Die Josefsgeschichte. Ihre erzählerische Linienführung und die theologischen Grundlinien


Term Paper, 2018

20 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einordnung in den Zusammenhang
2.1. Einordnung in das Alte Testament / den Pentateuch
2.2. Gliederung und Aufbau der Josefsgeschichte
2.3. Historische Gegebenheiten bei der Entstehung der Josefsgeschichte

3. Die Josefsgeschichte
3.1. Textvorstellung
3.2. Kontextuelle Einordnung / Erzählerische Linienführung
3.3. Textkritik / Übersetzungskritik und eigene Beobachtungen

4. Interpretation des Textes und exegetische Betrachtungen

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bei der Auswahl eines geeigneten Textes für meine Hausarbeit hatte ich anfangs Schwie­rigkeiten, da mir mehrere Texte als gut geeignet vorkamen. Entschieden habe ich mich jedoch bewusst für die Josefsgeschichte. Bereits ein Seminar über die Josefsgeschichte im Sommersemester 2018 erweckte das Interesse meinerseits abermals, nachdem ich in der Kindheit von dieser Geschichte immer fasziniert war.

Jedoch war die Faszination als Kind eine andere. Heute ist die Novelle über Josef meiner Ansicht nach ein literarisch sehr gelungener Text, um nicht zu sagen, der gelungenste aus dem Alten Testament. Der hermeneutische Effekt ist in meinen Augen bei diesem Text besonders ausgeprägt. Als ich ihn das erste mal wieder im Seminar las, fielen mir die fei­nen stilistischen Mittel innerhalb des Textes noch nicht auf. Bei jedem weiteren Lesen des Textes stechen einem neue Informationen ins Auge, welche man vorher, beim Betrachten des selben Textes, nicht wahrnahm. Des Weiteren finde ich die Fragestellung, welche sich mir automatisch beim Lesen der Josefsgeschichte aufzeigt, nämlich welche Aussage damit über Gott getätigt wird, unglaublich spannend.

In der vorliegenden Hausarbeit versuche ich zunächst aufzuzeigen, wo die Josefsge­schichte im Alten Testament / im Pentateuch eingeordnet werden kann. Danach möchte ich explizit auf die literarischen Gegebenheiten des Textes eingehen, seine gattungsspezifische Form, den semantischen und stilistischen Aufbau und die Besonderheiten. Diese finden da­her Platz in meiner Hausarbeit, da ich den Text, wie oben bereits erwähnt, auffallend beeindruckend geschrieben finde. Des Weiteren möchte ich in Kürze die historischen Gegeben­heiten erläu­tern, die bei der Entstehung der Josefsgeschichte präsent waren.

Als nächster großer Teil der vorliegenden Hausarbeit wird die Josefsgeschichte an sich näher inspiziert. Es wird der Text nochmals in eigener Weise wiedergegeben und anschließend entspre­chend eine kontextuelle Einordnung, sowie die Textkritik und eigene Textbeobachtungen vorgenommen. Nachfol­gend kommt das Kernstück dieser Hausarbeit, die exegetische Be­trachtung der Josefsge­schichte. Abschließen möchte ich die Hausarbeit mit einer theologi­schen Gesamtinterpreta­tion, welche die Ergebnisse meiner Hausarbeit strukturiert darstel­len soll. Die vorliegende Hausarbeit kann leider selbstverständlich nur in geringem Um­fang detailliert werden, da es hierfür zu viele Informationen gibt, um sie auf dieser gerin­gen Seitenanzahl exakt wieder­zugeben.

2. Einordnung in den Zusammenhang

2.1. Einordnung in das Alte Testament / den Pentateuch

Die Heilige Schrift besteht im Christentum aus dem Alten Testament und dem Neuen Tes­tament. Mit insgesamt 73 Büchern, nach katholischer Zählung, ist die Heilige Schrift sehr umfangreich. Das Alte Testament beinhaltet 46 Bücher, welche nochmals in vier Gruppen untergliedert werden können.[1]

In der jüdischen Tradition wird das Alte Testament als „Tanach“ betitelt. Es leitet sich aus den Anfangsbuchstaben der jeweiligen Teile ab: Ta (=Tora dt. Gesetz, Weisung), Na (Nebiim dt. Propheten) und Ch (Ch = K = Ketubim dt. Schriften).[2] Das AT gliedert sich in die Bücher der Tora (auch Pentateuch genannt), Geschichtsbücher, Lehr- oder Weisheitsbücher und die Prophetenbücher.[3]

Die Josefsgeschichte ist im Pentateuch zu finden. Die jüdischen Formulierungen „die Tora“ (vgl. Jos 1,7), „die Tora des Mose“ (vgl. Mal 3,22) oder „Buch der Tora des Mose“ (vgl. Jos 8,31) deuten die Vollständigkeit der Komposition der Bücher an. Die Bezeichnung „Penta­teuch“ (aus dem griechischen dt. das fünfteilige Buch) hingegen betont die Komposition der Bücher aus fünf Buchteilen. Der Pentateuch gliedert sich in die Bücher Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium. Auch hier weicht die jüdische Tradition ein wenig ab.[4] Hier werden die Bücher nach ihren Anfangsworten im Buch benannt, so heißen sie Bereschit (dt. im Anfang), Schemot (dt. Namen), Wajikra (dt. er rief), Ba Midbar (dt. in der Wüste) und Dewarim (dt. Worte).[5] Im Christentum sind die Bücher zutreffender Weise nach den Überschriften der griechisch-lateinischen Übersetzung der Bibel benannt, welche den Inhalt des Buches erschließen lassen. So wird Genesis mit „Schöpfung“ übersetzt, in diesem Buch werden sowohl die Urgeschichten (Gen 1 – 11), als auch die Vätergeschichten (Gen 12 – 50) erzählt. Hier finden wir die Josefsgeschichte, welche in dieser Hausarbeit weiter unten exegetisch betrachtet werden soll.[6] Exodus steht frei übersetzt für „Auszug“, womit der Auszug des Volkes aus Ägypten gemeint ist. Levitikus meint die Gesetzgebung, Numeri die Zählung der Israeliten, da das vierte Buch Mose mit einer Volkszählung beginnt.

Das Deuteronomium wird mit „zweites Gesetz“ übersetzt, da es in gewisser Weise eine Fort­führung des ersten Gesetzes (Exodus 19 bis Numeri 10) darstellt.[7]

2.2. Gliederung und Aufbau der Josefsgeschichte

Die Josefsgeschichte ist eine literarische Erzählung, welche die Lebensgeschichte Josefs in Form einer antiken Biographie erzählt. Sie ist eine in sich abgeschlossene Erzählung, was meint, dass die Josefsgeschichte, ohne den vorherigen oder folgenden Teil der Bibel gelesen zu haben, trotzdem verstanden werden kann. Ein Handlungsbogen umfasst die gesamte Erzäh­lung.[8]

Die Josefsgeschichte wird oft auch als Diasporanovelle angesehen, welche Ansicht wesent­lich durch Arndt Meinhold geprägt wurde. Sie wurde somit auf gleiche Stufe mit dem Ester­buch und Teilen des Danielbuches gestellt.[9] Dass nicht jeder diese Ansicht auch vertreten konnte, entnehme ich dem Werk Seebass´, welcher sich in seinem Buch ausdrücklich gegen die Einordnung als „Diasporanovelle“ ausspricht. Seine angeführte Argumentation hierfür beruht hauptsächlich auf der Feststellung, dass weder Kapitel 41, noch Teile des Kapitels 46 den Höhepunkt der Erzählung bilden. „Auch ist der Pharao geistesverwandt und sicher kein Unterdrücker.“[10] Die Josefsgeschichte wird hier vielmehr in den heilsgeschichtlichen Hin­tergrund gerückt.[11]

Welche Ansicht hier nun eher zu vertreten wäre, möchte ich dem Leser dieser Hausarbeit gerne offenlassen. Außerdem kann es bei der hermeneutischen Betrachtung der Josefsge­schichte nicht schaden, mehrere -auch unterschiedliche- Blickwinkel einzunehmen. Die Jo­sefsgeschichte wurde in dieser Hausarbeit nun schon öfters als „Novelle“ bezeichnet. Sie unterliegt tatsächlich den meisten Kriterien einer Novelle, einer Erzählung, welche in Pro­saform geschrieben wurde. Exemplarisch nenne ich hier einige: Es wird über einen Konflikt erzählt, der durch den Bruch von Normen entstand (die „Erhöhung“ Josefs über seine älteren Brüder), die Handlung spitzt sich zu dem Höhepunkt in Form einer „unerhörten Begeben­heit“ zu, die meist den Wendepunkt der Handlung darstellt (der Aufstieg Josefs in Ägypten) und die Hauptfigur der Novelle ist im Allgemeinen auf sich alleine gestellt (beispielsweise als Josef in den Brunnen geworfen wurde).[12]

Den narrativen Spannungsbogen kann man meiner Einsicht nach zwischen Gen 37,4 / Gen 37,7 bis hin zu Gen 50,21 / Gen 50,18 erkennen. Eröffnet wird die Dramaturgie durch den geschürten Hass der Brüder, u.a. auch durch Josefs Traum bezüglich der Niederwerfung der Garben der an­deren vor Josefs. Den Schluss des Spannungsbogens bildet die endgültige Versöhnung zwi­schen Josef und seinen Brüdern. Dass es sich bei der Josefserzählung um eine in sich ge­schlossene Geschichte handelt, kann man auch an den jeweils mehrfach auftretenden Moti­ven erkennen. Meistens sind es Doppelungen, diese findet man beispielsweise im Kleider­motiv. Jakob schenkt Josef ein schönes Gewand, da er sein liebster Sohn ist. Des Weiteren zieht Josef sich ein besseres Gewand an, als er dem Pharao vorgeführt wird. Die Doppelun­gen finden sich nochmals bei den Träumen und der Hungersnot. Exemplarisch für die Dop­pelungen soll an dieser Stelle genauer auf Gen 37 eingegangen werden. Lux und Offermann haben dies in ihrem Werk zur Bibelwoche sehr anschaulich vertieft.

In Gen 37 bildet die Suche nach den Brüdern in den Versen 12 – 17 eine Art „Spiegelachse“. Umhüllt werden die Verse von den beiden Träumen Josefs in V 5 – 11 und den beiden An­schlägen der Brüder auf Josef in V 18 – 29. Auch bei den Träumen und den Anschlägen findet man wieder sehr eindrücklich die Doppelung. Als nächstes sind die Verse 2 – 4 und 30 – 35 in den Fokus zu stellen. Hier wird einerseits (in V 2 – 4) die tiefe Zuneigung Jakobs gegenüber Josef verdeutlicht, andererseits die Tiefe Trauer (in V 30 – 35), welche Jakob empfindet, nachdem Josef nach Aussage der Brüder von einem wilden Tier angefallen wurde. Den Außenrahmen von Gen 37 bilden die Ortsangaben. In Vers 1 wird berichtet, dass Jakob in Kanaan ist. In Vers 36 hingegen ist Josef in Ägypten.[13]

In entsprechender Fachliteratur findet man oft den Hinweis, dass Gen 38, Gen 46,6-27, Gen 48 und Gen 49,1.28 „ursprünglich keine Bestandteile der Josefsgeschichte“[14] waren. Der Gedanke kommt einem beim Lesen der Josefsgeschichte jedoch auch unabhängig der Fach­literatur schnell in den Sinn, da Kapitel 38 beispielsweise, meiner Ansicht nach den Lese­fluss erheblich stört. Einer der ersten Impulse ist der Versuch einer Einordnung in den Ge­samtzusammenhang der Josefsgeschichte, welcher jedoch meistens leider erfolglos verläuft.

2.3. Historische Gegebenheiten bei der Entstehung der Josefsgeschichte

Die meisten Menschen werden auf die Frage, wer den Pentateuch verfasst hat, möglicher­weise mit Mose antworten. Es wird einem durch den Begriff „1. – 5. Buch Mose“ quasi auch implizit indoktriniert. Diese Vorstellung wurde in der Wissenschaft in der heutigen Zeit voll­ständig aufgegeben. Es haben sich verschiedene Hypothesen herausgebildet, welche erklä­ren sollen, wie der Pentateuch damals entstand.

Zunächst gibt es die Grundschrifthypothese. Diese meint, dass der Pentateuch ursprünglich ein Werk eines Autors war, welches dann erweitert, erklärt und ergänzt wurde. Des Weiteren gibt es die Fragmentenhypothese, welche besagt, dass die Pentateucherzählung aus einzel­nen Texten, d.h. Fragmenten bestand, welche im Nachgang zu einem Werk zusammenge­fasst wurden. Die dritte Hypothese ist die Urkundenhypothese, die davon ausgeht, es gab mehrere Quellen (somit auch mehrere Autoren) die zu einem Werk zusammengefasst wur­den.

Die von Julius Wellhausen (1844 – 1918) genannte „Neuere Urkundenhypothese“ bringt die Meinung mit sich, im Pentateuch gäbe es vier voneinander unabhängige Redaktoren: den Jahwisten (J), den Elohisten (E), die Priesterschrift (P) und das Dtn (D). Ich werde in den folgenden Abschnitten das Deuteronomium auslassen, da dies das „fünfte Buch Mose“ ist und somit weit nach der Josefsgeschichte zu finden ist. Gertz beschreibt die Zusammenfügung als Einbau des Elohisten in den Jahwisten um 722 v. Chr. (nachdem das Nordreich unter­ging). „Das so entstandene jehowistische Werk (JE) sei dann in nachexilischer Zeit in die Priesterschrift integriert worden.“[15] Auch die Jahreszahlen, wann die Redakteure ihre Quel­len niederschrieben, bringen uns leider bei der Frage nach den historischen Gegebenheiten nicht entscheidend weiter: So wurde der Jahwist um 950 v. Chr., der Elohist um 800 v. Chr. und die Priesterschrift um 550 v. Chr. verfasst.[16]

Die Frage, wann Josef gelebt hat ist leider nicht eindeutig zu beantworten. Stützen wir uns hierbei nur auf die Heilige Schrift, lesen wir in 1 Kön 6,1: „Im vierhundertachtzigsten Jahr nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten, […] begann er das Haus des Herrn zu bauen.“[17] Salomo baute den Tempel um 950 v. Chr., somit müsste der Auszug etwa im Jahre 1430 v. Chr. gewesen sein.[18] Da wir aus der Bibel bereits wissen, dass Josef zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gelebt hat, müssen wir hier entsprechend einige Jahre weiter in die Vergangenheit gehen. Hierzu schreibt Ehrlich in seiner Geschichte Israels, dass man nach derzeitigem Stand der Forschung den Verbleib der Hebräerfamilien (zu welcher man auch die Jakobsippe zäh­len kann) in direkter Beziehung zur Hyksosbewegung (ca. 1720 – 1550 v. Chr.) setzen darf. Weiter vermutet Ehrlich, dass „es ihnen gut ergangen sei, solange die Hyksos die Herrschaft ausüb­ten (also bis ca. 1570 v. Chr.).“[19] Erst als mit der 18. Dynastie die Ägypter die Herrschaft zurücker­langten, wurden Fremde versklavt. In Ex 1,8 wird angemerkt, es kam „ein neuer König an die Macht, der Josef nicht gekannt hatte.“[20] Dies kann ebenfalls als Hinweis darauf gesehen werden, dass es sich hierbei um die 18. Dynastie handelt.[21]

[...]


[1] http://www.katholisch.de/video/10364-was-ist-die-bibel

[2] Johannsen, Friedrich: Alttestamentliches Arbeitsbuch für Religionspädagogen, S. 13

[3] Zenger, Erich u.a.: Einleitung in das Alte Testament, S. 5-7

[4] Ebd. S. 61-62

[5] http://schule.judentum.de/projekt/Tora.htm

[6] https://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/altes-testament/torapentateuch/genesis-1mose/

[7] https://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/altes-testament/torapentateuch/

[8] Schmitz, Barbara: Geschichte Israels, S.138 f

[9] https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/josef-josefsgeschichte/ch/0d7afd33a5bdcf0036e276da4619b3f0/#h7

[10] Seebass, Horst: Josephsgeschichte, S. 10

[11] Ebd. S. 9 ff

[12] https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon a.a.O.

[13] Lux, Rüdiger und Offermann, Kerstin: …damit wir leben und nicht sterben, S. 22 ff

[14] Ebd. S. 20

[15] Gertz, Jan Christian: Grundinformation Altes Testament, S. 200

[16] Ebd. S. 187 ff.

[17] Einheitsübersetzung: Die Bibel, 1 Kön 6,1

[18] http://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/themenkapitel-at/der-tempel/

[19] Ehrlich, Ernst Ludwig: Geschichte Israels, S. 13

[20] Einheitsübersetzung, a.a.O. Ex 1,8

[21] Ehrlich, a.a.O. S. 12 ff

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Details

Title
Die Josefsgeschichte. Ihre erzählerische Linienführung und die theologischen Grundlinien
College
Karlsruhe University of Education
Grade
2,0
Author
Year
2018
Pages
20
Catalog Number
V449906
ISBN (eBook)
9783668848122
ISBN (Book)
9783668848139
Language
German
Keywords
Die Josefsgeschichte, die Josephsgeschichte, Joseph, Josef
Quote paper
Stefanie Weber (Author), 2018, Die Josefsgeschichte. Ihre erzählerische Linienführung und die theologischen Grundlinien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/449906

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