Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Symbolverzeichnisverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Erklärungsansätze zur Vergütung des Managements
2.1 Prinzipal-Agent-Theorie
2.2 Optimal Contracting und Managerial Power Approach
2.3 Corporate Governance und Managementvergütung
3 Managementvergütung und Deutscher Corporate Governance Kodex
3.1 Zuteilungs- und Auszahlungskriterien der Managementvergütung
3.2 Entwicklung und Grundlagen des DCGK
3.3 Managementvergütung im DCGK und bisherige Forschung
4 Datenanalyse zur Auswirkung des Deutschen Corporate Governance Kodex auf die Managementvergütung
4.1 Datenbeschreibung, Ablauf der Datenanalyse und Datenüberblick
4.2 Zentrale Ergebnisse der Datenanalyse
4.3 Bewertung der zentralen Ergebnisse zur Beantwortung der Forschungsfrage und Ausblick auf weitere Forschungsaktivitäten
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Aufbau der Arbeit
Abb. 2 Nutzenmaximierung des Managers bei nicht-eigentümergeführten Unternehmen
Abb. 3 Klassifizierung von Corporate Governance Bestimmungen
Abb. 4 Kategorisierung der Anreizwirkung von variablen Vergütungskomponenten
Abb. 5 Vergütungskomponenten und aktienbasierte Vergütung DAX und MDAX
Abb. 6 Entwicklung der Vergütungshöhe von Vorstandsvorsitzenden 2013 bis 2017
Abb. 7 Entsprechungserklärung und Abweichungen DCGK
Abb. 8 Darstellung von Gewährung und Zufluss sowie der Zielvergütung
Abb. 9 Vergütungsstruktur DAX und MDAX
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Veränderungen im DCGK zum Thema Vorstandsvergütung
Tab. 2 Empirische Einflussfaktoren der Managementvergütung
Tab. 3 Ausprägung der übergeordneten Datenpunkte
Tab. 4 Ergebnis der Datenanalyse zu den Empfehlungen und Anregungen des DCGK
Symbolverzeichnisverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Der Informationsdienstleister Bloomberg berichtete am 23. März 2018: „ING Groep NV abandoned a plan to boost CEO Ralph Hamers’s pay after fierce criticism from Dutch leaders including Prime Minister Mark Rutte and Finance Minister Wopke Hoekstra.“ [1] Mit der hier thematisierten Entscheidung wird sowohl das öffentliche als auch das politische Interesse bezüglich der Entlohnung des Managements2 von Kapitalmarktgesellschaften3 deutlich. Dieses Interesse ist ebenfalls auf Deutschland übertragbar, womit gesetzliche Vorgaben und Richtlinien wie der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) u. a. für Politik, Unternehmen und Anleger an Bedeutung gewinnen. Zudem steigt für institutionelle Investoren die Relevanz der Themenfelder Corporate Governance und Nachhaltigkeit stetig,4 wodurch neben der Höhe der Managergehälter auch die Vergütungssysteme in den Fokus der Anlageentscheidung rücken.
Die vorliegende Studienarbeit beschäftigt sich daher mit folgender Forschungsfrage: Wie wirken sich die Empfehlungen und Anregungen des DCGK auf die Vergütungssysteme für das Management von DAX- und MDAX-Gesellschaften aus? Die Kernkonzepte der Fragestellung sind der DCGK, die Ausgestaltung der Vergütungssysteme, die Personengruppe Management sowie die Eingrenzung auf Gesellschaften, die in den beiden deutschen Aktienindizes DAX (Deutscher Aktienindex) und MDAX (Mid-Cap-DAX) geführt werden.
Bei DAX- und MDAX-Unternehmen handelt es sich in Bezug auf die Marktkapitalisierung um die größten der in Deutschland börsennotierten Gesellschaften. Der DAX und der MDAX werden von der Deutschen Börse berechnet.5 Der DAX als Aktienindex repräsentiert rund 75% des börsennotierten Grundkapitals in Deutschland.6 Der MDAX umfasst mittelgroße börsennotierte Gesellschaften, die – vereinfacht ausgedrückt – ab einer bestimmten Marktkapitalisierung in den DAX ‚aufsteigen‘. Für DAX- und MDAX-Unternehmen gelten im Vergleich zu anderen in Deutschland börsen- sowie nicht börsennotierten Gesellschaften erhöhte Transparenzanforderungen für die Berichterstattung.7
Aus der Forschungsfrage können für diese Arbeit folgende Problemstellungen abgeleitet werden: 1) Welche dominierenden theoretischen Erklärungsansätze existieren hinsichtlich der Vergütung von Managern? 2) In welchem Verhältnis steht der Themenbereich Managementvergütung zum übergeordneten Konzept Corporate Governance? 3) Welche Komponenten finden sich in bestehenden Vergütungssystemen wieder? 4) Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem DCGK und internationalen sowie nationalen gesetzlichen Vorgaben? 5) Welche Anregungen und Empfehlungen enthält der DCGK bezogen auf die Managementvergütung? 6) Inwiefern ist der bisherige Forschungsstand auf die Forschungsfrage dieser Studienarbeit übertragbar?
Nach der Bearbeitung der abgeleiteten Problemstellungen soll die Forschungsfrage mittels einer Datenanalyse mit eigener Datenerhebung beantwortet werden. Die Datenanalyse unterscheidet sich von bisherigen Forschungsansätzen insbesondere durch den Fokus auf Deutschland und den DCGK sowie die Kleinteiligkeit der erhobenen Daten. Abbildung 1 veranschaulicht den Aufbau der Arbeit zur Bearbeitung der abgeleiteten Problemstellungen und zur Beantwortung der Forschungsfrage.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1 : Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Erklärungsansätze zur Vergütung des Managements
2.1 Prinzipal-Agent-Theorie
Die Prinzipal-Agent-Theorie zählt neben der Transaktionskostentheorie und der Verfügungsrechtstheorie zu den bekanntesten Theorien der Neuen Institutionenökonomik.8 Zentrale Grundannahmen der Prinzipal-Agent-Theorie und der Neuen Institutionenökonomik sind, dass sich die Handlungen von Institutionen aus der Summe der Handlungen der einzelnen Mitglieder ergeben,9 dass begrenzte Fähigkeiten der Informationswahrnehmung und -verarbeitung zu einer beschränkten Rationalität führen10 und dass eine individuelle Nutzenmaximierung vorliegt.11
Nach der Prinzipal-Agent-Theorie delegiert der Prinzipal (Auftraggeber) Entscheidungskompetenzen an den Agenten (Auftragnehmer), um sich dessen Handlungsfähigkeiten u. a. in Form von Spezialisierungsvorteilen zunutze zu machen.12 Dabei wird davon ausgegangen, dass zwischen dem Agenten und dem Prinzipal unterschiedliche Informations-, Interessen- und Risikoverteilungen sowie unvollständige Verträge vorliegen.13 In Verbindung mit dem Ziel der persönlichen Nutzenmaximierung treten vor diesem Hintergrund sogenannte Agency-Kosten auf.
In der Literatur wird zwischen vier Formen der Informationsasymmetrie differenziert. Von diesen sind für eine Untersuchung zum Thema Vergütung die Ausprägungen ‚Hidden Information‘ und ‚Hidden Action‘ von Bedeutung. Erstere bezeichnet die Ausnutzung eines (aufgrund von Fach- oder Prozesswissen bzw. Wissen über die Wirkung von Umwelteinflüssen bestehenden) Informationsvorteils durch den Agenten bei der Entscheidungsfindung.14 Hidden Action beschreibt den Sachverhalt, dass der Prinzipal aufgrund der Wirkung von externen Einflüssen nur die Ergebnisse, aber nicht die Handlungen des Agenten beurteilen kann15 und charakterisiert damit ein zentrales Problemfeld für die Bemessung der leistungsabhängigen Vergütungskomponente von Managern.
Bei der Beziehung zwischen Eigentümer und Manager stehen in der Literatur die Agency-Kosten des Eigenkapitals im Fokus, die infolge der Trennung von Eigentum und Leitung des Unternehmens entstehen.16 Dies kann anhand des nachfolgenden Beispiels zu einem eigentümergeführten Unternehmen verdeutlicht werden (Beispiel bis einschließlich Abbildung 2 nach Jensen und Meckling(1976)):17
Der Manager eines eigentümergeführten Unternehmens trifft die Entscheidung, seinen eignen Nutzen unter Berücksichtigung der Nutzenfunktion (U) zu maximieren. Der Nutzen für den Manager und gleichzeitigen Eigentümer ergibt sich dabei aus dem Unternehmenswert (V) und dem Konsum von nicht-pekuniären Leistungen (F). Letztere sind aus dem Unternehmensvermögen finanzierte Leistungen an den Manager, die für die Tätigkeit der Unternehmensleitung nicht notwendig sind. Das Optimum (A) ist erreicht, wenn die Ausgabe einer weiteren Geldeinheit für nicht-pekuniäre Leistungen und der Anstieg des Unternehmenswerts um eine weitere Geldeinheit zu einem identischen Grenznutzen für den Manager und gleichzeitigen Eigentümer führen (siehe Abbildung 2).
Wird nun ein Anteil (S) des zuvor eigentümergeführten Unternehmens verkauft, entstehen infolge der unterschiedlichen Interessen des neuen Anteilseigners und des Managers Agency-Kosten. Der Verkauf führt dazu, dass der Manager nur noch einen Teil (1-S) der Kosten für den Konsum von nicht-pekuniären Leistungen im Wert von einer Geldeinheit trägt. Daher verschiebt sich das Optimum aus Unternehmenswert (V) und nicht-pekuniären Leistungen (F) für den Manager von (A) auf das Optimum (B) (siehe Abbildung 2). Unter der Annahme, dass der neue Anteilseigner das Verhalten des Managers nicht im Vorfeld antizipiert, belastet der im Vergleich zur Ausgangslage höhere Konsum von nicht-pekuniären Leistungen (F) ausschließlich den neuen Anteilseigner.
Antizipiert der neue Anteilseigner im Vorfeld das Verhalten des Managers, spiegelt sich dies im Kaufpreis für die Anteile (S) sowie im Unternehmenswert (V) wider, wodurch der im Vergleich zur Ausgangslage höhere Konsum von nicht-pekuniären Leistungen (F) den neuen Anteilseigner nicht belastet. In diesem Fall verschiebt sich das Optimum von (A) auf das Optimum (C).
Abbildung 2 veranschaulicht die drei dargestellten Szenarien mit den Optima A, B und C. Allgemein kann daraus abgeleitet werden, dass das Ziel des Managers nach der Prinzipal-Agent-Theorie in der Nutzenmaximierung liegt. Bei einem nicht-eigentümergeführten Unternehmen erfolgt die Nutzenmaximierung des Managers durch den Konsum von unternehmenseigenen Ressourcen auf Kosten der anderen Anteilseigner. Diese Kosten, die sogenannte Agency-Kosten darstellen, steigen bei abnehmendem Anteilsbesitz des Managers.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: in Anlehnung an: Jensen/ Meckling (1976), S. 312
Abb. 2 : Nutzenmaximierung des Managers bei nicht-eigentümergeführten Unternehmen
Zur Senkung der Agency-Kosten und somit zur Reduktion des Konsums von nicht-pekuniären Leistungen des Managers eignen sich sogenannte Monitoring- und Bonding-Aktivitäten.18 Für das Themengebiet Vergütung sind lediglich von den nicht in die Führung des Unternehmens involvierten Eigenkapitalgebern durchgeführte Monitoring-Aktivitäten von Relevanz. Hierunter werden u. a. Informations-, Kontroll- und Vergütungssysteme sowie Budgetrestriktionen gefasst.19 Es wird davon ausgegangen, dass die Durchführung von Monitoring-Aktivitäten die Agency-Kosten mit einer abnehmenden Grenzrate vermindert, wodurch der Unternehmenswert ansteigt. Eine sinkende Grenzrate impliziert zudem ein Optimum der Monitoring-Aktivitäten zur Reduzierung der Agency-Kosten.20
2.2 Optimal Contracting und Managerial Power Approach
Der Optimal Contracting Approach geht davon aus, dass ein Interessenausgleich zwischen dem Agenten und dem Prinzipal durch einen optimalen, anreizkompatiblen Vertrag zustande kommt. Die Ausgestaltung des Vertrags, der in Unternehmen in der Regel zwischen Management (Prinzipal) und Aufsichtsrat (Agent) geschlossen wird, kann anhand des nachfolgend erläuterten binären Prinzipal-Agent-Modells unter Berücksichtigung der Informationsasymmetrie ‚Hidden Action‘ untersucht werden.21
Der Kernpunkt dieses Modells liegt in der asymmetrischen Informationsverteilung (Hidden Action) zwischen Agenten und Prinzipal bezüglich der Beurteilung des Arbeitsniveaus, woraus ein Moral-Hazard-Problem22 entsteht. Das Arbeitsniveau des Agenten ist aufgrund der Wirkung von externen Einflüssen für den Prinzipal nicht messbar. Die Ausgestaltung der Vergütung beinhaltet eine Teilnahme- und Partizipationsbedingung, sodass sie anreizbezogen erfolgt. Der Agent legt in Abhängigkeit von dem für ihn zu erwartenden Nutzen aus der Vergütung sowie den sonstigen Leistungen (u. a. Reputation, Karrierechancen) sein Arbeitsniveau fest. Die Höhe der Vergütung wird nach dem Optimal Contracting Approach von Markt- und Kontrollfaktoren begrenzt.23
Als relevante Marktfaktoren werden Angebot und Nachfrage erachtet.24 Der Anstieg eines Managergehalts ist danach über einen Angebotsengpass erklärbar. Eine erhöhte Nachfrage nach Managementleistungen kann beispielsweise aus der komplexeren und global agierenden Wirtschaft oder hohen Skaleneffekten infolge der Spezialisierung des Managers resultieren.25
Drei Mechanismen stellen nach der Literatur die Kontrollfaktoren dar. Zum einen wirkt der Wettbewerb zwischen Managern begrenzend auf die Vergütung.26 Dies wird damit begründet, dass ein stetiger Vergleich zwischen den aktuellen und den am Markt verfügbaren Managern vollzogen wird, womit die Manager im Interesse der Eigentümer handeln.27 Zudem fungiert der Aufsichtsrat als ‚line of defense‘ gegenüber opportunistisch oder ineffizient agierenden Managern.28 Ferner führt die Partizipation der Manager am Erfolg des Unternehmens (Pay for Performance) zu einer Angleichung der Interessen zwischen Prinzipal und Agent.29
Ein Kritikpunkt am Optimal Contracting Approach besteht darin, dass der Prinzipal zur Erreichung der besten Lösung bei der Vergütung die Nutzenfunktion des Managers sowie dessen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten berücksichtigen muss. Ein weiteres zentrales Gegenargument, das auch im Rahmen des Managerial Power Approach aufgegriffen wird, stellt die Unabhängigkeit des Aufsichtsrates gegenüber den Managern dar. Daher besteht sowohl zwischen Aufsichtsrat und Eigentümern als auch zwischen Aufsichtsrat und Managern jeweils eine Prinzipal-Agent-Beziehung.30
Der Managerial Power Approach entwickelte sich aus der Kritik am Optimal Contracting Approach aufgrund unterschiedlicher empirischer Studien, deren Ergebnisse nicht unbedingt mit dem Optimal Contracting Approach vereinbar waren.31 Im Gegensatz zu Letzterem wird nach dem Managerial Power Approach die Festlegung der Vergütung nicht nur als Lösungsansatz für das Prinzipal-Agency-Problem, sondern ebenfalls als Problem innerhalb der Prinzipal-Agent-Beziehung betrachtet.32
Als Teil des Prinzipal-Agency-Problems erlangen Manager infolge ihrer stärkeren Position bei der Vertragsverhandlung eine Vergütung oberhalb des durch den Optimal Contracting Approach erklärbaren Niveaus – die sogenannten Rents.33 Diese führen zu einer Belastung der Eigenkapitalgeber. Die Entstehung der Rents kann auf die Ineffektivität der genannten Kontrollmechanismen (Wettbewerb, Aufsichtsrat, Partizipation für Leistung) zurückgeführt werden. Im Vergleich zum Optimal Contracting Approach wird beim Managerial Power Approach lediglich davon ausgegangen, dass die Kontroll- und Marktfaktoren Beschränkungen hinsichtlich der Vergütung darstellen.34
Da die Kontroll- und Marktfaktoren lediglich eingeschränkt wirken, verfügen Manager bezüglich ihrer Vergütung über Verhandlungs- und Durchsetzungsmacht gegenüber dem Aufsichtsrat, der die Vergütung in der Regel festlegt.35 Es besteht demnach ein positiver Zusammenhang zwischen der Macht des Managers und der Erzielung von Rents.
Die Höhe der Rents wird durch die sogenannten Outrage Costs des vorgeschlagenen Vergütungsplans begrenzt, wobei ein Zusammenhang zwischen den Outrage Costs und dem Willen des Aufsichtsrats besteht, den Vergütungsplan abzulehnen.36 Outrage Costs entstehen durch die Empörung von Außenstehenden, etwa der Politik, der Medien oder der Öffentlichkeit, in Bezug auf die Vergütung des Managements. Die Außenwahrnehmung ist somit der zentrale Begrenzungsfaktor der Vergütung im Managerial Power Approach. Hohe Outrage Costs können zu Reputationsschäden für die Manager und die Aufsichtsräte führen, woraus eine nachlassende Unterstützung der Eigenkapitalgeber für beide resultieren kann.37
Die Existenz verschiedener Vergütungsbestandteile (fixe und variable Vergütung) folgt beim Optimal Contracting Approach aus der Teilnahme- und der Partizipationsbedingung. Vertreter des Managerial Power Approach hingegen betrachten die Nutzung von differenzierten Vergütungsbestandteilen als Camouflage. Der Begriff beschreibt sämtliche Maßnahmen, die dazu dienen, Outrage Costs bei der Gewährung von Rents zu senken oder zu vermeiden.38 Dies wird damit begründet, dass die Nutzung verschiedener, nicht-transparenter Vergütungsbestandteile den Erwartungswert der Vergütung für den Manager im Vergleich zu einer Barzahlung bei konstanten Outrage Costs maximiert.39
Ein Kritikpunkt am Managerial Power Approach besteht darin, dass weder Outrage Costs noch Camouflage vollständig empirisch messbar und überprüfbar sind.40 In der einschlägigen Literatur ist zudem nicht abschließend geklärt, wann Outrage Costs entstehen und welche Stakeholder diese verursachen. Die Managementvergütung sollte daher im Einklang mit der Literatur sowohl unter Heranziehung des Optimal Contracting Approach als auch des Managerial Power Approach beurteilt werden, da beide Ansätze durch diverse Studien belegt werden können, welche in Kapitel 3.3 genauer betrachtet werden.
2.3 Corporate Governance und Managementvergütung
Die Diskussion über Corporate Governance geht auf eine Untersuchung von Berle und Means aus dem Jahre 1932 zurück,41 die als Folge der Trennung von Unternehmensführung und Eigentum Interessenskonflikte zwischen den handelnden Managern und den Kapitalgebern sowie daraus resultierende Agency-Kosten identifizierten (siehe Kapitel 2.1).42 Nach Hart ist die Notwendigkeit von Corporate Governance auf Interessenskonflikte zwischen Managern und Kapitalgebern sowie die Unvollständigkeit der Vertragsbeziehung zurückzuführen.43
In der Literatur existiert bisher keine allgemeingültige Definition des Terminus ‚Corporate Governance‘. Vielfach wird unter Corporate Governance die Gesamtheit aller formalen und informalen Regeln und Maßnahmen verstanden, die zur Führung und Überwachung eines Unternehmens bestehen,44 um bestimmte Interessenkonflikte zu reduzieren.45 Es wird bei der begrifflichen Abgrenzung üblicherweise zwischen Anspruchsgruppen und länderspezifischen Aspekten unterschieden.46
Bei der Berücksichtigung der Anspruchsgruppen wird häufig nach den Share- und den Stakeholdern eines Unternehmens differenziert. Laut der auf Shareholder ausgerichteten Begriffsbestimmung nach Shleifer und Vishny besteht das Ziel von Corporate Governance in der Sicherstellung einer angemessenen Rendite für die Kapitalgeber.47 Eine weiter gefasste Definition wurde von den G20-Staaten bzw. der OECD im Jahr 2015 erarbeitet, wonach sich Corporate Governance auf eine Vielzahl von Beziehungen zwischen Management und Stakeholdern bezieht.48
Infolge von länderspezifischen Bestimmungen sind derzeit das angelsächsische One-Tier-System sowie das kontinentaleuropäische Two-Tier-System die vorherrschenden Corporate-Governance-Systeme.49 Beide unterscheiden sich insbesondere durch die Berücksichtigung verschiedener Anspruchsgruppen und die Zusammensetzung des Managements.50 Abbildung 3 enthält einen Überblick zur Einordnung der länderspezifischen Bestimmungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: in Anlehnung an: Stiglbauer (2010), S. 15
Abb. 3: Klassifizierung von Corporate Governance Bestimmungen
Im für Deutschland relevanten kontinentaleuropäischen Two-Tier-System werden neben den Interessen der Shareholder auch die Interessen weiterer Stakeholder berücksichtigt, etwa jene der Arbeitnehmer.51 Dahingegen werden im angelsächsischen One-Tier-System bei Unternehmensentscheidungen ausschließlich die Interessen der Shareholder betrachtet.52 Die Unternehmensleitung ist im kontinentaleuropäischen Two-Tier-System auf das Management Board (entspricht im Kontext dieser Arbeit dem Vorstand) und das Supervisory Board (entspricht im Kontext dieser Arbeit dem Aufsichtsrat) verteilt.53 Im Gegensatz zum One-Tier-System mit nur einem Executive Board (Aufsichtsrat und Vorstand) ist es dort nicht möglich, dass die Rollen des Vorstandsvorsitzenden und des Aufsichtsratsvorsitzenden von derselben Person bekleidet werden.
Da die vorliegende Arbeit in Deutschland börsennotierte Gesellschaften aus dem DAX und MDAX zum Untersuchungsgegenstand hat, wird Corporate Governance vorliegend als Gesamtheit aller formalen und informalen Regeln sowie Maßnahmen zur Führung und Überwachung eines Unternehmens verstanden.54 Infolge des in Deutschland vorherrschenden Two-Tier-Systems55 werden dabei sowohl die Interessen der Shareholder als auch weiterer Stakeholder bei der Unternehmensführung berücksichtigt.
Die Managementvergütung stellt ein Teilgebiet der Corporate Governance dar und ist den internen Mechanismen bzw. den Monitoring-Aktivitäten (siehe Kapitel 2.1) zuzuordnen.56 Für diese Arbeit beziehen sich die Termini ‚Manager‘ und ‚Management‘ nur auf die Personengruppe des Management Boards, da diese bei einem Two-Tier-Systems für den operativen Geschäftsverlauf zuständig ist.
Nachdem die Personengruppe ‚Manager/Management‘ für diese Arbeit definiert wurde, wird nachfolgend der Terminus ‚Vergütung‘ betrachtete. Eine erste Begriffsbestimmung liefert der deutsche Gesetzgeber in § 2 der Institutsvergütungsverordnung, wonach eine Vergütung „sämtliche finanziellen Leistungen [...] einschließlich der Leistungen zur Altersversorgung, sämtliche Sachbezüge [...] und sämtliche Leistungen von Dritten“ umfasst.
Die Vergütung von Managern beinhaltet typischerweise ein Grundgehalt, Nebenleistungen, den Jahresbonus, mittel- und langfristige Vergütungskomponenten sowie die Altersversorgung.57 Jedes Vergütungsinstrument verfügt über eine bestimmte Anreizwirkung zur Reduktion der Agency-Kosten. Eine fixe Vergütung (Teilnahmebedingung) erfolgt in der Regel leistungsunabhängig, während die variable Vergütung (Partizipationsbedingung) leistungsabhängig ist und somit zu einem Anreiz für das Management führt. Infolge der Leistungsunabhängigkeit der fixen Vergütung geht von dieser Komponente mit Ausnahme des Insolvenzrisikos keine Anreizwirkung für das Management aus.58 Die Anreizwirkung von variablen Vergütungskomponenten kann, wie in Abbildung 4 dargestellt, nach Zuteilungskriterien und Auszahlungsmodalitäten unterteilt werden.59
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 4: Kategorisierung der Anreizwirkung von variablen Vergütungskomponenten
3 Managementvergütung und Deutscher Corporate Governance Kodex
3.1 Zuteilungs- und Auszahlungskriterien der Managementvergütung
Rechnungslegungs- und marktbasierte Kennzahlen stellen die beiden zentralen Faktoren zur Leistungsmessung des Managements dar (siehe Abbildung 4).60 Die Nutzung einer Vielzahl von Kennzahlen wird von Holmström damit erklärt, dass der Output der Leistung des Managers infolge einer Überlagerung durch externe Faktoren nicht beobachtbar (Inferenzproblem) ist, sodass die Hinzunahme von Kennzahlen das statistische Inferenzproblem reduziert.61
Als rechnungslegungsbasierte Kennzahlen können Erfolgsgrößen aus der Gewinn- und Verlustrechnung, Größen aus der Bilanz, strategische Größen (u. a. Kundenzufriedenheit, Auftragseingang) oder aggregierte Größen (u. a. Eigenkapitalrentabilität, Residualgewinngrößen, Verschuldungsgrad) genutzt werden.62 Damit gehen einerseits die Vorteile einer einfacher Verständlichkeit, Transparenz, Verfügbarkeit und Objektivität einher, andererseits besteht das (nachteilige) Risiko, dass das Management zu einer Übergewichtung von kurzfristigen gegenüber langfristigen Zielen63 und einer aggressiven Bilanzpolitik verleitet wird.64
Marktbasierte Kennzahlen, wie der Aktienkurs oder der Total Shareholder-Return,65 sind im Gegensatz dazu von einer höheren Volatilität und einem größeren Einfluss exogener Faktoren gekennzeichnet. Diesem Nachteil kann durch eine relative Leistungsmessung (Bezugsgröße zur Festlegung der Vergütung ist eine relative Größe) begegnet werden. Die Vorteile derartiger Kennzahlen liegen in der geringen Manipulationsmöglichkeit sowie der höheren Korrelation zwischen Kennzahl und Unternehmenswert.66
[...]
1 Foerster/ Winters (online 2018)
2 Die Termini ‚Unternehmen‘, ‚Konzern‘, ‚Firma‘ und ‚Gesellschaft‘ werden in dieser Arbeit synonym verwendet
3 Die Termini ‚Manager‘, ‚Vorstand‘ und ‚Management‘ werden in dieser Arbeit synonym verwendet
4 Vgl. Union Investment (2017), S. 4ff
5 Vgl. Deutsche Börse (online 2018)
6 Vgl. Schnorrenberg (2008), S. 25f
7 Vgl. Deutsche Börse (2009), S. 3f
8 Vgl. Williamson (2000), S. 600ff
9 Vgl. Blum/ Dudley/ Leibbrand/ Weiske (2005), S. 44
10 Vgl. Williamson (1985), S. 45f
11 Vgl. ebenda, S. 47ff
12 Vgl. Ross (1973), S. 134f
13 Vgl. Bernheim/ Whinston (1998), S. 902
14 Vgl. Blum/ Dudley/ Leibbrand/ Weiske (2005), S. 158
15 Vgl. Jost (2001), S. 46
16 Vgl. Jensen/ Meckling (1976), S. 312
17 Vgl. ebenda (1976), S. 312ff
18 Vgl. Jensen/ Meckling (1976), S. 312ff
19 Vgl. ebenda
20 Vgl. Wilken (2001), S. 65
21 Ausführungen zum binären Prinzipal-Agent-Modell beziehen sich auf Meyer (2004), S. 81-92; Ewert/Wagenhofer (2008), S. 367-372; Holmström (1979), S. 74-91 und Laux (1992), S. 138-168
22 Moral-Hazard-Problem = Verhalten des Agenten mit einem Informationsvorteil geht zu Lasten des Prinzipals
23 Vgl. Osterloh/ Rost (2011), S.9
24 Vgl. Kaplan (2008), S. 10ff
25 Vgl. Martin/ Moldoveanu (2003), S. 38ff
26 Vgl. Kaplan (2008), S. 10ff
27 Vgl. Jensen/ Ruback (1983), S. 6ff
28 Vgl. Conyon/ Peck (1998), S. 148
29 Vgl. Murphy (1985), S. 12ff
30 Vgl. Hermalin /Weinach (2003), S. 10
31 Vgl. Bebchuk/ Fried (2003), S. 75
32 Vgl. Bebchuk/ Fried (2006), S. 61
33 Vgl. Voulgaris/ Stathopoulos/ Waker (2010), S. 512
34 Vgl. Wiesbach (2007), S. 422f
35 Vgl. Bebchuk/ Fried/ Walker (2002), S. 786
36 Vgl. Bebchuk/ Fried (2009), S. 127
37 Vgl. Bebchuk/ Fried (2003), S. 75
38 Vgl. Kolb (2011), S. 248
39 Vgl. Bebchuk/ Fried (2003), S. 83
40 Vgl. Murphy (2002), S. 850f
41 Vgl. Berle / Means (1932), S. 1ff
42 Vgl. Krause/ Whitler/ Semadeni (2014), S. 96
43 Vgl. Hart (1995), S. 678
44 Vgl. Cadbury Committe (1992), S. 15
45 Vgl. EZB (2005), S. 243
46 Vgl. Stiglbauer (2010), S. 9
47 Vgl. Shleifer/ Vishney (1997), S. 737
48 Vgl. G20/ OECD (2015), S. 9
49 Vgl. Shleifer/ Vishney (1997), S. 737f
50 Vgl. Eberle (2007), S. 379
51 Vgl. Donaldson/ Preston (1995), S. 65
52 Vgl. Hilb (2016), S. 22f
53 Vgl. DCGK (2006), S. 1
54 Vgl. Cadbury Committe (1992), S. 15
55 Vgl. Hitz/ Ernstberger/ Stich (2012), S. 253
56 Vgl. Jensen (1993), S. 833f
57 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2006), S. 13ff
58 Vgl. Tebben (2011), S. 61
59 Vgl. Feser (2009), S. 56
60 Vgl. Bannister/ Myojung/ Newman (2010), S. 77
61 Vgl. Holmström (1979), S. 74ff
62 Vgl. Welker (2012), S. 20
63 Vgl. Controlling-Portal (online 2017)
64 Vgl. Dechow/ Sloan/ Sweeney (1996), S. 1ff
65 Vgl. Fisch/ Oesterle/ Kertels (2012), S. 209
66 Vgl. Fernandez (2013), S. 1ff