Omnikanalstrategie zur Bindung privater Kunden von Kreditinstituten in Deutschland


Studienarbeit, 2018

82 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Gang der Untersuchung

2 Ausgewählte theoretische Aspekte der Kundenbindung über die Omnikanalstrategie
2.1 Grundlagen
2.1.1 Betrachtung ausgewählter Aspekte der Kundenbindung
2.1.2 Multi- und Omnikanalstrategie
2.2 Überblick und vertiefte Betrachtung der verschiedenen Kommunikationskanäle
2.2.1 Analoge Kanäle
2.2.2 Digitale Kanäle

3 Ergebnisanalyse der empirischen Untersuchung
3.1 Methodik und Aufbau der Primärerhebung
3.2 Auswertung der Primärerhebung
3.3 Analyse der Auswertungsergebnisse

4 Handlungsempfehlung

5 Fazit und Ausblick

Anhangsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

„Banking is necessary, Banks are not“ (Bill Gates 1994)

Der Digitalisierungsfortschritt hat nun auch die Bankenbranche erreicht. Neue Medien, modernere Kommunikationskanäle und vor allem ein den Banken (Verwendung in dieser Arbeit: Synonym für Kreditinstitute) nicht bekanntes Verhaltensmuster der Privatkunden führen dazu, dass sich Kreditinstitute intensiver mit der Frage auseinandersetzen müssen, was der Privatkunde künftig von einer Bank erwartet. Hieraus können sich völlig neue Anforderungen an Kundenbindungsmaßnahmen ergeben.

Der Finanzsektor muss sich daher dieser neuen Herausforderung stellen. Zusätzlich müs- sen sich Banken mit der Problematik zunehmender Regulatorik, mit Vertrauensverlust der Kunden, Fintechs und Tiefstzinsen inklusive sinkender Margen befassen. Die Digitalisie- rung hat weitreichende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle von Kreditinstituten. De- ren Basisdienstleistungen werden zunehmend von neuen Mitbewerbern mit fortschritt- lichster Internettechnologie (Fintechs) übernommen. Damit sind wesentliche Teile der Wertschöpfungskette von Kreditinstituten bedroht.

Für Unternehmen ist es essenziell, sich an die Rahmenbedingungen der Umwelt und an das Nachfrageverhalten der potenziellen Kunden anzupassen. Diese Flexibilität dient der Sicherstellung der eigenen Geschäftsexistenz. Gerade Banken müssen aufgrund der schnellen Halbwertszeit von Informationen im Finanzbereich sowie neuer disruptiver Marktbegleiter schnell auf solche Veränderungen proaktiv reagieren. Die Historie der Fi- nanz- und Bankenkrise in den Jahren 2007 und 2008 zeigt dies wirkungsvoll. Weiterhin nimmt einerseits der Konsolidierungsdruck zu, andererseits versuchen Banken, durch Kostenminimierung und/oder Provisionssteigerung zu reagieren,1 wobei der klassische Filialvertrieb immer stärker in den Fokus von Sparmaßnahmen rückt.2

Der zur Provisionssteigerung notwendige Absatz von z. B. Wertpapiertransaktionen lässt den Vertrieb zwar an Bedeutung gewinnen, erhöht aber zugleich u. a. die Personalkosten, was an dieser Stelle paradox erscheint.3 Daraus resultiert, dass das Spannungsfeld nur abgebaut werden kann, wenn der Vertrieb neu positioniert wird. Diese Hypothese wird durch das veränderte Kundenverhalten bestätigt. Bei der Neuausrichtung der eigenen Filialen spielt deshalb auch die Digitalisierung eine wichtige Rolle.

Insgesamt stellt sich für Banken aufgrund dieser Gegebenheiten die Frage, wie der Ver- trieb bestmöglich an aktuelle Rahmenbedingungen ausgerichtet werden kann.

Um diese elementare Frage beantworten zu können, muss herausgefunden werden, wel- che Vertriebswege Kunden bei der Distribution bevorzugen und welche Merkmale diese Kanäle auszeichnen. Weiterhin müssen die Definitionen klar deklariert werden.

Da sich diese Arbeit mit dem Retail-Markt beschäftigt, wird zunächst auf dessen Definition eingegangen. Als Retail-Banking wird das standardisierte Privatkundengeschäft von Ban- ken bezeichnet. Es wird auch als Massengeschäft betitelt. Der Unterschied zum Private- Banking liegt darin, dass letzteres individuellere Ansätze für vermögende Privatkunden anbietet.4

Die klassische Segmentierung basiert üblicherweise auf dem monatlichen Nettoeinkom- men sowie dem Vermögen der einzelnen homogenen Kundengruppen und ist in der Ge- schäftsstrategie verankert. Anhaltspunkte zur Klassifikation von Retail-Banking-Kunden sind z. B. ein monatliches Nettoeinkommen bis zu 2.500 Euro sowie ein liquides Vermö- gen bis 50.000 Euro in Abhängigkeit vom Alter.5

Der Vorteil des Produktportfolios im Retail-Banking ist der, dass die Produkte meist stan- dardisiert, einheitlich gestaltet und nicht beratungsintensiv sind.6

Sparkassen und Genossenschaftsbanken halten bisher an der regionalen Kundennähe fest, daher wird es hier interessant sein, wie der persönliche Kontakt zum Kunden zukünf- tig aussehen kann. Dieser darf nicht mehr ausschließlich innerhalb der Filialen als essen- zielle Voraussetzung funktionierender Kundenbeziehung betrachtet werden. Als Reaktion hierauf bedarf es einer Omnikanalstrategie, die dem Kunden alle möglichen Kommunika- tionskanäle synchronisiert zur Verfügung stellt und so die Kundenbindung positiv beein- flusst.

Ziel der Arbeit ist es, das Nutzungsverhalten bezüglich der Kontaktaufnahme von Privat- kunden mit ihrem Kreditinstitut zu analysieren und hieraus eine Empfehlung zur Bindung dieser Kundengruppe abzuleiten.

Durch die Omnikanalstrategie kann individuelles persönliches Konsumverhalten der eige- nen Kunden analysiert werden. Dagegen ist das Filialnetz von Banken teuer und für die meisten Kundenbedürfnisse nicht mehr notwendig. Die zunehmende Verlagerung von Bankdienstleistungen auf Online-Marktplatzmodelle macht viele Geschäftsstellen unren- tabel. Hierdurch stellt sich die Frage: „Welche generellen Auswirkungen hat dieser ur- sprüngliche Unique-Selling-Point auf die Kundenbindung? “Viele Banken scheitern aller- dings bereits daran, zwischen Multi- und Omnikanalstrategie zu differenzieren.

Konkret stellt diese Arbeit die Frage, ob es möglich ist, über die Omnikanalstrategie Kun- denbindung in Kreditinstituten zu erzeugen und welche Kanäle hierbei auf welche Art zu nutzen sind.

1.2 Gang der Untersuchung

Diese Studienarbeit befasst sich mit einem Teilbereich der Distributionspolitik im Ban- kenmarketing. Es wird das Ziel verfolgt, das Nutzungsverhalten der Kunden durch eine empirische Primärerhebung zu analysieren. Dadurch ergeben sich nennenswerte Hand- lungsempfehlungen, die für die distributive Gestaltung des Bankvertriebs abgeleitet und adaptiert werden können. Eine derartig konkrete Handlungsempfehlung ist bisher nicht im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit formuliert worden.

Das Thema Kundenbindung wird in zahlreichen Abhandlungen betrachtet. Auch das Om- nikanalmanagement selbst ist ein weitreichend erschlossener Forschungsbereich. In Ban- ken hat das Omnikanalmanagement jedoch bisher kaum Beachtung gefunden und wird jetzt erst erschlossen. An dieser Stelle setzt diese Studienarbeit mit der Fragestellung bezüglich der Kundenbindungspotenziale der Omnikanalstrategie im Bankensektor an. Dieses spezielle Themengebiet ist bisher kaum betrachtet worden.

Zunächst sind im zweiten Kapitel ausgewählte theoretische Aspekte hinsichtlich der Kun- denbindung erörtert. Definitionen werden zugeordnet und die wesentlichen Merkmale zur Unterscheidung zwischen Omnikanal und Multikanal werden gegenübergestellt. In der tieferen Betrachtung werden dann die Kommunikationskanäle einzeln beschrieben. Diese sind in analoge und digitale Kanäle selektiert.

Im dritten Kapitel werden die Begrifflichkeiten dann erneut aufgenommen, denn hier wer- den die Ergebnisse der Primärerhebung vorgestellt. Nach der allgemeinen Beschreibung für die Erhebung werden die Antworten korreliert analysiert.

Damit Retail-Banken die Ergebnisse auch für sich verwenden können, wird im vierten Kapitel eine Handlungsempfehlung gegeben. Diese resultiert aus der Primärerhebung und umfasst weiterhin erkennbare Muster innerhalb der Antworten. Es werden zudem Hypo- thesen bezüglich der Kausalität der Antworten aufgestellt.

Im letzten Abschnitt finden sich ein Fazit sowie eine Zusammenfassung dieser Arbeit. Auch ein Ausblick auf die nächsten Jahre wird anhand der neuen Informationen prognos- tiziert.

2 Ausgewählte theoretische Aspekte der

Kundenbindung über die Omnikanalstrategie

Aufgrund der in Kapitel 1 beschriebenen Problemstellung im Retail-Markt der Banken müssen diese nicht nur die Kosten, sondern auch die Ertragsseite, speziell das Provisi- onsgeschäft, aktiv gestalten.7 Grund hierfür ist der verstärkte Wettbewerb in diesem Sek- tor, der unter anderem durch disruptive Marktbegleiter zunimmt. An diesem haben sich sowohl Produktportfolien als auch der geleistete Service der Marktteilnehmer zu orientie- ren, wenn diese wettbewerbsfähig bleiben wollen. Dadurch wird sich vermehrt auf Marke- ting- und Vertriebsstrategien fokussiert.8 Zur Integration dieser ist eine sukzessive Anpas- sung der Distributionspolitik an die modifizierten Rahmenbedingungen, unter anderem an die veränderten Kundenbedürfnissen und das Kundenverhalten, essenziell.9 Im Rahmen der Distributionspolitik werden Ziele aus den übergeordneten Unternehmensvorgaben abgeleitet.10

Die Distributionsvorgabe bildet hierbei die Schnittstelle zwischen Kunde und Bank. Sie muss entsprechend der Komplexität des Produktes und des Erklärungsbedarfs am Kun- den ausgerichtet sein. Vorwissen und Verständnis der Kunden für die angebotenen Pro- dukte müssen im Verkauf selbiger beachtet und entsprechend kommuniziert werden.11

2.1 Grundlagen

2.1.1 Betrachtung ausgewählter Aspekte der Kundenbindung

Aus dem Erklärungsansatz des C/D-Paradigmas geht hervor, dass Kundenzufriedenheit ein Resultat ist, das sich aus dem Vergleichsprozess eines Kunden zwischen der tatsäch- lich erbrachten Leistung (Ist-Leistung) einer Dienstleistung bzw. eines Produktes und ei- nem erwarteten Standard (Soll-Leistung) ergibt.12 Die Erwartungen entstehen aus einem psychologischen Zustand des Kunden und sind als Nachkaufphänomen charakterisiert, denn die gesammelten Erfahrungen haben Konsequenzen auf das zukünftige Kaufverhal- ten.13 Dabei ist zu beachten, dass die Reaktion des Kunden auf einer emotionalen und subjektiven Wahrnehmung basiert.14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Zusammenhänge des C/D Paradigmas

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an H.-D. Zollondz (2001), S. 463

Aus der Abbildung lässt sich ableiten, dass Zufriedenheit aus der Erfüllung (Konfirmation) bzw. Übererfüllung (Positive Diskonfirmation) einer Erwartungshaltung resultiert. Unzu- friedenheit wird dadurch ausgelöst, dass die Erwartungshaltung eines Kunden nicht er- reicht wird (Negative Diskonfirmation).

Die Kundenzufriedenheit hat in den letzten Jahren an Relevanz gewonnen und sich zu- dem als elementarer Wettbewerbsfaktor in den Unternehmen etabliert.15 Die individuelle Beurteilung der Kundenzufriedenheit spielt für Banken eine übergeordnete Rolle. Eine hohe Kundenzufriedenheit hat direkte Auswirkungen auf das zukünftige Konsumenten- verhalten, da die Wiederkaufsrate bei hoher Zufriedenheit in aller Regel steigt und dadurch der Umsatz positiv beeinflusst wird.16 Darüber hinaus hat eine hohe Kundenzu- friedenheit Auswirkungen auf die Steigerung der Cross-Selling-Potenziale und löst bei dem Kunden eine erhöhte Preisbereitschaft aus. Sie sorgt für Weiterempfehlung und ver- ringert die Bereitschaft, das Unternehmen zu wechseln.17 Unzufriedenheit bei bestehen- den Kundenbeziehungen kann bewirken, dass durch Mundpropaganda Negativwerbung entsteht.18 Darüber hinaus kostet die Neukundengewinnung ungefähr das Vier- bis Sechs- fache im Vergleich zur Bindung der Bestandskunden.19

Zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen sollte die Kundenzufriedenheit, die durch eine kontinuierliche Kundenorientierung erreicht wird, in den strategischen Unternehmenszie- len verankert sein.20

Um einen Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und den Kundenerwartun- gen herstellen zu können, hat Noriaki Kano das nach ihm benannte Kano-Modell entwi- ckelt.21 Anhand der Zufriedenheitsfaktoren ist es möglich, die Kundenanforderungen zu klassifizieren. Dabei wird sich auf die Erfüllung von Basisanforderungen, Leistungsanfor- derungen sowie Begeisterungsanforderungen konzentriert. Die unterschiedlichen Kun- denanforderungen haben eine individuelle Wirkung für die vom Kunden wahrgenommene Dienstleistungsqualität und die daraus resultierende Kundenzufriedenheit.22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Das Kano-Modell

Quelle: http://www.lean-bd.de/?p=290 [Stand 17.08.2018 17:48 Uhr]

Die in der Abbildung dargestellten Kundenanforderungen sollen im Folgenden ausführli- cher betrachtet werden.

1. Basisanforderungen für Dienstleistungen sind „Muss-Kriterien“. Sie werden vom Kun- den als selbstverständlich wahrgenommen. Werden sie nicht erfüllt, erzeugt dies Unzu- friedenheit beim Kunden. Die Erfüllung der Basisanforderungen erhöht die wahrgenom- mene Dienstleistungsqualität nicht.23

2. Leistungsanforderungen gelten als „Soll-Kriterien“ einer Dienstleistung. Sie werden vom Kunden deutlich verlangt. Die wahrgenommene Qualität der Dienstleistung verläuft proportional zum Erfüllungsgrad. Die Kundenzufriedenheit steigt mit Steigerung der wahr- genommenen Qualität.24

3. Begeisterungsanforderungen sind „Kann-Kriterien“ einer Dienstleistung. Sie werden nicht vom Kunden vorausgesetzt. Die wahrgenommene Dienstleistungsqualität wirkt bei Erfüllung der Begeisterungsmerkmale überproportional hoch. Dadurch kann sie zu Wett- bewerbsvorteilen durch eine starkerhöhte Kundenzufriedenheit führen.25 Begeisterungs- anforderungen können unter anderem im Kontomodell enthaltene Mehrwerte sein. Diese führen nachhaltig zur Differenzierung gegenüber der Konkurrenz.

Die beschriebenen Kundenanforderungen verändern sich mit Fortschreiten des zeitlichen Verlaufs. Begeisterungsmerkmale verändern ihren Stellenwert im Kano-Modell26 und wandeln sich über Leistungsanforderungen langfristig zu Basisanforderungen.27 Durch den Konkurrenz- und Innovationsdruck erhöhen sich die vom Unternehmen ausgehenden Leistungen und die Erwartungshaltung der Kunden verändert sich entsprechend.28

Kundenbindung und -zufriedenheit sind in diesem Kontext nicht gleichzusetzen. Kunden- zufriedenheit ist allerdings eine Voraussetzung für Kundenbindung.

Um Kundenbindung im Finanzdienstleistungssektor zu erzielen, werden zum einen eine auf den Kunden ausgerichtete Gesamthausstrategie und zum anderen kundenorientierte Mitarbeiter benötigt. Wichtig sind hierbei auch Cross- beziehungsweise Up-Selling, die durch Kundenzufriedenheit erleichtert werden und die Kundenbindung durch erhöhte Kundendurchdringung verbessern.29

Zusätzlich ist mit zunehmender Dauer der Kundenbeziehung auch ein steigender Gewinn aus selbiger zu erzielen. Dieser zusätzliche Gewinn wird unter anderem durch Weiter- empfehlung, gesteigerte Preistoleranz und geringeren Vertriebs- und Verwaltungskosten erzielt.30 Neben den monetären Vorteilen bringt eine vertiefte Kundenbeziehung außer- dem zusätzliches Vertrauen, eine stabilere Geschäftsbeziehung und eine stärkere Feed- backbereitschaft vonseiten des Kunden mit sich. Letzteres hat den Vorteil, dass der Kun- de seinen Missmut über störende Punkte äußern wird, statt kommentarlos den Anbieter zu wechseln.31

Durch positive Kundenbindung entsteht ein Vertrauensverhältnis. Ein Kunde, der einen Bankberater hat, dem er vertraut, ist somit einfacher zum Abschluss zu bewegen. Zudem wird der Kunde seltener bis gar nicht nach anderen Anbietern Ausschau halten oder sich von diesen abwerben lassen. Stattdessen entsteht aus der positiven Kundenbindung Kundenloyalität.32

Es ist für Kreditinstitute sinnvoll, Kundenbindung als Ziel zu definieren. Dieses Ziel kann durch die Bindung an einen oder mehrere bestimmte Berater, Verfügbarkeit, Bequemlich- keit und Kundenzufriedenheit erreicht werden. Auf all diese Punkte zahlt das Omnikanal- management ein, da es sämtliche Ansprache- und Abschlusswege zur Verfügung stellt. Dem Kunden stehen somit alle Alternativen des Omnikanals immer und überall zur Verfü- gung.

2.1.2 Multi- und Omnikanalstrategie

Werden gewisse Vertriebskanäle von Kreditinstituten im Rahmen der Unternehmensstra- tegie parallel genutzt, so handelt es sich um einen Multikanalvertrieb. Im Rahmen eines sogenannten Multikanalansatzes sollten die einzelnen Vertriebswege in einer übergrei- fenden Strategie zusammengefasst werden.33 Das Ziel des Multikanalvertriebs ist nicht, alle Dienstleistungen und Produkteüber alle Vertriebswege anzubieten, es soll eher auf der Grundlage der Unternehmensstrategie und der vorliegenden Daten ermittelt werden, welche Vertriebswege für welche Dienstleistungen und Produktangebote am besten ge- eignet sind. Voraussetzung dazu ist somit die systematische Steuerung von Informations-, Produkt-, Service- und Interaktionsangeboten über die verschiedenen Vertriebswege.34 Im Idealfall sollte der Multikanalvertrieb die optimale Kombination aus Kundensegment, Pro- dukt und Vertriebsweg darstellen und die Kundenbedürfnisse so optimal befriedigen.35

Banken erhoffen sich von dieser Kombination eine stärkere Kundenbindung, positive Er- tragswerte und einen höheren Customer-Lifetime-Value. Ein Ziel des Multikanalmanage- ments ist die Kombination der verschiedenen Vertriebswege unter Rückgriff auf ihre jewei- ligen Stärken. Ein Beispiel:

Die Stärke der Bankfiliale ist die persönliche und individuelle Beratung. Dagegen sind Selbstbedienungsautomaten und technologiegestützte Vertriebswege bei beratungsinten- siven Produkten schwer einsetzbar.36 Durch die Kombination wird z. B. die Filiale von Routinetätigkeiten entlastet und ihr Tätigkeitsschwerpunkt kann auf die wertschöpfende Beratung verlagert werden.37

So gibt es aber auch bei einfachen Produkten wie Spareinlagen aufgrund deren Verständ- lichkeit und der vorherrschenden Transparenz gute Vergleichsmöglichkeiten im Internet. Deshalb werden eher diese online abgeschlossen als komplexe Produkte. Gründe dafür sind u. a. der mit der Komplexität einhergehende hohe Erklärungsbedarf und der Wunsch von Kunden nach persönlicher Beratung durch Experten.38 Festzustellen ist aber auch, dass die Verkaufsanbahnung über das Internet zustande kommt.

Die Recherche nach Produktinformationen und Konditionen beginnt online, der Pro- duktabschluss selbst wird dann jedoch in der Filiale getätigt. Diese Verhaltensweise von Kunden wird als ROPO-Effekt bezeichnet.39

Mithilfe des Ansatzes des Multikanalvertriebs bieten Banken ihren Kunden die Möglich- keit, selbst zu entscheiden, welchen Vertriebsweg sie nutzen wollen. Der Multikanalver- trieb ist aber nicht nur eine Reaktion von Banken auf die individuellen Präferenzen der Kunden, sondern dient auch der bedarfsgerechten Bedienung der höchst unterschiedli- chen Bedürfnisse von Kundensegmenten.40

Trotz der vorgenannten Vorteile des Multikanalvertriebs birgt dieser einige Gefahren. So kann beispielsweise eine Umverteilung des Verkaufsvolumens stattfinden. Dieser sog. Kannibalisierungseffekt kann zu Spannungen zwischen Vertriebswegen führen, z. B. wenn Vergütungen auf Basis des Verkaufsvolumens gezahlt werden. Zudem werden beim Multikanal Informationen über Kunden wie Präferenzen, Transaktionen, Termine und Kundenansprachen nicht allen Vertriebswegen zugänglich gemacht und können daher auch nicht genutzt werden. Dadurch gehen Vertriebspotenziale verloren.41

Aus den genannten Nachteilen des Multikanalvertriebs und der zunehmenden Bedeutung von technologiegestützten Vertriebswegen entsteht die Notwendigkeit, einen Omnikanal- vertrieb aufzubauen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Vergleich Multi- und Omnikanal

Quelle: https://blog.prisync.com/de/multi-channel- vs-omni-channel-strategies-in-ecommerce/ [Stand: 01.08.2018 17:46 Uhr]

Ziel des Omnikanalvertrieb s ist es, alle Vertriebskanäle übergreifend zu verknüpfen, wodurch ein echtes Zusammenspiel dieser gewährleistet werden soll. Kunden können im gesamten Kaufprozess ohne Probleme zwischen den Kanälen wechseln oder diese paral- lel nutzen, ohne dass es zu einem Informationsverlust kommt. Der Kaufprozess kann so- mit immer an gleicher Stelle fortgesetzt werden. Insgesamt können durch den Omnikanal- vertrieb die Kundenbindung und der Ergebnisbeitrag des Unternehmens gegenüber dem Multikanalvertrieb gesteigert werden.42

Trotz des erheblichen Zukunftspotenzials des Omnikanalvertriebs zeigt sich, dass viele Banken bei der kanalübergreifenden Marktbearbeitung und der Verknüpfung von Ver- triebsprozessen noch einen erheblichen Nachholbedarf haben.43 Sie versuchen teilweise immer noch, Kunden in bestimmte Vertriebswege wie die Filiale zu drängen, anstatt einen flexiblen Wechsel entsprechend den individuellen Kundenpräferenzen zwischen den Ka- nälen zu unterstützen.

Der Grundsatz des Omnikanal-Bankings lautet: Der Kunde wählt den Vertriebskanal, nicht die Bank!

Im Folgenden werden die verschiedenen Kommunikationskanäle einzeln betrachtet.

2.2 Überblick und vertiefte Betrachtung der verschiedenen Kommunikationskanäle

2.2.1 Analoge Kanäle

Der stationäre Vertrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der Ort der Distribution mit dem- jenigen der Leistungserstellung kongruent ist. Das bekannteste Beispiel ist der Vertrieb über örtliche Bankfilialen.44 Weiterhin können Vertrieb und Service über Selbstbedie- nungsautomaten stattfinden. Beide Kanäle (Beratungsfiliale und Selbstbedienungsfiliale) werden im Folgenden vorerst synonym verwendet und später differenziert betrachtet. Die- se Abgrenzung wird zuvor angekündigt.

Bankfilialen werden auch als Geschäftsstellen bezeichnet. Historisch betrachtet gelten sie als der traditionelle Vertriebsweg im Retail-Banking45 und waren lange Zeit der einzige bzw. dominierende Vertriebsweg von Kreditinstituten.46 Das primäre Ziel des Vertriebs über Bankfilialen liegt darin, räumliche Nähe zu den eigenen und potenziellen Kunden zu schaffen, wodurch eine Präferenz für das eigene Institut beim Kunden erzeugt werden soll.47 Ebenso soll der persönliche Kontakt zum Kunden ermöglicht werden, wodurch Banken eine Steigerung der Kundenbindung sowie der Cross- und Up-Selling-Quote er- reichen.48 Neben Serviceleistungen wie Ein- und Auszahlungen am Bankschalter können Kunden individuell zu allen Produkten Informationen und Beratungen anfordern und Fi- nanzprodukte erwerben.49

Trotz der genannten Vorteile des Vertriebs über Filialen hat dieser einige Nachteile: Das Kernproblem sind die hohen Fixkosten, bestehend aus Personal- und Sachkosten.50

Durch diese Kostenstruktur kann nur erschwert auf kurzfristige Marktveränderungen rea- giert werden.51 Die hohe Kosten- und Humankapitalintensität wird außerdem durch eine geringe Fokussierung auf wertschöpfende Aktivitäten verschärft.52 Vor dem Hintergrund der hohen Fixkosten sind auch die Öffnungszeiten als nachteilig zu erachten. Die Räum- lichkeiten werden nicht optimal ausgelastet.53

Neueste Zahlen zeigen, dass nicht nur die Filialbesuche weniger werden, sondern dass ganze 70 Prozent der Kunden keine Beratung in Anspruch nehmen wollen.55 Für die durch das Filialgeschäft induzierten Erträge wird mit einem Rückgang um 23 Prozent im Zeitraum von 2014 bis 2018 kalkuliert,56 wobei die Kosten des Filialgeschäfts trotz fallen- der Erträge unverändert hoch bleiben sollen. Konsequenterweise reagierten die Banken und stellten die Wirtschaftlichkeit der Filialen auf den Prüfstand. Hierdurch hat die Anzahl an Filialschließungen seit Anfang der 1990er-Jahre stark zugenommen.

Die Umwandlung gering frequentierter Filialen in Selbstbedienungsfilialen führt zu einer sukzessiven Entpersonalisierung der Bankdienstleistungen. Außer zu negativer PR kön- nen Filialschließungen zu einer reduzierten Betreuung des Kundenstamms, geringerem Vertrauen und folglich deutlichen Marktanteilsverlusten führen.58 Problematisch wird dies dann, wenn andere Wettbewerber weiterhin mit Filialen sowie einem persönlichen Service vor Ort vertreten sind und Kunden sich deshalb zum Anbieterwechsel entscheiden.59 Ein dichtes Filialnetz kann daher eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale in der Posi- tionierung von regional tätigen Banken sein.60

In den nächsten Jahren könnte sich der Filialbestand in Deutschland dennoch um bis zu einem Drittel reduzieren.62 Künftige Filialschließungen tangieren die drei bekannten Ban- kensektoren jedoch in unterschiedlichem Ausmaß, da z. B. Sparkassen die Grundversor- gung der Bevölkerung mit Bankdienstleistungen laut eigener Satzung sicherstellen müs- sen und sich deshalb nicht beliebig aus der Region zurückziehen dürfen.63

Banken versuchen seit einigen Jahren, durch eine klar abgrenzende Geschäftsstellen- struktur und Positionierung die Auslastung und Wertschöpfung von Filialen zu erhöhen.64 Dabei greifen sie auf innovative Filialkonzepte mit differenzierterem Leistungsspektrum zurück.65 Teilweise erfolgt eine klare Trennung von Service und Beratung, wobei Letztere nur noch in 40 bis 50 Prozent der Filialen (inklusive SB-Filialen) angeboten wird.66 Durch neue Filialtypen reagieren Banken auch auf die heterogenen Kundenbedürfnisse, die so besser befriedigt werden können.67 Aber auch der Trend der Digitalisierung innerhalb der Filialen darf nicht ignoriert werden.

Selbstbedienungsfilialen (SB-Filialen) bestehen aus diversen Automaten, zum Beispiel Geldein- und -auszahlungsautomaten sowie Kontoauszugsdrucker und Wechselautoma- ten. Das Leistungsprogramm der SB-Filiale besteht überwiegend aus Kontoverwaltung und Zahlungsverkehr. Selbstbedienungsfilialen sind besonders an wenig frequentierten Standorten vorzufinden.68

Banking-Shops vertreiben Finanzdienstleistungen, die weniger beratungsintensiv sind. Zielgruppe ist speziell Laufkundschaft anderer bankenfremder Anbieter, weshalb Orte mit hoher Kundenfrequenz wie Einkaufsstraßen als Standorte besonders geeignet sind. Das Personal bedarf wenig fachlicher Voraussetzungen zum Verkauf dieser Produkte.69 Ein Beispiel sind die easyCredit-Shops der Team Bank, die sich als Fachgeschäfte für Raten- kredite verstehen.

Erlebnisfilialen bieten neben Bank- und banknahen Produkten auch bankfremde Produkte wie Konzerttickets an. Bequeme Sitzgelegenheiten sowie ein nutzbares Café dienen als Anreiz für (potenzielle) Kunden, die Filiale zu besuchen. Kostenfreies WLAN ist selbstver- ständlich.70 Ein Beispiel ist die Erlebnisfiliale „Q110 – Die Bank der Zukunft“ der Deut- schen Bank in Berlin.71

Aber wie entscheidet eine Bank über einen potenziellen Standort? Banken versuchen wegen der zu priorisierenden Ziele der Kundenorientierung und der Kosteneffizienz, auf Basis von Markt- und Potenzialanalysen zu entscheiden.72 Die bereits genannten Selbst- bedienungsautomaten stellen einen weiteren stationären Vertriebsweg im Retail-Banking dar. Das nächste Kapitel stellt diesen Vertriebsweg vor und geht auf dessen Spezifika ein.

Die zum Einsatz kommenden Selbstbedienungsautomaten haben meist drei Funktions- bereiche:

Die Bargeldversorgung umfasst z. B. Münzrollgeber, Geldausgabe- und Einzahlungsau- tomaten oder die Kombination in Form des Cash Recyclers. Die Transaktion wird z. B. durch Terminals abgebildet,73 die die Durchführung von Überweisungen und das Einrich- ten oder Ändern von Daueraufträgen ermöglichen. Informationenwerden z. B. über Kon- toauszugsdrucker dargestellt.74

Selbstbedienungsautomaten wurden ursprünglich vor allem aus Kostengründen entwi- ckelt, denn Personalkosten sollten reduziert werden.75 Trotz diverser Vorteile haben Selbstbedienungsautomaten auch Nachteile: Nicht geeignet sind sie für den Vertrieb von beratungsintensiven Produkten oder solche, für die die Regulatorik eine Dokumentation der Beratung vorschreibt.77

Der stationäre Vertrieb hat den Nachteil der Immobilität. Anders gestaltet sich dies beim mobilen Vertrieb, bei dem Bankdienstleistungen unabhängig vom Ort angeboten werden können.

Unter mobilem Vertrieb lassen sich die Vertriebswege der mobilen Geschäftsstelle sowie des bankeigenen Außendienstes subsumieren.78 Charakteristisch für beide ist die Flexibi- lität des Standortes, wodurch die Leistungsbereitstellung am Ort der Nachfrage erfolgen kann.79 Aufgrund des demografischen Wandels kann dies sehr bedeutsam sein, da ältere Kunden nicht mehr in die Filiale kommen können oder wollen. Durch einen mobilen Ver- trieb können diese Kunden dennoch betreut werden.80 Nachfolgend wird zunächst auf die mobile Geschäftsstelle und danach auf den Bankaußendienst eingegangen.

Die mobile Geschäftsstelle ist eine in einem Pkw, Lkw oder anderem KFZ enthaltene Bankfiliale und stellt somit eine Sonderform der Filiale dar.81 In ihr können alle notwendi- gen Dienstleistungen zur Verfügung gestellt und vor Ort genutzt werden. Je nach mobiler Ausstattung fällt das Angebotsspektrum unterschiedlich aus.82 Die mobile Geschäftsstelle erlebte ihre Hochzeit in den 1970er-Jahren.83 Heute hat sie nur noch eine geringe Bedeu- tung.84 Vor dem Hintergrund der zunehmenden Schließungen unrentabler Kleinstfilialen könnte die mobile Geschäftsstelle in ländlichen Regionen ohne stationären Vertrieb je- doch wieder an Bedeutung gewinnen.85

Dennoch wird die mobile Geschäftsstelle voraussichtlich dauerhaft kein Comeback erle- ben. Zwar steigt der Anteil an älteren Menschen, aber auch diesen werden die alternati- ven technologiegestützten Vertriebswege zunehmend zugänglicher. Die mobile Ge- schäftsstelle ist daher eher als mittelfristige Übergangslösung zu werten, die dem hohen Stellenwert der physischen Präsenz von Banken vor Ort beim Kunden gerecht werden will.

Neben den mobilen Geschäftsstellen wird dem institutseigenen Außendienst eine Rolle im mobilen Vertrieb zuteil. Im Folgenden wird dieser Vertriebsweg näher erläutert.

Der Bankaußendienst hat die Hauptaufgaben der Verkaufsanbahnung, der Akquisition vor Ort beim Kunden und die Sicherung bestehender Kundenbeziehungen.86 So kommt dieser ebenfalls der Repräsentanz der Bank nach. In der Regel agiert er vor Ort beim Kunden.87 Die persönliche und individuelle Beratung beim Kunden zu Hause eröffnet aus Vertriebssicht einige Vorteile: Es besteht ein hohes Potenzial für eine intensive Kunden- bindung und somit Ansätze für das Cross-Selling, die unter Umständen dem häuslichen und familiären Umfeld der Beratungssituation geschuldet sind.88

Der zunehmenden Entfremdung vom Kunden durch Selbstbedienungsautomaten und dem technologiegestützten Vertrieb kann durch diese persönliche Betreuung entgegen- gewirkt werden.89 Ein weiteres Argument für den Bankaußendienst ist in der zeitlichen und räumlichen Flexibilität der Beratung und Betreuung des Kunden zu sehen.

Nachteilig wirkt sich das Image eines Außendienstes aus, der häufig mit dem typischen Bild von provisionsgesteuerten Versicherungsvertretern verbunden wird. Außerdem ergibt sich durch die Fahrtzeiten des Bankaußendienstes eine relativ geringe vertriebsaktive Zeit des Beraters selbst. Der Kunden- und Produktfokus begrenzt das Absatzpotenzial und führt dazu, dass der Bankaußendienst vielmehr als selektiver und nicht als breiter Ver- triebsweg im Retail-Banking gilt.90

2.2.2 Digitale Kanäle

Einen weiteren Kommunikations- und Vertriebskanal bilden die technologiegestützten Vertriebswege, die auch unter dem Begriff Direct- oder Internet-Banking zusammenge- fasst werden.91 Darunter fallen das Internet-Banking, das Mobile-Banking und das Tele- banking.92 Die Bereiche Videoberatung/-chat werden kurz thematisiert. Diese Vertriebs- wege verzichten überwiegend auf den persönlichen Kontakt zwischen Bank und Kunde. Der Fokus liegt in der modernen Kommunikationstechnik. Sie sind gegenüber anderen Vertriebswegen hinsichtlich des Orts und der Zeit der Bereitstellung sehr flexibel.

Innerhalb des technologiegestützten Vertriebs stellt das Internet-Banking den bedeu- tendsten Vertriebsweg dar.93 Dieser umfasst alle Angebote von Banken im World Wide Web, die von Kunden eigenständig mithilfe eines Computers, Tablets oder Handys in An- spruch genommen werden können.94 Hinsichtlich des Leistungsspektrums dient das In- ternet-Banking zunächst der Informations- und Vergleichsphase.

Externe Rahmenbedingungenwie regulatorische Vorgaben beeinflussen dabei das Ange- bot: Beispielsweise regeln strikte Anforderungen von Beratungsprotokollen die Wertpa- pierberatung in der Filiale, weshalb viele Banken das Wertpapiergeschäft zunehmend auf das Internet-Banking verlagern.96 Für Banken ist das Internet-Banking vorteilhaft, da die- ser Vertriebsweg im Vergleich zu anderen Vertriebswegen wie Bankfilialen die Möglichkeit einer skalierbaren Leistungsbereitstellung eröffnet.97 Teilweise wird in der Literatur Online- Banking als Oberbegriff für das Internet-Banking und das Mobile-Banking verwendet, die dann als ein Vertriebsweg angesehen werden. In dieser Arbeit werden Internet-Banking und Online-Banking synonym verwendet. Das Internet-Banking unterscheidet sich vom Mobile-Banking in der Wahl des Endgeräts. Während das Internet-Banking unter Rückgriff auf einen stationären Desktop wie einen Computer erfolgt, wird bei der Wahl eines mobi- len internetfähigen Endgeräts wie eines Tablets oder eines Smartphones vom Mobile- Banking gesprochen.

Mit der steigenden Verfügbarkeit des Internets in den letzten Jahren ging ein rapides Wachstum der Anzahl an potenziell erreichbaren Kunden über diesen Vertriebskanal ein- her.98 Im Jahr 2014 nutzten beispielsweise bereits 55 Prozent aller Bankkunden in Deutschland das Internet-Banking. Besonders aktive Nutzer entstammen dabei der Al- tersgruppe der 18- bis 39-Jährigen.99 Bankgeschäfte können jederzeit, schnell und welt- weit getätigt werden. Daraus resultieren eine Zeit- und Aufwandsersparnis beim Kun- den.100 Oft werden diese Kostenersparnisse an den Kunden weitergegeben. So sind über das Internet-Banking häufig bessere Konditionen erhältlich als über andere Vertriebswe- ge.101 Dies widerspricht jedoch dem Omnikanalansatz.

Das Internet-Banking hat trotz aller Vorteile auch einige Nachteile. Zunächst ist der Ver- trieb zumeist auf standardisierte Bankdienstleistungen beschränkt. Beratungsintensive Produkte wie Baufinanzierungen oder Altersvorsorgeprodukte sind meist nicht oder nur eingeschränkt über diesen Vertriebsweg verfügbar. Jedoch lässt sich auch bei einfachen Produkten feststellen, dass derzeit noch weniger Produkte über das Internet als in der Filiale abgeschlossen werden. Als wesentlicher Grund wird hierfür angeführt, dass der Online-Abschluss von einfachen, aber insbesondere auch komplexen Bankprodukten auf den Bankenwebseiten technisch bisher noch kaum unterstützt wird.102

Daher verfolgen einige Banken diesbezüglich bereits disruptive Konzepte: die Kombinati- on aus dem größten Nachteil des Internet-Bankings, die fehlende persönliche Beratung, bei gleichzeitiger Nutzung der Stärke der räumlichen und zeitlichen Flexibilität. Ein sol- ches Konzept ist im Co-Browsing oder Videochats zu sehen, das eine Kombination von Telefongespräch und internetbasierter Anwendung darstellt.103 Durch das Co-Browsing können zwei Endgeräte über das Internet miteinander verknüpft werden, wodurch Bank- kunden während des Beratungsgesprächs trotz des unterschiedlichen Standorts die glei- chen Informationen wie ihr Bankberater auf dem Bildschirm erkennen oder den Berater selber im Chat sehen können.104 Letztere Variante wird auch als Online-Filiale deklariert, die z. B. von der HypoVereinsbank angeboten wird. In dieser können Kunden per Chat oder per Videoübertragung über das Internet mit Beratern kommunizieren, sich zu Hause wie in einem Beratungsgespräch in der Filiale beraten lassen und Produkte abschließen. Die Online-Filiale hat den Vorteil, dass z. B. ältere Menschen, die nicht mehr in die Filiale kommen können, aber technisch affin sind, den persönlichen Kontakt zum Berater trotz- dem aufnehmen können.105 Gleiches gilt für Berufstätige, die es während der Banköff- nungszeiten nicht in die Filiale schaffen. Insgesamt lässt sich bereits feststellen, dass die Anzahl an Geschäftsabschlüssen über Videoberatung zugenommen hat.106

Mobile-Banking bezeichnet alle Angebote von Banken, die Kunden mithilfe von mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets nutzen können.107 Sogenannte Banking-Apps dienen hier als Nenner für Smartphones und Tablets und sind somit die eigentliche Basis des Mobile-Banking.108 So avancieren insbesondere Smartphones zum ständigen Alltags- begleiter und dienen als Plattform für diverse Apps.109 Im Vordergrund stehen einfache Bedienung sowie eine individuelle Anpassung von Inhalten wie durch die Einrichtung von sog. Push-Mitteilungen, die über Kontoumsätze informieren.110 Banking-Apps erlauben innovative Services wie die Foto-Überweisung.

[...]


1 Vgl. Welp (2015), S. 64.

2 Vgl. Richter (06.11.2015).

3 Vgl. Bacher (2012), S. 108.

4 Vgl. Swoboda (2004), S. 39, 159.

5 Vgl. Swoboda (2004), S. 39 f.

6 Vgl. Schlangen (2010), S. 108 f.

7 Pietrzak/Bachstädt (2014).

8 Vgl. Bacher (2012), S.17.

9 Duttenhöfer/Keller (2004), S. 108.

10 Vgl. Meffert/Bruhn/Hadwich (2015), S. 372.

11 Vgl. Schempf (2011), S. 87.

12 Vgl. Zollondz (2001), S. 462.

13 Vgl. Bruhn (2003), S. 387.

14 Vgl. Bruhn (2003), S. 387.

15 Vgl. Zollondz (2001), S. 464.

16 Vgl. Zollondz (2001), S. 464.

17 Vgl. Bruhn; Murmann (1998), S. 2.

18 Vgl. Bruhn (2003), S. 7.

19 Vgl. Bruhn (2003), S. 7.

20 Vgl. Masing (1999), S. 838.

21 Vgl. Masing (1999), S. 253.

22 Vgl. Bruhn (2003), S. 40.

23 Vgl. Bruhn (2003), S. 40.

24 Vgl. Bruhn (2003), S. 40.

25 Vgl. Bruhn (2003), S. 41.

26 Vgl. Pfeifer (2001), S. 300.

27 Vgl. Bruhn (2003), S. 41.

28 Vgl. Bruhn (2003), S. 41.

29 Vgl. Rennhak (2012), S.85 f.

30 Vgl. Rennhak, Garcia (2012), S.6 ff.

31 Vgl. Lesti (2015), S.15.

32 Vgl. Aksu (2017), S. 192.

33 Vgl. Marheineke (2004), S. 252.

34 Vgl. Mihm/Jacobs (2012), S. 21–25.

35 Heeg-Rupprecht (2012), S. 595.

36 Vgl. Müller/Ruf/Welker (2013), S. 40.

37 Vgl. Vater/Bergmann (06.11.2015), S. 12.

38 Vgl. Judt/Klausegger (2014), S. 236.

39 Köhler/Schilling (2011), S. 48.

40 Müller (2011), S. 16.

41 Vgl. Sackmann (2015), S. 50.

42 Vgl. Keck/Hahn (2006), S. 74.

43 Spietz (2015), S. 91.

44 Vgl. Silligmüller (2008), S.23.

45 Vgl. Buchner/Welzer (2014), S.188.

46 Vgl. Keck/Hahn (2006), S.184.

47 Vgl. ebd.: S. 183f.

48 Vgl. Keck/Hahn (2006), S. 183f.

49 Vgl. Buchner/Welzer (2014), S. 188.

50 Vgl. Pratz/Johannsen/Merx (2012), S. 12f.

51 Vgl. Schempf (2011), S. 89.

52 Vgl. Silligmüller (2008), S. 26.

53 Vgl. o.V. (2014b), S. 8f.

55 Vgl. Finanzdienstleister der nächsten Generation S. 116.

56 Vgl. The Boston Consulting Group (06.11.2015b), S. 1.

58 Vgl. Keck/Hahn (2006), S. 38 und Kunadt (2005), S. 162.

59 Seiler (2011), S. 423.

60 Vgl. Dietzel (2013), S. 15.

62 The Boston Consulting Group (06.11.2015b), S. 2.

63 Vgl. Terliesner (2015), S. 14.

64 Vgl. The Boston Consulting Group (06.11.2015b), S. 2.

65 Müller (2011), S. 8.

66 Vgl. The Boston Consulting Group (06.11.2015b), S. 2.

67 Vgl. Dietzel (2013), S. 15.

68 Köhler/Lang (2008).

69 Swoboda (2004), S. 217f.

70 Köhler/Lang (2008), S. 12.

71 Vgl. Dietzel (2013), S. 15.

72 Silligmüller (2008), S. 24.

73 Peters (2011), S. 174.

74 Peters (2011), S. 174.

75 Vgl. Buchner/Welzer (2014), S. 190.

77 Terliesner (2015), S. 13.

78 Judt/Klausegger (2014), S. 181.

79 Vgl. Silligmüller (2008), S. 27.

80 Vgl. Schempf (2011), S. 48.

81 Vgl. Bartmann/Nirschl/Peters (2011), S. 154.

82 Vgl. o.V. (2013a), S. 10.

83 Vgl. Bartmann/Nirschl/Peters (2011), S. 154.

84 Vgl. Swoboda (2004), S. 212.

85 Seiler (2011), S. 404 und o. V. (2008), S. 15.

86 Schmitz/Löffler (2012), S. 708.

87 Vgl. Keck/Hahn (2006), S. 190.

88 Vgl. Bartmann/Nirschl/Peters (2011), S. 159.

89 Vgl. Silligmüller (2008), S. 28f.

90 Keck/Hahn (2006), S. 40.

91 Silligmüller (2008), S. 29.

92 Grill/Perczynski (2014), S. 22.

93 Vgl. Grill/Perczynski (2014), S. 22f.

94 Keck/Hahn (2006), S. 41.

96 Vgl. o. V. (2014a), S. 801.

97 Vgl. Keck/Hahn (2006), S. 193.

98 Vgl. Fahrenschon (2014), S. 34.

99 Vgl. Buchner/Welzer (2014), S. 197.

100 Keck/Hahn (2006), S. 193.

101 Vgl. Grundmann/Rathner (2014), S. 37.

102 Dlugosch (2013), S. 38f.

103 Bruhn/Hadwich (2015), S. 386.

104 Vgl. Krah (06.11.2015).

105 Vgl. Verheyen (2015), S. 32.

106 Vgl. Palgrave (2014), S. 1.

107 Keck/Hahn (2006), S. 41.

108 Vgl. Bartmann/Nirschl/Peters (2011), S. 172.

109 Vgl. Sessler/Steurenthaler (2013), S. 19.

110 Vgl. Stalf (2014), S. 24.

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Omnikanalstrategie zur Bindung privater Kunden von Kreditinstituten in Deutschland
Hochschule
Frankfurt School of Finance & Management
Veranstaltung
dipl. Bankbetriebswirt
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
82
Katalognummer
V455250
ISBN (eBook)
9783346075994
ISBN (Buch)
9783346076007
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Beste Studienarbeit des Jahrgangs 2018 in Hamburg
Schlagworte
Strategie, Kommunikation, Omnikanal, Bank, Finanzen, Versicherung, CRM, Unternehmenskommunikation, Marktforschung, Management, Organisation, Unternehmensführung, Digitalisierung, Vertrieb, Allgemeines
Arbeit zitieren
Aykut Bozkurt (Autor:in), 2018, Omnikanalstrategie zur Bindung privater Kunden von Kreditinstituten in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455250

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