Reiches, gespielt hat, ist offensichtlich. Der Konflikt zwischen Kaiser und Papst um die Bischofseinsetzung (‚Investiturstreit‘), das bis ins 13. Jahrhundert paritätisch mit geistlichen und weltlichen Herrschern besetzte Kurfürstenkollegium, die Kaiserkrönung durch den Papst oder später den Erzbischof von Köln, mächtige und reiche Abteien als Verwalter und Beherrscher weiter Landstriche sprechen für sich. Hier soll aber nicht nur von der direkten Machtausübung der Kleriker die Rede sein, auch die indirekte Mitwirkung der Kirche durch ‚Legitimation von Herrschaft‘ soll zur Sprache kommen.

Schon in der Antike begann die Mission der nicht-christlichen Gebiete auch am Boden des späteren Heiligen Römischen Reiches. (Für Mainz und Köln lassen sich etwa schon Ende des 2. Jahrhunderts erste christliche Gemeinden verorten.) Im Frühmittelalter bildete das Bistum als Kirchenprovinz die zentrale Organisations­form der katholischen Kirche.20 Doch nicht nur in kirchlichen Belangen waren die Bischöfe ein zentraler Machtfaktor. Wenn in den Urkunden der Karolinger die Mächtigen des Reiches angesprochen wurden, war häufig die Rede von den ‚Bischöfen, Äbten und Grafen‘, eher selten aber von den nobiles. Kirchensynoden wurden vom König einberufen und beschäftigten sich keineswegs nur mit kirchlichen Belangen.21 Die bischöflichen Aufgaben waren den Zeitgenossen klar:

„‚Regere‘ und – seltener – ‚gubernare‘ sind die Wörter, die in den Kanones der fränkischen Synoden, in Bischofskapitularien, Briefen und anderen Texten dieser Jahrzehnte wieder und wieder gebraucht wurden, um die Tätigkeit von Bischöfen zu beschreiben. Diese Allgegenwart ist nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, weil dieselben Wörter auch für den Herrscher und dessen weltliche Amtsträger Verwendung fanden.“22

Der Bischof stand über seiner Gemeinde – Kleriker und Laien waren ihm subiecti oder subditi und schuldeten ihm oboedientia.23 In den sonntäglichen Predigten konnten die Pfarrer ihrer Gemeinde die Wünsche des Bischofs vermitteln – umgekehrt meldeten sie Verstöße ‚nach oben‘ und wurden selbst jährlich visitiert. Die kirchliche Hierarchie stellte dem Reich also eine hilfreiche Organisationsstruktur zur Verfügung, über die am Hof getroffene Entscheidungen von zahlreichen ‚Multiplikatoren‘ bekannt gemacht und kontrolliert wurde.24

Die Methode der Mission änderte sich im Mittelalter. Anders als noch in der Antike war sie nicht mehr am Individuum orientiert, sondern setzte zunehmend bei den Herrschern an, um ausgehend von deren Konversion ‚nach unten‘ aufs Kollektiv zu wirken. Lehre und Verkündigung traten immer mehr hinter christlich geprägte Feste und Bräuche zurück – die Getauften sollten im Mitfeiern der Eucharistie, durch Beten, Heiligenverehrung und Buße über Jahrzehnte und Generationen zum Christentum finden.25 Zunehmend spielte auch Gewalt bei der Missionierung eine Rolle: Es kam zu Zwangstaufen, ja die Frankenherrscher führten regelrechte ‚Missionskriege‘ . Bis ins 11. Jahrhundert entstanden durch gewaltsame Mission neue Kirchenprovinzen im Osten (‚Slawenmission‘). Vermehrt kam es dabei zur Gründung neuer Bistümer durch Landesfürsten ohne Beteiligung des Königs bzw. Kaisers. Die Kreuzzugsidee überlagerte schließlich im 12. Jahrhundert immer mehr den Missionsgedanken: ‚Vernichtung oder Bekehrung‘ lautete nun die Alternative.26

Wenig verwunderlich übernahmen die Bischöfe und Äbte in diesen neuen Reichsgebieten, wo es noch keine starke ‚weltliche Gewalt‘ gab, auch die Landesherrschaft – wenn auch in Lehnsabhängigkeit vom Kaiser. Es entstanden die geistlichen Fürstentümer, die v.  a. die Struktur des Heiligen Römischen Reiches prägen sollten. (So lag das Verhältnis von geistlichen zu weltlichen Fürstentümern dort zur Stauferzeit bei 99 zu 22 und im Spätmittelalter immer noch bei rund 95 zu 30 bis 40.27 Drei der Kurfürsten waren Erzbischöfe. Der Deutsche Orden wurde in den Gebieten der zwangsmissionierten Prussen sogar selbständiger Landesherr. Sogar innerhalb des Reiches wurden neue Bistümer zur Festigung der Landesherrschaft gegründet.28

Neben der ‚staatlichen Funktion‘, die die Kirche des Mittelalters bei der direkten Beherrschung von Territorien übernahm, kam ihr aber auch eine umfassende Bedeutung bei der Legitimierung der weltlichen Herrschaft zu: „Die moderne Trennung von Kirche und Welt war dem Mittelalter fremd. Kaiser und Könige, Fürsten und städtische Obrigkeiten beanspruchten und erhielten daher auch Anteil an der Leitung der Kirche. Andererseits wurde jede Art politischer Regierung religiös legitimiert.“29

Im Frühmittelalter nahm der König eine besondere Position zwischen Priesterschaft und Volk als mediator cleri et plebis ein. Die Regierung des Monarchen hatte wie die Kirche einen religiösen Endzweck und sakralen Charakter, der durch die ‚Liturgie‘ bei fast allen Herrschaftsakten wie der Königswahl, der -salbung und der -krönung, beim Feiern hoher Feste oder bei der Beurkundung ‚im Namen Gottes‘ unterstrichen wurde. Die Kaiserkrönung durch den Papst sorgte für eine zusätzliche Prestigeerhöhung.30 Die Stärke der Herrschenden und des Reiches beruhte jedoch ausschließlich auf Gottes Wohlwollen. Katastrophen, Kriege und Unruhen wurden auf Gottes Zorn zurückgeführt, und nur eine Rückkehr zu einer gottgefälligen Lebensweise konnte die Ordnung wiederherstellen. „Nicht Ordnung an sich war das Ziel, sondern eine Ordnung, die Gottes Gnade fand – und überhaupt erst dadurch Bestand und Erfolg haben konnte.“31

Für die Herrschaftslegitimation gerade auch in eroberten Gebieten anderer Stäm­me war die Religion mitentscheidend. Eroberte Völker wurden nicht ins Frankenreich (regnum Francorum) eingegliedert, sondern vielmehr aufgenommen in die sancta ecclesia und ins populus christianus:32

„Tatsächlich ist der Zusammenhang der frühmittelalterlichen Regna ohne die Ecclesia gar nicht denkbar, was sich schon daran ablesen läßt, daß es kein Beispiel für dauerhafte politische Integration ohne kirchliche Ordnung im mittelalterlichen Europa gibt; Sachsen, Dänen oder Polen, letztlich auch Ungarn oder Bulgaren gelang der Aufbau stabiler zentralisierter Herrschaft erst nach der Christianisierung.“33

Aber nicht nur die ‚Funktionäre‘ der Kirche übernahmen Führungsaufgaben im Reich, umgekehrt beanspruchte der König im Heiligen Römischen Reich eine Führungsrolle in der Kirche des Mittelalters (‚ottonisch-salische Reichskirche‘), so etwa ein Mitspracherecht bei der Bischofswahl (deren Kandidaten oft aus der Hofkapelle kamen). Den Bistümern wurden Reichsgüter übertragen, dafür hatten die Bischöfe die Gastungspflicht und rechtlich-politische Aufgaben wie die Teilnahme an Heerfahrten zu übernehmen.34

Ab Mitte des 11. Jahrhunderts kam es zunehmend zu Kritik an der königlichen Kirchenleitung. Besonders der Vorwurf der Simonie, der Priesterehe und der Anmaßung der Sakramentenspendung durch Laien wurde häufig – der Konflikt gipfelt letztendlich im Investiturstreit: Gregor VII. setzte sich als Papst an die Spitze der kirchlichen Hierarchie, bannte König Heinrich IV. und entband seine Untertanen vom Treueeid. Erst unter Heinrichs Nachfolger kam es zu einer Kompromisslösung des Investiturproblems im Wormser Konkordat: Man unterschied hinkünftig zwischen den ‚Spiritualien‘, also dem geistlichen Amt eines Bischofs, das der Papst übertrug, und den ‚Temporalien‘, dem weltlichen Amt, das der König gegen Treueeidleistung verlieh. Die Prälaten traten dadurch in ein Lehnsverhältnis zum Herrscher; es kommt zur ‚Feudalisierung der Reichskirche‘.35

Trotz dieser Konflikte blieb auch im Spätmittelalter der sakrale Charakter des Königtums erhalten. Seit Kaiser Barbarossa wird als Reichstitel sacrum imperium im Wechsel mit romanum imperium verwendet. Bis zum Ende des Mittelalters entwickelte sich das zur Formel vom ‚Heiligen Römischen Reich deutscher Nation‘, die 1512 erstmals offiziell verwendet wurde, weiter.36

Die geistliche und weltliche Ausgestaltung der Herrschaft im Mittelalter band die Untertanen gleich doppelt an das jeweilige vorstaatliche Gebilde: Durch Taufe und Treueeid verpflichtete man sich sowohl zur Glaubenstreue (fides) als auch zur Treue gegenüber dem Herrscher (fidelitas) – verknappt wurden daraus die fideles Dei et regis, also ‚Getreue Gottes und des Königs‘, wodurch beides miteinander verknüpft wurde. Nicht Gehorsam oder Untertänigkeit, sondern vielmehr die persönliche religiöse Verpflichtung wurde damit zu einem entscheidenden Faktor.37

Die Dualität des mittelalterlichen Herrschaftsverständnisses wird klar ausgedrückt durch die sogenannte ‚Zwei-Schwerter-Lehre‘, die auch der ‚Sachsenspiegel‘ nennt:

„Gott hinterließ auf Erden zwei Schwerter, die Christenheit zu beschützen: dem Papst ist das geistliche bestimmt, dem Kaiser das weltliche. […] Alles, was dem Papst Widerstand leistet und was er mit geistlichem Recht nicht zwingen kann, das soll der Kaiser mit weltlichem Recht zwingen, dem Papst gehorsam zu sein. Auf gleiche Weise soll die geistliche Gewalt dem weltlichen Gericht helfen, wenn es dies nötig hat.“38

Nicht immer klar war aber, welches ‚Schwert‘ im Zweifelsfall die Oberhand behalten sollte, wie sich schon im Investiturstreit gezeigt hatte. Der päpstliche Machtanspruch geriet im 13. Jahrhundert immer mehr unter weltlichen Druck, vor allem durch Frankreich. Ein immer stärkerer französischer Einfluss im Kardinalskollegium führte Anfang des 14. Jahrhunderts zur Wahl eines Franzosen und der Verlegung des Papstsitzes nach Avignon. Der Versuch, das Papsttum nach Rom zurückzubringen, führte bei der Papstwahl 1378 in Rom unter dem Druck der Straße zum Konflikt zwischen italienischen und französischen Kardinälen, was im ‚Großen Abendländischen Schisma‘ endete: Bis 1417 regierten teilweise sogar drei Päpste gleichzeitig, die sich wechselweise exkommunizierten. Erst durch mehrere Kirchenkonzilien konnte die Einheit der abendländischen Christenheit wiederhergestellt werden. Obwohl die Kirchenspaltung auf das Alltagsleben der einfachen Christen wenig Auswirkungen hatte, waren die Folgen dennoch beträchtlich: Die Konzilien betonten ihre Oberhoheit sogar über den Papst, die Teilnehmer und damit die Kirche wurden in vier Interessenssphären, genannt nationes, eingeteilt, die Landesfürsten nutzen die Spaltung zum Auf- und Ausbau eines landesherrlichen Kirchenregiments.39 Die beiden Abschluss­dekrete des Basler Konzils gelten als bedeutende Meilensteine in der Entwicklung des Verfassungsdenkens und des Parlamentarismus der Moderne.40

3.2 Mitwirkung der Kirche an der Verwaltung

Jede staatliche Organisation muss in der Lage sein, ihr ‚Herrschaftsgebiet‘ zu verwalten. Damit staatliche ‚Hoheitsakte‘ wirksam werden können, muss es Institutionen geben, die diese Anordnungen ‚nach unten‘ vermitteln – und im Mittelalter wurde diese Aufgabe in Ermangelung von Alternativen vielfach von Klerikern übernommen.

Beim Übergang von den antiken zu den frühmittelalterlichen Reichen ging die Schriftlichkeit immer mehr zurück, öffentlich organisierte Schulen wurden weniger, Bildung wurde zunehmend eine private Angelegenheit. Während es unter den Merowingerherrschern noch ausreichend schriftkundige Laien gab, um die Verwaltungsaufgaben bei Hof zu übernehmen, sah sich Pippin, der Vater Karls des Großen, genötigt, der Hofkapelle die Aufgabe der Beurkundung zuzuweisen.41 In der Folge wird Schriftlichkeit weitgehend Monopol des Klerus. (Noch das englische Wort clerk für Sekretär geht auf das Lateinische clericus zurück.) Mit idiota bezeichnete man den schriftunkundigen Laien – wenn auch ohne abwertenden Konnotation –, während clericus sogar zum Beinamen schreibkundiger Laien werden konnte.42

Karl der Große verpflichtete alle Christen seines riesigen Reiches, den Kirchenzehnt an ihre Pfarre abzuliefern. Das bedingte die Zuteilung jedes Einzelnen zu einer bestimmten Pfarre – heute würde man es die Einteilung des Reiches in ‚Verwaltungsbezirke‘ zwecks Einhebung dieser ‚Kirchensteuer‘ nennen.43

Um weitere Verwaltungsaufgaben übernehmen zu können, entwickelte sich das System der Pfründen (von lat. praebenda für ‚staatlicher Unterhalt‘). Damit bezeichnete man das mit einem Kirchenamt verbundene Recht, ein regelmäßiges Einkommen – meist abgeleitet aus einer gestifteten Vermögensmasse – zu beziehen. Bis ins Spätmittelalter dienten Pfründen zur Finanzierung der Erledigung öffentlicher Aufgaben: „Wie wichtig die Kollegiatkirchen im Gesellschaftsgefüge waren, zeigt sich daran, daß vom 14. Jahrhundert an die intellektuell-politische Elite weitgehend auf Stiftskirchenpfründen fundiert war (Hofräte, Kanzleibeamte, Rechts­experten, Diplomaten, Professoren).“44 Erst nach und nach wurden die Pfründen durch direkte Lohnzahlungen abgelöst.

Die Bedeutung der klerikalen Verwaltung zur Schaffung eines modernen Staatswesens muss auch den Herrschern klar vor Augen gestanden haben:

„Ein Ideal spätmittelalterlicher Fürsten war die Zentralisierung ihrer Herrschaft in einer Residenz mit Landesbischof und Landesuniversität und die Versorgung der für die moderne Verwaltung benötigten Beamten durch kirchliche Pfründen, vor allem an Stiftskirchen. Allerdings haben die Landesherren auch den Niederklerus zu kontrollieren gesucht, der mit den Gläubigen unmittelbar in Berührung stand.“45

Umgekehrt waren die Pfründen für den niederen Klerus eine notwendige Form der Existenzsicherung: „Wirtschaftliche Not zwang den Niederklerus zur Ausübung von Nebentätigkeiten. Dazu gehörten der Dienst als Schulmeister, Schreiber, Notar, Ratssekretär, Steuereintreiber usw. Viele der niederen Pfründen sind überhaupt nur geschaffen worden, um derartige ‚private‘ und ‚öffentliche‘ Aufgaben zu erfüllen.“46

3.3 Mitwirkung der Kirche am Rechtswesen

Für das Rechtsverständnis des mittelalterlichen Menschen spielte die Religion und somit die Kirche eine entscheidende Rolle. Im Frühmittelalter, nach dem Niedergang des römisch geprägten Rechtswesens, war diese Rolle eine indirekte, indem die Kirche Einfluss nahm auf das von Stammesrechten geprägte Rechtswesen und „elementare rechtliche Normen in einen religiösen Begründungskosmos rückte“47. Im Hoch- und Spätmittelalter gelang der Kirche dann eine Wiederbelebung römischer Rechtstraditionen und damit eine wesentlich direktere Einflussnahme auf die weitere Entwicklung gerade auch der weltlichen Gerichtsbarkeit.

[...]


1 Vgl. Steffen Patzold, Human Security, fragile Staatlichkeit und Governance im Frühmittelalter. Zur Fragwürdigkeit der Scheidung von Vormoderne und Moderne, in: Geschichte und Gesellschaft 38/3 (2012), 406–422, hier 413–417.

2 Stefan Esders, Governanceforschung und historische Mediävistik: Neue Perspektiven auf die Genese mittelalterlicher Regierungsweise und Staatlichkeit, in: Stefan Esders / Gunnar Folke Schuppert, Hg., Mittelalterliches Regieren in der Moderne oder Modernes Regieren im Mittelalter?, Baden-Baden 2015, 147–261, hier 204.

3 Ebd., 147.

4 Vgl. Patzold, Human Security, 413. Detaillierte Literaturangaben finden sich ebd., Fußnote 29.

5 Vgl. Esders, Governanceforschung, 150–159. Details und viele Literaturangaben zu den verschiedenen Positionen finden sich bei Walter Pohl, Staat und Herrschaft im Frühmittelalter: Überlegungen zum Forschungsstand, in: Stuart Airlie u. a., Hg., Staat im frühen Mittelalter, Wien 2006, 9–38. Wie kontrovers die Begrifflichkeiten gerade in der deutschen Forschung immer noch diskutiert werden, in der west- und südeuropäischen Forschungstradition aber weitgehend zwanglos verwendet werden, beschreiben Hans-Werner Goetz, Versuch einer resümierenden Bilanz, in: Walter Pohl / Veronika Wieser, Hg., Der frühmittelalterliche Staat – europäische Perspektiven, Wien 2009, 523–531, hier 523–526 und Rudolf Schieffer, Die internationale Forschung zur Staatlichkeit in der Karolingerzeit, in: Walter Pohl / Veronika Wieser, Hg., Der frühmittelalterliche Staat – europäische Perspektiven, Wien 2009, 43–49.

6 Nicole Deitelhoff / Jens Steffek, Was bleibt vom Staat? Demokratie, Recht und Verfassung im globalen Zeitalter, Frankfurt am Main 2009, 8 f.

7 Vgl. Steffen Patzold, Bischöfe als Träger der politischen Ordnung des Frankenreichs im 8./9. Jahrhundert, in: Walter Pohl / Veronika Wieser, Hg., Der frühmittelalterliche Staat – europäische Perspektiven, Wien 2009, 255–268, hier 257 f.

8 Esders, Governanceforschung, 162.

9 Michael Zürn, Governance in einer sich wandelnden Welt. Eine Zwischenbilanz, in: Gunnar Folke Schuppert / Michael Zürn, Hg., Governance in einer sich wandelnden Welt, Wiesbaden 2008, 553–580, hier 554, zitiert nach Patzold, Human Security, Fußnote 40.

10 Gunnar Folke Schuppert, Was ist und wozu Governance?, in: Die Verwaltung 40/4 (2007), 465–512, hier 468.

11 Renate Mayntz, Governance im modernen Staat, in: Arthur Benz, Hg., Governance - Regieren in komplexen Regelsystemen. Eine Einführung, Wiesbaden 2004, 65–76, hier 65.

12 Vgl. Esders, Governanceforschung, 207 f.

13 Ebd., 155.

14 Jürgen Miethke / Arnold Bühler, Kaiser und Papst im Konflikt. Zum Verhältnis von Staat und Kirche im späten Mittelalter, Düsseldorf 1988, 16.

15 Gunnar Folke Schuppert, Governance und Religion. Annäherung an ein komplexes Verhältnis, in: Uwe Hunger / Nils Johann Schröder, Hg., Staat und Islam: Interdisziplinäre Perspektiven, Wiesbaden 2016, 43–70, hier 46.

16 Miethke / Bühler, Kaiser und Papst, 17.

17 Vgl. ebd. Für eine Untersuchung des frühmittelalterlichen Selbstverständnisses der Kirche im Frankenreich vgl. Maike de Jong, Ecclesia and the early medieval polity, in: Stuart Airlie u. a., Hg., Staat im frühen Mittelalter, Wien 2006, 113–132.

18 Miethke / Bühler, Kaiser und Papst, 18.

19 Für einen weiteren Blick auf die frühmittelalterlichen Reiche Europas und ihre Staatlichkeit siehe die zahlreichen Beiträge in Walter Pohl / Veronika Wieser, Hg., Der frühmittelalterliche Staat – europäische Perspektiven, Wien 2009. Die zeitlichen und räumlichen Entwicklungsströme vom Reich Karls des Großen hin zum Heiligen Römischen Reich finden sich detailliert beschrieben bei Joachim Ehlers, Hg., Deutschland und der Westen Europas im Mittelalter, Stuttgart 2002.

20 Vgl. Michael Borgolte, Die mittelalterliche Kirche, 2. Auflage, München 2004, 3 f.

21 Vgl. Steffen Patzold, Die Bischöfe im karolingischen Staat. Praktisches Wissen über die politische Ordnung im Frankenreich des 9. Jahrhunderts, in: Stuart Airlie u. a., Hg., Staat im frühen Mittelalter, Wien 2006, 133–162, hier 141 f.; Patzold, Bischöfe (2009), 259–261; de Jong, Ecclesia, 124–129. Dabei darf natürlich nicht übersehen werden, dass gerade auch die Spitzenpositionen in der Kirchenhierarchie vielfach von Adeligen besetzt wurden – das gesamte Mittelalter blieb eine Kirchenkarriere eine wichtige Option für nachgeborene Adelssöhne, vgl. Gerd Althoff / Hermann Kamp, Die Bösen schrecken, die Guten belohnen. Bedingungen, Praxis und Legitimation mittelalterlicher Herrschaft., in: Gerd Althoff u. a., Hg., Menschen im Schatten der Kathedrale: Neuigkeiten aus dem Mittelalter, Darmstadt 1998, 1–110, hier 89–98.

22 Patzold, Bischöfe (2006), 144 f.

23 Vgl. ebd., 151.

24 Vgl. ebd., 159 f. und ders., Bischöfe (2009). Patzold schreibt prägnant: „Modern formuliert: Der sonntägliche Kirchgang diente der politischen Bildung und Kontrolle der populi christiani.“, siehe Patzold, Bischöfe (2006), 160.

25 Vgl. Borgolte, Mittelalterliche Kirche, 4–6.

26 Vgl. ebd., 9–16.

27 Vgl. ebd., 25 und 29.

28 Ebd., 16 f.

29 Ebd., 18.

30 Vgl. ebd., 18 f.

31 Patzold, Bischöfe (2009), 262.

32 Vgl. Maike de Jong, The state of the church: ecclesia and early medieval state formation, in: Walter Pohl / Veronika Wieser, Hg., Der frühmittelalterliche Staat – europäische Perspektiven, Wien 2009, 241–254, hier 248–251.

33 Pohl, Staat und Herrschaft, 14.

34 Vgl. Borgolte, Mittelalterliche Kirche, 19 f. Der Begriff der ‚Reichskirche‘ ist nicht ganz unproblematisch und in den letzten Jahrzehnten vermehrt in die Kritik geraten. Einen guten Überblick bietet hier John Eldevik, Bishops in the Medieval Empire: New Perspectives on the Church, State and Episcopal Office, in: History Compass 9/10 (2011), 776–790. Allerdings läuft diese Kritik vielfach darauf hinaus, die besondere Stellung der Bischöfe speziell im Heiligen Römischen Reich zu relativieren und auf weite Bereiche Europas auszuweiten – Reuter spricht sogar von einem ‚Europa der Bischöfe‘, vgl. Timothy Reuter, Ein Europa der Bischöfe: Das Zeitalter Burchards von Worms, in: Wilfried Hartmann, Hg., Bischof Burchard von Worms: 1000 – 1025, Mainz 2000, 1–28.

35 Vgl. Borgolte, Mittelalterliche Kirche, 21–25.

36 Vgl. ebd., 26.

37 Vgl. Esders, Governanceforschung, 204 f.

38 Zitiert nach Stephan Meder, Rechtsgeschichte. Eine Einführung, 6. Auflage, Stuttgart / Köln 2017, 152.

39 Vgl. Heribert Müller, Die kirchliche Krise des Spätmittelalters. Schisma, Konziliarismus und Konzilien, München 2012, 5–29. Bezeichnend (und gar nicht mehr dem mittelalterlichen Universalkirchengedanken verpflichtet) ist die Aussage Rudolfs IV. von Österreich: „Egomet volo esse papa, archiepiscopus, episcopus, archidyaconus, decanus in mea terra.“ , siehe Georg Heinrich Pertz, Hg., Monumenta Germaniae Historica inde ab anno Christi quingentesimo usque ad annum millesimum et quingentesimum. Scriptores 9, Stuttgart 1851, 832.

40 Vgl. Müller, Krise, 27.

41 Die Wortstämme einiger noch heute in der Verwaltung gebräuchlicher Begriffe gehen zurück auf diese Zeit. So stellten in der Hofkapelle, die unter der Aufsicht des cancellarius stand, die notarii Urkunden aus, vgl. Ulrich Nonn, Mönche, Schreiber und Gelehrte. Bildung und Wissenschaft im Mittelalter, Darmstadt 2012, 15 f.

42 Vgl. ebd., 7.

43 Vgl. Borgolte, Mittelalterliche Kirche, 52 f.

44 Ebd., 50 f.

45 Ebd., 29 f.

46 Ebd., 57 f.

47 Esders, Governanceforschung, 168.

Ende der Leseprobe aus 60 Seiten

Details

Titel
Kirche und Staat im Mittelalter und heute. Religiöse Institutionen als Ko-Produzenten von Staatlichkeit
Autor
Jahr
2019
Seiten
60
Katalognummer
V449723
ISBN (eBook)
9783956877612
ISBN (Buch)
9783956877629
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit stellt in doppelter Weise eine innovative Leistung dar: Zum einen wird die Governance-Forschung auf das Mittelalter übertragen und die Kirche nicht als Gegensatz, sondern als Ko-Produzent von Staatlichkeit gesehen (Regierung, Verwaltung, Rechts- und Bildungswesen, Sozial- und Gesundheitswesen). Zum anderen wird die gleiche Fragestellung auf das heutige Pakistan übertragen und mit Ergebnissen zum Mittelalter verglichen. In formaler, sprachlicher und gedanklicher Hinsicht eine reife Leistung!
Schlagworte
Governance, Kirche im Mittelalter, Regieren im Mittelalter, Pakistan, Islam, Verwaltung im Mittelalter, Rechtswesen im Mittelalter, Bildungswesen im Mittelalter, Sozialwesen im Mittelalter, Governance-Forschung, Regierung, Verwaltung, Rechtswesen, Bildungswesen, Sozialwesen, Gesundheitswesen
Arbeit zitieren
Martin Thomaschütz (Autor:in), 2019, Kirche und Staat im Mittelalter und heute. Religiöse Institutionen als Ko-Produzenten von Staatlichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/449723

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