Diese Arbeit soll sich auf einen ganz besonderer Aspekt der Bild- und Kunstwissenschaften konzentrieren, die eng mit dem Thema eines zunächst biologischen Phänomens verbunden ist, dessen Erforschung von Biologen unter dem umfassenden Begriff Evolution subsumiert wird.
Es geht im Folgenden darum, wie die Theorien und Konzepte der Evolutionsidee, wie sie seit Darwin entwickelt wurde, in die Kulturwissenschaften zu transferieren. Die Idee, welche den neueren Ansätzen zugrunde liegt, besteht darin, dass sich die menschliche Kultur aufgrund evolutionärer Prozesse verändert und entwickelt, ähnlich wie in der Natur. Dies geschieht weniger auf der Ebene der Gene, als vielmehr auf der Ebene der Meme, den Inhalten unseres Geistes. Evolution ist bei dieser Sichtweise ein universaler Prozess, der überall dort abläuft, wo Informationen weitergegeben und verändert werden. In meiner Arbeit trifft nun das Thema Evolution mit dem Thema Kultur im Brennpunkt visueller Medien zusammen.
In den folgenden Teilen meiner Magisterarbeit werde ich zeigen, dass der Gedanke der Evolution von Bildern fruchtbar gemacht werden kann, wenn man die Frage der Bildreproduktion beantworten kann. Wie reproduziert sich der Inhalt eines Bildes? Um diese Frage zu beantworten, untersuchen die folgenden Kapitel drei Gegenstandsbereiche: Erstens betrifft dies, die von Richard Dawkins eingeführte Hypothese der Meme. Teil I der Arbeit soll diese Hypothese darlegen und zeigen, inwiefern sich diese als schlüssig und brauchbar erweist. Zweitens soll auf die traditionellen Herangehensweisen der Kunstgeschichte und Bildwissenschaft an das Phänomen des Wandels bildlicher Formen eingegangen werden (Teil II). Ziel sollte es sein, aus dem Wissen dieser Teilgebiete den Prozess der Bildkommunikation als evolutionären Prozess zu modellieren (Teil III).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Teil I Evolution
- Darwins Erbe
- Die Geschichte der Evolution
- Wie Evolution abläuft
- Evolution ist überall
- Kulturelle Evolution
- Die Memhypothese
- Vorgeschichte
- Einheiten der kulturellen Vererbung
- Probleme der Memhypothese
- Eine Theorie der Memetik
- Exkurs - Was ist ein Gen?
- Was ist ein Mem?
- Replikation
- Variation
- Selektion
- Erweiterte Phänotypen
- Kritikpunkte
- Lässt sich Kultur in ihre Einheiten zerlegen?
- Replikation oder Interferenz?
- Gerichtete Mutation?
- Entwickelt sich Kultur zu schnell, um darwinistisch zu sein?
- Zusammenfassung - kulturelle Evolution
- Meme, Geist, Gehirn und Kultur
- Die DNA der Kultur
- Wo sind Meme?
- Was ist das materielle Substrat der Meme?
- Repräsentationssysteme
- Kommunikationsmedien
- Die Entstehung von Kultur
- Die Kultur in ihrer Ursuppe
- Metarepräsentation
- Memetic Drive
- Kulturelle Evolution und der menschliche Geist
- Meme als Viren des Geistes
- Kreativität
- Der menschliche Geist als Kopierapparat?
- Fortschritt kultureller Evolution?
- Zusammenfassung – Meme, Geist, Gehirn und Kultur
- Zusammenfassung Teil I
- Rückblickende Betrachtungen
- Zwischenresümee und weiteres Vorgehen
- Teil II - Bilderwelten
- Einführung Teil II
- Bildkommunikation
- Bildbegriff und Bildfunktion
- Bildlichkeit
- Bilder machen Geschichte
- Das Bild im Gehirn
- Das Bild im Geist
- Bilder als Zeichen
- Bildsemiotik
- Bildsyntax
- Bildsemantik
- Grenzen der Bildsemiotik
- Repräsentationssystem Bild
- Abbildung und Wirklichkeit
- Repräsentieren
- Symbolisieren
- Metaphorisieren
- Ein kollektives Bildgedächtnis
- Das Gedächtnis
- Erinnern
- Kollektive Gedächtnisinhalte und Selbstkonzepte
- Zusammenfassung - Bildkommunikation
- Auf den Spuren Aby Warburgs
- Das Nachleben der Antike
- Die Erneuerung der heidnischen Antike
- Pathosformeln
- Der Bildatlas Mnemosyne
- Ein Atlas aus Bildern
- Mnemosyne die Mutter der Musen
- Wanderstraßen der Kultur
- Bilderfahrzeuge
- Symbol und mnemische Erbmasse
- Evolution der Ausdrucksgebärden
- Die Mnemetheorie von Richard Semon
- Aby Warburgs Symboltheorie
- Zusammenfassung - Aby Warburg
- Zwischenresümee Teil II
- Teil III - Brückenschlag
- Zusammenführung
- Bildevolution
- Mechanismen der Vererbung
- Bildmeme
- Replikation komplexer Inhalte
- Variation
- Selektion
- Strukturen im kollektiven Gedächtnis
- Bildmedien
- Die evolutionsbasierte Methode und ihre Anwendung
- Analysemethoden
- Beispiele
- Kulturelle Evolution als Erweiterung bisheriger Modelle
- Anwendungsgebiete
- Zusammenfassung Bildevolution
- Kulturelle Evolution und die Rolle von Memen
- Die Bedeutung von Bildern in der Kommunikation
- Die Entwicklung eines neuen medienwissenschaftlichen Konzepts der Bildevolution
- Die Analyse von Aby Warburgs Werk und seiner Bedeutung für die Bildgeschichte
- Die Anwendung der evolutionsbasierten Methode auf die Analyse von Bildern
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit von Robert Scholz befasst sich mit der Erforschung von Ansätzen zu einem neuen medienwissenschaftlichen Konzept, welches sich auf die Mimesis des Visuellen fokussiert. Die Arbeit zielt darauf ab, die evolutionären Prozesse im Bereich der Bildkommunikation zu verstehen und damit ein neues Verständnis der kulturellen Entwicklung von Bildern zu entwickeln.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und skizziert den Aufbau der Argumentation. Teil I beschäftigt sich mit den Grundlagen der Evolutionstheorie und ihrer Anwendung auf kulturelle Phänomene. Hierbei wird die Memhypothese von Dawkins vorgestellt und kritisch beleuchtet. Teil II widmet sich der Bildkommunikation, indem er den Begriff des Bildes und seine Funktionen in der Kultur beleuchtet. Warburgs Arbeit und sein Bildatlas Mnemosyne werden analysiert, um die Bedeutung von Bildern für die Entwicklung von Kultur und Gedächtnis zu verdeutlichen. Teil III schließlich führt die Ergebnisse der beiden vorherigen Teile zusammen und entwirft ein neues Konzept der Bildevolution, welches auf den Prinzipien der kulturellen Evolution basiert. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf zukünftige Forschungsfelder.
Schlüsselwörter
Mimesis des Visuellen, Medienwissenschaft, Kulturelle Evolution, Meme, Bildkommunikation, Bildsemiotik, Aby Warburg, Mnemosyne, Bildevolution, kollektives Gedächtnis
- Quote paper
- Robert Scholz (Author), 2011, Mimesis des Visuellen. Ansätze zu einem neuen medienwissenschaftlichen Konzept, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/453395