Das Alhambra Edikt. Die Ausweisung der spanischen Juden im 15. Jahrhundert


Term Paper (Advanced seminar), 2018

18 Pages, Grade: 2,0

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

1.0 Einleitung
1.1 Literatur

2.0 Jüdisches Leben auf der Iberischen Halbinsel
2.1 Jüdisches Leben unter muslimischer Herrschaft
2.2 Jüdisches Leben unter christlicher Herrschaft
2.3 Ein Jahrhundert im Wandel

3.0 Das Alhambra Edikt
3.1 Folgen des Edikts

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

1.0 Einleitung

Die Thematik der Migration ist in den heutigen Tagen aktueller denn je. 100.000 Menschen verlassen ihre Heimat auf der Suche nach einem besseren Leben. Die jüdische Bevölkerung in Spanien hingegen war nicht auf solch einer Suche. Sie hatten eine Heimat auf der iberischen Halbinsel gefunden und waren Teil der dortigen Gesellschaft. Tief verwurzelt in ihrem Glauben konnten sie diesen offen ausleben. Jene “goldene Zeit” unter muslimischer Herrschaft soll ein Aspekt der Hausarbeit darstellen. Die, aus heutiger Sicht eher ungewöhnliche, Symbiose der beiden Weltreligionen wurde vollends durch die Herrschaft durch Ferdinand und Isabella 1492 beendet. In diesem Jahr endete die letzte muslimische Herrschaft in Spanien durch den Fall von Grenada. Durch das katholische Königshaus wurde die Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung in dieser Zeit auf ein Höchststand gebracht. Eine juristische Manifestation dieser Verfolgung sollte das Edikt von Alhambra darstellen. Teil der Hausarbeit wird es ebenfalls sein die Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung in den Fokus zu setzen. Wie sah das Leben unter muslimischer Herrschaft für die Juden aus? Wie unter christlicher? Chronologisch folgend wird der Blick im Anschluss auf das Edikt und seine Folgen gelegt. Hierbei soll aufgeschlüsselt werden, wie das Ausweisungsedikt ausgesehen und welchen Inhalt es besaß. Die Folgen des Edikts stellen ebenfalls einen wichtigen Aspekt dieser Arbeit dar. Die Leitfrage soll hierbei lauten: Inwieweit gab es durch die Geschehnisse Veränderungen in der Lebenswelt der jüdischen Bevölkerung?

1.1 Literatur

Die wichtigste Grundlage für eine gut strukturierte Hausarbeit ist die Literatur- und Quellenarbeit. Bei der Thematik “jüdische Geschichte in Spanien” ist diese besonders ergiebig. An dieser Stelle wären eine Vielzahl an Überblickswerken zu nennen, welche die Thematik aufgreifen. In den Vordergrund soll Bernd Rothers “Die Iberische Halbinsel[1] gesetzt werden. Rother, Mitarbeiter der Willy-Brandt-Stiftung und Historiker, beschreibt chronologisch die Geschichte der Juden in Spanien seit der Antike. Ebenfalls wird auch das goldene Zeitalter im maurischen Spanien, Juden im christlichen Spanien und die Vertreibung thematisiert. Rother bietet ein sehr gelungenes Überblickswerk und liefert einen guten Einstieg in die Thematik. Um das Verständnis für die Ausweisung der Juden aus Spanien tiefergehend zu festigen sollen an dieser Stelle exemplarisch Joseph Pèrez[2] und Haim Beinart[3] genannt werden. Beide Autoren beschäftigen sich explizit mit der Ausweisung der jüdischen Bevölkerung. Neben diesen genannten Autoren ist es auffällig, dass ein Großteil der erschienenen Literatur aus dem Jahre 1992 stammt. Dies ist offensichtlich dem 500. jährigen Jahrestag des Alhambra Edikts geschuldet.

In den folgenden Teilaspekten der Arbeit soll nun gezeigt werden, wie sich der jüdische Glaube unter den verschiedenen Herrschaftshäusern etablierte. Des Weiteren soll herausgestellt werden wie sich das Ausweisungsedikt auf die Lebenswelt der spanischen Juden auswirkte.

2.0 Jüdisches Leben auf der Iberischen Halbinsel

Bereits zu römischer Zeit erwuchsen erste jüdische Gemeinden auf der Iberischen Halbinsel; in den Gebieten des heutigen Spanien und Portugal. Mit dem aufkommenden Christentum im 3. Jahrhundert breiteten sich schon frühzeitig die ersten Diskriminierungen gegen die jüdische Religionsgemeinschaft aus. Eine Änderung dieser Umstände war anfänglich unter der aufkommenden muslimischen Herrschaft zu erkennen. Unter jener arabischer Herrschaft fand eine Blütezeit, ein goldenes Zeitalter des Judentums, statt. Durch die sich etablierende christliche Herrschaft kam es wiederum vermehrt zu Verfolgungen, Ausgrenzungen und Diskriminierungen, welche im Edikt von Alhambra 1492 mündeten.[4]

Im Folgenden soll ein chronologisches Bild der Zeit unter muslimischer, sowie unter christlicher Herrschaft gezeichnet werden.

2.1 Jüdisches Leben unter muslimischer Herrschaft

Im Verlauf des 7. Jahrhunderts n. Chr. formierte sich, wie es Bossong ausdrückt, “am Rande der bewohnten Welt[5] eine völlig neue Form der Gottesverehrung; der Islam. Schon frühzeitig, nur etwa 100 Jahre nach Gründung der späteren Weltreligion, waren es die Moslems, welche im Jahre 709 n. Chr. die Iberische Halbinsel betraten und innerhalb weniger Jahre fast vollständig den südwesten Europas unter ihre Herrschaft brachten. Für die jüdische Bevölkerung war diese Eroberung ein Segen, da sie sich nun offen zu ihrem Glauben bekennen durfte. Unter der vorherherrigen Herrschaft des Christentum war dies nicht möglich. In jener Zeit musste die jüdische Bevölkerung ihren Glauben aufgeben und sich taufen lassen; sie wurden dadurch zu Neuchristen.[6] Der Umstand sollte sich hingegen unter der islamischen Herrschaft ändern. Die jüdische Bevölkerung sah die fremden Truppen als Befreier an[7], welche eine tolerante Art der Herrschaft mit sich brachten[8]. An dieser Stelle ist jedoch hinzuzufügen, dass die Juden nicht gänzlich gleichberechtigt zur muslimischen Bevölkerung gesehen wurden. Sie erhielten einen niederen Status, konnten aber frei und ohne Verfolgung ihren Glauben und ihre Rituale ausleben. Für die kommenden vier Jahrhunderte herrschte ein toleranter Islam über die Iberische Halbinsel, was zur Folge hatte, dass ein goldenes Zeitalter für die jüdische Gemeinschaft anbrach.

Für das Zusammengehörigkeitsgefühl der jüdischen Bevölkerung war die Zeit zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert ungemein wichtig. Bossong geht sogar soweit, dass er sagt, dass dadurch “eine sephardische Identität[9] ausgeprägt wurde. Unterstützt wurde dieser Umstand, dass Neuchristen zurück zum jüdischen Glauben fanden und Vertriebene zurück auf die Iberische Halbinsel fanden. Für diese Blütezeit ist sinnbildlich das 10. Jahrhundert zu nennen. Im Kalifat von Cordoba ernannte sich Abd al-Rahman selbst zum obersten Herrscher und emanzipierte sich dadurch von der Führungsebene in Bagdad. Seine Regierungszeit (912 - 976 n. Chr.) stach durch einen gelebten Frieden und Toleranz hervor. Es war eine Hochzeit des wissenschaftlichen Lebens, der florierenden Wirtschaft und des Kunstschaffen. Cordoba galt hierbei als kosmopolitische Großstadt und Mittelpunkt jenes Toleranzgedankens. Wie es Bossong beschreibt, “kam es zu der welthistorisch einzigartigen Verschmelzung von jüdischer und arabischer Kultur, die das goldene Zeitalter des mittelalterlichen Sephardentums ausmachte[10]. Ein weiteres Element, welches das jüdische Leben auf der Iberischen Halbinsel animierte, war der erleichterte Austausch mit den jüdischen Religionsschulen im Nahen Osten, welche sich ebenfalls unter der Herrschaft des Islams befanden. Es ward folglich eine gute Grundlage für ein positives Zusammenleben geschaffen. Wie weit diese interkulturelle Zusammenarbeit gegeben war, belegt das Beispiel um Chasdai ibn Schaprut. Er fungierte als Politiker im Kalifat und erreichte den Status eines Wesirs (Minister)[11]. Seine Hauptaufgaben bestanden darin, als Diplomat, Berater und oberster Militär zu fungieren.

Nach dem Untergang des Kalifats (1009 - 1031) zerfiel das Reich in viele kleine Königreiche, was zu einer gewissen Instabilität des Konstrukts führte. Die Hochzeit der jüdischen Partizipation am öffentlichen Leben wurde durch diesen Zustand jedoch nicht tangiert. In einigen Königreichen strebten sie die höchsten Staatsämter an und erreichten sie auch. Bernd Rother kann hierfür an dieser Stelle nur spekulative Gründe anbringen. Für ihn besteht die Möglichkeit, dass es aufgrund eines kulturellen Konkurrenzkampfes unterhalb der Königshöfe oder aber durch eine weitere Liberalisierung dazu kommen konnte, dass auch die jüdische Bevölkerung in hohe Staatsämter einziehen konnte.[12].

Der tolerante Islam des maurischen Spanien fand sein jähes Ende mit der Eroberung der Iberischen Halbinsel durch die Almohaden (Anfang 12. Jahrhundert), einem Stamm der Berber. Die Absicht der Eroberer war es eine Art Ur-Islam einzuführen in dem ein islamisches Staatssystem herrschte; für die jüdische Bevölkerung war kein Platz mehr in diesem System. Ihre Gotteshäuser wurden durch die muslimischen Herrscher zerstört und die Bevölkerung vor die Wahl gestellt: Konversion oder Ausgrenzung[13]. Viele Juden ließen sich zum Schein taufen; andere verließen das Land und suchten in der Ferne nach ihrem Glück. Ein Großteil der jüdischen Bevölkerung fand ihren Weg in den benachbarten Norden der Halbinsel. Die dortigen katholischen Herrscher stellten die immigrierten Juden unter ihren Schutz. Aufgrund dessen kam es dazu, dass der Lebensmittelpunkt der sephardischen Juden vom Süden der Halbinsel in den Norden rückte.[14]

In jenen Jahren kämpften die beiden großen Religionen Christentum und Islam um die Vorherrschaft auf der Iberischen Halbinsel. Die Zeit der gegenseitigen Duldung war durch die Etablierung der Almohaden passé. In den folgenden 100 Jahren kam es immer wieder zu verschiedenen Feldzügen zwischen den beiden religiösen Systemen; auf Seiten der christlichen Herrscher “Große Reconquista” genannt. Mitte des 13. Jahrhunderts fand diese ihren Abschluss. Bis auf einen kleinen Teil im Südosten der Halbinsel, das Königreich von Granada, war die Iberische Halbinsel vollends unter christlicher Kontrolle.

2.2 Jüdisches Leben unter christlicher Herrschaft

Wie zu Beginn bei 2.1 soll an dieser Stelle ebenfalls ein chronologischer Überblick, allerdings über das jüdische Leben unter christlicher Herrschaft, geliefert werden. Seit der Invasion durch die muslimischen Eroberer im 8. Jahrhundert besaßen die christlichen Herrscher nur noch kleine Gebiete im nördlichen Spanien. Überlieferungen über jüdische Glaubensgemeinschaften in dieser Zeit gibt es nicht.[15] Erste Belege hierfür sind erst aus dem 9. Jahrhundert überliefert[16], wobei genaue Zeugnisse nochmals ein Jahrhundert jünger sind. Zu lokalisieren sind jene ersten jüdischen Gemeinschaften im Norden der Iberischen Halbinsel im Raum Barcelona, wobei andere Territorien im Laufe des 11. Jahrhunderts ebenfalls eine Vielzahl an jüdischen Emigranten anzogen (z.B. Navarra, Aragon, etc.). Die ersten jüdischen Einwanderer kamen hierbei aus dem Norden in den nördlichen Teil der Iberischen Halbinsel, wohingegen nach den christlichen Feldzügen gegen den Süden eine Vielzahl an jüdischen Migranten von dort ihre Reise gen Norden antraten.

Wie kann es aber nun sein, dass sich der christliche Norden für die fremde Religionsgemeinschaft öffnete, nachdem sie sie vorher diskriminiert hatte? Für die jüdische Bevölkerung war der christliche Norden, wie es Bernd Rother ausdrückt, “das kleinere Übel[17], im Gegensatz zur Unterdrückung der islamischen Herrschaft. Die vergangenen Bestimmungen, welche unter der Herrschaft der Westgoten ihre Legitimation hatten[18], waren nur noch pro forma. Die Christen räumten den Juden Privilegien ein, welche einen Anreiz für eine Ansiedlung boten.[19] Grundlage für diese waren ökonomische und politische Aspekte. Da die eroberten Bereiche von der muslimischen Bevölkerung verlassen wurden, musste eine neue Ansiedlung stattfinden. Die Juden fungierten in diesen Teilen als Landwirte, Handwerker oder Händler.[20] Es bestand ebenfalls die Möglichkeit für sie die Aufgabe von höheren Staatsämtern zu übernehmen. Dieser Zustand war ein Unikum im christlichen Europa. Der rechtliche Status, der den Privilegien zu Grunde lag, wurde in den “Fueros” reguliert. Schirmherr war der König, der einzelnen Regionen die Sonderrechte gewährte. Als Beispiel fügt Rother an dieser Stelle das Blutgeld an, welches bei der Ermordung eines Juden zu entrichten war, wobei sich die Höhe an einem christlichen Adeligen orientierte.[21] Dass wiederum soll mitnichten bedeuten das Juden und Christen gleichgestellt waren, jedoch, dass sie unter dem königlichen Schutz standen.

[...]


[1] Rother, Bernd: Die Iberische Halbinsel, in: Handbuch zur Geschichte der Juden in Europa, Bd. 1. Länder und Regionen, Darmstadt 2012, S. 325 - 350.

[2] Pèrez, Joseph: History of a Tragedy: The Expulsion of the Jews from Spain, Chicago 2007.

[3] Beinart, Haim: The Expulsion of the Jews from Spain, Portland 2002.

[4] Ortag, Peter: Jüdische Kultur und Geschichte. Ein Überblick, Potsdam 2009, S. 85.

[5] Bossong: Die Sepharden. Geschichte und Kultur der spanischen Juden, München 2008, S. 20.

[6] Ebd. S. 19.

[7] Benbassa, Esther: Die Geschichte der sephardischen Juden. Von Toledo bis Saloniki, Bochum 2005, S. 19.

[8] Pérez: History of a Treagedy, S. 9.

[9] Bossong: Die Sepharden, S. 21.

[10] Bossong: Die Sepharden, S. 21.

[11] Rother, Bernd: Die Iberische Halbinsel, S. 328.

[12] Ebd., S. 329.

[13] Ebd., S. 331.

[14] Bossong: Die Sepharden., S. 32-33.

[15] Rother: Die Iberische Halbinsel, S. 332.

[16] Poliakov, Léon: Geschichte des Antisemitismus. III. Religiöse und soziale Toleranz unter dem Islam, Worms 1979, S. 108.

[17] Rother: Die Iberische Halbinsel, S. 332.

[18] Roth, Norman: Coexistence and Confronation: Jews and Christians in Medieval Spain, in: The Jews of Spain and the Expulsion of 1492, Hrsg.: Lazar, Moske, Lancester 1997, S. 1.

[19] Beuys, Barbara: Heimat und Hölle. Jüdisches Leben in Europa durch zwei Jahrtausende, Hamburg 1996, S. 277.

[20] Rother: Die Iberische Halbinsel, S. 332.

[21] Ebd., S. 332.

Excerpt out of 18 pages

Details

Title
Das Alhambra Edikt. Die Ausweisung der spanischen Juden im 15. Jahrhundert
College
University of Trier  (Fachbereich 3 - Mittelalterliche Geschichte)
Grade
2,0
Year
2018
Pages
18
Catalog Number
V453987
ISBN (eBook)
9783668862371
ISBN (Book)
9783668862388
Language
German
Keywords
Alhambra, Juden, Judenverfolgung, Iberische Halbinsel, Alhambra-Edikt, Isabella, Ferdinand, Reconquista, Inquisition, spanien, spanische geschichte
Quote paper
Anonymous, 2018, Das Alhambra Edikt. Die Ausweisung der spanischen Juden im 15. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/453987

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