Der Einfluss von Digitalen Medien auf das Scaffolding im Schulunterricht


Bachelorarbeit, 2018

41 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theorie
2.1 Digitale Medien im Schulunterricht
2.1.1 Definition des Medienbegriffs nach Petko
2.1.2 Zur Verwendung von Digitalen Medien im Schulunterricht
2.1.3 Digitale Medien und neue Lehrkonzepte
2.2 Scaffolding
2.3 Forschungsfragen

3. Methode
3.1 Auswahlkriterien
3.2 Methodisches Vorgehen
3.3 Verwendete Quellen
3.4 Ausgewählte Studien

4. Ergebnisse
4.1 Digitales Scaffolding vereinfacht den Wissenserwerb
4.2 Mehr Scaffolding = Mehr Lernen?
4.3 Digitales und konventionelles Scaffolding im Vergleich

5. Diskussion

6. Literaturverzeichnis

Danksagung

Vielen Dank an den besten Arbeitskollegen der Welt für das kritische Feedback beim Korrekturlesen.

Vielen Dank an meine Frau, Marina, du motiviertest mich immer wieder weiterzumachen und zu schreiben. All das was ich erreiche, verdanke ich dir.

Vielen Dank auch an meinen noch nicht geborenen Sohn, Jonathan, deine Socken auf dem Schreibtisch haben mir immer wieder gezeigt, wieso ich das mache. Hoffentlich ist mein erster Abschluss der erste Schritt, dir später Klassenfahrten und ähnliches ermöglichen zu können. Schön, dass du mich doch hast fertig schreiben lassen.

Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Das Neuartige an neuen Medien 4

Tabelle 2: From Education 1.0 to Education 3.0 10

Tabelle 3: Mehrwert von Digitalen Medien 12

Tabelle 4: Übersicht über die systematisch ausgewerteten Studien dieses Reviews. 22

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Schaubild des Lernkonzepts nach Vygotsky 16

Abbildung 2: Mögliche Formen von Scaffolding 19

Abbildung 3: Teilnehmerstruktur der Studie 26

Abbildung 4: Puzzles, die mit und ohne Scaffolding gelöst 27

Zusammenfassung

Das vorliegende systematische Review untersucht, inwiefern sich Scaffolding durch digitale Medien realisieren lässt. Dafür werden Forschungsberichte seit 2013 in die Untersuchung miteinbezogen und auf folgende Hypothesen geprüft: 1. Scaffolding vereinfacht den Wissenserwerb, 2. Je mehr Scaffolding eine Lehrkraft oder ein digitales Medium bietet, desto mehr lernen die Schülerinnen und Schüler und 3. Digitales Scaffolding ist dem konventionellen in Bezug auf den Wissenserwerb überlegen. Die Auswertung der Forschungsliteratur hat gezeigt, dass Scaffolding in jedem Fall den Wissenserwerb vereinfacht. Die Forschungsliteratur lässt zudem vermuten, dass je mehr Scaffolding eine Lehrkraft verwendet, desto mehr lernen die Schüler. Dies kann aber nicht eindeutig durch die Forschungsliteratur bewiesen werden, da es keine Vergleichsgruppe gibt. Des Weiteren lässt sich sagen, dass digitales Scaffolding dem konventionellen in Bezug auf den Wissenserwerb überlegen ist, auch wenn hierbei ein direkter Vergleich zwischen beiden Formen des Scaffolding anhand der Literatur nicht möglich ist. Digitale Medien vereinfachen also das Scaffolding und Schülerinnen und Schüler lernen mehr, wenn ihnen Scaffolding mit digitalen Medien geboten wird.

1. Einleitung

Das Konzept des Scaffolding erfreut sich immer mehr Beliebtheit in der Lehr-Lern Forschung, dies liegt zum einen daran, dass Lehrkräfte das Konzept gut greifen können, da sie die Metapher des Gerüstbauens für die Schülerinnen und Schüler gut begreifen und nachvollziehen können und zum anderen ist Scaffolding eine unkomplizierte Möglichkeit binnendifferenziert zu unterrichten. Die Theorie des Scaffolding geht zurück auf die Idee der Zone der proximalen Entwicklung des russischen Psychologen Lev Vygotsky und hat seitdem viele Psychologen, Erziehungswissenschaftler und Didaktiker dazu inspiriert, eigene Scaffolding-Konzepte zu erstellen. Eine Lehrkraft kann Scaffolding im Schulunterricht sowohl konventionell, also in Form von unterstützenden Arbeitsblättern, sprachlichen Support und 1:1 Hilfen anbieten, oder digitale Medien nutzen, um diese Form der Unterstützung zu bieten. Digitale Medien gehören mittlerweile zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und durch das Erscheinen des iPads 2010 hat das Tablet den Einzug in die Schule endgültig geschafft. Diese Arbeit bewegt sich genau in dieser Schnittstelle zwischen Scaffolding und digitalen Medien und es soll untersucht werden, wie sich digitale Medien und Scaffolding zueinander verhalten. Der vorliegende systematische Review entstand im Fachbereich Psychologie in den Bildungswissenschaften unter dem Überthema Aufbruch Lernen – Digitale Medien im Schulunterricht. Im ersten Teil wird der Stand der Forschung zum Thema digitale Medien und Lernen durch digitale Medien skizziert. Des Weiteren werden neuere Lehrkonzepte vorgestellt, die allesamt auf die Verwendung von digitalen Medien im Schulunterricht angewiesen sind, um dann drei Konzepte des Scaffolding anzuführen, die alle aufeinander aufbauen. Im nächsten Teil wird die Methode dargestellt, und einbezogene Literatur vorgestellt und kurz zusammengefasst. Im Ergebnisteil wird versucht die erstellten Hypothesen mithilfe der rezipierten Forschungsberichte zu beweisen oder zu wiederlegen. Der Diskussionsteil fasst die Ergebnisse zusammen, bettet sie in den theoretischen Hintergrund ein, und gibt theoretische und praktische Implikationen für die Verwendung von digitalen Medien im Schulunterricht.

2. Theorie

2.1 Digitale Medien im Schulunterricht

Digitale Medien nehmen mittlerweile sowohl im privaten, beruflichen und auch schulischen Kontext eine immer wichtiger werdende Rolle ein. Die neueste JIM Studie 2017 befragte 1200 Personen nach der Geräte-Ausstattung im Haushalt und es zeigt sich, dass 99% aller Haushalte ein oder mehrere Smartphones besitzen, 98 % der Haushalte haben einen Internetzugang und immerhin 69 % der Haushalte haben ein Tablet-PC mit steigender Tendenz. Der Smartphonebesitz von Jugendlichen ist in den letzten drei Jahren um neun Prozentpunkte gestiegen (Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest, 2017, S. 10). Wohingegen der Computer-/Laptopbesitz in den letzten Jahren in allen Altersgruppen kontinuierlich gesunken ist (Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest, 2017, S. 26). Dies spiegelt sich auch darin wieder, inwieweit welches Gerät für die Internetnutzung eingesetzt wird. Das Smartphone wird nämlich in 81% der Fälle genutzt, um ins Internet zu gehen, wohingegen Tablets oder Laptops nur noch in vier respektive sechs Prozent der Fälle genutzt werden (Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest, 2017, S. 27). Der Schwerpunkt der Nutzung entfällt mit 89% auf die Bereiche Kommunikation, Spiele und Unterhaltung (Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest, 2017, S. 31), wohingegen der Informationssuche mit elf Prozent eine untergeordnete Rolle zugewiesen werden kann. Die Zahlen belegen eindrucksvoll die Wichtigkeit von Smartphones und anderen digitale Medien in der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, wobei interessanterweise der Einsatz für den Wissenserwerb und im schulischen Kontext bisher von marginaler Bedeutung ist. Im Folgenden wird der Medienbegriff näher definiert und umrissen, und es wird geklärt wie mobile Endgeräte im Schulunterricht verwendet werden können. Letztlich werden neue Lehrkonzepte vorgestellt, die auf einer stärkeren Mediennutzung basieren und die die neuen Medien als nicht wegzudenkende Lernwerkzeuge sehen.

2.1.1 Definition des Medienbegriffs nach Petko

Den Medienbegriff zu definieren, sei, laut Petko schwierig, da die Medienwelt sehr schnelllebig sei und es unterschiedliche Medienbegriffe gäbe, zum Beispiel könne sich der Begriff auf die Hardware (PC, Notebook, Tablet, Smartphone) beziehen, oder auf die Software (Office, Spiele) oder er könne auch als pars pro toto verwendet werden und die Medienanstalten, wie z.B. Zeitungsverläge und Funkhäuser, umfassen (Petko, 2014, S. 13). Er stellt aber dennoch eine Mediendefinition vor, die für die Mediendidaktik durchaus praktikabel sei: „Medien sind einerseits kognitive und andererseits kommunikative Werkzeuge zur Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von zeichenhaften Informationen“ (Petko, 2014, S. 13). Im ersten Schritt unterscheidet Petko also einerseits zwischen kognitiven Medien, den „gedanklichen Modi der Sprache, die dazu dienen, Wissen aufzubauen, es zu verarbeiten, abzurufen und zu nutzen“ und andererseits zwischen kommunikativen Medien, also „geäußerte Zeichen und materielle Datenträger“ mit denen Menschen Gedanken und Botschaften austauschen könnten (Petko, 2014, S. 13). Eine ältere Definition von Pross unterscheidet zwischen primären Medien des Körpers (Sprache, Mimik, Gestik), sekundären Medien, bei denen man ein technisches Gerät braucht, um eine Nachricht herzustellen, aber nicht um sie zu empfangen (Zeitung, Bücher) und tertiären Medien, bei denen man sowohl für die Herstellung, als auch für den Empfang ein technisches Gerät, wie beispielsweise ein Radio oder einen Fernseher braucht (Pross, 1972, zitiert nach Petko, 2014, S. 14). Bei den traditionellen Medien ging es also darum, eine Information oder eine Nachricht von einem Sender zu einem Empfänger zu übertragen, beispielsweise über Zeitungen oder das Radioprogramm. Diese Übertragung war einseitig und der Empfänger konnte nicht darauf antworten. Diese Übermittlung könnte, so Petko, flüchtig, oder auch auf dauerhaften Speichermedien sein (Petko, 2014, S. 14).

Digitale Medien hingegen sind weitaus komplexer, man stellt sich nur einmal vor, dass die ganzen oben genannten Komponenten in einem Smartphone vereint sind und sogar erweitert werden. Andere Möglichkeiten von digitalen Medien sind gänzlich neu, wie etwa Augmented-Reality oder Virtual-Reality. Faulstich bezeichnet die digitalen Medien in Erweiterung der Gliederung von Pross auch quartiäre Medien (Faulstich, 2002, zitiert nach Petko, 2014, S. 16). Ein anderer Begriff für digitale Medien, der sich auf die Möglichkeiten der Geräte konzentriert und laut Petko weniger den Aspekt der Digitalität in den Vordergrund stelle (Petko, 2014, S. 16), ist Information and Communication Technologies (ICT) . Petko argumentiert, dass sich die neuen digitalen Medien durch besondere Möglichkeiten in den Bereichen Hardware, Software, Daten und Netzwerke auszeichnen (Petko, 2014, S. 16). Im Bereich der Hardware gehören zu einem Computer ein Arbeits- und ein Massenspeicher und darüber hinaus noch Ein- und Ausgabegeräte, wie Tastatur, Drucker oder Maus (Petko, 2014, S. 16). Die Software auf den Computern bezeichnet Programme, die mittels Programmiersprachen wie Java, Swift oder HTML komplexe Abläufe auf Basis von mathematischen Algorithmen und If-Then-Schleifen codieren und initiieren. Darüber hinaus bestehen neue digitale Medien auch aus einem Speicher, der aber heutzutage nicht mehr nur noch eingebaut in das Gerät sein muss, denn Cloud-Lösungen (Dropbox, iCloud) oder portable Speichermedien machen es möglich, den Speicher zu erweitern und Dateien auszulagern. Wohl am wichtigsten für eine Verwendung der Geräte an einer Schule ist die Anbindung an ein funktionierendes Netzwerk, dieses kann sowohl kabelgebunden (LAN), als auch kabellos sein (WLAN), was insbesondere für den Austausch von Dateien über Uploads und Downloads unerlässlich ist. Petko arbeitet des Weiteren das Neuartige an neuen Medien heraus, diese Befunde werden im Folgenden in einer Tabelle zusammengefasst.

Tabelle 1: Das Neuartige an neuen Medien (Eigene Darstellung nach Petko, 2014, S. 17-20)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Überblick in diesem Kapitel zeigt, wie komplex und vielfältig der Medienbegriff ist und was man alles bedenken muss, wenn man sich mit Mediendidaktik auseinandersetzt. Es wurde gezeigt, welche Neuerungen die Medien bieten und welche Ressourcen zu berücksichtigen sind. Im Folgenden soll es nun um die Verwendung von digitalen Medien im Schulunterricht gehen.

2.1.2 Zur Verwendung von Digitalen Medien im Schulunterricht

Es gibt vielfältige Erfahrungsberichte und Studien über die Verwendung von digitalen Medien im Schulunterricht. Die Resonanz ist durchweg positiv, wenngleich auch Hindernisse und Nachteile entstehen können. Im Folgenden werden einige exemplarische Erfahrungsberichte rezipiert. Zuerst wird auf Literatur eingegangen, die sich auf spezifische Geräte bezieht und anschließend wird allgemeine Theorie zu digitalen Medien im Schulunterricht herangezogen.

Aufenanger (2017) fasst verschiedene Studien zur Tabletnutzung an Schulen zusammen und findet heraus, dass die Diskussion um das Tablet von Anfang an kontrovers geführt wurde (Aufenanger, 2017, S. 119), was seiner Meinung nach insbesondere an der zum Teil negativen Berichterstattung liege. Dennoch häuften sich schon früh Hoffnungen darauf, dass das Tablet den Bildungsbereich bereichern könne (Aufenanger, 2017, S. 120). Ein Tablet bietet gegenüber einem Computer oder Notebook den Vorteil, dass es leicht ist, keine Peripheriegeräte benötigt und der Akku weitaus länger hält als bei einem Notebook (Aufenanger, 2017). Des Weiteren bringen die große Auswahl an Apps und die Interaktivität über die Gestensteuerung und Multitouch-Funktionen einen großen Mehrwert für das Tablet. Aufenanger hebt zudem hervor, dass Lehrer und Schülerinnen und Schüler die Geräte auf verschiedene Art und Weise benutzen, denn während die Schüler das Gerät hauptsächlich zum Zweck der Recherche oder der Textverarbeitung benutzen würden, setzten die Lehrer das Tablet für digitale Arbeitsblätter, Videos, Tonaufnahmen und Präsentationen ein (Aufenanger, 2017, S. 123). Für einen Tableteinsatz spricht des Weiteren die Möglichkeit der besseren Differenzierung im Schulunterricht und das Potenzial zur Motivation von Schülerinnen und Schüler durch einen abwechslungsreichen und schülerzentrierten Unterricht sein (Aufenanger, 2017, S. 125). In der Studie von Karsenti und Fievez (2013, zitiert nach Aufenanger, 2017, S.126-127) fassen die Autoren aus über 350 Studien die folgenden 16 Punkte zusammen, inwiefern sich Tablets positiv auf den Unterricht auswirken würden:

1. Increases motivation […]
2. Facilitates access to, management of, and sharing of information […]
3. Fosters student learning and performance […]
4. Allows a wider range of teaching strategies […]
5. Fosters individual learning […]
6. Improves the reading experience […]
7. Encourages communication and collaboration among students and between teachers and students […]
8. Improves computer literacy skills […]
9. Nurtures students’ creativity […]
10. A highly portable tool […]
11. Facilitates student assessment […]
12. Improves the quality of pedagogical support […]
13. Facilitates learning how to write […]
14. Makes it easier to organize schoolwork and assignments […]
15. Students can make versatile and vivid multimedia presentations […]
16. Significant benefits for students with learning problems […]

Aufenanger argumentiert, dass der Erfolg bei der Integration von Tablets abhängig von der Vorerfahrung der Lehrperson mit Informationstechnologien sei (Aufenanger, 2017, S. 129) und dass man die Lehrkräfte besser in der Schule fortbilden sollte als außerhalb (Aufenanger, 2017, S.123). Aufenanger fasst zusammen, dass „sich die Lehrrolle durch diese Medienintegration verändert und zwar in der Hinsicht, dass häufiger mit den Schülerinnen und Schülern zusammengearbeitet wurde, Schülerinnen und Schüler stärker kreativ und miteinander gearbeitet haben und schnellere Rückmeldung zu Hausaufgaben gegeben wurden“ (Aufenanger, 2017, S. 130).

Ähnlich wie Aufenanger argumentieren auch Niegemann und Zander, indem sie die mediendidaktischen Chancen von Tablets aufzeigen. Für die Autoren könne der Einsatz von Tablets im Unterricht positive Effekte erzielen, sofern sie einen didaktischen oder unterrichtsorganisatorischen Mehrwert aufweisen (Niegemann & Zander, 2013, S. 80). Die größten Chancen bietet das Tablet bei der Förderung von Lehr-Lern-Prozessen aber als interaktives Schulbuch, nicht nur weil es die körperliche Belastung beim Tragen reduziere, sondern auch wegen der Funktionalität und Interaktivität (Niegemann & Zander, 2013, S. 80). Des Weiteren bietet das Tablet auch durch die digitalen Lernspiele die Möglichkeit Lehren und Lernen zu fördern. Die Autoren denken, dass besonders die Motivationssteigerung und die Mobilität und Adaptivität die überzeugendsten Argument für Tablets im Schulunterricht seien (Niegemann & Zander, 2013, S. 82). Einen besonderen didaktischen Mehrwert erhoffe man sich durch die Kombination aus Tablets und elektronischen Tafeln (Niegemann & Zander, 2013, S. 83). Probleme beim Einsatz von Tablets könnten aber auf einer administrativen, ökonomischen oder rechtlichen Ebene entstehen (Niegemann & Zander, 2013, S. 83). Die Autoren fassen zusammen, dass der Einsatz von Tablets in allen Schulen grundsätzlich möglich sei und dass der Einsatz aus instruktionspsychologischer Sicht erwünschte kognitive, motivationale und affektive Lerneffekte fördern könne, aber in diesem Kontext auch eine mediendidaktische Ausbildung für Lehrkräfte wichtig ist, um sich optimal mit der didaktischen Konzeption von Lern-Apps vertraut zu machen (Niegemann & Zander, 2013, S. 83).

Für den Medienpädagogen und Erziehungswissenschaftler Bachmair benutzen Lehrende Geräte wie Tablets und Smartphones „um den Lehrplan mit Fragestellungen des echten Lebens zu verknüpfen“ (Bachmair, 2013, S. 59). In seiner Didaktik mobilen Lernens konzentriert sich Bachmair auf die Verwendung des Smartphones im Schulunterricht, denn das Tablet würde, so Bachmair, das gängige Lernen weiterhin im lehrergeleiteten Unterricht stattfinden lassen. Das Smartphone hingegen passt nicht in diesen lehrergeleiteten Unterricht und schien bisher vielmehr „ein Produkt für plappernde Konversation und ablenkende Unterhaltung zu sein“ (Bachmair, 2013, S. 60). Deshalb schlägt er vor, dass Handy, ähnlich wie ein Buch, als Kulturressource zu sehen welches man sich nach einem humboldtschen Bildungsbegriff aneignen könne (Bachmair, 2013, S. 61). Die Integration des Smartphones im Alltag der Schülerinnen und Schüler macht es nämlich zu einer Kulturressource, dessen typische Funktionen, wie beispielsweise die Möglichkeit der schriftlichen und mündlichen Kommunikation, Bilder und Videos der Umgebung zu machen und Schrift- und Tonnotizen zu erstellen, es ermöglichen die Schülerinnen und Schüler „mit einfachen und komplexen Formen der Aneignung von Welt und mit deren Reflexion“ zu verbinden (Bachmair, 2013, S. 62). Anfangs förderte man eine kritische Medienerziehung bei Schülerinnen und Schülern mit präventiven Charakter um beispielsweise Abofallen, Cybermobbing und dergleichen zu vermeiden. Nun sollte man die digitalen Geräte als Kulturressource akzeptieren und sie in formalisierte Bildungsprozesse integrieren (Bachmair, 2013, S. 62). Um den Schulunterricht mit dem Handy planen und analysieren zu können, stellt Bachmair didaktische Eckpunkte auf, die man beachten solle: Das informelle, also außerschulische Lernen müsse in die formalisierten Bildungsvorgänge in der Schule integriert werden, mit dem Ziel Kultur und Schule zu vereinen (Bachmair, 2013, S. 65). Zudem müssten Episoden situierten Lernens geschaffen werden, d.h. Schülerinnen und Schüler eignen sich etwas in einer bestimmten Situation an, indem sie „Objekten, Emotionen, Vorgängen […] Texten und Medien Bedeutung verleihen“ (Bachmair, 2013, S. 66). Des Weiteren müssen Schülerinnen und Schüler müssen selbst Lern- und Medienkontexte generieren, z.B. indem sie Präsentationen, Lernvideos oder auch interaktive Ebooks erstellen. Weiterhin müsse man die Schülerinnen und Schüler als Experten ihres Alltagslebens in der Schule aktiv werden lassen, hierbei kann das Smartphone, laut Bachmair, eine wichtige Rolle spielen (Bachmair, 2013, S. 67).

Die Kontexte der Schülerinnen und Schüler sind für das situierte Lernen wichtig und gehören elementar zum Wissenserwerb und zu Lernprozessen dazu, sodass Schülerinnen und Schüler all das, was sie im außerschulischen Bereich können als Lerninhalt in der Schule einbringen können (Bachmair, 2013, S. 76).

2.1.3 Digitale Medien und neue Lehrkonzepte

Die Education Technology -Bloggerin Jackie Gerstein vergleicht die Möglichkeiten des Web 1.0, 2.0 und 3.0 und stellt dann Parallelen zur Education 1.0, 2.0 und 3.0. Laut Gerstein beeinflusst das Internet das Sein und das Tun der Menschen, und die Menschen beeinflussen wiederum die Entwicklung und die Inhalte des Internets in einem reziproken Prozess (Gerstein, 2013). Im Web 1.0 gab es, laut Gerstein wenig „user-generated content“ und die Hauptfunktion des Internet lag lediglich im Präsentieren von Inhalten. Gerstein meint, dass die Lernenden „are viewed as being the same” und dass Education 1.0 eine “one-size-fits-all” Pädagogik sei (Gerstein, 2014, S. 84). Die Aufgabe des Lehrers ist hierbei parallel zum Web 1.0 das zur Bereitstellen von Lerninhalten und der Lehrer entscheidet in diesem pädagogischen Modell, was, wie und wann gelernt wird (Gerstein, 2014, S. 86). Das Web 2.0 als Weiterentwicklung hingegen ermöglicht es den Nutzern mit Inhalten zu interagieren, indem sie diese kommentieren, verändern oder über soziale Netzwerke teilen können (Gerstein, 2014, S. 86). Laut Gerstein ereigne sich Education 2.0, wenn die Technologien des Web 2.0 die traditionelle Herangehensweise erweitern (Gerstein, 2014, S. 87). Education 2.0 verwendet Blogs, Podcasts, Social Bookmarking, die allerdings immer noch in Lehraktivitäten der Education 1.0 eingebettet sind, sodass man zwar neue Medien nutzt, die Lehrkraft aber immer noch die Entscheidungen über die Lerninhalte trifft. Education 3.0 hingegen stellt die Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt des Lernens. Laut Gerstein ist Education 3.0 nämlich „self-determined, interest-based learning where problem-solving, innovation, and creativity drive education“ (Gerstein, 2014, S. 90). Im Bereich der Education 3.0 haben also weder die Schule, noch der Lehrer, noch die Schulbücher ein Monopol auf Wissen, Inhalte oder den Erziehungsprozess (Gerstein, 2014, S. 90), denn die Schülerinnen und Schüler selbst würden zu Mentoren, Lehrern und „model-learners“ für die anderen Schülerinnen und Schüler werden, indem sie „best practices and strategies for effective learning“ teilen (Gerstein, 2014, S. 92). Für Gerstein muss der Lernende im Mittelpunkt aller Lehrbemühungen sein (Gerstein, 2014, S. 96). Im Folgenden Schema stellt Gerstein die Charakteristika von Education 1.0, 2.0, 3.0 gegenüber.

Tabelle 2: From Education 1.0 to Education 3.0 (Gerstein, 2013)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Meyer, Schuck und Coyle heben die Bedeutung der digitalen Medien im Kontext des pluriliteralen Lernes hervor (Meyer, Schuck und Coyle, 2017). Pluriliterales Lernen geht von der Prämisse aus, dass eine tiefere Lernumgebung nicht dadurch geschaffen ist, dass Lernende nur Inhalte auswendig lernen, sondern dass man als Lehrkraft vertieftes Fachwissen vermitteln muss, welches, so die Autoren, aus den Komponenten Fakten, Konzepten und Arbeitsmethoden bestehe (Meyer, Halbach und Coyle, n.d., S. 2). Für die Autoren ist schulisches Lernen ein zentraler Beitrag „zum Aufbau und zur Vertiefung konzeptuellen und transferfähigen Wissens und damit auch zur Entwicklung neuer, kreativer Denkmuster und zur Ausbildung verantwortungsvoller Bürger (Meyer et al., n.d., S. 3). Damit pluriliterales Lernen erfolgreich werde, müsse es, so die Autoren, in eine Lernumgebung eingebettet sein, die die gewünschten Lernergebnisse mit den Bedürfnissen einer heterogenen Schülerschaft verbindet (Meyer et al., 2017). Um eine solche Lernumgebung zu schaffen, ist es im Zuge der technologischen und soziokulturellen Entwicklung wichtig, auf education technology zurückzugreifen (Meyer et al., 2017). Für die Autoren ist das Entwickeln von digitalen Literacies von essenzieller Bedeutung, um ein pluriliteraler Bürger zu werden, was nicht ausschließlich durch den Einsatz eines Computers im Klassenraum erreicht werden könne (Meyer et al., 2017). Die Autoren sehen digitale literacies als Unterkategorie von allen fächerspezifischen Literacies, denn „digital literacies develop as learners apply subject specific skills and strategies to critically decode or encode digital text or work through digital channels i.e. they use digital modes to build and share knowledge” (Meyer et al., 2017). Der Kernpunkt der Theorie des Pluriliteracies to Teaching for Learning (PTL) besteht darin, dass man für die Schülerinnen und Schüler eine optimale affektive Lernumgebung schaffen müsse, dies sei durch den Einsatz von digitalen Technologien möglich, die aber keineswegs immer neu sein müssten (wie ein iPad oder eine VR-Brille), denn manchmal werden alte Technologien schlechterdings noch nicht als Lernwerkzeuge verstanden (Meyer et al., 2017). Meyer et al. fassen zusammen, dass „digital media and educational technologies must form an integral part of a deeper learning environment because of their potential to significantly increase learner engagement” […] (Meyer et al., 2017). Das Web 3.0 (siehe Absatz Gerstein) und die dazugehörigen Technologien sind „highly indicative of successful subject and language learning“ (Meyer et al., 2017). Um diesen Anspruch gerecht zu werden, eine deeper learning Umgebung zu schaffen und pluriliterales Lernen zu fördern, brauche es, so Meyer et al. nicht nur eine neue technologische Infrastruktur, sondern auch, Lehrende, die diese neuen Lehrstrategien benutzen und einsetzen können. Die folgende Tabelle zeigt, inwiefern digitale Medien (ICT) Lernumgebungen im Fremdsprachenunterricht erweitern können.

[...]

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss von Digitalen Medien auf das Scaffolding im Schulunterricht
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
41
Katalognummer
V452939
ISBN (eBook)
9783668861350
ISBN (Buch)
9783668861367
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, digitalen, medien, scaffolding, schulunterricht
Arbeit zitieren
Giuseppe Dennis Messina (Autor:in), 2018, Der Einfluss von Digitalen Medien auf das Scaffolding im Schulunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/452939

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