Der Mensch handelt, weil er ein bestimmtes Ziel erreichen will. Das übergeordnete Ziel ist die Glückseligkeit und die Aufgabe der Gesetze ist es, eine Ordnung herzustellen, die auf dieses Ziel ausgerichtet ist. Nach welchen Gesetzen der Mensch handelt wird im Folgenden beschrieben. Dazu werde ich die Fragen 90-94 des zweiten Teils der Summa Theologica genauer betrachten. Zuerst wird ein allgemeines Bild des Begriffs „Gesetz“ geschaffen, um anschließend auf die verschiedenen Gesetzesformen einzugehen. Besondere Bedeutung hat dabei das natürliche Gesetz.
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Wesen des Gesetzes
3. Die verschiedenen Gesetze
3.1. Das ewige Gesetz
3.2. Das natürliche Gesetz
3.3. Das menschliches Gesetz
3.4. Das göttliche Gesetz
4. Fazit
5. Literatur
1. Einleitung
Der Mensch handelt, weil er ein bestimmtes Ziel erreichen will. Das übergeordnete Ziel ist die Glückseligkeit und die Aufgabe der Gesetze ist es, eine Ordnung herzustellen, die auf dieses Ziel ausgerichtet ist. Nach welchen Gesetzen der Mensch handelt wird im Folgenden beschrieben. Dazu werde ich die Fragen 90-94 des zweiten Teils der Summa Theologica genauer betrachten. Zuerst wird ein allgemeines Bild des Begriffs „Gesetz“ geschaffen, um anschließend auf die verschiedenen Gesetzesformen einzugehen. Besondere Bedeutung hat dabei das natürliche Gesetz.
2. Das Wesen des Gesetzes
Unter Gesetz versteht Thomas von Aquin eine Regel des richtigen, auf das Allgemeinwohl ausgerichteten Handelns als Sache der Vernunft, nicht des Willens. „Die Kraft zu bewegen hat die Vernunft vom Willen. Wenn kraft dessen, daß einer ein Ziel will, gebietet die Vernunft hinsichtlich dessen, was zum Ziel hinführt“ (Aquin Q90,1). Der Wille also setzt das Vernünftige in die Tat um. Die Vernunft bestimmt demnach das Ziel und wird vom Willen dorthin geleitet (vgl. ebd. Q90,1). Aquin sieht einen Zusammenhang zwischen Willen und Vernunft. Eine wahre willentliche Entscheidung hängt für ihn immer davon ab, was ein Mensch von den Dingen weiß. Eine Handlung ist also umso willentlicher, je besser die Sache erfasst bzw. je besser erkannt wurde, worin das „Gut“ des Erstrebten liegt. Der Wille strebt nach dem schlechthin Guten. Wenn wir das schlechthin Gute erreicht hätten, würden wir nichts anderes mehr wollen. Doch alles, was wir als Menschen erstreben, erfassen wir nur als partikulär gut, das heißt „gut“ innerhalb bestimmter Bedingungen. Situationen, in denen man zum Beispiel von einer Begierde gesteuert wird, werden nicht nur vernunftgesteuert. Situationen, die nur bedingt durch die Vernunft gesteuert werden, sind daher auch nur bedingt willentlich.
3. Die verschiedenen Gesetze
3.1. Das ewige Gesetz
Das ewige Gesetz beschreibt die göttliche Vernunft bzw. Gott selbst, der alles lenkt, was auf der Welt passiert. Dieses ewige Gesetz ist nicht an die Zeit gebunden, denn „die göttliche Vernunft [erfasst] nichts nach Art der Zeit, sondern in ewigem Begreifen, [deshalb] muss man dieses Gesetz ein ewiges nennen“ (ebd. Q91,1).
Man könnte meinen, dass es ausreicht, dass der Mensch vom ewigen Gesetz geleitet wird. „Durch das Gesetz wird der Mensch in seinen Handlungen auf ein Ziel hingeordnet“ (ebd. Q91,2). Diese Hinordnung ist bei unvernünftigen Geschöpfen von Natur aus gegeben. Das Problem, das sich beim Menschen stellt ist, dass er vernunftbegabt auf ein Ziel gerichtet handelt. Wie kann der Mensch also gleichzeitig vernünftig und frei sein und doch dem ewigen Gesetz unterliegen? Als Lösung auf dieses Problem sieht Thomas von Aquin das natürliche Gesetz (vgl. ebd. Q91,2).
3.2. Das natürliche Gesetz
Gemeint ist damit das von Natur aus gegebene und allgemein gültige Wissen um „Gut“ und „Böse“. Dieses Wissen zeigt sich im schlechten Gewissen, das jeder Mensch besitzt, ob er an Gott glaubt, oder nicht. Um diesen Gedanken zu unterstützen, geht Thomas von Aquin auf den Römerbrief ein. „Wenngleich die Heiden kein geschriebenes Gesetz haben, haben sie dennoch ein natürliches Gesetz, durch das jeder begreift und sich bewusst wird, was gut und was böse ist.“ (ebd, Q91,2).H Die Teilnahme verschiedener Geschöpfe am ewigen Gesetz zeigt sich in unterschiedlicher Art und Weise. Der Mensch nimmt in Form des natürlichen Gesetzes am ewigen Gesetz teil, da er die Vernunft besitzt, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. „Durch das Gesetz wird der Mensch in seinen Handlungen auf ein Ziel hingeordnet. Die Hinordnung der menschlichen Handlungen auf das Ziel geschieht aber nicht von Natur aus, wie es der Fall ist bei den unvernünftigen Geschöpfen, die durch bloßen Naturdrang zielstrebig handeln; der Mensch handelt vielmehr zielstrebig durch Verstand und Willen.“ (ebd. Q91,2) Während alle anderen Geschöpfe und Dinge unreflektiert Gottes Lenkung unterliegen, folgt der Mensch seiner eigenen Vernunft.
Im zweiten Artikel der 94. Frage geht Thomas von Aquin nochmal genauer auf das natürliche Gesetz ein. Das Prinzip, das hinter diesem Gesetz steht lautet: „Das Gute ist zu tun, das Böse zu meiden.“ (ebd. Q94,2). Aquin versucht in diesem Artikel zu bestimmen, worin das Gute besteht.
Zuerst zieht Aquin eine Parallele zwischen theoretischer und praktischer Vernunft. „Die Gebote des Naturgesetzes verhalten sich zu der auf das Tun gerichteten Vernunft ebenso, wie die Grundsätze der strengen Beweise sich zu der auf die Schau gerichteten Vernunft verhalten.“ (ebd. Q94,2). Die Prinzipien beider Bereiche müssen nicht erlernt werden, sondern sind allein durch die Vernunft einleuchtend. Die theoretische Vernunft beschäftigt sich mit dem, was zuallererst erfasst wird – dem Seienden. Da Seiendes in allem eingeschlossen ist, folgt daraus das Prinzip: Man kann etwas nicht gleichzeitig bejahen und verneinen. Diesem Grundsatz folgen alle weiteren Grundsätze. „Wie jedoch ‚Seiendes‘ das schlechthin Ersterfaßte ist, so ist ‚Gutes‘ das, was die auf das Tun gerichtete Vernunft zuerst erfaßt; denn alles, was handelt, handelt eines Zieles wegen, das die Bewandtnis des Guten hat. Deswegen gründet sich der erste Grundsatz der auf das Tun gerichteten Vernunft auf die Bewandtnis des Guten.“ (ebd. Q94,2). Da die auf das Tun gerichtete, praktische Vernunft immer auf das Gute abzielt, leitet sich aus ihr der Grundsatz ab: Das Gute ist zu tun, das Böse zu meiden. Ein Mensch kann für Thomas von Aquin nicht um des Bösen willen nach dem Bösen streben Diese Person handelt für ihn so, weil sie das Böse fälschlicherweise für das Gute hält. Da jede handelnde Person also das Gute erstrebt, versucht sie zugleich, das Böse zu meiden. Die praktische Vernunft des Menschen ist demnach immer am Guten orientiert. Thomas spricht von natürlichen Neigungen des Menschen, die ihm den Weg zu dem weisen, was für ihn gut ist. Soweit der Mensch diese Neigungen versteht, wird er sie als notwendiges Gut erachten.
Unterschieden werden diese Neigungen in drei Stufen – Sein, sinnhaftes Wahrnehmen und Erkennen. Die erste grundlegende Neigung der Natur, die der Mensch mit allen anderen Geschöpfen teilt, ist die Bewahrung des Seins. Die zweite Neigung ist die Arterhaltung. Das beinhaltet die Fortpflanzung und das Kümmern um den Nachwuchs. Die Arterhaltung ist eine natürliche Neigung, die die Menschen anstreben und mit allen anderen Lebewesen teilen, die in der Lage sind, sinnlich wahrzunehmen. Die dritte Neigung ist die Vernunftfähigkeit und somit die Wahrheitserkenntnis und Sozialität. Diese Neigung ist das Alleinstellungsmerkmal des Menschen als einzig vernunftbegabtes Wesen (vgl. ebd. Q94,2).
Praktisches Handeln basiert auf den Prinzipien, die von den Neigungen des Menschen abgeleitet werden. Somit sind die Neigungen in unterschiedlichen Graden in jeder Handlung des Menschen enthalten. Die Aufgabe des Menschen ist es, zu verstehen warum er handelt. Erst dann kann er reflektieren und die Prinzipien des Naturgesetztes unabhängig vom Kontext verstehen und entwickeln. Ein Baby hat nur die Neigung am Leben zu bleiben und noch keine konkrete Willensäußerung dazu. Im Lauf des Lebens wird ihm die Neigung immer bewusster, es kann sie immer besser reflektieren und dann als notwendige Hinwendung zum Guten verstehen. Wichtig ist, dass die Neigungen niemals völlig unabhängig voneinander sein können, sondern in Harmonie zueinander stehen. Dieses Zusammenspiel der drei Neigungen muss erlernt werden. Unausgewogen wären die drei Neigungen beispielsweise dann, wenn ein Professor zwar nach Erkenntnis strebt, sich jedoch nicht um seine Familie kümmert.
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- Miriam Zaki (Author), 2017, Der Mensch unter dem Gesetz bei Thomas von Aquin, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450735
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