Social Media in der politischen Kommunikation

Eine empirische Untersuchung des Sozialen Netzwerks Instagram als Kommunikationsinstrument deutscher Politiker


Masterarbeit, 2018

95 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 . Einleitung
1.1 Problemstellung und gesellschaftliche Relevanz
1.2 Forschungsziel und Forschungsfrage
1.3 Aufbau der Arbeit

2 . Theoretischer Teil
2.1 Forschungsstand und Forschungslücke
2.2 Begriffserklärungen
2.2.1 Die Entwicklung des Web 2.0 hin zu Social Media
2.2.2 Instagram
2.3 Theoretische Grundlagen der Politischen Kommunikation
2.3.1 Begriffsdefinition und Handlungsfelder politischer Kommunikation
2.3.2 Die Bedeutung politischer Kommunikation im deutschen
Demokratieverständnis
2.3.3 Die Bedeutung politischer Kommunikation für Direktabgeordnete des 19 deutschen Bundestages
2.3.4 Das Zusammenspiel von politischer Kommunikation, Medien und der
Öffentlichkeit
2.3.5 Wandel in der politischen Kommunikation
2.3.6 Wahlkampfkommunikation als Sonderfall in der politischen
Kommunikation
2.3.7 Online-Kommunikation und der Einsatz Sozialer Netzwerke im 30 politischen Wahlkampf
2.4 Soziale Netzwerke als Kommunikationsinstrumente in der
p olitischen Kommunikation
2.4.1 Politische Kommunikation und Soziale Netzwerke
2.4.2 Die politischen Potenziale von Sozialen Netzwerken
2.4.3 Die politischen Herausforderungen und Gefahren von Sozialen
Netzwerken
2.4.4 Abgeordnete und ihr Gebrauch von Sozialen Medien und Netzwerken
2.5 Instagram als Kommunikationsinstrument in der politischen
K o m m un ikation
2.5.1 Die Entwicklung der Instagramnutzung in der deutschen Politik
2.5.2 Der Einsatz von Instagram im Bundeswahlkampf 2017
2.5.3 Wen erreicht man über Instagram? Eine politische Einordnung der
Hauptnutzergruppe
2.5.4 Das Potential von Instagram als politischesKommunikationsinstrument
2.6 Annahmen und Forschungshypothesen

3 . Empirischer Teil
3.1 Untersuchungsdesign
3.2. 1. Teil der Untersuchung
3.2.1 Vorgehen
3.2.2 Grundgesamtheit
3.2.3 Ergebnisse der ersten Untersuchung
3.2.4 Soziodemografische Merkmale
3.2.5 Soziopolitische Merkmale
3.2.6 Instagram- Account –Merkmale
3.2.7 Unterscheidungen bezüglich Neu- und Altparlamentarier mit Account
3.3 2.Teil der Untersuchung
3.3.1 Inhaltsanalyse
3.3.2 Intercoderreliabilität
3.3.3 Auswahl der Untersuchungsobjekte
3.3.4 Untersuchungszeitraum
3.3.5 Materialgewinnung
3.3.6 Kategoriensystem 64 a) Kategorie: Politikfelder Ausbildung /Bildung und Politikfeld Alter 65 b) Kategorie: Multiplikatoren 65 c) Kategorie: Wahlkampf 66 d) Kategorie: Wahlkreis 66 e) Kategorie: Bedeutsamkeit 67 f) Kategorie: Frequenz/ Aktivität
3.3.7 Ergebnisse der zweiten Untersuchung
3.3.8 Ergebnisse: Politikfelder Ausbildung /Bildung und Politikfeld Alter
3.3.9 Ergebnisse: Multiplikatoren
3.3.10 Ergebnisse: Wahlkampf
3.3.11 Ergebnisse: Wahlkreis
3.3.12 Ergebnisse: Bedeutsamkeit
3.3.13 Ergebnisse: Frequenz/ Aktivität
3.4 Beantwortung der zentralen Forschungsfrage
3.5 Diskussion

4 . Fazit und Ausblick

5 . Literaturverzeichnis

6 . Anhänge

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und gesellschaftliche Relevanz

Die politische Kommunikation steht vor den Herausforderungen der Digitalisierung und des technologischen Wandels. Die Massenmedien verlieren durch die Sozialen Netzwerke1 und deren vom Nutzer generierten Inhalte ihre Vormachtstellung in der politischen Meinungsbildung und Information, dies führt zu neuen Kommunikationsmustern und Instrumenten.

Die neuen Kommunikationsmuster in der Gesellschaft wirken sich auch auf die politische Kommunikation und Partizipation aus. Beide werden im Zuge des medialen Fortschritts mehr und mehr von der Offline- in die Onlinewelt übertragen.

Diese Tendenzen zeigen sich auch im politischen Wahlkampf, der Königsdisziplin der politischen Kommunikation. Das Überwandern der politischen Informationsbeschaffung von der Offline- in die Onlinewelt und vor allem in die Sozialen Netzwerke, scheint die Akteure zu zwingen diesem medialen Trend zu folgen, um den Kontakt zu den WählerInnen nicht zu verlieren. Bereits seit 2009 werden in Deutschland Soziale Netzwerke genutzt, um den Wahlkampf zu ergänzen. Vorreiter war Facebook, welches noch immer das meist genutzte Instrument für Abgeordnete in der politischen Kommunikation in den Sozialen Netzwerken darstellt. Dicht darauf folgt Twitter. Seit 2010 integriert sich Instagram in die Welt der Sozialen Netzwerke, im Wahlkampf 2013 noch unbeachtet, etabliert sich Instagram im Wahlkampf 2017 scheinbar als neues „must have“ für die KandidatInnen und Parteien. Während man den Akteuren bei der Anwendung von Facebook und Twitter eine Sicherheit im Umgang und einer strategisch ausgerichteten Anwendung unterstellen kann, ist die Nutzung von Instagram noch sehr zaghaft ausgeprägt. Auch wissenschaftliche Untersuchungen über den Online-Dienst bezügliches seines Einsatzes für die politische Kommunikation sind bis jetzt noch gering.

Ob und wie die Potenziale des Onlinedienstes genutzt wurden und wie weit Instagram als Instrument in der politischen Kommunikation angekommen ist, soll daher in dieser Arbeit deswegen theoretisch und empirisch untersucht werden. Im Fokus der Untersuchung stehen hierbei nicht der WählerInnen und die Wirkung auf das Wahlverhalten, dass der Einsatz von

Instagram in der politischen Kommunikation haben, sondern das Medium Instagram als Kommunikationsinstrument an sich und das Nutzungsverhalten der AnwenderInnen. Hierbei spezialisiert sich die Arbeit auf die Direktabgeordneten des 19. Deutschen Bundestages. Es werden Erkenntnisse über die Potenziale und Herausforderungen von Sozialen Medien in der Politik erläutert und die besonderen Potenziale von Instagram theoretisch erarbeitet. Ob diese Potenziale im Wahlkampf 2017 genutzt wurden, wird empirisch überprüft.

1.2 Forschungsinteresse und Forschungsfrage

Das Forschungsinteresse der vorliegenden Masterarbeit liegt in zwei Aspekten begründet. Übergeordnetes Interesse gilt der politischen Kommunikation deutscher PolitikerInnen im Hinblick auf neue Kommunikationskanäle in den Sozialen Netzwerken.

Der Wahlkampf zum 19. Deutschen Bundestag im Jahr 2017 trug den Beinamen: digitaler Wahlkampf. Längst ist das Internet der Markt und Schreiplatz der Zukunft in der politischen Kommunikation geworden. Die Nutzung der Sozialen Medien für politische Kommunikation ist kein neues Phänomen. Netzwerke wie Facebook und Twitter werden unlängst auch in Nicht-Wahlkampfzeiten als Medium genutzt, um zu kommunizieren und zu informieren. Ihre Nutzungs- und Wirkungsweisen werden in der Wissenschaft diskutiert und untersucht.

Diese Arbeit setzt an der Bundestagswahl 2017 an und will die Nutzung des Mediums Instagram untersuchen, welches bei der besagten Wahl zum ersten Mal stark für die Wahlkampfkommunikation eingesetzt wurde und in seinen Nutzerzahlen stetig steigt.

Außerdem will diese Arbeit eine Erkenntnis zum Verhalten der Direktabgeordneten in Sozialen Netzwerken schaffen und dies am Nutzungsverhalten dieses neuen Kommunikationsinstruments untersuchen. Interesse weckt hierbei zum einen wie das soziopolitische und demografische Profil einer/ eines direkt gewählten Abgeordneten mit ihrem/ seinem Social Media- Nutzungsverhalten zusammenhängt. Auch will die Arbeit Motive aufzeigen, die eine Nutzung von Sozialen Netzwerken speziell von Direktabgeordneten erklären. Außerdem von Interesse ist, wie viel Strategie hinter den Beiträgen der PolitikerInnen steckt und ob die Potenziale dieser Art der Kommunikation ausgeschöpft werden.

Daraus ergibt sich die zentrale Forschungsfrage:

W ie nutzen Direktabgeordnete Instagram für ihre politische Kommunikation mit den BürgerInnen und in welchem Umfang schöpften sie die Potenziale des Sozialen Netzwerkes in ihrer Wahlkampfkommunikation im Bundeswahlkampf 2017 aus?

Um diese Frage zu beantworten, wird sie in mehrere Forschungsfragen untergliedert, die im Laufe der Arbeit beantwortet werden sollen.

F 1. Welche Potenziale bietet Instagram den Direktkandidaten für ihre politische

K o m m un ikation mit den BürgerInnen? (theoriegeleitet)

Im Zuge dieser Forschungsfrage sollen die Potenziale des Online-Dienstes Instagram analog zu den politischen Potenzialen anderer Sozialer Netzwerke erarbeitet werden. Es soll außerdem aufgezeigt werden, welche Vorteile speziell Instagram bietet und welche RezipientInnen das Netzwerk nutzen, wie diese politisch einzuordnen sind und warum es wichtig ist dieses Wissen bei der Anwendung des Dienstes zu berücksichtigen.

F 2. Unterscheiden sich die Intensität/ Aktivität auf Instagram und die Höhe der UnterstützerInnen in Bezug auf die soziodemografischen und soziopolitischen Eigenschaften der Direktabgeordneten?

Untersucht werden soll hier, wie viele der 299 direkten Abgeordneten auf dem Netzwerk Instagram vertreten sind aber auch wie aktiv sie tatsächlich sind. Außerdem soll ermittelt werden, ob unterschiedliche soziodemografische (Alter/ Geschlecht) und soziopolitische Merkmalsausprägungen (Legislaturperioden/ Wahlerfolg/ Parteizugehörigkeit) unterschiedliches Nutzerverhalten (Aktivität, Intensität) bedingen. Weiterhin werden erfahrene Abgeordnete und neueingezogene Abgeordnete bezüglich der erhobenen Kennzahlen miteinander verglichen.

F 3. Wie haben die DirektkandidatInnen Instagram im Bundeswahlkampf 2017 genutzt und lassen sich Strategien bei der Nutzung im Hinblick auf die Potenziale, die das Medium bietet, erkennen?

Im Rahmen dieser Frage soll einerseits untersucht werden, ob die Abgeordneten in der Wahlkampfphase vor der Bundestagswahl 2017 aktiver waren, als nach der Bundestagswahl. Ferner soll festgestellt werden, ob die spezifischen Instagram-Mechanismen dazu genutzt wurden einen Bezug zum Wahlkreis, zur Partei und Wahlkampf herzustellen. Wie intensiv wurden diese Tools genutzt (Häufigkeit)? Welche Politikfelder werden von den Abgeordneten in ihren Beiträgen bedient und passen diese zu den politischen Inhalten, die als relevant für die Hauptnutzergruppe von Instagram gelten?

1.3 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Masterarbeit ist grundsätzlich in vier Teilen zu lesen. Der Einleitung, in der die Problemstellung, das Forschungsinteresse und die Forschungsfrage vorstellt werden, folgen ein Theorie- und ein Empirieteil. Den Abschluss der Arbeit bilden die Darstellung der Ergebnisse und ein Ausblick.

Im theoretischen Teil wird vorerst durch das Aufzeigen des Forschungsstandes ein Überblick der aktuellen wissenschaftlichen Literatur zur politischen Kommunikation in Deutschland gegeben. Schon hier wird deutlich, dass sich diese Fachrichtung sehr komplex darstellt und höchst interdisziplinär ist. Die Hauptströmungen der Thesen zu den Wirkungen des medialen Wandels werden kurz dargestellt. Weiterhin werden Forschungen im Bereich der Online- Kommunikation aufgezeigt, bevor das Themengebiet der Sozialen Netzwerke in der aktuellen Forschung detaillierter betrachtet wird. Hierzu werden auch internationale Forschungen miteinbezogen. Im Anschluss dieses Unterkapitels werden die Lücken der aktuellen Forschung aufgezeigt, an die die vorliegende Masterarbeit anknüpfen will.

Daran anschließend werden grundlegende Begrifflichkeiten erklärt und differenziert. Die Entwicklung des Web‘s 2.0 hin zur Entstehung Sozialer Netzwerke soll vorerst einen allgemeinen Einblick in die Thematik liefern. Der Begriff „Soziale Netzwerke“ wird forschungsleitend definiert und die Anwendungen, Funktionen sowie die unterschiedlichen Formate Sozialer Netzwerke werden beleuchtet.

Instagram wird als Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit in seinen Funktionsweisen und in seinem Aufbau gesondert vorgestellt. Die Grundidee, die Entstehungsgeschichte, der Aufbau und die Anwendungsmöglichkeiten werden dargelegt. Auf eine detaillierte technische Erklärung des Online-Dienstes und der Funktionsweise von Applikationen wird verzichtet, da diese Hintergründe in der Arbeit keine Relevanz im Hinblick auf auf die Fragestellung besitzen.

Da theoretische Grundlage der empirischen Untersuchung die politische Kommunikation bildet, wird zunächst auf die Problematik der Begriffsdefinition eingegangen, bevor eine für die Arbeit gültige Definition gefunden wird und die Handlungsfelder der politischen Kommunikation aufgezeigt werden.

Folglich wird die Bedeutung politischer Kommunikation im deutschen Grundverständnis für Demokratie geschildert. Im Hinblick auf die Forschungsfrage wird anschließend die spezielle Bedeutung der politischen Kommunikation für Direktabgeordnete in ihrer Kommunikation mit den BürgerInnen erarbeitet. Hierbei wird bereits deutlich, wie sehr die politische Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit verwoben ist, weshalb sich das nächste Unterkapitel mit den Zusammenhängen dieser drei Begriffe befasst.

Der stetige Wandel der Gesellschaft, die Weiterentwicklung technologischer Standards und somit auch die Entstehung Sozialer Netzwerke haben einen theoretisch begründeten Einfluss auf die politische Kommunikation. Zudem wird die historische Entwicklung des medialen Wandels bis zur Entstehung der Sozialen Medien skizziert.

Ein Sonderfall, bei dem sich die politische Kommunikation als Forschungsgegenstand besonders gut beobachten lässt, ist der politische Wahlkampf. Aus diesen Gründen und aufgrund der Forschungsfrage kommt der politischen Kommunikation im Wahlkampf eine gesonderte Betrachtung zu. Es wird erarbeitet, warum Wahlkampfkommunikation so wichtig ist, welche Akteure dabei wirken und wie diese Kommunikation dem digitalen Wandel unterliegt.

Anschließend werden die Online-Kommunikation und der Einsatz von Digitalen Netzwerken in der Wahlkampfkommunikation als Folge des digitalen Wandels beleuchtet. Die Entwicklungen in den Medien durch die Digitalisierung, der damit verbundene Wandel der politischen Kommunikation im Allgemeinen sowie der Wahlkampfkommunikation im Speziellen spitzen sich in der Nutzung Sozialer Netzwerke als politischer Kommunikationsinstrumente zu. Auf Potenziale, Herausforderungen und Gefahren dieses Phänomens wird im darauffolgenden Kapitel eingegangen. Um sich der Forschungsfrage weiter zu nähern werden die Motivationen der Direktabgeordneten zur Nutzung Sozialer Netzwerke erarbeitet.

Nachdem der mediale Wandel und der Wandel der politischen Kommunikation hin zur Nutzung Sozialer Medien als neues politisches Kommunikationsinstrument für ParlamentarierInnen beschrieben wurden, wird nun auf den theoretischen Aspekt des Untersuchungsgegenstands eingegangen. Instagram wird im Hinblick auf die Nutzung in der deutschen Politik skizziert. Außerdem wird der Einsatz von Instagram als Wahlkampf- und Kommunikationsmittel bei der Bundestagswahl 2017 faktisch dargelegt. Daran anschließend wird die Frage beantwortet, wer die Hauptnutzergruppe des Onlinedienstes ist. Die HauptrezipientInnen werden im Hinblick auf ihre politischen Interessen eingeordnet. Abschließend werden die Potenziale von Instagram als politisches Kommunikationsinstrument analog zu den Potenzialen Sozialer Netzwerke erarbeitet und somit die erste Forschungsfrage Welche Potenziale bietet Instagram den DirektkandidatInnen für ihre politische Kommunikation zu den BürgerInnen? beantwortet. Die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Theorieteil werden in einem Zwischenfazit festgehalten und aus ihnen die Forschungshypothesen für F2 und F3 abgeleitet. Damit schließt der theoretische Teil dieser Arbeit.

Im empirischen Teil wird die Nutzung des ausgewählten Sozialen Netzwerks Instagram aller 299 Direktabgeordneter des 19. Deutschen Bundestages zunächst mithilfe einer quantitative Studie im Hinblick auf ihre soziopolitischen und soziodemografischen Merkmale untersucht. Mit den Ergebnissen sollen die Forschungsfragen F2 und F3 beantwortet und die dazu gebildeten Hypothesen überprüft werden. Außerdem ergeben die gewonnenen Daten das Material für eine weitere Untersuchung. Vier ausgewählte Accounts von Direktabgeordneten weuden mit Hilfe der Methode der Inhaltsanalyse detaillierter untersucht, um Erkenntnisse über das Nutzungsverhalten zu gewinnen. Der Zeitraum dieser Untersuchung begrenzt sich auf die letzten 30 Tage vor der Bundestagswahl 2017 und ergibt einen Untersuchungskorpus von 112 Beiträgen.

Mit der Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse aus dem theoretischen Teil der Arbeit wird ein eigenes Kategoriensystem mit insgesamt sechs Kategoriendimensionen erarbeitet, mit dem die 112 Beiträge untersucht werden. Dabei wird nach einem dichotomen Verfahren vorgegangen. Nach der Auswertung und Darstellung der Ergebnisse der ersten und zweiten empirischen Untersuchung, werden die Ergebnisse und die Vorgehensweise kritisch diskutiert und unter Einbeziehung der Erkenntnisse aus Theorie und Empirie interpretiert. Den Abschluss der Arbeit bilden ein Fazit und ein Ausblick.

2. Theoretischer Teil

2.1 Forschungsstand und Forschungslücke

Beschäftigt man sich mit politischer Kommunikation im deutschsprachigen Raum begegnet einem die Grundlagenliteratur von Ulrich Sarcinelli (1998), der den Begriff der Politikvermittlung prägte und damit den Charakter der kommunikativen Vermittlungsfunktion an die Politik unterstrich. Sarcinelli beschreibt in seinem Werk „Politische Kommunikation in Deutschland“ den Stand der Forschung über politische Kommunikation in Deutschland zunächst als lückenhaft. Dies habe sich jedoch analog zum medialen Wandel und den daraus entstandenen neuen Bedingungen geändert (Sarcinelli 2009: 22). Durch die stetig wachsende Bedeutung der Medien im Hinblick auf die Kommunikation im 20. Jahrhundert, eröffnete sich laut Sarcinelli ein neues Forschungsfeld, welches das Wirken des medialen Wandels und der Mediengesellschaft auf politische Kommunikation umfasse (Sarcinelli 2009: 22). Grundlegende Werke über die politische Kommunikation im Zusammenhang mit den Medien im deutschsprachigen Raum bilden gegenwärtig außerdem die Forschungen von Ottfried Jarren und Patrick Donges „Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft“ (2006). Nennenswerte weiterführende Literatur liefert „das Verhältnis von Massenmedien und Politik“ von Tina Rohowski (2009).

Mittlerweile bietet die Literatur eine enorme Bandbreite an Arbeiten zur politischen Kommunikation in der modernen Mediengesellschaft. Dies ist auch der in der Literatur nahezu unumstrittenen These geschuldet, dass sich die Medien und die Politik in einer abhängigen Wechselwirkung befinden. In den Werken von Niklas Luhmann (2009) oder Uta Rußmann (2010) wird die Bedeutung der Medien umfassend herausgearbeitet und erörtert.

Die politische Kommunikation ist auf Grund ihres interdisziplinären wissenschaftlichen Aspekts und des stetigen technischen Fortschritts in Bezug auf Kommunikationsmittel ein wachsendes Forschungsfeld, in dem proportional zum technischen Fortschritt, neue Untersuchungslücken und damit Forschungsfelder entstehen.

Durch das Internet und Online Medien entstand beispielsweise ein solches neues Forschungsfeld. Untersuchungen über das Internet und die Nutzungs- und Wirkungsweise des Internets als Kommunikationsmedium im Wahlkampf wurden im Kontext des US- Wahlkampfs 2009 und der vorausgegangenen Online Kampagne von Barack Obama populär. In “Campaigning for President 2008: Strategy and Tactics, New Voices and New Techniques” schildern Anthony Corrado und Molly Corbett wie es Obama gelang durch das Internet Spenden zu generieren, durch Social Media BefürworterInnen zu gewinnen und letztlich die Wahl für sich zu entscheiden (Corrado, Corbett 2009: 132 ff.)

Einen großen Teil zum Forschungsstand über das Internet und Online Medien in deutschen Wahlkämpfen trägt Gerhard Vowe bei, der sehr gegenwärtig zum Wandel in der politischen Kommunikation forscht. So untersuchte er beispielsweise den Wandel der Wahlkämpfe durch Online Medien anhand der Bundestagswahlen 2017. Außerdem untersuchten Andreas Jungherr und Harald Schoen die Wirkungen des Internets in Wahlkämpfen (2013). Der amerikanische Wahlkampf wird bei der Untersuchung der politischen Online Kommunikation oft als Vergleich herangezogen und soll den Wandel in der politischen Kommunikation exemplarisch darstellen. Die These über eine „Amerikanisierung des deutschen Wahlkampfs“ findet jedoch nicht nur Befürworter. Aus den Überlegungen zum Wandel der politischen Kommunikation resultierten zwei Hauptströmungen in der Literatur. Diese lassen sich in die Gruppe der BefürworterInnen der „Amerikanisierungsthese“ um Christiana Holtz-Bacha (1996) und die BefürworterInnen der Gruppe der „Modernisierungsthese“ um Sarcinelli (2009) klassifizieren (siehe Kap. 2.3.5).

Analog zum Aufkommen von Social Media ergab sich um den amerikanischen Wahlkampf und den Bundestagswahlkampf 2009 ein Forschungsfeld, welches die Social Media Aktivitäten von PolitikerInnen und Parteien im Bezug auf ihre Wählerkommunikation im und neben dem Wahlkampf ins Zentrum rückte. Grundlegende Literatur liefern die Werke von Simone Unger (2012), die die Nutzung sozialer Netzwerke bei der Bundestagswahl 2009 untersuchte oder Beiträge von Miriam Meckel, die unter anderem die Hürden und Treiber der Nutzung sozialer Medien durch PolitikerInnen untersuchte (2013).

Auffällig in der aktuellen Forschung ist die Masse an Untersuchungen über Facebook und Twitter. Jan-Hindrik Schmidt untersuchte beispielsweise die Twitter-Nutzung der KandidatInnen, die zur Bundestagswahl 2017 angetreten sind und setzt diese in Vergleich zur Facebook-Nutzung. Auch Isabel Borucki forscht aktuell auf diesem Gebiet und veröffentlichte mehrere Werke über „Regierungen auf Facebook“ (Borucki 2016) oder die „Vernetzung von Parteien auf Twitter“ (Borucki 2015). Die Masse an Untersuchungen über die Medien Facebook und Twitter liegen in der Popularität der Dienste begründet. Facebook hat, gemessen an seinen Nutzerzahlen, auf dem Markt der Sozialen Medien die Vormachtstellung. Diese Tatsache macht das Medium als Forschungsgegenstand sehr attraktiv. In einer Reihe von Arbeiten werden seit dem Gebrauch von Facebook und Twitter für politische Kommunikationszwecke das Für- und Wider, das Nutzungsverhalten, sowie mögliche Auswirkungen auf die Demokratie diskutiert. Zu jeder politischen Wahl gibt es mittlerweile Analysen und Auswertungen über den Online Wahlkampf über die jeweiligen Social Media Wahlkämpfe. Trotzdem ist der Stand der Forschung an diesem Punkt lange nicht erschöpft. Durch den andauernden Fortschritt entstehen konsequent weitere Anwendungsmöglichkeiten und somit neue Forschungslücken.

Zu den großen und bekannten sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter etabliert sich seit 2013 auch Instagram. Dass das neue Medium mit den zwei Platzhirschen mithalten kann, zeigt beispielsweise die ARD-ZDF Online-Studie 2017 (ARD/ZDF-Multimedia 2017), bei der Instagram Twitter in den wöchentlichen Nutzerzahlen überholte. Die erstmalige Beobachtung der intensiveren Nutzung des Mediums bei der Bundestagswahl 2017 eröffnen Chancen für Untersuchungen über neue Möglichkeiten politischer Kommunikation. Bis jetzt sind die Untersuchungen, vor allem wenn man die Literatur mit dem Bestand der Forschung über Facebook und Twitter vergleicht, von geringer Anzahl. Zur Bundestagswahl 2009 hat Simone Unger einen umfassenden Beitrag geliefert, in dem sie nicht nur den Wandel der politischen Kommunikation, sondern auch die Präsenz der Parteien und PolitikerInnen in den Sozialen Netzwerken Facebook, StudiVZ, Youtube, Twitter und Flickr untersuchte (Unger 2012).

In der Literatur die sich seit der Entstehung und Verwendung für politische Kommunikation mit Instagram beschäftigt, werden häufig nur die Auftritte von SpitzenpolitikerInnen oder Parteien ( siehe Unger: 2012) untersucht. Ein Überblick soll zunächst über den Stand im europäischen Ausland informieren. So vergleichen Karin Liebhardt und Petra Bernhardt beispielweise die Instagram Strategien von Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen im österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 anhand einer Bildtypenanalyse (Liebhardt/ Bernhardt 2017). Sie kamen zu dem Ergebnis, dass beide Politiker ihre politischen Kampagnen auf Instagram darstellen und das Medium strategisch nutzen. Filmonov, Russmann und Svensson untersuchten die strategische Nutzung von Instagram im schwedischen Wahlkampf 2014, beziehen sich hierbei allerdings nur auf die Parteien und nicht auf die Nutzung einzelner Abgeordneter (Filmonov/ Russmann/ Svensson 2016). Filmonov et al. zeigen dabei, dass sich Instagram als Wahlkampftool und darüber hinaus seit 2014 als Kommunikationsmedium etablieren wird und schon zu diesem Zeitpunkt strategisch eingesetzt wurde. Auch findet man Untersuchungen über Instagram oft in Vergleichsstudien, in denen mehrere Netzwerke und Kommunikationsmedien gegenübergestellt und verglichen werden.

In der amerikanischen Literatur ist vor allem ein Beitrag von Glantz im Jahr 2013 zu nennen, der zeigt wie wichtig Instagram in der amerikanischen politischen Kommunikation mittlerweile ist: „The praise that Instagram has received as political communication tool has tended to focus on how it provides politicians with a concise, direct method of sharing their message and enhancing their image, and how it helps citizens feel personally connected to government and its leaders” (Vgl. Glantz 2013: 695). Doch obwohl Instagram in Amerika entstand, wird auch hier der Mangel an wissenschaftlicher Literatur verzeichnet „Despite the growing popularity and importance of Instagram, research has been relatively limited compared with other platforms like Twitter” (Vgl. Laestadius 2017: 573).

In Deutschland wurde Instagram das erste Mal bei der Bundestagswahl 2017 von der Mehrzahl der DirektkandidatInnen aktiv als Kommunikationsinstrument verwendet. Deutsche Literatur über dieses Medium ist dementsprechend noch ausbaufähig. Die Analysen über die Bundestagswahl 2017 beziehen Instagram zwar bereits teilweise mit ein, eine umfassende Untersuchung, die das Medium mit seinen Wirkung- und Nutzungsweisen sowohl aus der Sicht der KandidatInnen als auch der RezipientInnen (WählerInnen) isoliert zeigt, gibt es bis lang jedoch nicht. Oftmals werden auch hier nur die Profile und Beiträge der SpitzenkandidatInnen oder Parteien beobachtet. In einer Trendstudie zu Digital Campaigning bei der Bundestagswahl 2017 untersuchten Mario Voigt und Rene Seidenglanz die Aktivitäten der Parteien aus den sieben Fraktionen anhand der Faktoren Information, Vernetzung, Teilhabe und Mobilisierung bei Facebook, Twitter, YouTube,E- Mail und Instagram (Voigt/ Seidenglanz 2017). Das Ergebnis dieser Untersuchung, war, dass Instagram den am schnellst wachsenden Kanal darstellt (Voigt/ Seidenglanz 2017: 52). Eine Analyse der strategischen Nutzung des Mediums über eine größere Anzahl von DirektkandidatInnen, die nicht zu den Spitzen ihrer jeweiligen Parteien gehören, liegt bislang jedoch nicht vor. Auch werden die soziodemografischen und soziopolitischen Merkmale der Bundestagsabgeordneten nicht in die bisherigen Studien einbezogen.

An diesem Punkt will diese Arbeit ansetzen und erste Ergebnisse über den Einsatz von Instagram von Direktabgeordneten und ehemaligen DirektkandidatInnen bei der Bundestagswahl 2017 liefern.

2.2 Begriffserklärungen

2.2.1 Die Entwicklung des Web 2.0 hin zu Social Media

Als Basis für die Sozialen Medien gilt das Web 2.0. Im folgenden Kapitel werden ausgewählte Definitionen des Web 2.0 aufgezeigt. Daran anschließend wird dargestellt, was Soziale Medien sind, wer sie nutzt und warum sie für die Kommunikation so wichtig geworden sind.

Der Begriff des sogenannten Web 2.0 entstand 2004 und wurde durch Tim O’Reilly mit dem Ziel geprägt, auf die neuen Entwicklungen im World Wide Web, also im Web 1.0, aufmerksam zu machen Bis dato hat sich keine einheitliche Begriffsdefinition des Web 2.0 durchgesetzt. In der Literatur wird das Web 2.0 meist durch die Unterscheidung zum Web 1.0 definiert. Meckel umschreibt das Web 2.0 als „ein Phänomen eines veränderten Internets“ in dem sich „Vielfalt über die Kreativität des Einzelnen definiert“ (Meckel et al. 2008: 3). Das Web 2.0 gilt hierbei als eine Weiterentwicklung des Web 1.0, der Vorgängerversion. Als Hauptunterscheidungsmerkmal wird die aktive Teilhabe (Partizipation) der NutzerInnen verstanden, die in der vorherigen Internetepoche noch nicht möglich war (Hinz 2017: 55). Somit rücke das erneuerte Web den Menschen und dessen Nutzerverhalten ins Zentrum (Vgl. Hettler 2010: 11). Dementsprechend definieren auch Kilian et al. das Web 2.0 als „eine Form des Internets, die den Nutzer intensiv einbindet“ (Vgl. Kilian et al. 2011: 215). Dies geschehe durch die Gestaltung der Inhalte und Dialoge durch die NutzerInnen, so die Autoren. Unger (2011) erklärt das Web 2.0, indem sie drei wesentliche Elemente des Phänomens herausarbeitet: Die neue Rolle des Anwenders, neue interaktive Kommunikationsinstrumente und Mittmach-Plattformen für den „User Generated Content“. Der Anwender wird zum aktiven Gestalter und die Internetnutzung zum Bestandteil des Alltags. Mittmach-Plattformen ermöglichen dem User die Partizipation und nicht mehr nur die reine Entnahme von Informationen. Als neue interaktive Kommunikationsinstrumente liefert das Web 2.0 beispielsweise Textmittleilungen die durch Video- und Audiobotschaften erweitert werden. Hierdurch erreicht Kommunikation, indem Emotionen des Gegenübers erkannt werden oder sich die Nachrichtenempfänger durch Echtzeitkommunikation dem Gespräch schwerer entziehen können, ein neues Level. (Unger 2012: 66 ff.)

Diese zuvor beschriebene Entwicklung legte den Grundstein für die Sozialen Medien, die auf dem Fundament der Partizipation und Mitgestaltung der NutzerInnen des Internets aufgebaut sind. Das Web 2.0 gibt Nutzern die Chance, Inhalte über im Internet aufgebaute Plattformen herzustellen, die Inhalte zu tauschen und weiterzuverarbeiten und untereinander zu kommunizieren. Aus der sich ergebenden kommunikativen und sozialen Vernetzung entstehen virtuelle, globale Netzwerk auf verschiedenen Portalen (Netzwerke). (Meckel et al 2008) Die Ergänzung „social“ zeigt nach Schwindt (2017: 2) den „kollaborativen Aspekt“ der Onlinedienste, die aus diesen Netzwerken entstanden sind. Die Idee der Dienste ist es Menschen zu vernetzen, damit diese Informationen austauschen können, ohne dass sie dabei in einem sozialen Gefälle zueinanderstehen.

Ein Soziales Netzwerk schafft somit eine „Online-Gemeinschaft“ oder Community. Für Döring (2010) sind die „Unabhängigkeit von einem geografischen Ort“ und die „Unabhängigkeit der Zeit“, also das Zusammenkommen in einem virtuellen Raum zu jeder Zeit, entscheidenden Faktoren der Online-Gemeinschaft. Damit diese Gemeinschaften in der Netzwelt funktionieren hält Döring vier Kriterien für notwendig (Vgl. Döring 2010:173):

1. Die Möglichkeit an einem virtuellen Ort zeitunabhängig zu kommunizieren.
2. Die Möglichkeit sich von der Umwelt abzugrenzen und gesellschaftliche Rollen abzulegen.
3. Das Gefühl der User sich „zugehörig“ zu fühlen.
4. Gemeinsame Interessen und Ziele sowie gegenseitige Hilfe und Unterstützung

In der Literatur werden Soziale Medien meist in unterschiedliche Formate unterteilt. So differenziert man zwischen Individualformaten wie Blog oder Podcast, Kollektivformaten wie Social Network Sites (Facebook), Microblogging-Dienste (Twitter), Video- und Fotoplattformen (Youtube und Instagram) und Wikis (Wikipedia). (Acatech- Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e. V. 2017: 11 oder Schmidt 2018: 11). Diese Einteilung lässt erahnen, dass das Angebot Sozialer Medien groß ist und eine allgemeine Beschreibung meist zu kurz greifen würde, um ein spezielles Medium zu umschreiben. Die unterschiedlichen Formate sprechen unterschiedliche RezipientInnen/ NutzerInnen an. Die bekanntesten und in der politischen Kommunikation am meisten erforschen Sozialen Netzwerke sind Facebook und Twitter. Facebook stellt den UserInnen nicht nur ihr eigenes Soziales Netzwerk zur Verfügung, es besitzt auch die Dienste Instagram und WhatsApp (Schwindt 2017: 11).

Obwohl sich die Social Media Online Dienste in verschiedene Formate unterteilen lassen, folgen sie alle einer ähnlichen Grundstruktur. Ein soziales Netzwerk ist zunächst eine im Internet nutzbare Plattform für jedermann. Sie bietet ihren unterschiedlichen NutzerInnen, die sich an unterschiedlichen Orten befinden, einen Ort für Kommunikation und den Austausch verschiedener Inhalte. Es wird also folglich ein Raum erschaffen, in dem die Nutzerin/ der Nutzer mediale Inhalte (Bild, Text, Video, Ton) hochladen oder konsumieren kann. Anhand von Kennzahlen wie Likes, Shares, Kommentaren oder Verlinkungen werden die Inhalte bewertet und innerhalb der Sozialen Community (alle Nutzer, die das Netzwerk hat) gestreut. Je höher die Kennzahlen sind, desto höher ist die Reichweite der kommunizierten Inhalte. Deshalb spielen die Anzahlen an FollowerInnen, Likes oder Kommentaren in der Untersuchung sozialer Netzwerke eine große Rolle. Sie messen den „Erfolg“ der NutzerInnen innerhalb des Sozialen Netzwerks, wobei Erfolg für das Ausmaß der Aufmerksamkeit und die Höhe der Reichweite steht. Außerdem kann innerhalb dieser Plattform auf unterschiedliche Weise unter den NutzerInnen kommuniziert werden. Nahezu alle Social Media Kanäle haben einen integrierten Messengerdienst, der die Kommunikation zwischen den NutzerInnen ermöglicht.

Diese Arbeit orientiert sich hauptsächlich an der Definition Sozialer Netzwerke von Kay Hinz, der den Wahlkampf 2013 bezüglich der Online-Aktivitäten untersuchte. Hinz (2017: 55) folgend, sind die Bestandteile Soziale Netzwerke demnach „das Soziale, das Interaktive und der Austausch im Netzwerk“. Außerdem können sie nur online genutzt werden. Alle Bestandteile treffen für den Onlinedienst Instagram, der in dieser Arbeit auf seine Bedeutung für die politische Kommunikation hin untersucht werden soll, zu.

2.2.2 Instagram:

Da Instagram in dieser Arbeit der Hauptuntersuchungsgegenstand ist, wird dieser Onlinedienst in seiner Entstehung und Funktionsweise in diesem Abschnitt ausführlich erklärt. Zunächst wird die Grundidee von Instagram dargelegt und auf die Entstehungs- und Unternehmensgeschichte eingegangen. Daraufhin werden die Anwendungsmöglichkeiten von Instagram erläutert. Außerdem wird eine kurze Nutzeranalyse der NutzerInnen welt- sowie deutschlandweit gezeigt und ein Ausblick auf die Nutzerentwicklung gegeben.

Instagram, welches der Definition eines Sozialen Netzwerkes in dieser Arbeit entspricht, wird hauptsächlich als Anwendung für Smartphones genutzt und bietet die Möglichkeit, Fotos und Videos hochzuladen und Beiträge anderer NutzerInnen zu sehen, zu kommentieren oder zu liken2 (Baykara 2015). Somit kann Instagram in Anlehnung an die Studie von Acatech (2017) oder auch Schmidt (2018) unter den Sozialen Medien in das Format Video- und Fotoplattform eingeordnet werden. Der Online-Dienst wurde am 06. Oktober 2010 von Kevin Systrom und Mike Krieger der Öffentlichkeit präsentiert, für NutzerInnen zugänglich gemacht und seitdem stetig weiterentwickelt und optimiert. Im April 2012 wurde das Unternehmen von Facebook gekauft und konnte wenige Monate später eine Nutzeranzahl von 80 Millionen NutzerInnen weltweit verzeichnen (Instagram 2018a). Mittlerweile stellt Instagram „das Wachstum von Facebook und Twitter in den Schatten“ (Aßmann/ Röbbeln 2013: 26). Sitz des Unternehmens ist in Menlo Park in Kalifornien.

Um Teil dieses sozialen Netzwerkes zu sein benötigt man zur Installation die zuvor heruntergeladene Smartphone Applikation3 und eine gültige Email-Adresse. Die Anwendung ist kostenfrei. Die Userin/ der User kann danach einen Usernamen kreieren und ihr/ sein Profilkonto mit Informationen gestalten (Profilfoto, Kurzbeschreibung). Seit der Übernahme von Facebook kann man sich auch alternativ mit seinem Facebook-Account bei Instagram registrieren (Baykara 2015). Nach Anlegen eines Profils besteht nun die Option das Profil entweder öffentlich oder privat zu schalten. Bei der ersten Variante werden geteilte Beiträge für alle InstagramnutzerInnen sichtbar. Bei der zweiten Variante können nur zuvor freigeschaltete Mitglieder, sogenannte FollowerInnen oder AbonnentInnen, die Inhalte sehen, kommentieren oder liken. Das Like, der Kommentar oder die direkte Nachricht und damit die Möglichkeit Instagram auch als Messenger4 zu nutzen, bilden die Kommunikationswege, die die App ihren UserInnen bietet.

Instagram ist überwiegend auf Fotos spezialisiert, seit 2013 besteht aber auch die Möglichkeit, Videos hochzuladen (Instagram 2018b). Man kann die aus seiner eignen Smartphonebibliothek ausgewählten Fotos bearbeiten, mit Hashtags5, Links, Markierungen und Texten versehen und dann auf seinem Profil hochladen. Der Beschreibungstext unter einem Bild darf maximal 2200 Zeichen betragen und höchstens 30 Hashtags pro Bild sind zugelassen (Vgl. Faßmann / Moss 2016: 14). Man kann sich Instagram auch als eine Art Online-Fotoalbum vorstellen (Neumann 2017). Die Bilder werden dabei in umgekehrter chronologischer Reihenfolge abgebildet (neuste zuerst) und angelehnt an ein Polaroid in einem quadratischen Format dargestellt. Vor dem Hochladen der Bilder durchlaufen diese noch einen manuellen Bearbeitungsprozess (Filter), um die Bilder zu optimieren und anzupassen (Brockhaus 2018b). Einen weiterer6 Mechanismus bei Instagram bildet der Nachrichten-Feed. Dieser Feed lässt sich unter anderen Namen auch bei Facebook oder Twitter finden. Die Nachrichten werden in diesem Feed aus verschiedenen Quellen gespeist und über das Suchverhalten auf den individuellen Nutzer angepasst. In diesem Feed bekommt man die Beiträge seiner Freunde gesammelt angezeigt oder auch einen Nachrichtenstrom von nicht-abonnierten NutzerInnen gezeigt, der auf das individuelle Nutzungs- (durch liken und kommentieren) und Suchverhalten abgestimmt ist. Der Feed legt auch die Basis des „Folge- Prinzips“. Folgt bzw. abonniert man eine/ n NutzerIn, werden seine/ ihre Beiträge im eigenen Feed angezeigt. (Schwindt 2016: 13) Seit August 2016 gibt es das Tool „Instragram-Stories“ (Instagram 2018c). Diese Erweiterung lässt den User mehrere Fotos oder Videos in einer Instagram-Story zusammenfassen, wobei auch nachträglich Medien hinzugefügt werden können und wird nach 24 Stunden automatisch wieder gelöscht (Neumann 2017). In diesem Jahr neu ist das Feature der „Live Videos“, die es den UserInnen ermöglichen bis zu einer Stunde „live“ Inhalte über ihr Profil zu senden. Soziale Plattformen müssen jedoch nicht zwingend aktiv genutzt werden (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2016: 33). So kann man Instagram auch als ‚passives’ Mitglied nutzen, d.h. selber keine Bilder und Videos hochladen, sondern sich nur die Beiträge anderer NutzerInnen ansehen.

Aus dem Instagram Dossier von Statista ist zu entnehmen, dass die Nutzerzahlen von Instagram weltweit von knapp 90 Millionen im Januar 2013 zu 800 Millionen NutzerInnen im September 2017 angestiegen sind. Prognostiziert ist eine monatlich aktive Userzahl von 927,9 Millionen UserInnen weltweit im Jahr 2021. In Deutschland wurden im August 2017 15 Millionen Nutzer beobachtet. Somit wurde ein Anstieg von 6 Millionen NutzerInnen seit Januar 2016 verzeichnet. Laut Prognose werden 2021 in Deutschland 16,3 Millionen NutzerInnen monatlich aktiv auf Instagram sein. Aus einer Studie von Statista (2017) ging hervor, dass unter den Befragten 14- 19 Jährigen 84% Instagram nutzen. Bei den 20- 29 Jährigen gaben 58% an, auf dem Medium aktiv zu sein, wohingegen die 30-39 Jährigen mit nur 39% und die 40-49 Jährigen mit lediglich 28% eine Aktivität bestätigen. Die Schlusslichter bilden die Altersgruppen 50-59 Jahre mit 15% und die Generation 60 und älter mit 13% Instagramnutzeranteil. Vergleicht man die Nutzerzahlen von Facebook und Instagram in Deutschland, zeigt sich jedoch Facebook noch deutlich an der Spitze mit 30 Millionen Facebook- zu 15 Millionen Instagram-Nutzern insgesamt (Statista 2017a).

2.3 Theoretische Grundlagen der Politischen Kommunikation

2.3.1 Begriffsdefinition und Handlungsfelder politischer Kommunikation

Der Begriff politische Kommunikation enthält bereits eine sprachliche Dichotomie aus zwei eigenständigen Wissenschaften, der Politikwissenschaft und der Kommunikationswissenschaft. Die Interdisziplinarität zeigt sich nicht nur in der Begrifflichkeit, sondern vor allem in der Forschung. So eröffnet die politische Kommunikation Forschungszweige in unterschiedliche Richtungen und macht eine einheitliche Definition schwierig. Oft wird in der Literatur auch von einer Hyperkomplexität der politischen Kommunikation gesprochen (Vgl. Unger 2012: 27). Beispielhafte Forschungsfelder für den Bereich der Politikwissenschaften bilden die interne und externe Parteienkommunikation, politische Online-Kommunikation oder Wahlkampfkommunikation. Eine Definition sollte deshalb interessengeleitet vorgenommen werden. Viele AutorInnen, wie Jarren und Donges, nähern sich dem Begriff, indem sie zunächst eine gesonderte Definition für Politik und im Anschuss eine für Kommunikation vornehmen. Da sich die vorliegende Arbeit mit der Frage nach dem Nutzungsverhalten von PolitikerInnen neuer Kommunikationsinstrumente beschäftigt, wird sich der Definition in dieser Arbeit aus der Perspektive der politischen Akteure genähert.

Nach dem Verständnis von Schulz (2008: 16), ist politische Kommunikation diese Art von Kommunikation, welche zwischen politischen Akteuren stattfindet oder von politischen Akteuren im Bezug auf ihre Interessensverfolgung ausgeübt wird. Politische Akteure sind in diesem Kontext Akteure, die in einer politischen Funktion handeln. Dies können PolitikerInnen, Parteien, Staaten oder Parlamente sein, die politische Entscheidungen treffen aber auch BürgerInnen, Interessengruppen oder Organisationen die sich am politischen Prozess beteiligen. (Schulz 2008: 16) Der Begriff Akteur stammt aus der Handlungstheorie. Diese Theorie nimmt das menschliche Handeln als Ansatz zur Erklärung sozialer Sachverhalte und Prozesse. Es wird zwischen individuellen, kollektiven und kooperativen Akteuren unterschieden. Alle Akteure verfolgen dieser Theorie zur Folge Interessen und handeln strategisch. Zudem besitzen Akteure Mittel, um ihre Interessen zu verfolgen. Sie definieren sich in ihrer Darstellung selbst als Akteure und werden von anderen als Akteur wahrgenommen. (Jarren et al. 2011: 43)

In dieser Arbeit sind nicht die politischen Gruppen, Parteien oder Verbände das Untersuchungsziel, sondern die Bundestagsabgeordneten als Individuen und ihre politische Kommunikation mit den BürgerInnen und der Öffentlichkeit. Diese Abgeordneten werden der Kategorie der individuellen politischen Akteure in Anlehnung an Jarren et al (2011) zugeordnet, da sie eine spezielle Rolle innerhalb eines politischen Kontextes innehaben und sowohl individuell als auch als Vertreter einer Gruppe (ihrer Partei) handeln können.

Die politische Kommunikation wird aus diesen Gründen in der vorliegenden Arbeit in Anlehnung an Opitz (2018), als Kommunikation zwischen politischen Akteuren, die den Zweck verfolgt Entscheidungen zu beeinflussen, verstanden. In dieser Arbeit wird demnach davon ausgegangen, dass politische Kommunikation interessengeleitet und zielorientiert ist.

Da Kommunikation somit auf allen Ebenen relevant ist, um Entscheidungen zu treffen und Ziele zu erreichen, gibt es eine breite an Handlungsfeldern in der politischen Kommunikation. Einige sollen kurz beleuchtet werden um einen Überblick zu schaffen, sie sind aber für die übergeordnete Forschungsfrage nicht zentral. Handlungsfelder politischer Kommunikation können folglich unter anderem Public Relations, Public Affairs/ Lobbying, politische Bildung sowie Public Policy sein. Während bei der politischen PR Parteien, Verbände, Unternehmens und nicht staatliche Organisationen versuchen die öffentliche Meinung im Hinblick auf politische Entscheidungen zu beeinflussen, handelt es sich bei der Lobbyarbeit um die interpersonale Kommunikation zwischen Akteuren und politischen Entscheidern. Auch hier ist das Motiv die Beeinflussung und Durchsetzung politischer Interessen. Durch die politische Bildung sollen die Grundwerte des Gemeinwesens und die politischen Institutionen vermittelt werden. Wissen über die demokratische Grundordnung und den politischen und gesellschaftlichen Aufbau werden durch die Arbeit der politischen Bildung kommuniziert. Im Handlungsfeld der Public Policy kommuniziert der Staat über seine Steuerung und Gestaltung in einzelnen Politikfeldern. Hierbei wird die inhaltliche und sachliche politische Seite beleuchtet. (Opitz 2018: 82)

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Kommunikation der PolitikerInnen mit den BürgerInnen über Soziale Netzwerke außerhalb der Wahlkampfzeiten und während des Wahlkampfes. Auf das Handlungsfeld Wahlkampf wird aus diesen Gründen in Kapitel 2.3.6 gesondert eingegangen. Zunächst soll ein Verständnis geschaffen werden, warum die politische Kommunikation ein wichtiges Handlungsfeld für PolitikerInnen darstellt und welche Motivation speziell Direktabgeordnete zur politischen Kommunikation haben, welche Rolle die Medien dabei spielen und welche Aspekte der Wandel der Medien für die politische Kommunikation mit sich bringt.

2.3.2 Die Bedeutung politischer Kommunikation im deutschen Demokratieverständnis

Die Bundesrepublik Deutschland ist eine repräsentative Demokratie (Schmidt 2011: 40). Durch demokratische Wahlen wählen die BürgerInnen in Deutschland ihre politischen RepräsentantInnen. Diese, auf Zeit gewählt, treffen die politischen Entscheidungen für das Land und die StaatsbürgerInnen (Pötzsch 2009). Orientiert man sich am Idealismus, so bedarf es für eine Demokratie nicht nur Gewaltenteilung und Mitbestimmung des Volkes, sondern auch das Wissen der BürgerInnen über die politischen Handlungen der RepräsentantInnen (Kamps 2007: 33). Unser Verständnis von Repräsentation auf der einen und das politische System der Bundesrepublik auf der anderen Seite, kreiert deshalb ein wechselseitiges Bedürfnis an Kommunikation zwischen den BürgerInnen und der Politik.

Daraus entsteht die Annahme, dass die BürgerInnen sich über das politische Angebot der Parteien informieren (Willensbildungsprozess) und ihre Interessen und Wünsche an die Parteien kommunizieren (Interessenvermittlung). Parteien haben somit, wenn Kommunikation nicht auf einem direkten Weg stattfinden, die Aufgabe andere Kommunikationskanäle zu schaffen, über die eine solche Kommunikation erfolgen kann (Römmele 2002: 19 ff.). Nach Römmele verlagert sich der kommunikative Prozess weg von der Diskussion unter den Bürgern hin zur Kommunikation zwischen Bürgern und Repräsentanten und wird somit zur „zentralen Voraussetzung“ für die Inklusion der Bürger (Vgl. Römmele 2002: 15). An diese Logik anknüpfend, beschreibt Sarcinelli (2009: 18) die politische Kommunikation als ein ‚universales Strukturelement‘ für die Demokratie und die Politik. Diese Zentralität grenzt er selbst wiederum ein, in dem er zwar die Bedeutung politischer Kommunikation bekräftigt, diese aber für lange politische Entscheidungsphasen nicht als primäres politisches Element betrachtet (Sarcinelli 2009: 18).

2.3.3 Die Bedeutung der politischen Kommunikation für Direktabgeordnete

Der 19. Deutsche Bundestag setzt sich zurzeit (Stand 15.06.2018) aus 709 Abgeordneten zusammen. Die Abgeordneten teilen sich auf insgesamt sieben Fraktionen auf. 299 Abgeordnete wurden über ein direktes Mandat aus ihrem jeweiligen Wahlkreis in den Bundestag gewählt. Davon gehören 231 MandatsträgerInnen der CDU/CSU, 59 der SPD, 2 der AfD, 5 der Linkspartei, 1 dem Bündnis 90/ den Grünen und 1 Mandat ist ohne Fraktionszugehörigkeit. Die FDP hat kein Direktmandat errungen, während 410 Mandate aus den Wahlergebnissen der Zweitstimme hervorgingen.

In diesem Kapitel soll erörtert werden, warum sich diese Arbeit mit der politischen Kommunikation von Direktabgeordneten befasst und warum es gerade für direkt gewählte Abgeordnete im Gegensatz zu Abgeordneten, die über einen Listenplatz gewählt wurden, so wichtig ist politische Kommunikation aktiv und öffentlich zu betreiben.

Der formale Unterschied zwischen den beiden Abgeordnetentypen ist zunächst im deutschen Wahlsystem begründet. Das deutsche Wahlsystem besteht aus einer personalisierten Verhältniswahl. Die deutschen WählerInnen besitzen bei der Wahl zum deutschen Bundestag zwei Stimmen. Die Zweitstimme geben sie an eine Partei, welche die Parlamentssitze dann mit ihren prozentualen Stimmergebnissen mit KandidatenInnen ihrer Parteiliste (ListenkandidatIn) bestückt. Somit entsteht vorerst ein Wettbewerb um die Wählerstimmen zwischen den deutschen Parteien. Hierdurch entsteht ein Parteienwettbewerb, der vielmehr ein Wettbewerb zwischen Organisationen und weniger zwischen Individuen ist (Weßels 2013: 183). Bei der Erststimme wird eine Person gewählt (Direktabgeordnete/r), die als KandidatIn einer Partei antritt; es handelt sich also um eine Personenwahl. Hier stellt sich die Frage, ob es sich ebenfalls um einen Wettbewerb zwischen Organisationen oder einen Wettbewerb zwischen Individuen handelt.

Mit dieser Frage hat sich auch Bernhard Weßels beschäftigt. Der Autor hält fest, dass sich in Deutschland lange die Meinung hielt, es handle sich bei der Erststimme nicht um einen Wettbewerb zwischen Personen und einer Wahl des qualifiziertesten KandidatIn, sondern ebenfalls um eine Parteifrage. Auf Grund des Stimmensplittings von 1957 bis 2009 macht Weßels die Beobachtung eines kontinuierlichen Wachstums der Aufteilung zwischen Erst- und Zweitstimme und verweist darauf, dass Einigkeit in der Forschung darüber bestehe, dass der größte Teil des Splittings auf Grund der Möglichkeit des Mischwahlsystems bestehe. Man hat also die Möglichkeit, einer Person und einer Partei unabhängig voneinander jeweils eine Stimme zu geben. In seiner These bezieht sich Weßels auf seine eigene Untersuchung7 aus dem Jahr 2001, in der er nachweisen konnte, dass die Art des persönlichen Auftretens der KandidatInnen im Wahlkreis einen maßgeblichen Einfluss auf ihren Wahlerfolg habe. (Weßels 2013: 183 ff.) Ein weiterer bedeutender Faktor im Hinblick auf die Art des persönlichen Auftretens von Abgeordneten kann die zunehmend wichtiger werdende Funktion der „Personalisierung“ des Wahlkampfes gesehen werden, die bereits von Sarcinelli (1987a) als entscheidender Faktor in der Wahlkampfkommunikation beschrieben wurde. Diese These wird auch von Jarren und Donges (2011) gestützt, die schildern, dass „Medien an Persönlichkeiten interessiert sind, da sich komplexe politische Ereignisse gut anhand der mit ihnen verbundenen Personen darstellen lassen“ (Jarren/ Donges 2011:147). Jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch wenn alle KandidatInnen technische Mittel und Kommunikationsstrategien zu ihren Gunsten gleich nutzen würden, sie nicht alle die gleichen Aussichten auf den Wahlerfolg hätten. Denn für diesen bedürfe es immer auch noch andere äußerliche Rahmenbedingungen (Jungherr/ Schoen 2013: 112). Es lässt sich also festhalten, dass aus dem deutschen Mischwahlsystem formal zwei Typen von Abgeordneten entstehen. Die Direktabgeordneten und die Listenabgeordneten. Bei der Wahl der Direktabgeordneten steht die Persönlichkeit des Kandidaten im Fokus. Beide führen einen anderen Wahlkampf, da Direktkandidatin/en speziell in ihren Heimatwahlkreisen Wählerstimmen gewinnen müssen. Somit treten sie zum Personenwahlkampf an und müssen in diesem anders politisch kommunizieren, da sie in ihrem persönlichen Auftreten isoliert von der Partei überzeugen müssen. Aus diesen Gründen wird sich in dieser Arbeit speziell auf die politische Kommunikation der DirektkandidatInnen konzentriert.

Als direkt gewählt, ist die/ der Abgeordnete eine / ein VertreterIn und RepräsentantIn ihre/ seines jeweiligen Wahlkreises. Nimmt man nun an, dass sie/ er die BürgerInnen im Wahlkreis inhaltlich in seiner Amtszeit vertritt, sich um ihre Interessen kümmert, diese anhört und bestenfalls wiedergewählt wird, ist die Kommunikation mit den Wählern ein essentieller Bestandteil der Arbeit einer/ s Direktabgeordneten und von hohem Stellenwert.

So beschreibt es auch Patzelt, der die Rolle der Abgeordneten und dessen Berufsfeld als PolitikerIn untersuchte. Nach Patzelt (1999) hat die/ der direkte Abgeordnete neben ihrem/ seinem Beruf als ParlamentarierIn die Aufgabe, in ihrem/ seinem Wahlkreis für Reputation und Wiederwahl zu arbeiten. Somit müsse die/ der Abgeordnete in direktem Kontakt zu seinen WählernInnen aus dem Wahlkreis stehen. Dabei, so Patzelt, habe die/ der Wahlkreisabgeordnete die Aufgabe, möglichst viele ihrer/ seiner Termine und Auftritte im Wahlkreis öffentlich zu machen, denn sie/ er würde nicht nach seinen wirklichen Leistungen, sondern nach ihrem/ seinem öffentlichen Auftreten bewertet. In einer weiteren Untersuchung stellte Patzelt über die Merkmalsausprägungen von Abgeordneten fest, dass diese sehr professionell im Hinblick auf Öffentlichkeitsarbeit und politische Kommunikation sind. Außerdem gelänge es Abgeordneten, die schon mehrfach ins Parlament gewählt wurden besser, sich öffentlich zu präsentieren. Sie seien in ihrer Medien- und Öffentlichkeitsarbeit ihren neuen KollegInnen (1. Legislaturperiode) um einiges voraus, hätten einen „besseren Zugang“ zu den Medien und würden eine „höhere Sichtbarkeit“ zeigen. (Patzelt 1999: 270 ff.) Ob diese These von 1999 noch zutreffend ist, ist gerade im Hinblick auf Soziale Medien fraglich. Neugewählte Direktabgeordnete und ParlamentarierInnen mit Erfahrung werden nicht nur hinsichtlich ihrer Medienkompetenz von Patzelt (1993) unterschieden. „Jeder neu gewählte Abgeordnete wird in seinen Anfangsjahren als Parlamentarier/ in versuchen, seinen Bekanntheitsgrad im Wahlkreis zu steigern und sein Vertrauen weiter anzureichern. Er wird seine Netzwerke in der Partei und bei den Bürgern versuchen weiter auszubauen suchen und im Wahlkreis, so oft es eben nur geht, öffentlich präsent zu sein. Dabei wird er versuchen den Selbstdarstellungsstil herauszufinden, der ihm am erfolgversprechensten erscheint“ (Blank 2017: 127). Dies bedeute für Direktabgeordnete mit langjähriger Parlamentserfahrung, dass diese im Hinblick auf ihre Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkreis keine Experimente mehr eingehen würden. Dies liege daran, dass die ParlamentarierInnen ihren Maximalwert an Wählerstimmen und Erfolg für erreicht hielten und somit die expansive Wahlkreiskarriere in eine protektive überwandere (Vgl. Blank 2017: 127 oder Patzelt 1993: 96-99).

[...]


1 Soziale Netzwerke, Soziale Medien, Sozialer Onlinedienst und Social Media werden im fortlaufenden synonym verwendet.

2 Ein Like bedeutet im Kontext von Sozialen Netzwerken die positive Unterstützung der geteilten Inhalte und wird als

„gefällt mir“ übersetzt.

3 Applikationen, abgekürzt Apps sind kleinere Softwareprogramme für Smartphones, mobile Endgeräte aber auch Computer. Sie können aus einem Onlineshop (App-Store) heruntergeladen und auf dem Gerät installiert werden (Brockhaus 2018a).

4 Ein Messenger im Kontext von Sozialen Netzwerken kann als Form eines Chats verstanden werden, für den keine

Gebühren anfallen, über den das Übertragen von Multimediadaten möglich ist und er im Hintergrund eines mobilen

Endgeräts läuft (Brockhaus 2018c).

5 Als einen Hashtag bezeichnet man im Kontext von Social-Media ein Schlagwort, welches man mit einem Rautesymbol einleitet. Wenn man das Schlagwort im betreffenden Sozialen Netzwerk anklickt, wird man zu Beiträgen weitergeleitet, die mit dem gleichen Schlagwort versehen sind (Maciej 2018).

6 Ein Feed ist in diesem Zusammenhang als ein Überblick oder eine Zusammenfassung zu verstehen.

7 Klingemann, Hans-Dieter/ Weßels, Bernhard (2001): Political consequences of Germany´s mixed-member system: Personalization at the grass-roots? in: Mixed member electoral systems. The best of both world’s? ShugartSoberg, Matthew/ Wattenberg, Martin (Hrsg.). Oxford: Oxford University Press.

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Social Media in der politischen Kommunikation
Untertitel
Eine empirische Untersuchung des Sozialen Netzwerks Instagram als Kommunikationsinstrument deutscher Politiker
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Politikwissenschaften)
Note
2,0
Jahr
2018
Seiten
95
Katalognummer
V452521
ISBN (eBook)
9783668879195
ISBN (Buch)
9783668879201
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Social Media, Politische Kommunikation, Online Wahlkampf, Digitaler Wahlkampf, Wahlkampfanalyse, Soziale Netzwerke, Politik in den Sozialen Medien, Inahltsanalyse, Web 2.0, Direktabgeordnete, Wahlkampf 2017, Bundestagswahl 2017, Wandel in der Kommunikation, Facebook, Twitter, Instagram, Politik auf Instagram, Masterarbeit
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Social Media in der politischen Kommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/452521

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