Diese wissenschaftliche Ausarbeitung setzt sich mit den Kerngedanken der außensteuerlichen Hinzurechnungsbesteuerung als grenzüberschreitende Missbrauchsvermeidungsvorschrift auseinander. Missbrauch kann nur dort stattfinden, wo die rechtlichen Grenzen erreicht oder gar überschritten werden. Diesen Umstand erkannte der deutsche Gesetzgeber bereits in den frühen 1970er Jahren im Kontext der internationalen Einkünfteverlagerung ins niedrigbesteuernde Ausland durch Beteiligung an intransparenten Gesellschaftenkung die beteiligten Steuerpflichtigen vollumfänglich. Durch die bis heute dürftigen und punktuellen Anpassungen des AStG an das Zeitgeschehen der letzten Jahrzehnte war eine zum jetzigen Rechtsstand angebrachte Renaissance der Hinzurechnungsbesteuerung nie notwendiger denn je.
Die Hinzurechnungsbesteuerung erfährt erhebliche Relevanz, bedingt durch die zunehmende Aktualität und Nähe, da in Zeiten immer rascher wachsender Digitalisierung und Globalisierung sich Investitionsvorhaben rasant über die Staatsgrenzen hinaus erstrecken. Fraglich ist jedoch, welcher Steuerpflichtige sich über die daraus resultierenden steuerlichen Rechtsfolgen bewusst ist, hält er doch oftmals nur eine Kleinstbeteiligung. Ist er sich über die Entfachung eines komplexen Besteuerungsregimes nicht nur bei seiner eigenen Person, sondern auch bei allen weiteren Beteiligten bewusst? Daneben sollen im Gang dieser Untersuchung Antworten auf weitere Fragen gegeben werden: Ist die Hinzurechnungsbesteuerung eine faire und angemessene Lösung, die ihre Rechtfertigung in der Vermeidung der Verlagerung inländischen Steuersubstrats findet, oder verfehlt sie de lege lata ihre ursprünglich intendierte Zielsetzung? Kann bei jeder Beteiligung grundsätzlich ein Missbrauchsgedanke unterstellt werden, selbst wenn die beteiligten Steuerpflichtigen sich nicht kennen und eine rein zufällig zusammengestellte Anteilseignerschaft bilden? Kann eine Niedrigsteuerschwelle von 25 % sachgerecht sein, obwohl noch vor Verabschiedung der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags durch das BEPS-UmsG und derzeit bei sehr niedrigem Hebesatz Deutschland selbst als Niedrigsteuerland qualifiziert? Ist die Diskriminierung des Outbound- gegenüber des Inbound-Falls insbesondere im Hinblick der unionsrechtlich verbürgten Grundfreiheiten vertretbar?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zielsetzung der Arbeit
- 2 Funktion und Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung im Kontext des deutschen Außensteuerrechts
- 2.1 Außensteuergesetz
- 2.2 Historie der Hinzurechnungsbesteuerung
- 2.3 Status quo
- 3 Tatbestandsvoraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung
- 3.1 Inländerbeherrschung
- 3.1.1 Unbeschränkte Steuerpflicht
- 3.1.2 Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft
- 3.1.3 Qualifizierende Beteiligungsquote
- 3.2 Passive Einkünfte
- 3.2.1 Regel-Ausnahme-Rückausnahme-Prinzip durch Aktivkatalog
- 3.2.2 Funktionale Betrachtungsweise
- 3.2.3 Einkünftezurechnung
- 3.3 Niedrigbesteuerung
- 3.4 Ausnahmetatbestände der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung
- 3.4.1 Gegenbeweis
- 3.4.1.1 Rechtssache Cadbury Schweppes
- 3.4.1.2 Sitz oder Geschäftsleitung in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat
- 3.4.1.3 Tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit
- 3.4.2 De-minimis-Regelung
- 3.4.3 Behandlung ausländischer Betriebsstätten und Personengesellschaften
- 3.4.1 Gegenbeweis
- 3.1 Inländerbeherrschung
- 4 Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung
- 4.1 Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags
- 4.1.1 Zwischeneinkünfte
- 4.1.2 Abziehbare Steuern
- 4.1.3 Veräußerungsgewinne
- 4.1.4 Verlustberücksichtigung
- 4.1.5 Ermittlung der Hinzurechnungsquote
- 4.2 Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags
- 4.2.1 Fiktion der Gewinnausschüttung
- 4.2.2 Tatsächliche Gewinnausschüttung
- 4.1 Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags
- 5 Grundlegender Reformbedarf der Hinzurechnungsbesteuerung de lege lata
- 5.1 Tatbestandsmerkmale
- 5.1.1 Inländerbeherrschung
- 5.1.2 Aktivkatalog
- 5.1.3 Niedrigbesteuerung
- 5.2 Rechtsfolgen
- 5.3 Verhältnis zu anderen Normen
- 5.3.1 Nationale Normen
- 5.3.1.1 Allgemeine Missbrauchsvorschrift der Abgabenordnung
- 5.3.1.2 Gewerbesteuerliche Erfassung des Hinzurechnungsbetrags
- 5.3.2 Verfassungsrechtliche Bedenken
- 5.3.2.1 Artikel 3 GG
- 5.3.2.2 Treaty Override
- 5.3.3 Vereinbarkeit mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht
- 5.3.1 Nationale Normen
- 5.4 BEPS-Aktionspunkt 3
- 5.4.1 Allgemeines
- 5.4.2 Empfehlungen der OECD
- 5.5 Anti Tax Avoidance Directive
- 5.5.1 Allgemeines
- 5.5.2 Verbindliche sekundärrechtliche Vorgaben
- 5.5.2.1 Artikel 7 - Vorschrift für beherrschte ausländische Unternehmen
- 5.5.2.2 Artikel 8 – Berechnung der Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens
- 5.1 Tatbestandsmerkmale
- 6 Ausblick und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit untersucht die Hinzurechnungsbesteuerung im deutschen Außensteuerrecht. Ziel ist es, die Funktionsweise, die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen dieser Besteuerungsform umfassend zu analysieren und mögliche Reformbedarfe aufzuzeigen.
- Funktionsweise der Hinzurechnungsbesteuerung
- Tatbestandsmerkmale der Hinzurechnungsbesteuerung
- Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung
- Reformbedarf der Hinzurechnungsbesteuerung
- Europäisches und internationales Recht im Kontext der Hinzurechnungsbesteuerung
Zusammenfassung der Kapitel
1 Zielsetzung der Arbeit: Die Arbeit erläutert die Zielsetzung und den Aufbau der Masterarbeit, die sich mit der Hinzurechnungsbesteuerung befasst. Es wird ein Überblick über die zentralen Fragestellungen und die methodische Vorgehensweise gegeben.
2 Funktion und Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung im Kontext des deutschen Außensteuerrechts: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Hinzurechnungsbesteuerung ein und beleuchtet deren Funktion und Bedeutung im deutschen Außensteuerrecht. Es beschreibt das Außensteuergesetz (AStG) und die historische Entwicklung der Hinzurechnungsbesteuerung, um den aktuellen Status quo zu verstehen. Die Bedeutung im Kontext der Vermeidung von Steuerflucht wird hervorgehoben.
3 Tatbestandsvoraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung: Dieses Kapitel analysiert detailliert die Voraussetzungen für die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung. Es werden die Kriterien der Inländerbeherrschung, passive Einkünfte, Niedrigbesteuerung und die verschiedenen Ausnahmetatbestände umfassend untersucht. Besonderes Augenmerk wird auf den Aktivkatalog, die funktionale Betrachtungsweise und die Rechtsprechung (z.B. Cadbury Schweppes) gelegt, um die komplexen Anforderungen zu verdeutlichen. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Tatbestandsmerkmalen werden herausgearbeitet.
4 Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung: Dieser Abschnitt beschreibt die konkreten Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung. Die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags wird Schritt für Schritt erklärt, einschließlich der Berücksichtigung von Zwischeneinkünften, abziehbaren Steuern, Veräußerungsgewinnen und Verlusten. Die unterschiedlichen Methoden der Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags (Fiktion der Gewinnausschüttung vs. tatsächliche Gewinnausschüttung) werden gegenübergestellt und ihre Implikationen diskutiert.
5 Grundlegender Reformbedarf der Hinzurechnungsbesteuerung de lege lata: Das Kapitel untersucht den Reformbedarf der Hinzurechnungsbesteuerung im aktuellen Rechtsrahmen. Es analysiert kritisch die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die Rechtsfolgen und das Verhältnis zu anderen nationalen und europäischen Normen, einschließlich der Allgemeinen Missbrauchsvorschrift der Abgabenordnung, sowie die Vereinbarkeit mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht und den BEPS-Aktionspunkt 3 und der Anti Tax Avoidance Directive. Verfassungsrechtliche Bedenken werden ebenfalls erörtert.
Schlüsselwörter
Hinzurechnungsbesteuerung, Außensteuerrecht, Außensteuergesetz (AStG), Inländerbeherrschung, passive Einkünfte, Niedrigbesteuerung, Aktivkatalog, Steuervermeidung, BEPS, Anti Tax Avoidance Directive, EU-Recht, Reformbedarf.
Häufig gestellte Fragen zur Masterarbeit: Hinzurechnungsbesteuerung im deutschen Außensteuerrecht
Was ist das Thema der Masterarbeit?
Die Masterarbeit untersucht umfassend die Hinzurechnungsbesteuerung im deutschen Außensteuerrecht. Sie analysiert die Funktionsweise, die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen dieser Besteuerungsform und zeigt mögliche Reformbedarfe auf.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Schwerpunktthemen: die Funktionsweise der Hinzurechnungsbesteuerung, die Tatbestandsmerkmale (Inländerbeherrschung, passive Einkünfte, Niedrigbesteuerung), die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung, den Reformbedarf, sowie den europäischen und internationalen Kontext (BEPS, ATAD, EU-Recht).
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Kapitel 1 beschreibt die Zielsetzung. Kapitel 2 behandelt die Funktion und Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung. Kapitel 3 analysiert die Tatbestandsvoraussetzungen. Kapitel 4 erläutert die Rechtsfolgen. Kapitel 5 untersucht den Reformbedarf unter Berücksichtigung des nationalen, europäischen und internationalen Rechts. Kapitel 6 bietet einen Ausblick und ein Fazit.
Welche Tatbestandsvoraussetzungen werden für die Hinzurechnungsbesteuerung untersucht?
Die Arbeit analysiert detailliert die Voraussetzungen für die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung, inklusive Inländerbeherrschung (mit Unterpunkten zu unbeschränkter Steuerpflicht, Beteiligung an ausländischen Gesellschaften und qualifizierender Beteiligungsquote), passiver Einkünfte (mit Fokus auf Aktivkatalog, funktionale Betrachtungsweise und Einkünftezurechnung), Niedrigbesteuerung und Ausnahmetatbestände (mit detaillierter Betrachtung des Gegenbeweises, der De-minimis-Regelung und der Behandlung ausländischer Betriebsstätten und Personengesellschaften). Die Rechtsprechung, z.B. zum Fall Cadbury Schweppes, wird eingehend behandelt.
Welche Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung werden beschrieben?
Die Arbeit beschreibt die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags (einschließlich Zwischeneinkünfte, abziehbarer Steuern, Veräußerungsgewinne und Verlustberücksichtigung) sowie die Besteuerung dieses Betrags (Fiktion der Gewinnausschüttung vs. tatsächliche Gewinnausschüttung).
Welcher Reformbedarf wird im Kontext der Hinzurechnungsbesteuerung aufgezeigt?
Kapitel 5 analysiert kritisch den Reformbedarf der Hinzurechnungsbesteuerung. Es werden die Tatbestandsmerkmale, Rechtsfolgen und das Verhältnis zu anderen nationalen (z.B. die Allgemeine Missbrauchsvorschrift der Abgabenordnung) und europäischen Normen (u.a. BEPS-Aktionspunkt 3 und die Anti Tax Avoidance Directive) untersucht. Die Vereinbarkeit mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht und verfassungsrechtliche Bedenken (Artikel 3 GG, Treaty Override) werden ebenfalls erörtert.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Hinzurechnungsbesteuerung, Außensteuerrecht, Außensteuergesetz (AStG), Inländerbeherrschung, passive Einkünfte, Niedrigbesteuerung, Aktivkatalog, Steuervermeidung, BEPS, Anti Tax Avoidance Directive, EU-Recht, Reformbedarf.
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- Vanessa Mona Sauerwald (Author), 2018, Die Hinzurechnungsbesteuerung als grenzüberschreitende Missbrauchsvermeidungsvorschrift, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450824