Entlang der philosophischen Positionierungen Jean-Paul Sartres, dessen existenzialistischer Standpunkt auf dem Recht der Freiheit des Einzelnen fusst, lassen sich basale Grundstrukturen herauslesen, deren Aktualität ungebrochen scheint, und deren Strukturmodelle eine Hinterfragung grundsätzlicher Relationen impliziert. So ist es die Relation des einzelnen Individuums zu seiner Existenz, welches die relevante Konstellation zu Gruppen, Gemeinschaften, Solidarität und Engagement (mit-)bestimmt, so, wie die Reflexionsfähigkeit des einzelnen Individuums als Parameter für die Handlungskompetenz gesehen werden kann und in direkter Linie auch zur Hinterfragung des Informationsflusses führt, welcher das Einzelindividuum anspricht, um es mit dem kollektivem Geschehen zu vernetzen.
Die Rolle des Flüchtenden umfasst im zeitgenössischen Kontext eine Art Potenzial zur Initialzündung von konfliktgeladenen Disputen, und sie wird paradigmatisch verkörpert von dem nicht zwangsläufig ausgehungerten Afrikaner, der vielleicht sogar Englisch versteht, vielleicht ein Handy besitzt, und nicht unbedingt dem tradierten Vorstellungsgebäude jener klassischen Figur entspricht. So sind es dann auch die Begegnungen auf hoher See, oder an den Randzonen und Inseln des Mittelmeeres, die exemplarisch stehen für die Begegnung zwischen gespaltenen und differenten Lebenswelten, deren Ungleichartigkeit eben gerade eine Hinterfragung der Strukturen und Positionen in Gang setzen muss.
Ausgehend von Sartres Engagementbegriff, seinem Appell zu strikter Selbstverantwortung (welcher auch Flüchtende/Migranten einbezieht), und seiner kritischen Analyse des (Neo-)Kolonialismus, ist es der zentrale Moment der Hinterfragung des Fremden, bzw. der Andersheit, oder der Fremdheit des Fremden, innerhalb dessen sich das bewusste Selbst durch Ab- bzw. Eingrenzung gegenüber einem sog. Fremden konstituiert. Sartre bestimmte die Erfahrung der Selbstkonstituierung und Selbstobjektivierung als Vorgang, der durch den Blick des Anderen, quasi initiiert durch das Angeblickt-werden, erst ausgelöst wird, wobei er diese Analyse auf der Hegelschen Dialektik des An-sich, Für-sich und An-sich-Für-sich aufbaut. Der originär intersubjektiv gedachte Ansatz der Theorie des Blicks erfährt im Kontext virtueller Strukturen und globaler Vernetzung Inkonsistenzen, während zugleich die konkrete soziale Situation (pluraler Freiheitsbegriffe) immer mehr einer gemeinsamen Lebenswelt und ihrer kommunikativen Ressourcen entbehrt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Historische Faktizität und moralische Reflexionsfähigkeit
- Historische Faktizität und perspektivische Einschränkung
- Aufeinandertreffende Konstituierungen
- III. Wissensstände getrennter Ebenen
- IV. Komplikationen und Resultate
- V. Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit den existenzialistischen Positionen von Jean-Paul Sartre im Kontext der Migrationsbewegungen des 21. Jahrhunderts. Sie untersucht, wie Sartres Philosophie der Freiheit und der individuellen Verantwortung auf aktuelle Herausforderungen von Flucht, Migration und kultureller Fremdheit angewandt werden kann.
- Die Rolle des Einzelnen in einer globalisierten Welt
- Die Konstruktion von Feindbildern und die Bedeutung von Identität
- Der Umgang mit kulturellen Unterschieden und der Frage nach dem "Fremden"
- Die Verantwortung des Einzelnen im Angesicht von Flucht und Migration
- Die Bedeutung von Freiheit und Selbstbestimmung in einem kontextuellen Rahmen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die aktuelle gesellschaftliche Verunsicherung im Zusammenhang mit Themen wie Flucht und Migration. Sie argumentiert, dass Sartres existenzialistische Philosophie ein wertvolles Instrumentarium bietet, um diese Herausforderungen zu analysieren und zu verstehen.
Kapitel II befasst sich mit der Verbindung von historischer Faktizität und moralischer Reflexionsfähigkeit. Es analysiert, wie die Auseinandersetzung mit Sartres Schriften traditionell geprägt ist von Zuordnungen, die sowohl positiv als auch negativ konnotiert sein können. Der Abschnitt betont die Notwendigkeit, von festgefahrenen Präferenzen abzusehen und das Leiden der von Flucht und Migration Betroffenen in den Blick zu nehmen.
Kapitel III untersucht die Wissensstände verschiedener Akteure im Kontext von Flucht und Migration.
Kapitel IV beleuchtet die Komplikationen und Resultate der Begegnung verschiedener Lebenswelten und kultureller Hintergründe.
Schlüsselwörter
Existenzialismus, Jean-Paul Sartre, Migration, Flucht, Feindbilder, kulturelle Konflikte, Freiheit, Verantwortung, Identität, Fremdheit, Reflexionsfähigkeit, Informationsfluss, Lebenswelt, gesellschaftliche Verunsicherung, Solidarität, Engagement.
- Citation du texte
- Silvia Schiffgen (Auteur), 2018, Jean-Paul Sartres existenzialistische Positionierungen im Kontext der Migrationsbewegungen des 21. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450277